![]() | ![]() |
Sie steuerte den Wagen in eine belebtere Gegend, ließ ihn dort stehen und wechselte in ein Taxi über.
»Barbara Valley«, sagte sie. »Zum Camp der »Children of Sun«.
Der Driver musterte sie von oben bis unten und schüttelte dann den Kopf.
»Haben Sie sich das auch wirklich genau überlegt, Miss? Ich hatte schon einmal eine Fuhre in die Berge, aber noch nie eine zurück. Meine Kollegen übrigens auch nicht.«
»Das lassen Sie besser meine Sorge sein«, entgegnete Plenty schnippisch und machte es sich im Fond bequem.
Während der Fahrt aus der Stadt malte sie sich aus, wie sie vorgehen würde.
Mikes Auftrag war, herauszufinden, was Sam Crown plante, doch man hatte ihn nicht vorgelassen. Plenty versprach sich ein leichteres Spiel. Mochte dieser weißbärtige Schwarze noch soviel Charisma haben, sie war auch nicht ganz ohne. Jedenfalls würde sie von irgendwelchen Posten durchgelassen. Das stand einmal fest. Auf Frauen hieb man nicht mit Gewehrkolben ein.
Und war sie erst einmal im Camp, konnte man immer noch weitersehen. So unkompliziert und geradlinig sah Plenty die Dinge. Sie war sehr von sich eingenommen, und wenn es darauf ankam, konnte sie sich auch wehren. Mit Karateschlägen und Bissen, wenn es sein musste.
Doch Plenty wusste leider viel zu wenig über die eigentliche Natur dieses Camps. Mike hatte in seiner Schilderung absichtlich weit untertrieben gehabt, um seine unternehmungslustige Freundin nicht noch mehr zu beunruhigen. Sie zupfte schon genug an seinen Nerven herum, wenn sie einmal
ruhig und brav und ausnahmsweise untätig an seiner Seite saß.
So begab sich Plenty mit einem Minimum an Wissen und einem Maximum an Tatendrang in die Höhle des Löwen.
Als sie ankamen, sagte sie zum Fahrer, er möchte doch eine halbe Stunde warten, doch der Taxi-Driver bestand darauf, dass sie zumindest die Fahrt bis hierher sofort bezahlte. Dann schaute er zu, wie die junge Frau auf das unter hellem Lampenlicht stehende Tor zu stöckelte.
Seit Mitternacht schoben auch Slim Perth und Rudy Colon wieder Dienst, nachdem sie den Nachmittag und Abend über freigehabt hatten.
Verwundert schauten sie der schönen Frau mit den tizianroten Haaren, dem grünen Chiffonkleid und dem aufreizenden Gang entgegen. Sie war angezogen, als wäre sie zu einer Cocktailparty eingeladen.
Und das um vier Uhr früh.
»Ich möchte Mister Crown sprechen«, sagte sie durch den Maschendrahtzaun. »Und zwar sofort. Ich möchte Mitglied werden. Erledigen wir die entsprechenden Formalitäten, denn mein Fahrer wartet.«
Perth und Colon wechselten verdutzte Blicke.
Colon fing sich als erster.
»Das wird Mister Crown aber freuen, Miss«, sagte er und schloss das Tor auf. »Treten Sie doch bitte näher. Wen darf ich melden?«
»Miss Maureen Parker.«
»Dann folgen Sie mir doch bitte.«
Rudy Colon hatte schon längst den verborgenen Knopf gedrückt, der die Zentrale und damit auch den Sektenführer alarmierte.
Während er mit der jungen Frau in die Dunkelheit zwischen den Hütten verschwand, ging Slim Perth auf den wartenden Fahrer zu und streckte eine Zwanzig-Dollar-Note durchs offene Seitenfenster.
»Die Miss hat sich entschlossen, nun doch bei uns zu bleiben«, sagte er.
Der Cab-Driver zuckte mit den Achseln, steckte das Geld ein und ließ den Motor an. Slim Perth schaute den Rücklichtern zu, wie sie verschwanden und schüttelte den Kopf.
Dieses rothaarige Mädchen konnte nicht alle Tassen im Schrank haben.
Sam Crown erwartete Maureen Parker und ihren Begleiter bereits. Seine Miene verhieß nichts Gutes, doch sie glättete sich, als das Mädchen und Rudy Colon eintraten.
Der Sektenführer hatte sich ein weißes, togaförmiges Gewand übergeworfen, das seine Schulter freiließ. Seine braune Haut schimmerte wie Samt. Seine dunklen Augen brannten in verhaltenem Feuer. Er setzte jenes Gesicht auf, dem auch seine Anhänger verfallen waren.
Eine Maureen Parker kannte er nicht, aber wenn sie mitten in der Nacht aufkreuzte, war sie es wert, dass man sich näher mit ihr befasste.
