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Sharon reichte Hong, dem kleinen chinesischen Koch, ihre Tasse. Er bedachte sie mit einem vollendeten Lächeln und schenkte ihr Kaffee ein. "Danke", flötete sie.
"Du hast mir gar nicht erzählt, dass Hong auch dein Butler ist", sagte sie zu Brookman, als der Chinese in der Küche verschwunden war.
Der rundliche Banker saß am anderen Ende der Tafel und strahlte. "Er ist so eine Art Mädchen für alles. Seit fast zwanzig Jahren kümmert er sich um die Dinge in meinem Haus, um die sich in anderen Häusern eine Ehefrau kümmern würde."
Ein Leuchter mit sieben Kerzen brannte auf der Tafel. Es war das erste Mal, dass Brookman mit einer Frau zusammen frühstückte. Und auch das erste Mal, dass er nach zehn Uhr frühstückte.
Überhaupt alles kam ihm vor, als würde er es zum ersten Mal erleben: Die riesigen Palmen, die die Türen und Fenster seines saalartigen Speisezimmers flankierten, der Toast und die Butter, die in Silberschalen auf der großen Eichentafel standen, das Concerto Grosso von Vivaldi, das aus den Edelholzboxen in der Schrankwand perlte, und sogar das Sonnenlicht, das durch die gotischen Fenster seines Hauses am Washington Square Park drang, erschien ihm an diesem Morgen so neu, als würde er es zum ersten Mal wahrnehmen.
Seitdem er Sharon vor einer Woche kennengelernt hatte, hatten sie sich fast täglich gesehen. Aber die vergangene Nacht war die erste, die sie gemeinsam verbracht hatten. Die Welt zeigte sich Brookman von ihrer paradiesischen Seite. Es schien plötzlich keine Probleme mehr zu geben. Diese bezaubernde, junge Frau auf der anderen Seite der Tafel hatte seine Sinne berauscht. Und Brookman dachte nicht daran, aus diesem Rausch wieder aufzuwachen.
Schon überlegte er, wie er es anstellen konnte, ihr einen Heiratsantrag zu machen. "Ich freu mich so darauf, deinen Arbeitsplatz kennenzulernen", sagte Sharon. Er wollte ihr heute nach Schalterschluss die Bank zeigen. Und danach würden sie auf ein langes Wochenende nach Florida fliegen.
"Hoffentlich wird es dich nicht langweilen", Brookman hob den Kelch mit dem frisch gepressten Orangensaft, als wollte er ihr zuprosten.
"Nichts, was mit deinem Leben zu tun hat, wird mich je langweilen", versicherte Sharon.
Die weiße zweiflügelige Tür öffnete sich, und der Chinese kam herein. "Ein Anruf für Sie, Mrs. Cellar." Er reichte ihr das Handy.
Nocheeses Stimme meldete sich. "Pass auf Sharon", sagte er, und seine Stimme verhieß nichts Gutes. "Du hattest recht - meine Leute haben im Futter deines Koffers eine Wanze entdeckt. Der Kerl, von dem du erzählt hast, ist ein Bulle."
Sharon hätte am liebsten losgeheult. Stattdessen zwang sie sich zu einem Lächeln. "Das ist ja schön", sagte sie, "und was schlägst du vor?"
Ihr Gesprächspartner schwieg für einen Moment. "Du kannst nicht reden?"
"Genau", flötete sie vergnügt.
"Okay - wir müssen uns um den Mann kümmern, sonst können wir unseren schönen Plan vergessen. Locke ihn zu >Nickie's<. Lass dir irgendwas einfallen. Wir treffen uns in einer Stunde an der Confuzius Plaza."
"Kein Problem, Onkel Peter, das lässt sich sicher einrichten." Sie unterbrach die Verbindung und reichte das Gerät dem Chinesen.
"Etwas Unangenehmes?", fragte Brookman besorgt.
"Keineswegs", winkte Sharon ab. "Mein Onkel will mich einem französischen Geschäftspartner vorstellen, den ich in Zukunft betreuen soll. Es dauert nicht lange. Bis zum Schalterschluss bin ich bei dir in der Bank."
Sie legte ihre Serviette zusammen, stand auf und gab ihm einen Kuss auf die Glatze. Eine Viertel Stunde später stieg sie vor der Villa in ein Taxi. Sie überlegte fieberhaft, wie sie den Mann, mit dem sie die vorletzte Nacht verbracht hatte, in die Nachtbar locken konnte.