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Es wurde Mittag, und es wurde Abend.
Die Benedottis kamen nicht zurück. Dabei hätte er’s wissen müssen. Ging es ums Organisieren von Bestattungen, gingen Sizilianer nie allein.
Da musste schon die ganze Familie ausschwärmen. June berichtete auf Anfrage durchs Autotelefon, die Staatsanwaltschaft habe Mercurios Leiche freigegeben.
Und als schließlich doch ein dunkler Oldsmobile vorfuhr, stiegen nur Miguele Benedotti, seine Frau und Gianna aus.
Reiniger warf schnell ein paar Scheine auf den Tisch des Eckcafés, in dem er in Ermangelung anderer Gegner mehr als sechs Stunden totgeschlagen hatte.
Er verschwand in seinen Mercedes und hatte es auf einmal eilig. Sein Ziel war schon wieder die Henderson Willow Street.
Allmählich gewöhnte er sich daran. Er brauchte zehn Minuten für die Strecke. Als er ankam, war es finster und nieselte leicht.
Selbstverständlich hatte er keinen Regenmantel dabei, denn bei seinem Aufbruch vom lieblichen Manhattan in die Wildnis von Hoboken hatte eine hellstrahlende Sonne an einem verhältnismäßig klaren Smoghimmel gestanden.
Bount zippte seine Lederjacke bis zum Kragen zu, denn ebenso selbstverständlich hatte er vor dem Laden Carlo Monzarones keinen Parkplatz gefunden.
Diesmal nahm er die Automatic mit.
Ein nasskalter Wind fegte durch die Straßen und Gassen. Im Asphalt spiegelten sich Straßenlaternen und die Scheinwerfer der wenigen Autos, die bei diesem Sauwetter noch unterwegs waren. Selbst die Vorstadtdiskotheken waren noch geschlossen. Nach und nach wurden die wenigen Schaufenster dunkel. Fern heulten ein paar Patrolcar-Sirenen.
In einer Lücke zwischen zwei abbruchreifen Wohnblöcken konnte Bount die festlich illuminierte Freiheitsstatue über Ellis Island ragen sehen. Draußen in der Upper Bay tutete geisterhaft ein Horn. Irgendein Ozeanriese schickte sich an, noch mehr Dreck in die Stadt zu schaffen.
Reiniger tastete nach der Automatic. Er musste fast zweihundert Yard zurücklaufen, denn dort, wo keine Autos parkten, häuften sich die schwarzen Plastiksäcke mit dem Müll des Tages im Rinnstein.
Ein Radio plärrte Heavy Metal Music aus einem offenen Fenster, ein Betrunkener urinierte mitten auf die Straße. Als ob der Abend nicht auch ohne ihn schon feucht genug gewesen wäre. Aus den Gullis dampften Schwaden.
Beinahe hätte Bount den Chrysler übersehen.
Er erkannte die alte Karre dank der Zuarbeit Junes, die ihn mit jenem Wissen versorgte, das sich selbst zu beschaffen er entweder zu faul, oder einfach auch nur zu überlastet war.
Niemand saß am Steuer von Mercurio Benedottis rostiger Blechzosse. Wahrscheinlich war sie mit der Leiche freigegeben worden.
Der so gründlich Verblichene hatte offenbar privat das Understatement geschätzt, denn nach Junes Schätzung lagen mindestens zweihunderttausend Dollar auf gut versteckten Konten.
Bount sah sich weiter um.
June hatte auch Silvio genau beschrieben.
Nur noch fünfzig Yard bis Carlo Monzarones Haus, und weit und breit kein junger Benedotti.
Reiniger steckte die Nase in den Wagen. Er war offen. Nicht mal einem Jugendlichen wäre es eingefallen, einen zerbeulten 76er Bondage zu klauen. Im Inneren schnupperte er Benzin und Waffenöl. Ordentliche Leute, diese Sizilianer. Sie hielten die Luparas fit.