![]() | ![]() |
Wir hatten die beiden Frauen ins Criminal Court Building gebeten. "Das ist Miss Susan Clayton", stellte ich Ihnen unsere Psychologin vor. "Wir würden gern nacheinander mit Ihnen sprechen, und Miss Clayton wird sie in einen Entspannungszustand versetzen, in dem sie sich leichter an Einzelheiten erinnern. Vorausgesetzt natürlich, sie sind einverstanden."
Sie waren einverstanden. Wir fingen mit Trisha Hennessy, der jungen Kassiererin an. Unsere Psychologin dunkelte den Raum ein wenig ab und stellte dezente Musik an. Das Adagio aus einem Klavierkonzert von Beethoven. Dann wies sie das Mädchen an die Augen zu schließen und sich in Gedanken an einen schönen Ort zu versetzen.
Fast eine Viertelstunde lag Trisha in diesem Entspannungszustand. Ich ließ mich in einen Sessel des Besucherzimmers sinken und genoss die Musik. Mein Partner genoss die feinen Gesichtszüge des Mädchens. Ich ertappte ihn, wie seine leuchtenden Augen ihren Körper streichelten.
Nach der Entspannungsphase brachte Suzan Clayton das Mädchen dazu, den Banküberfall auf ihrer inneren Bühne noch einmal als außenstehende Zuschauerin zu erleben. "Achten Sie auf jede Einzelheit, Trisha." Die Psychologin sprach mit sanfter, vibrierender Stimme. "Sprechen Sie alles aus, was Sie sehen. Reden Sie in der Gegenwartsform."
Behutsam beugte ich mich vor und schaltete das Aufnahmegerät ein. Milo zückte sein Notizbuch.
Leise und stockend erzählte Trisha. Im Wesentlichen das, was wir schon wussten. Nur zwei Einzelheiten waren neu: Der kleine, untersetzte Mann neben der Tür hatte weiße Lederschuhe getragen. Bis jetzt war immer nur von hellen Turnschuhen die Rede gewesen. Und: Trisha hatte eine Duftwolke feinen Parfüms gerochen, während sie das Geld aus der Kasse in den schwarzen Aktenkoffer des zweiten Täters gepackt hatte.
"Von wem ging der Geruch aus, Trisha", fragte Milo behutsam.
"Von dem maskierten Mann in dem dunklen Anzug."
Milo brachte Trisha nach draußen. Und kam nicht mehr zurück. Unsere Psychologin wiederholte die Prozedur mit der rothaarigen Bankangestellten. "Sehen sie sich die Ereignisse wie auf einer Leinwand an, Mrs. Glenn, und erzählen Sie uns einfach, was sie sehen.“
Auch sie berichtete von dem intensiven Duft, den der Maskierte verströmte. Und noch eine Kleinigkeit, die sie zuvor noch nicht erwähnt hatte: "In seiner rechten Jackentasche sehe ich eine Ausbuchtung", sagte sie, "etwas Rechteckiges. Als würde er ein Buch bei sich tragen." Mehr war nicht zu holen.
Später, als Suzan und ich die Frau nach draußen begleiteten, stand Milo mit Trisha vor den Aufzügen. Sie waren ganz offensichtlich in ein anregendes Gespräch vertieft. Aus dem Gekicher der jungen Frau schloss ich, dass es kein dienstliches Gespräch war. Milos Hände spielten mit einer Visitenkarte.
Stolz präsentierte er sie mir, als wir wieder allein im Büro waren. "Ich habe ihr zwei Wochen Zeit gelassen, den Schock zu verkraften", sagte er mit gespieltem Ernst.
"Edler Ritter, du."
"Wir werden in den nächsten Tagen miteinander essen gehen."
"Versteh' mich nicht falsch, Milo, aber irgendwie passt die Lady nicht zu dir."
"Nur weil sie blond und Kassiererin ist", grummelte er, "Rassist."
"Nein, ehrlich", ich suchte vergeblich nach Worten. "Es ist nur so ein Gefühl ..."
Milo drückte auf den Wiedergabeknopf des Aufnahmegerätes. Wir hörten die Aussagen ab.
"Was hältst du von den weißen Schuhen?", fragte Milo und drückte auf die Stopptaste.
"Arzt? Pfleger? Masseur?" Ich zuckte mit den Schultern. "Bei den anderen Überfällen hat niemand weiße Schuhe beobachtet."
"Das sollten wir nachprüfen", meinte Milo. "Und das Parfüm?"
"Hilft uns nicht weiter."
"Es sei denn, wir schleppen die Frauen in eine Parfümerie und versuchen die Marke zu identifizieren."
"Es scheinen kluge Leute zu sein." Ich hing meinen Gedanken nach.
"Wer?"
"Die Bankräuber - wie wenig Spuren sie hinterlassen, wie systematisch sie vorgehen ..."
"Wie gezielt sie schießen ..."
"Ja, sie scheinen nicht zum ersten Mal getötet zu haben. Und dann dieses Buch. Ein Hohlkopf schleppt doch kein Buch mit sich herum ...?"
"Vielleicht war es ein Bilderbuch?", grinste Milo. "Vielleicht mit den besten Fotos des >Playboys<?"
"Quatsch - das würde er doch zu Hause unterm Bett oder im Nachtisch aufbewahren." Ich schüttelte nachdenklich den Kopf. "Nein, nein ... es muss irgendein Buch sein, an dem dieser Kerl hängt ..."
Das Telefon klingelte. Ich nahm ab. "Trevellian?" Ruther war am Apparat. "Banküberfall in Hartford, Connecticut. Eindeutige Handschrift. Macht euch auf die Socken ..."