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Wie immer, musste sich Bount erst einen Weg durch die Qualmwolken bahnen, als er Toby Rogers Büro betrat. Eine alte Dampflok schmauchte vergleichsweise bescheiden gegen ihn. Und vor allem stank ihr Bauch nicht so brutal wie die Stumpen des bärbeißigen Captains vom Morddezernat Manhattan South.

»Hi, Toby.«

Rogers antwortete mit einem mittleren Donnergrollen. Das hieß, er war leicht indisponiert. Doch Bount Reiniger kannte den Freund und gelegentlichen Widersacher kaum anders.

»Ich wollte nur mal kurz reinschauen. Hatte zufällig in der Gegend zu tun.«

Nun schaute der »Schrecken der Centre Street« doch auf. Er hob dazu das rechte Lid und zeigte Bount ein blutunterlaufenes Auge.

»Du warst noch nie zufällig hier«, knurrte er und schlug die Akte zu, in der er gerade studiert hatte. »Wenn du glaubst, du könntest dir vom Vermögen der Denvers ’ne Scheibe abschneiden, hast du dich geirrt.«

Reiniger setzte sich unaufgefordert. »Warum bist du nicht Hellseher geworden, sondern bloß ein mies bezahlter Bulle?«

Was danach kam, war schon kein Donnergrollen mehr, sondern das Grummeln einer Bisonherde in Stampede. Bount ließ sich nicht einschüchtern. Er kannte Rogers besser.

Unter der rauen Schale verbarg sich ein Kern aus tiefgefrorener Butter. Doch die ließ sich verflüssigen.

»Die Akte da auf deinem Tisch - das ist doch die Denver Sache?«

»Als ob du das nicht längst wüsstest. Du hast wieder mal June missbraucht, du Ausbeuter. Keiner in meiner Squad kann ihr ernsthaft widerstehen, wenn sie Informationen braucht«.

»Du auch nicht, mein Lieber?«, sagte Reiniger. »Sind wir nicht dicke Freunde?«

Automatisch zog Rogers den Bauch ein. Er konnte paffen, so viel er wollte, er wurde einfach nicht schlanker. Vermutlich, weil zu seinen vierzig Stumpen am Tag um die sechs Mittagessen kamen, hübsch über vierundzwanzig Stunden verteilt.

»Ich bin nur ein bisschen vollschlank«, brummte er.

»Warum machst du die Tür nicht von außen zu? Der Fall Denver ist tote Hose; nichts dran zu deuteln.«

»Mit anderen Worten, Graham Denver hat gestanden.«

»Noch nicht, aber das kriegen wir hin.«

Bount ballte die Fäuste. »Damit?«

»Du weißt verdammt genau, dass ich solche Methoden nicht dulde.«

»Und du wirst nie ein Geständnis von ihm kriegen, Alter.«

»Hä?«

»Ich glaube nicht, dass er seinen Daddy über die Brüstung stieß.«

Rogers gab sich nicht länger biestig. Sie hatten nur die ganz normalen Höflichkeiten ausgetauscht, doch der Captain wusste natürlich auch, dass Bount Reiniger sich nicht mit hoffnungslosen Sachen abgab. So öffnete Rogers nun auch das zweite Auge.

»Du verschweigst mir etwas?«

»Wie könnte ich«, meinte Reiniger. »Die Geschichte geschah heute Nacht um zwei. Du warst am Tatort. Da hab ich noch selig geschlummert Doch ich machte heute früh eine interessante Bekanntschaft.«

»Kann mir schon denken, wer das war«, knurrte Rogers. »Jeanny Denver. Du hast dich wieder mal von einem hübschen Girl um den Finger wickeln lassen. Vergiss es! Für mich ist der Fall abgeschlossen.« Er patschte mit seinen massigen Fingern - sie glichen Currywürsten - so entschieden auf die Schreibtischplatte, als wolle er einen Geier erschlagen.

»Das geht noch heute zum General Attorney.«

»Mit der Angabe eines Motivs?«

»Streit um Geld«, blaffte Rogers. »Dieser Playboy war ständig pleite. Er hat‘s geschafft, das ererbte Vermögen mütterlicherseits innerhalb von zwei Jahren durchzubringen.«

»Hm«, machte Bount. »Eine reife Leistung. Es waren immerhin knapp vier Millionen. Er hat sie verhurt und verzockt«

»Na also. Da hast du dein Motiv. Er wollte den Alten anpumpen. Der spurte nicht. Es kam zu einem Handgemenge. Den Rest kennst du ja.«

»Aber du kennst ihn nicht. Seine Schwester hat ihren Erbteil erheblich besser zusammengehalten, ihn sogar noch vermehrt. Sie ist bereit, eine Kaution bis zur Höhe ihres gesamten Vermögens für Grahams Freilassung zu stellen. Und du glaubst immer noch, der Bursche hätte sich wegen ein paar läppischen Piepen mit seinem Dad streiten müssen, wenn sein Schwesterchen bereit ist, jetzt sogar eine derartige Summe auszuspucken?«

Toby Rogers legte den Kopf leicht schräg.

»Worauf willst du hinaus?«

»Dass an dieser Angelegenheit irgendetwas ganz gewaltig stinkt, mein Lieber. Die Kleine wäre schließlich Alleinerbin auch noch des Vermögens ihres Vaters, wenn sie das Brüderchen auf dem Stuhl brutzeln. Noch mal um die zwanzig Millionen, wenn ich recht informiert bin. Sie muss also schon verdammt von der Unschuld des Bruders überzeugt sein. Und das macht mich stutzig.«

»Das ist alles?«

Captain Toby klang nicht mehr so sicher wie am Anfang.

Bount setzte sein gewinnendstes Lächeln auf.

»Nein. Akteneinsicht möchte ich noch ...«

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