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In der Nacht nahmen die „Ancona“ und die „Lotung“ auf Dsous Anweisung hin Kurs nach Westen. Bei nach wie vor ruhiger See pflügten sie mit zweiundzwanzig Knoten Geschwindigkeit durch die See und liefen auf die Marianen zu, die Dsou am frühen Morgen passieren wollte, um dann Taiwan anzusteuern.
Kurz vor Mitternacht meldete sich Philip Hou per Funk vom Funkraum der „Lotung“ aus. Dsou stieg ins Funkschapp der „Ancona“ hinab, während Liu und die anderen unverändert diejenigen von der Besatzung und den Passagieren bewachten, die nicht den Nerv besessen hatten, sich in ihre Betten oder Kojen zu legen, um wenigstens ein paar Stunden zu schlafen.
Ziemlich ungehalten sagte Dsou zu Philip: „Ich habe dir doch Order gegeben, nicht herüberzufunken. Man könnte das abhören.“
„Dsou, was ich dir zu sagen habe, ist einfach von so unerhörter Wichtigkeit, dass ich nicht anders kann. Wie soll ich denn bei dieser Dunkelheit auf Rufweite an euch heranmanövrieren, ohne eine Kollision zu riskieren?“
„Schon gut. Was ist los?“
„Die Hydrophone der 'Lotung' ermitteln laufend Sonarsignale, aber 'Mad', der Magnetic Anomaly Detector, gibt bei der Auswertung immer nur unsere eigene Position wieder - die der 'Ancona' und des Trawlers.“
„Unmöglich“, rief Dsou.
„Nein. Auf dem Meeresgrund müssen Gerätschaften verankert sein, die die Amerikaner für die ASW benutzen.“
„Aber auf der Herfahrt ist uns das doch nicht passiert!“
„Da haben wir ja auch einem anderen, nördlicheren Kurs genommen“, erwiderte Hou.
„Philip“, stieß Dsou entsetzt aus. „Wenn wir uns dauernd selbst orten, muss es doch auch den Amerikanern von irgendwelchen verdammten Posten ihres verfluchten Treuhandgebietes aus möglich sein, uns aufzuspüren!“
Philip Hou erwiderte: „Anders ausgedrückt: Sie können mühelos unseren Kurs feststellen.“
„Aber wir wissen nicht, ob uns wirklich jemand folgt.“
„Sie werden es nicht wagen. Wegen der tausend Geiseln, die wir in unserer Gewalt haben.“
Dsou atmete rasch und unregelmäßig, er war äußerst erregt. „Moment mal, Philip, darüber will ich aber Gewissheit haben. Was kannst du unternehmen, um herauszukriegen, ob diese Hunde irgendeine Schweinerei gegen uns planen?“
„Die 'Lotung' kann Peil- und Sonarbojen zu Wasser lassen, das habe ich dir doch erklärt. Wir könnten beispielsweise Zickzackkurs laufen und einen Korridor aus Bojen hinter uns lassen.“
„Genau dass werden wir auch tun.“
„Soll ich gleich damit anfangen?“
„Ja.“
Als die Bojen über die Schleppe des Heckfängers in die nächtliche See plumpsten, war Dsou Taofen wieder in das Brückenhaus der „Ancona“ hinaufgestiegen und unterrichtete Liu Pefu über das, was er soeben erfahren hatte. Sie lauschte seinen Worten und gab nur einen knappen Kommentar dazu ab. Ihr Verhalten ihm gegenüber war steif, fast abweisend geworden, aber er tat so, als bemerke er es nicht.
Liu entging es nicht, dass Dsous Blicke immer wieder zu Mariangela Marelli hinüberhuschten, die sich neben Kapitän Giancarlo Mancini auf eine Bank gesetzt hatte. Sergio Bacci, der Steuermann, stand unweit von ihnen und kontrollierte den Ruderautomaten, während zwei Männer des Prisenkommandos sie nicht aus den Augen ließen.
Verfluchter Kahn, dachte Liu, hätten wir dich doch nie getroffen. Möge deine Reise nach Taiwan ein Trip in die Hölle werden!