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Das Büro von Herrn Nöllemeyer erreichten wir über einen schmalen Flur. Das Büro selbst war dafür um so großzügiger angelegt. Und abgesehen davon, dass es einen Schreibtisch mit Computer enthielt, wirkte es eher wie ein großes Wohnzimmer. „Setzen Sie sich”, forderte Nöllemeyer uns auf und deutete auf eine Gruppe von ausladenden Ledermöbeln. „Ich nehme an, es geht wieder einmal um den BKA-Kommissaren, der in der Nähe des ‘Magic’ von einem unfallflüchtigen Wahnsinnigen umgebracht wurde, der sich nicht an die Regeln des Straßenverkehrs gehalten hat.”

„Wir gehen davon aus, dass Theo Görremann sehr wahrscheinlich ermordet wurde”, erklärte ich.

„Wie auch immer. Ich habe keine Theorie und keine Meinung dazu. Und mir selbst ist Ihr Kommissar auch nie begegnet. Zumindest nicht wissentlich. Es kann natürlich sein, dass er mich beschattet hat, aber ich bilde mir ein, dass ich das bemerkt hätte - so plump, wie Ihre Leute vorgehen.”

„Vielleicht sollten wir uns in anderer Umgebung weiter unterhalten”, sagte jetzt Rudi. „Zum Beispiel in den Räumlichkeiten des  des hiesigen Polizeipräsidiums. Die karge Sachlichkeit eines spartantisch eingerichteten Verhörraums kann manchmal die Wortwahl etwas mäßigen.”

„Sie müssen schon entschuldigen. Sie sind BKA-Ermittler?”

„Ja.”

„Dann kommen Sie nicht von hier und gehören auch nicht zur hiesigen Polizei?.”

„Das ist korrekt”, sagte ich.

„Dann kann ich mit Ihnen ja offen sprechen. Ich weiß, dass dieser Laden hier eine üble Vergangenheit hat. Aber damit haben wir heute nichts mehr zu tun. Hier laufen keine Drogengeschäfte, das Personal wurde nahezu vollständig ausgetauscht und es läuft auch im Hintergrund keine Geldwäsche mehr. Ich selber habe mit dieser alten Zeit nun wirklich gar nichts zu tun, denn als es hier hoch her gegangen sein soll, lebte ich noch in Amsterdam.”

„Amsterdam?”

„Ja.”

„Dann ist ja alles gut und ich weiß ehrlich gesagt nicht, weshalb Sie sich so über das BKA beschweren. Sie dürften dann nichts zu befürchten haben.”

„Ja, das wollte man eigentlich meinen. Aber was ich hier erlebt habe, seit ich das ‘Magic’ übernahm, grenzt wirklich an Schikane. Es wurden immer wieder alle möglichen Überprüfungen angeordnet. Und die Observation, die im Moment durchgeführt wird ist auch nur eine Maßnahme von vielen. Wissen Sie, ich bin nur ein Geschäftsmann, der in Amsterdam einige Discotheken und Clubs sehr erfolgreich nach oben gebracht hat und sich dachte: Das ‘Magic’ wäre eine super Investition! Aber hätte ich vorher gewusst, was mir das für einen Ärger einbringt, ich sage Ihnen, ich hätte wahrscheinlich die Finger davon gelassen.”

„Herr Nöllemeyer, es gibt keinen Grund für Sie, uns gegenüber feindselig eingestellt zu sein. Wir versuchen nur unseren Job zu machen. Und der besteht im Moment darin, aufzuklären, was mit ein paar unserer Kollegen passiert ist, die früher einmal an Ermittlungen gegen eine Organisation namens Liga involviert waren, zu deren Einflussbereich auch das ‘Magic’ gehörte.”

„Wenn ich Ihnen helfen kann, tue ich das. Aber wenn Ihre Kollegen hier in Hannover ihre Ermittlungen so durchführen würden, dass dadurch für mich kein geschäftlicher Schaden entsteht, dann wäre ich Ihnen sehr dankbar.”

„Wir hätten ein paar Fragen an Hartmut Kreutzer.”

„Hartmut hat gekündigt.”

„Davon wusste der gleichnamige Kollege am Tresen offenbar noch nichts.”

„Davon weiß noch niemand etwas - abgesehen von mir und Hartmut selbst. Und ganz ehrlich: Ich weiß auch noch nicht, wie ich das meinen Gästen beibringen soll.”

„Wegen seiner besonderen Drinks?”

„Er hat eine besondere, unterhaltende Art. Die Drinks sind natürlich auch ein Faktor. Jedenfalls hoffe ich, dass ich ihn noch überzeugen kann, seinen Entschluss wieder rückgängig zu machen. Aber er das dürfte schwierig werden.”

„Hat er einen Grund für die Kündigung angegeben?”, mischte sich Rudi ein.

„Nein. Aber ich habe ihm das Doppelte monatlich angeboten und er hat abgelehnt. Das hat mich schon sehr verwundert. Es geht das Gerücht um, dass er sich angeblich demnächst in der Karibik niederlassen will.”

„Nicht zufällig auf den Cayman Islands, oder?”, fragte Rudi.

Nöllemeyer grinste. „So viel verdient ein Barkeeper nicht, dass er davon durch einen Umzug in ein Steuerparadies profitieren könnte!”

„Wo können wir Hartmut Kreutzer jetzt finden?”, fragte ich.

„Er wohnt bei Myra Jörgensen. Die arbeitet hier als Go-go-Girl und will offenbar mit ihm zusammen in die Karibik. Und da Myra davon etwas herum erzählt hat, kann ich zwei und zwei zusammenzählen und denke mir, dass daher auch das Gerücht kommt, dass Hartmut solche Pläne hat. Allerdings dachte ich eigentlich immer, dass das so etwas wie ein langfristig gehegter Traum wäre - bis gestern Abend.”

„Als Hartmut Kreutzer gekündigt hat?”, vergewisserte ich mich.

„Richtig.”

„Wie ist die Adresse dieser Myra?”

„Sie kommen am schnellsten durch den Hintereingang des ‘Magic’ dort hin. Es geht durch einen Hinterhof. Das erste Gebäude rechts, dritter Stock. Ist keine zweihundert Meter entfernt.”

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