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Mike Borran erfuhr noch im Dodge davon, dass Maureen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch am Leben und an Bord des Schiffes war. Sie gaben es im Polizeifunk durch.
»Unkraut vergeht eben doch nicht«, kommentierte McIntire nur, während sich Mike über seine Gefühle noch nicht ganz im klaren war. Er schleppte immer noch eine Stinkwut auf seine Geliebte mit sich herum. Es war verteufelt anstrengend, mit einer Maureen Parker befreundet zu sein.
Sie erreichten den Marinehafen gegen Mittag und wurden von einem jungen Adjutanten an Bord eines Schnellbootes mit leichter Bewaffnung geführt. Anstelle eines Namens war eine vierstellige Zahl schwarz an die Bordwand gepinselt.
»Damit können Sie uns nicht entkommen«, meinte McIntire, und machte dann Borran mit dem Kommandanten des Bootes bekannt. Er war noch keine Vierzig, sah ungeheuer zackig aus und trug sein blondes Haar im Igel-Look. Er hieß Henry Coy.
»Wann legen wir ab?«, fragte Borran.
»Sofort«, knurrte McIntire.
»Ich möchte vorher noch telefonieren.«
»Eh?«
»Sie haben vergessen, dass Maureen auch noch einen Vater hat.«
»Der eigentlich in Singsing wohnen müsste«, ergänzte der CIA-Agent mürrisch.
Es war ein offenes Geheimnis, dass Sam Parker seine ureigene Ethik entwickelt hatte, die sich nicht an jener orientierte, mit der das Strafgesetzbuch geschrieben worden war. Schon in jungen Jahren schuf er sich einen Ruf als Gentleman-Gauner, der nichts mehr verabscheute als blutige Gewalt und nichts mehr schätzte, als den Inhalt fremder Tresore. Auch vor Kollegen aus der Branche machte er nicht Halt, so dass er sie inzwischen mehr zu fürchten hatte, als Polizei und Steuerfahndung.
»Telefonieren Sie schon«, sagte McIntire dann. »Vielleicht kann er uns sogar helfen. Seine Kontakte zur Unterwelt sind ja ausgezeichnet.«
Er begleitete Mike zu einem flachen Betonklotz hinüber. Der Adjutant von vorher führte sie zu einer Telefonkabine, wo Borran die Nummer von Maureens Vater wählte.
Schon nach dem zweiten Läuten wurde abgehoben.
»Plenty?«
»Leider nein, Mister Parker«, antwortete Borran und erklärte im Telegrammstil, was sich seit Maureens Ankunft in Los Angeles ereignet hatte. Parker unterbrach ihn nicht ein einziges Mal.
»Es ist also sicher, dass sie noch lebt«, sagte er, nachdem Mike geendet hatte.
»Und ich werde alles daransetzen, dass es auch so bleibt«, erwiderte Borran.
»Warum kapert ihr dieses verdammte Schiff nicht einfach?«, fragte Parker aufgebracht. »Einen Schuss vor den Bug, und sie geben klein bei. Das verspreche ich euch.«
»Das wäre Piraterie«, gab Borran zu bedenken.
»Und wenn man meine Tochter festhält, heißt das Kidnapping, wenn ich nicht irre. Was sind das eigentlich für Gesetze, an die ihr euch haltet? Ich habe schon immer gewusst, dass sie nichts taugen. Alles Mist. Alles ein scheußlicher, gottverdammter Mist!«
Borran hütete sich, Sam Parker in diesem Augenblick zu widersprechen. Seine Unbeherrschtheit war nur Fassade. In Wirklichkeit durchlitt er gerade Höllenqualen. Es gab nichts auf der Welt, an dem er mehr hing als an Plenty.
Doch dann beruhigte sich Sam Parker auch schnell wieder. Er hielt sehr viel von Mike Borran und sah ihn trotz dessen Wahrheitsliebe als eine Art Sohn von ihm an, für den er durchs Feuer gehen würde und von dem er umgekehrt dasselbe erwartete.
Nicht zu unrecht.
»Was wird unternommen?«, fragte Sam Parker.
»Ich bleibe am Ball. Wir folgen der >Jazhinto< mit einem Schnellboot der Navy. Und wenn der richtige Augenblick gekommen ist, werde ich zuschlagen.«
»Tun Sie das, und tun Sie’s so, dass kein Auge trocken bleibt.«
Jetzt, wo seine Tochter in Gefahr war, hatte Sam Parker auch seine Friedfertigkeit abgelegt.
»Sie könnten auch etwas für uns tun, Mister Parker«, sagte Mike. »»Die Children of Sun« sind ausschließlich Sprösslinge sogenannter höher gestellter Persönlichkeiten. Bei der CIA vermutet man, dass Crown noch Hintermänner hat. Er spielt nur den Rattenfänger für irgend jemanden. Alles weist darauf hin, dass er aus Costa Rica finanziert wird. Könnten Sie sich ein wenig umhören, wer dafür in Frage käme?«
»Und ob ich das tun werde! Wie kann ich Sie erreichen?«
»Einen Augenblick, Mister Parker. Ich werde mich erkundigen.«
Mike Borran deckte kurz die Sprechmuschel ab und hielt Rücksprache mit McIntire. Die Anweisungen des CIA-Agenten waren knapp und präzise. Mike gab sie an Sam Parker weiter.
»Ich werde mich melden, sobald ich etwas weiß«, versprach Parker, der Edel-Gangster.