![]() | ![]() |
Hektisch drehte sich Miller von seinem Monitor weg. Die Bankangestellte, die ohne ein Wort zu sagen, hinter ihm aufgetaucht war, erntete einen ärgerlichen Blick. Miller war im Stress. "Was ist denn los?", schnauzte er. Dann erst sah er den Zettel in ihrer zitternden Hand.
Noch bevor er ihn überhaupt berührte, geschweige denn las, brach ihm der Angstschweiß aus. "Das soll ich ihnen von dem Maskierten geben, der vorne am Schalterschrank steht." Miller drehte sich um. Auf dem Tresen, der den Geschäftsbereich vom Kundenraum abtrennte, stand ein aufgeklappter Aktenkoffer, dahinter ein Mann in dunkelgrauem Anzug und mit schwarz verschleiertem Gesicht. "Wenn wir Alarm geben, will er ein Blutbad anrichten", flüsterte die Frau.
Die Schriftzeichen verschwammen vor Millers Augen, als er versuchte, den Zettel zu lesen.
>Wenn sie noch ein Weilchen leben wollen, kommen Sie ohne Hast und ohne jemandem ein Zeichen zu geben an den Tresen. Sorgen Sie dafür, dass niemand Alarm schlägt. Und dann gehen Sie mit mir in den Tresorraum ...<
Seine Beine schienen einzuschlafen, als Miller an den Schreibtischen seiner Mitarbeiter vorbei den Tresen ansteuerte. In allen Gliedern kribbelte es plötzlich, Brechreiz stieg in ihm hoch, in seinem Schädel schien eine dichte Wolke Moskitos zu summen.
Zusammenbrechen, in Ohnmacht fallen, genau, das wär's doch, dachte er. Doch wie mechanisch stelzte er zum Tresen und hielt sich daran fest.
"Ihre Mitarbeiter stehen jetzt auf und kommen in den Publikumsbereich. Jeder legt sich flach auf den Boden. Wer auf irgendetwas drückt, was auch nur annähernd wie ein Alarmknopf aussieht, stirbt." Der Maskierte machte eine herrische Geste mit seiner Maschinenpistole.
Neben der Tür sah Miller den zweiten Maskierten stehen. "Moriga?", schoss es ihm durch den Kopf. Der Handschuh der rechten Hand des Mannes war von hier aus schwer zu erkennen. Miller drehte sich um und gab mit krächzender Stimme die Anweisung des Bankräubers weiter.
Schweigend setzten sich seine Mitarbeiter in Bewegung. Erst, als sie alle jenseits des Tresens bäuchlings am Boden lagen, ging er vor dem Maskierten her in den Tresorraum. Im fiel auf, dass der Mann zwei Koffer mit sich trug. "Woher um alles in der Welt wissen die, dass unser Tresor bis oben hin mit Geldbündeln gefüllt ist!", fragte er sich.
"Beeilung!", fuhr der Maskierte ihn an, während er die Bündel in den Aktenkoffern stapelte. "Dicht packen! Beeilung!"
Endlich schien der Mann zufrieden zu sein. "Zumachen!" Miller verschloss die beiden Aktenkoffer. Der Maskierte überprüfte die Schlösser. Dann klemmte er sich einen der Koffer unter den linken Arm und packte den anderen mit der Linken. Mit der rechten Hand nahm er die Waffe hoch.
Er zog sich zwei Schritte zur Tür zurück und blieb dort stehen. Miller starrte auf die schwarze Maske. Der Gedanke, der sich plötzlich wie ein Eiszapfen aus seiner Brust in seinen Schädel hinaufbohrte, vertrieb schlagartig das Gesumme in seinem Kopf.
"Warum ..." Die krächzende Stimme erstarb ihm vor Angst.
Jeder der Kunden draußen auf dem Boden, und erst recht Millers Mitarbeiter zuckten zusammen, als die kurze Schusssalve dröhnend vom Tresorraum zu ihnen herüberschallte.
Drinnen im Tresorraum sah Raymond Miller ungläubig an sich herab. Der erschreckend rote Fleck auf seinem weißen Hemd breitete sich behäbig auf dem feinen Leinenstoff aus. Und kroch ihm warm und feucht in den Hosenbund. Noch bevor er mit der Stirn auf dem rutschsicheren Kunststoffboden des Tresorraum aufschlug, verlor er das Bewusstsein. Für immer.