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Sharon Cellar brachte sich mit einer doppelten Umdrehung aus dem Bereich der nach ihr tätschelnden Hände. Das Saxophon spielte einen Tusch. Sie verbeugte sich und blinzelte dabei einem Mann zu, der ihr schon zu Beginn ihrer Stripnummer aufgefallen war. Ein kurz geschorenen Adonis in schwarzer Lederjacke. Er saß bei dem jungen Russen am Tisch, der seit Kurzem für Nick Rispolli arbeitete. Und er hatte genau das Feuer in den Augen, dass Sharon bei den meisten Männern vermisste.
Sie verschwand in ihrer Garderobe, wickelte sich in ihr Badetuch und schminkte sich ab. Immer wieder wanderte ihr Blick zur Uhr: Gleich zehn. Um halb elf hatte sie einen Termin mit ihrem Chef. Nocheese saß schon seit einer halben Stunde mit einem Mann namens Brookman in einem teuren Speiserestaurant in der Upper East Side.
Brookman hieß der Typ. So viel wusste sie. Und dass er ein dicker Fisch war. Und sie den Köder spielen sollte, der ihn anbeißen ließ. Sie hatte sich lange geziert, den Job zu übernehmen. Aber der Schakal hatte ihr sage und schreibe zwanzig Riesen geboten. Ungefähr die Summe, die Sharon noch fehlte, um den leidigen Job bei Rispolli an den Nagel zu hängen und sich ganz auf ihre Karriere als Modell zu konzentrieren.
Also hatte sie zugesagt. Sie bestellte ein Taxi und zog sich an. Es klopfte. Der Mann, dem sie bei ihrem Abgang zugezwinkert hatte, kam herein. Er schloss die Tür und beobachtete, wie sie in ihr enges Kleid schlüpfte. Ein spöttisches Grinsen lag auf seinem Gesicht.
"Guck nicht so blöd", fauchte Sharon ihn an. "Mach mir lieber den Reißverschluss zu!" Sie drehte ihm den Rücken zu.
"Ich wüsste nicht, was ich lieber täte", sagte der Mann und schloss ihr das Kleid.
"Lüg nicht", sagte sie trocken. "Lieber würdest du mir den Fummel ausziehen." Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn herausfordernd. "Wie heißt du?"
"Nenn mich Will, okay?" Er nahm sie in den Arm. "Und du bist Sharon?"
Sie wehrte sich nicht. Heiß wurde ihr in seinem Arm. Auch als seine Hand sich in ihr blondes Haar eingrub und er sie küsste, ließ sie es sich gefallen.
"Glaub bloß nicht, dass jeder so hereinkommen könnte", flüsterte sie und machte sich von ihm los. "Aber irgendwas ist an dir, was mich heiß macht." Sie strich ihr Kleid glatt und ordnete ihr Haar. "Kann ich gar nicht brauchen jetzt." Sie lächelte ihn an. Es gab nicht viele Männer, die das Vergnügen hatten, Sharon lächeln zu sehen.
Sie öffnete ihre Handtasche und zog eine Visitenkarte heraus. "Hier - ruf mich an. Ich muss jetzt gehen. Mein Taxi wartet schon."
"Verlass dich drauf", der Mann streichelte ihr Gesicht.
"Und jetzt geh zurück in die Bar", sagte Sharon. "Es ist nicht gut, wenn man uns zusammen sieht." Er nickte und verließ die Garderobe.
Sharon starrte die Tür an und lachte trocken. Es passierte nicht oft, dass sie sich aus dem Stand in einen Mann verliebte. Nicht die Spur eines Verdachtes kam ihr, dass sie eben mit einem Undercover-Ermittler der Bank Robbery Task Force angebändelt hatte.