Er verbeugte sich tief vor Borrans Freundin. Die Hände hatte er nach der Art der Inder vor der Brust gekreuzt.
»Es freut mich, Sie kennenlernen zu dürfen, Miss Parker«, sagte er mit warmer, sonorer Stimme, von der nicht wenige seiner Anhängerinnen behaupteten, sie würde sie sexuell stimulieren.
Auf Plenty übte sie diese Wirkung nicht aus. Dafür war sie ein viel zu geradlinig denkendes Mädchen. Sex war für sie kein emotionsgeladenes Mysterium, sondern eine reizvolle Beschäftigung, der man eben jenen Stellenwert einräumte, der ihr gebührte.
»Sie müssen Sam Crown sein«, plauderte sie frisch drauflos. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Von Ihrer Sekte natürlich auch. Ich wäre gerne beigetreten. Entschuldigen Sie, dass ich mitten in der Nacht zu Ihnen komme, aber ich neige zur Impulsivität.«
»Wollen Sie nicht erst Platz nehmen?«
»Wozu? Solange kann das doch nicht dauern, bis ich die paar Formulare unterschrieben habe. Bekomme ich Durchschriften mit nach Hause?«
Sam Crown nickte Rudy Colon unauffällig zu. Der Mann stand hinter Plenty und griff zu.
Sein Griff verriet Übung. Er setzte die Daumen genau an jener Stelle hinter Plentys Ohren an, bei der sie innerhalb einer Sekunde ohnmächtig werden musste. Der Mädchenkörper wurde schlaff in Colons Händen.
»Auf die Liege mit ihr!«, befahl Sam Crown. Er hatte nichts Einnehmendes und Schmeichelndes mehr an sich.
Aus seinem weiten Gewand holte er ein paar Handschellen und ließ sie über den Gelenken Plentys zusammen schnappen.
Die beiden Männer sprachen kein Wort mehr. In fiebriger Hast rissen sie dem Mädchen die Kleider vom Leib, durchsuchten auch ihre Frisur nach einem versteckten Mikrofon, filzten ihre Handtasche.
Dann erst sprachen sie wieder miteinander.
»Sie ist sauber, Boss«, stellte Rudy Colon fest. »Wenn sie ein Mikro am Körper hätte, hätte ich auch das gefunden. «
Sam Crown hielt eben Plentys Pass gegen die Deckenlampe.
»Ebenfalls echt«, meinte er nach einer Weile. »Sie stammt aus Chicago.«
Ein Bild fiel heraus. Rudy Colon bückte sich devot, um es aufzuheben und zurückzugeben, doch da stutzte er.
»Den hier kenne ich«, sagte er dann. »Himmel, wäre das ein Zufall!«
Sam Crown schaute den Schläger irritiert an.
»Wer ist dieser Mann?«
»Sam Parker.«
»Der Name sagt mir nichts.«
»Sie waren zu lange im Ausland, Sir, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Aber dieser Sam Parker ist der größte Gauner zwischen Atlantik und Pazifik.«
Sam Crown schrak zusammen.
»Er gehört zum Syndikat?«
»Er gehört nur sich allein. Ein Einzelgänger. Das Syndikat wollte schon öfter seine Hilfe in Anspruch nehmen, aber er lehnte immer kategorisch ab. War mit nichts zu überreden, dieser Kerl.«
Crown wies auf das nackte Mädchen.
»Sie scheint seine Tochter zu sein. Ist sie wertvoll?«
Rudy Colon zuckte mit den Schultern. Auf die wirklich großen Sachen ließ er sich nicht ein und erlaubte sich auch kein Urteil darüber. Er fühlte sich wohler als kleines Rädchen im Getriebe einer gut geschmierten Maschine.
»Das werden wir ja bald heraushaben«, keuchte Sam Crown, ging zur Kommode hinüber und zog eine Spritze auf.
Plenty regte sich.
»Pass auf, dass sie keinen Lärm macht«, sagte der Sektenführer und hielt die Spritze gegen das Licht. Ein glitzernder Tropfen rann die Nadel hinab.
Maureen Parker erkannte jetzt erst, was in der Zwischenzeit mit ihr geschehen war und wollte wie am Spieß losschreien. Doch Colon legte ihr seine Pranke auf den Mund und riss sie brutal an den Haaren zurück.
»Keine Sorge, Miss«, redete Crown auf sie ein und setzte die Spritze an. »Es tut nicht weh, und sterben werden Sie auch nicht daran. Nur ein kleiner Schuss Phenotal. Vielleicht kennen Sie dieses Wässerchen unter der Bezeichnung Wahrheitsserum besser.«
Das Phenotal verlor sich in den Venen Plentys. Ihre Augen wurden starr und gläsern. Die Mundwinkel zuckten.