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"Das sind die Schlüsselprofile", Sharon schob Nocheese nacheinander einige Kästchen mit einer Kunststofffüllung über seinen Schreibtisch. Sie hatte die Schlüssel in die weiche Masse gepresst und konnte nun einwandfreie Abdrucke vorlegen.

"Wunderbar", sagte Nocheese anerkennend, "morgen haben wir eine Kopie seines Schlüsselbundes in der Hand."

"Hier sind ein paar Notizen über optisch auffallende Schlüssel und die dazugehörigen Räume. Aber die meisten musst du einfach ausprobieren", sie riss die betreffenden Seiten aus ihrem Notizbuch und reichte sie ihm.

"Du bist ein Prachtmädchen!" Nocheeses Augen glänzten.

"Und hier das Wichtigste", Sharon holte die Karteikarten aus der Handtasche. "Die Zahlenkombinationen. Ich habe alle notiert: Die ich beobachten konnte und die ich mir eingeprägt habe. An der ersten Tür müsst ihr drei Kombinationen ausprobieren. Die Kombinationen an den beiden anderen Türen konnte ich überprüfen. Brookman hat mir nämlich Fotoalben und einen Familienstammbaum gezeigt. Da stellte ich fest, dass er für die letzten beiden Türen Zahlenkombinationen gewählt hat, die exakt den Geburtsdaten seiner Eltern entsprechen. Natürlich nur, wenn man die beiden Ziffern für das Jahrhundert weglässt."

"Du bist großartig!" Nocheese schlug vor Begeisterung auf die Schreibtischplatte. "Wunderbar!" Er sprang auf und lief aufgeregt an der Fensterwand seines Büros hin und her.

"Und schließlich noch eine Grundrissskizze der Bank", Sharon entfaltete ein Blatt Papier, auf dem sie erst heute aus dem Gedächtnis und auf Grund ihrer Aufzeichnungen die Räume der Bank skizziert hatte.

"Toll! Einfach toll!" Nocheese tigerte immer noch vor der Skyline Manhattans auf und ab. "Deine Arbeit ist unbezahlbar, Sharon!" Mit geöffneten Armen lief er zu ihrem Stuhl, nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und drückte seinen welken Mund auf ihre Stirn. "Danke!"

Sharon blieb kühl. In den drei Jahren, in denen sie für Nocheese arbeitete - vor allem als Edel-Callgirl für seine wichtigsten Geschäftspartner - hatte sie ihn selten derart aufgedreht erlebt. Sie wusste genau, was seine Gefühle so in Wallung brachte: Die Aussicht auf viele Dollars. Alles andere ließ Nocheese kalt. Sharon machte sich nichts vor.

"Und wie war's so mit dem Trottel?", wollte er wissen.

Sharon holte ein Zigarettenschachtel aus ihrer Handtasche und zündete sich eine an. Fast seufzend blies sie den Rauch an die Decke. "Er will mich heiraten."

Nocheese lachte. "Na also, Mädchen - du bist eine gemachte Frau! Greif zu!"

Sie sah ihn verächtlich an. "Du wirst mich nie hinter Gittern sehen, Peter. Auch nicht hinter goldenen."

Nocheese nickte. "Ich weiß, Sharon." Er ließ sich in seinen Bürosessel fallen. "Aber kommen wir zum Geschäftlichen." Er schob ihr eine Kreditkarte über den Schreibtisch. "Ich habe ein kleines Apartment in Miami. Du kannst es benutzen, solange du es brauchst. Auf dieser Bank", er deutete auf die Karte, "habe ich dir ein Konto eingerichtet. Mit vierzigtausend Dollar."

Das war mehr, als Sharon erwartet hatte. Viel mehr. Aber es berührte sie nicht besonders.

"Weitere zwanzig- bis vierzigtausend werde ich dir zukommen lassen, wenn die Sache über der Bühne ist." Er musterte sie lauernd. "Kein goldener Käfig, Sharon - dein Honorar. Mach daraus, was du willst." Er holte ein Flugticket aus einer Schreibtischschublade. "Du verschwindest jetzt so schnell wie möglich aus der Stadt." Sie nickte und steckte das Ticket ein.

"Wie sieht dein Abgang bei Brookman aus?", wollte Nocheese wissen.

"Ich hab ihm einen Brief geschrieben. Skrupel, Altersunterschied, Jugendliebe und ähnlichen Quatsch." Sie stand auf und ging zur Tür. "Wann steigt die Sache?"

"Morgen."

"Viel Glück." Grußlos verließ sie das Büro.

Am gleichen Nachmittag noch buchte sie ein Hotelzimmer in Chelsea. Und am Abend nahm sie ein Taxi zum Flughafen. Nocheese war zuzutrauen, dass er sie beobachten ließ. Sie stieg brav in das Flugzeug nach Miami, verließ es unter einem Vorwand kurz vor dem Start wieder und nahm die U-Bahn zurück in ihr Hotel.

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