![]() | ![]() |
Sie feierten in einem Nachtclub in der Nähe des Battery Parks, ganz an der Südspitze Manhattans. Halifax hatte eine Schar Frauen um sich versammelt und schmiss eine Runde nach der anderen. Vanessa hüpfte wie ein Verrückter auf der Tanzfläche herum.
Sie fühlten sich, als würde die ganze Stadt ihnen gehören. Als sie im Morgengrauen aus dem Club wankten und Arm in Arm durch die menschenleeren Straßen des Finanzbezirkes torkelten, hatte jeder von ihnen fast zweitausend Dollar auf den Kopf gehauen.
"Hör zu, Randy", lallte Vanessa, "morgen komme ich und hole das Geld bei dir ab. Ich bewahre es für dich auf."
"Quatsch", Halifax rülpste laut, "ich kann schon selbst auf meine Dollars aufpassen." Auch seine Zunge gehorchte ihm nicht mehr. "Bin doch kein kleiner Junge mehr."
Vanessa verkniff sich die Bemerkung, dass er seinen Partner genau für das hielt - für einen kleinen unreifen Jungen. Im Moment jedoch schien ihm Halifax zu euphorisch und zu betrunken, um sich vernünftigen Argumenten zu öffnen. Er beschloss, ihn morgen zu besuchen und in Ruhe mit ihm zu reden.
Die Fünfzigtausend Vorschuss, die jeder von ihnen aus dem Raub mitgenommen hatte, durften unter keinen Umständen in Halifax' Wohnung bleiben. Nur wenn Vanessa seinen Partner vollkommen kontrollieren konnte, würde der keinen Fehler machen. Davon jedenfalls war Vanessa überzeugt.
Sie beschlossen, die Corvette im Parkhaus stehen zu lassen. Auch wenn sich die Parkgebühren bis morgen Nachmittag auf gut und gern fünfzig Dollar summieren würden.
"Scheiß drauf!", lallte Halifax und blieb vor einer Telefonzelle stehen. Nach vier oder fünf Anläufen gelang es ihm endlich, die Nummer von >Big Apple Car< fehlerfrei in die Tastatur des Telefons zu hämmern und ein Taxi zu bestellen.
Fünfzehn Minuten später saßen sie singend im Fond eines Cabbies. Der Fahrer hielt zuerst in Chelsea vor Halifax' Haus. "Ich komm morgen Nachmittag bei dir vorbei", Vanessa umarmte seinen Partner zum Abschied. Halifax stieg aus und das Taxi fuhr weiter in Richtung Bronx.
Halifax wankte zur Haustür und tastete nach dem Schlüssel in seiner Hosentasche. So besoffen wie heute war er zuletzt bei der Weihnachtsfeier auf dem Revier gewesen. Und das war vier Monate her. Endlich hatte er den Schlüssel aus dem kleinen Loch in seiner Tasche gelöst und zog ihn heraus.
"Hi Süßer - wie wär's mit etwas Warmem im Bett?", säuselte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich langsam um und hielt sich dabei an der Hauswand fest. Eine Frau mit einem großen Hut stand am unteren Treppenabsatz. Den Hut und das Gesicht darunter sah er nur verschwommen. Beides interessierte ihn auch nicht besonders. Doch der Busen der Frau, den ihre helle Bluse kaum bedeckte, der interessierte ihn außerordentlich. Und den sah er auch sehr deutlich.
"Das wäre famos ...", lallte er. Er wandte sich wieder der Haustür zu und suchte das Schlüsselloch. "Ganz famos wär' das ..." Hilflos stocherte er in der Dunkelheit herum. "Aus welchem Märchen kommst du denn?"
Die Frau nahm ihm den Schlüssel ab, schloss auf und hielt ihm die Tür auf. Er wankte an ihr vorbei, begrapschte ihre Brüste und stolperte ihr voran die Treppe hinauf. "Ich dachte, so etwas gibt's nur im Traum", brabbelte er vor sich hin, während seine Schuhspitzen nach den Stufen tasteten.
"Vielleicht ist das ja auch ein Traum", die Frau hakte sich bei ihm unter und stützte ihn. "Immer schön eine Stufe nach der anderen", flüsterte sie mit sanfter Stimme. "So ist es richtig."
"Hab ich ein Glück heute", kicherte Halifax, während die Frau die Wohnungstür aufschloss. "Was für ein gottverdammtes Glück ich Rindvieh heute Nacht habe." Er tastete vergeblich nach ihrem Rocksaum.
Sie zog den wankenden Hünen in die Wohnung hinein. "So ein Glück, so ein Glück ...", Halifax zog sie an sich und fasste wieder nach ihren Brüsten. "Mach ruhig ein bisschen Licht, Baby", kicherte er. "Ich will schließlich sehen, was ich bezahle ..." Sie löste sich von ihm. "Der Lichtschalter ist rechts neben der Tür ..."
Das Licht ging nicht an. Halifax tastete in der Dunkelheit herum. "Wo bist du, Baby?", kicherte er. "Warum machst du kein Licht?" Er lauschte. Nichts. Nur sein eigener Atem. "He, Süße ... das Spiel kenn' ich nicht ..."
Dann ein Rascheln. Der stechende Schmerz zwischen seinen Beinen presste ihm die Luft aus den Lungen und das Wasser in die Augen. Er ging röchelnd zu Boden.
Das Licht flammte auf. Sharon riss sich das Tuch vom Kopf. Ihr langes Blondhaar fiel über ihre Schultern. Schmal waren ihre Augen und böse. Er erkannte sie sofort. Sein Atem flog, wie der eines gehetzten Hasen. Die Angst quetschte ihm die Nieren zusammen. Als er das blutige Messer in ihrer Hand sah, pinkelte Halifax in die Hosen.
Sharon sah den feuchten Fleck, der sich um ihn auf dem Teppich ausbreitete, und verzog ihre Mundwinkel zu einem Grinsen. Die grünen Augen darüber lachten nicht.
Dreimal holte sie aus, dreimal zog sie ihm das Messer durch das Gesicht. Er schrie auf und robbte zwischen Fernsehgerät und Schrankwand. Das Blut sickerte ihm durch die Finger seiner aufs Gesicht gepressten Hände.
"Mach dir keine Hoffnungen, du Dreckstück", flüsterte Sharon. Sie ging langsam zum Fenster. "Ich werde dich nicht töten." Am Vorhang wischte sie das Blut vom Messer. "Den Gefallen tue ich dir nicht, dich von dir selbst zu erlösen."
Sie ließ das Messer in ihre Manteltasche fallen und sah ihn an. Der Ekel stand ihr im Gesicht geschrieben. "Du sollst noch ein ganzes Leben lang spüren, was für ein Stück Scheiße du bist." Aus der Innentasche ihres Trenchcoats zog sie eine Pistole. Trotz des Blutes, das ihm von der Stirn über die Augen floss, erkannte Halifax, dass es eine .44er Magnum war. Er begann zu jammern und zu betteln.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, schraubte Sharon einen Schalldämpfer auf den Lauf der Waffe. Dann ging sie langsam auf ihn zu. Er zog die Knie an und wimmerte. "Lass mich ... ich bezahl ... ich geb dir fünfzigtausend ... bitte ..."
"Wo?"
"In dem Koffer unter der Couch ..."
"Ich hätte sie sowieso mitgenommen." Sie ging vor ihm in die Hocke und zielte. Schützend hielt er die Arme vor das blutende Gesicht. Sharon drückte zweimal ab. Eine Kugel in jedes Kniegelenk.