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Zwölf Jahre mochte er wohl sein, der Junge. Er fuhr auf einem Skateboard Reiniger haarscharf um die Fersen. Ein schwarzer Bengel, ein hübscher Bengel. Bount wich gerade noch zur Seite.

»Hey, Buddy! Laust dich der Affe oder was?«

»Mich laust gar nichts. Nicht mal ein Kerl wie Sie.«

»Aufgewecktes Bürschchen«, brummte Bount. Laut sagte er: »Ich such ’nen Priester. Weißt du einen?«

Das Skateboard radierte in einem Slide. Funken sprühten.

»Für ’nen Dollar wüsste ich vielleicht was.«

Bount Reiniger berappte.

»Und?«

Der Kleine besah sich den Schein, stellte wohl fest, dass er echt war, stieg von seinem Rollerbrett und klemmte es unter den Arm.

»Einen Schwarzen suchen Sie?«

»Ja.«

»Ich kenne einen.«

Um das Verfahren abzukürzen, zupfte Reiniger freiwillig einen Fünfer aus der Brieftasche.

»Wo?«

»Gleich um die Ecke. Doch eines sag ich Ihnen gleich, Mister. Ganz sauber ist der Bruder nicht. Ich komm aus Puerto Rico, Mister. Ich kenn mich da aus.«

Bount hatte plötzlich das Gefühl, sechs Dollar nie besser angelegt zu haben.

»Was ist mit ihm?«

»Mal kommt er in Zivilklamotten, mal total gestylt. Ehrlich gesagt, bei uns zu Hause waren die Pfaffen anders.«

»Ich hab ’nen Fünfer spendiert. Wo wohnt er, dieser schwarze Rabe?«

Der Junge nahm das Skateboard wieder unter die Fersen, wandte sich zum Davonrollen.

»Eine Frage noch, Caballero.«

Jetzt drehte er sich um.

»Ich spreche englisch, Mister.«

»Also gut, dann Mister! Wann hast du diesen Priester, ich meine diesen Pfaffen, zum letzten Mal gesehen?«

»Vor zwei, drei Stunden.«

»Hinkte er?«'

»Und wie!«

Wirklich. Ein immens aufgewecktes Bürschchen.

Bount schaute ihm noch ’ne Weile nach, wie er zur York Road hinüberfuhr. Bount Reiniger glaubte sich endlich am Ziel.

Schließlich stand er vor einem verlassenen Fischkutter. Die Farbe bröselte in den Kies. Noch nicht überall war der East River von Betonmauern eingesäumt. Eine brüchige Leiter führte an Bord. Bount zog die Automatic, horchte.

Kein Ton.

Von den Stahlzementstempeln des Roosevelt Drive sah der Junge herüber. Bount suchte ihn mit der entsprechenden Handbewegung wegzukuschen. Er blieb. Auch recht, dachte Bount Reiniger, das Bürschchen befand sich ja außerhalb der Gefahrenzone.

Bount umklammerte seine Automatic fester. Die Stufen des Niedergangs knarrten. Bounts Herz blieb ein paar Takte stehen. Doch mehr tat sich nicht. Das Boot war verlassen. Im offenen Abfalleimer der Kombüse lag eine blonde Perücke. In einem Schubfach fand Bount eine angebrochene Schachtel Munition für eine Walther 7,65 Millimeter. Mit diesem Kaliber war auf Jeanny Denver geschossen worden, die Kugeln wurden leider nicht gefunden. Damit blieb die Kanone als Beweisstück wertlos.

Bount setzte sich erst einmal. Einer von Lizzys Kaffees hätte ihm jetzt gutgetan.

Was sollte er nun hier? Konnte er dem falschen Reverend am Zeug flicken? Nicht die Bohne. Nichts hatte er. Gar nichts!

Schließlich war es auch außerhalb der Karnevalszeit nicht verboten, maskiert durch New York zu laufen.

Aber einen Pfiff hörte er. Reiniger sah aus dem Bulleye. Der Junge verschwand endgültig in Richtung York Street. Vermutlich glaubte er, für sechs Dollar genug getan zu haben. Recht hatte er.

Steve Caution kam. Das rechte Bein zog er nach. Bount Reiniger rannte den Niedergang hinauf. Er wäre gerne unerkannt entflohen. Doch er schaffte es nicht mehr, ungesehen von Bord zu kommen.

Der Reverend wandelte in Turnschuhen und Jogginganzug einher. Seine Soutane hing ordentlich an einem Bügel in der Kajüte.

»Hi«, grüßte Bount wenig geistesgegenwärtig.

»Sie waren auf meinem Kahn? Was hatten Sie dort zu suchen, zum Teufel?«

»Hab mich verlaufen«, antwortete Reiniger, jetzt schon etwas flexibler. »Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich Mister Herramcody finde? Er soll ebenfalls hier in der Ecke auf einem der Boote leben. Ich glaube, früher hieß er mal Vesna.«

»Herramcody? Vesna? Nie gehört«, brummte Caution.

Er erkannte Bount Reiniger nicht. War ja auch ziemlich dunkel gewesen droben beim Gotenhexenhaus.

»Verzupfen Sie sich!«

Bount bot die offenen Hände zum Friedensgruß, zog die Schultern hoch.

»Warum so unfreundlich, Mister? Hab ich Ihnen was getan?«

»Verschwinden Sie!«

Nein, Steve Caution hatte Bount Reiniger nicht wiedererkannt. Doch er sollte ihn noch kennenlernen.