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Der Mann mit den Sommersprossen stand an Pier 41. Im Westen war die Manhattan Bridge zu sehen und auf der gegenüber liegenden Seite des East River der stillgelegte Navy Yard im Norden von Brooklyn. Möwen kreischten, obwohl ihre einzige Konkurrenz beim Kampf um die Fische aus einem einzigen Angler bestand.
Der Mann mit den Sommersprossen blickte kurz zu dem Angler, aber dieser schaute nicht zurück.
„Was ist los? Wollen wir hier Wurzeln schlagen, Eric?“, fragte der annähernd zwei Meter große Kerl, der ein paar Yards von dem Sommersprossigen entfernt Steine ins Wasser kickte. Der Geruch von Salzwasser und Algen hing in der Luft. Eine frische Brise wehte vom Atlantik herüber. Sie war eiskalt.
Der Mann, der Eric genannt worden war, holte ein in braunes Papier eingeschlagenes Päckchen unter dem Mantel hervor. Er begann, es auszupacken.
„Mann, Eric bist du verrückt? Weg mit dem Ding und fertig!“
„Ich denke gerade nach, Cal!“
„Für meinen Geschmack ist es ein bisschen kalt dazu.“
Eric hatte das Päckchen ausgewickelt. Eine Waffe kam zum Vorschein. Eine Automatik vom Kaliber 45. Am Ende des Laufs waren ein paar Abriebspuren vom Aufschrauben des Schalldämpfers, den er abgenommen hatte, um ihn wieder zu verwenden.
Eigentlich sollte er die Waffe irgendwo versenken, wo sie in Generationen nicht wieder gefunden werden konnte. Der Grund des East River war eigentlich in dieser Hinsicht ein recht sicherer Ort.
Aber jetzt waren Eric Zweifel gekommen.
„Ich frage mich, ob man mit einer Waffe wie dieser nicht noch etwas mehr anfangen kann!“
„Lass es gut sein, Eric. Wir sind gut bezahlt worden und sollten uns aus dem Staub machen.“
„Es war ganz schön schwierig, eine Waffe zu besorgen, die von jemandem benutzt worden war, der James Longoria nicht mochte. Ich finde, dieser Service ist noch nicht ausreichend gewürdigt worden.“
„Schmeiß das Ding weg, Eric!“
„Nein, Cal!“
„Die Sache ist mir zu heiß. Wenn du das durchziehen willst, bin ich draußen. Ich will nur noch, dass dein Mister Goldesel uns die letzte Rate Bargeld auszahlt und dann bin ich weg!“
„Schade.“
Eric beobachtete, dass der Angler inzwischen seine Sachen gepackt hatte und ging. Er hatte ein paar Yards entfernt ein Fahrrad an einem Geländer angebunden, stieg auf und fuhr davon.
Jetzt waren sie allein auf der Pier. Das Signalhorn eines Frachtschiffs, das den East River hinauffuhr, ließ sie beide zusammenzucken.
Cal sagte irgendetwas. Das Signalhorn verschluckte seine Worte.
Er griff derweil seelenruhig in seine Manteltasche und holte den Schalldämpfer hervor. Schnell war er aufgeschraubt. Auf die Laserzielerfassung verzichtete Eric. Die Distanz war nun wirklich kurz genug, um darauf verzichten zu können.
Cal begriff zu spät, was sein Begleiter vorhatte.
Ein Geräusch, das an ein heftiges Niesen erinnerte, war zu hören.
Der erste Schuss traf Cal im Oberkörper. Der Zweite erwischte ihn am Kopf.
Zwar griff der fast zwei Meter große Mann noch unter seinen Mantel, er schaffte es aber nicht mehr, seine eigene Waffe in Anschlag zu bringen. Durch die Wucht der Treffer taumelte er zurück und rutschte anschließend die Kaimauer hinunter.
Eric ging an den Rand des Piers und blickte hinunter. Der Wasserstand war im Augenblick ziemlich niedrig. Cals Leiche schwamm reglos im eiskalten Wasser, etwa eine Hand breit unterhalb der Oberfläche.
„Schade, dass du einen so mangelhaften Geschäftssinn hast, Cal“, murmelte Eric. „Aber auf diese Weise brauche ich die letzte Rate auch nicht zu teilen...“
Mit schnellen Schritten ging er davon.
Er hatte die Pier noch nicht verlassen, da griff er bereits zum Handy.
„Hallo, hier spricht Eric Dunham. Ich glaube, wir haben noch etwas Geschäftliches zu besprechen, Mister Buchanan... Ich wollte gerade schon die Automatik, mit der Longorias getötet wurde, in den East River werfen, aber jetzt habe ich es mir anders überlegt... Wie wäre es, wenn ich das Schießeisen den Cops schicke und ein paar Bastards aus der Bronx ein paar Dollar zahle, damit sie überall herumerzählen, dass Miles Buchanan diese Waffe gekauft hat. Nach einer Woche weiß kein Mensch, was Wahrheit und was ein Gerücht ist, aber dem FBI wird das genügen, um Sie mal ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Inzwischen habe ich nämlich herausgefunden, weswegen Sie James Longoria aus dem Weg haben wollten!“