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Dass der Besitzer der Videothek Dreck am Stecken hatte, merkte ich gleich, als ich ihm meine Dienstmarke präsentierte: Er wurde blass, seine Augen weiteten sich und die Kinnlade fiel ihm herunter. Er spielte den braven Mann. "Ich bin völlig clean, Mann, was wollen Sie von mir?!"
Während Diana sich in dem Laden umschaute, schob ich ihm eines der Magazine über den Tisch. "Kennen Sie das?"
"Pfui Teufel!", sagte er und versuchte ein entrüstetes Gesicht zu machen.
"Ihre schauspielerischen Fähigkeiten reichen nicht mal für eine der Sitcoms im Vormittagsprogramm", ich ging um den Tresen herum. "Darf ich mal unter ihre Theke schauen?"
"Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?" Seine Stimme wurde schon weinerlich.
"Nein, aber Sie haben doch sicher nichts zu verbergen." Ich schob ihn beiseite und zog ein paar Schubladen heraus. "Wenn ich mit einem Durchsuchungsbefehl hier aufkreuze, finde ich noch Sachen, für die ich mich gar nicht interessiere. Ich suche nur Hefte mit diesen langweiligen Fotoromanen."
Ich kippte den Inhalt der Schubladen auf den Boden. Das war nicht sehr fein, aber dieser perverse Killer lief frei herum und die Zeit drängte.
"Hallo, G-Men!" Ich richtete mich auf und sah Diana in dem Türrahmen zum Hinterzimmer stehen. Mit der einen Hand hielt sie den roséfarbenen Vorhang, der die beiden Räume trennte, in der anderen ein Pornomagazin. Exakt die Ausgabe, die wir auch bei Terry Anderson gefunden hatten.
"Sie sind festgenommen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass alle Aussagen, die sie ohne Ihren Anwalt ..."
Während ich den Spruch abspulte legte ich dem verblüfften Mann Handschellen an. Eine Stunde später saß er im Vernehmungsraum der Federal Plaza. Diana und ich verhörten ihn.
Er bestritt eine geschlagene Stunde lang der Besitzer der Pornohefte zu sein. Dabei hatten wir eine ganze Kiste davon in seinem Hinterzimmer sichergestellt. Er hätte das Zeug für jemanden aufbewahrt ohne den Inhalt der Kiste zu kennen. Solchen und ähnlichen Mist erzählte er uns.
"Ich will Ihnen jetzt erklären, warum Sie hier sitzen", sagte ich irgendwann gelangweilt zu ihm. Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf. "Es ist jetzt 22.50 Uhr", ich stellte mich vor ihn und steckte die Hände in die Taschen.
"Gegen Mitternacht beabsichtige ich Feierabend zu machen", von Milos Schreibtisch angelte ich eine Zeitung von gestern. Ich schlug die Seite mit dem Bericht über den Serienmörder auf. Die Fotos der Opfer waren darauf abgebildet. "Bis dahin suche ich jemanden, den ich wegen Mordes an diesen vier jungen Männern dem Staatsanwalt vorstellen kann." Der Mann rang sichtbar um seine Fassung.
Ich warf die Zeitung auf den Schreibtisch und ging zurück zu meinem Stuhl. "Und ich schätze, Sie werden dieser Jemand sein."
"Ich ... ich bin doch kein Mörder ...", stammelte er keuchend. Und dann redete er. Mel Cumberland hieß sein Partner. Angeblich vertrieb vor allem er die Hefte. Wir ließen uns die Adresse geben. Zwei Stunden später saß Cumberland im Vernehmungszimmer.
Wir mussten ihn ein Weilchen kneten bis er den Handel mit Pornoliteratur und -magazinen einräumte. Aber mit den Morden wollte er absolut nichts zu tun haben.
"Gut", sagte Milo gegen Morgen. "Dann stellen wir mal ihre Bude auf den Kopf."
"Ihr braucht mich nicht, oder?", sagte Diana. Sie sah müde aus.
"Ich bring' dich nach Hause", bot ich mich an.
"Aber nur bis zur Haustür!", grinste sie.
"Cumberland ist nicht der Mann, den wir suchen, Jesse", sagte Diana unterwegs. "Schau ihn dir an - er ist Anfang dreißig und attraktiv. Das Täterprofil passt nicht auf ihn, glaub' mir."
"Wir werden sehen", einen anderen Kommentar konnte ich beim besten Willen nicht geben.
Als wir vor ihrem Haus hielten war es noch stockdunkel. Wir verabschiedeten uns im Wagen. Kurz aber intensiv.
"Ich glaube, ich werde in Zukunft öfter einen Auftrag in New York annehmen", lächelnd löste sie sich aus meinen Armen.
Genau in diesem Moment fiel mir die Frage wieder ein, die ich dem Chef gestern stellen wollte. "Du hast ein wenig aufgeschnitten, stimmt's?", grinste ich. Ihre Brauen zogen sich zusammen. "Uns erzählst du, man hätte dich unbedingt für den Fall haben wollen, und vom Chef höre ich, du hättest dich angeboten."
Im Halbdunkeln des Wageninneren konnte ich ihr Gesicht nur undeutlich sehen. Aber für einen Moment hatte ich das Gefühl, als würde ein Reißverschluss durch ihr Miene sausen. Aber nur für einen Moment. "Wahrscheinlich wird an beiden Versionen etwas dran sein, oder?", lächelte sie und stieg aus.