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Die in die See hinaus verlängerte Grenze Costa Ricas zu Nicaragua war soeben passiert. Vor den Fenstern lag schwarz die Dunkelheit. Auf dem Radarschirm erkannte man, dass die >Jazhinto< ihren Kurs änderte und jetzt auf die Küste zulief.

»Wir dürfen ihr nur mehr zwei Meilen weit folgen«, erklärte Commander Henry Coy. »Wir müssen die Hoheitsgewässer respektieren.«

»Besteht nicht die Möglichkeit, dass wir einen Maschinenschaden vortäuschen?«, fragte Mike Borran hoffnungsvoll. Dann müssen sie uns doch an Land lassen.«

»Theoretisch schon«, knurrte McIntire und stierte böse den Radarschirm an. »Doch wir müssen davon ausgehen, dass einige wichtige Leute geschmiert sind. Man wird unseren Antrag solange verzögern, bis Sam Crown samt seinen Goldfischen über alle Berge ist.«

»Aber eine Möglichkeit muss es doch geben!«, begehrte Mike Borran auf.

McIntire trug seine Leichenbittermiene zur Schau.

»Die gibt es auch. Dieser Sam Parker hat sie bereits angedeutet.«

»Wir sollen zu zweit...?«

»Fällt Ihnen etwas besseres ein?«, antwortete der Ire mit einer Gegenfrage. »Wir wären nicht in diesen Zugzwang geraten, wenn Ihre Geliebte nicht. ..«

»Stopp!«, unterbrach Mike Borran scharf. »Lassen Sie den Schwarzen Peter gefälligst dort, wo er hingehört. Bei jenem Hohlkopf nämlich, der glaubte, meine Loyalität auf die Probe stellen zu müssen, indem er dafür sorgte, dass ich eins über die Rübe bekam. Ich spreche von diesem phantastischen Plan, mir Corry Lambert an den Hals zu hetzen. Nun, ich hatte am Abend darauf verständlicherweise etwas Kopfschmerzen. Sonst wäre ich noch in Los Angeles ins Camp eingedrungen und hätte dort womöglich belastendes Material gefunden, und zu dieser Irrsinnsfahrt wäre es gar nicht erst gekommen.«

McIntire schwieg missmutig. Was Recht war, musste Recht bleiben. Mike Borrans Argumente hatten Hand und Fuß.

»Wie lange noch?«, fragte der Rotschopf den Commander. Henry Coy stand über einige Seekarten gebeugt.

»Wie es aussieht, läuft die >Jazhinto< die Culebra Bay an.«

»Kann sie dort anlanden?«

»Nein. Sie müssen in Booten ans Ufer.«

»Und von dort in die Berge ist es nur mehr ein Katzensprung.«

»Richtig, Sir. Sie kennen sich in den Kordillieren aus?«

»Niemand kennt sich in diesen verfluchten Bergen aus. Nach der Küste beginnt der Dschungel. Wir dürfen sie also nicht aus den Augen verlieren.«

»Ich darf nicht in die Hoheitsgewässer hinein, Sir. Meine Anweisungen sind in diesem Punkt unmissverständlich.«

»Aber sie werden wohl ein paar Taucheranzüge an Bord haben.«

»Sie wollen ans Ufers schwimmen?«

»Nein. Tauchen.«

»Die See hier wimmelt von Haien. In Costa Rica wird kaum Fischfang getrieben.«

»Dann geben Sie mir eben auch noch eine verdammte Harpune mit.«

Die Blässe in Henry Coys Gesicht stammte nicht nur vom grünlichen Widerschein des Radarschirms.

»Ich kann Sie nicht daran hindern, Sir.«

»Nein. Das können Sie nicht. Mike? Sind Sie bereit?«

Borran grinste schief.

»Bleibt mir denn etwas anderes übrig?«

»Sie könnten Ihren Kontrakt zerreißen.

»Sie wissen genau, dass ich das nicht tue.«

Nun lächelte Johnnie McIntire. Erleichtert, wie es schien. Er gab Borran die Hand und drückte nur sehr sanft zu. Anschließend sagte er dem Commander, was sie noch alles brauchten. Es sollte in wasserdichte Beutel verpackt werden.

Bis sie sich in ihre schwarzen Taucheranzüge zwängten, verging noch einige Zeit. Borran füllte sie mit Fragen aus, die ihm noch auf der Zunge brannten.

»Ich verstehe immer noch nicht ganz, warum nicht ein offizieller Weg eingeschlagen wird, an die »Children of Sun« heranzukommen. Wir unterhalten doch diplomatische Beziehungen mit Costa Rica, und Sie sagten selbst, dass nicht die ganze Regierungsspitze korrupt ist. Man müsste den entsprechenden Behörden doch die Daumenschrauben ansetzen können.«

»Da sieht man mal wieder, dass sie von Kernphysik immer noch mehr verstehen, als von Ihrem neuen Job. Selbstverständlich unterhalten wir diplomatische Beziehungen zu Costa Rica. Das Land hat sogar eine recht akzeptable Verfassung, die obendrein noch eingehalten wird. Im großen und ganzen zumindest. Aber hinter den Kulissen tut sich dann doch einiges, wenn man ein bisschen tiefer bohrt.

So liegt ein Großteil der verschwundenen IOS-Milliarde in diesem Fleckchen Land, das sich so gern als die Schweiz Mittelamerikas apostrophieren lässt. Robert Vesco hat auch noch Bernie Comfield aus dem Feld geschlagen und sich in Costa Rica niedergelassen. Mit dem freundlichen Einverständnis des damaligen Präsidenten Figures Ferrer, auch Don Pepe genannt. Don Pepe dürfte dafür x Millionen Dollar kassiert haben. Jedenfalls bewohnt er jetzt einen Palast, neben dem sich die Traumvilla von Liz Taylor wie ein Armenhaus ausnimmt.

Daniel Oduber Quirös, der jetzige Präsident, ist ebenfalls schon am Bauen. Und bestimmt stellt er sich keine Hundehütte an den Strand der Bahia de Coronada. Nicht zu vergessen, dass auch die Mafia ihre Gelder nach Costa Rica verschiebt. Die Leute haben seit Al Capone dazugelernt.«

McIntire hatte sich richtig in Rage geredet.

»Nein, nein, mein Freund. Mit Glace-Handschuhen erreichen wir hier gar nichts. Wir müssen uns schon an die Spielregeln halten, die uns unser Gegner diktiert. Und die sind nun mal nicht ganz sauber.«

»Anders ausgedrückt: Wir sollen zu zweit das ganze Nest ausheben?«

»Wollen Sie jetzt nicht doch lieber Ihren Kontrakt zerreißen?«

Mike Borrans Atem ging heftiger.

»No.«

»Ich wusste, dass Sie sich so entscheiden würden. Ohne Sie und Ihre bewusste Fähigkeit wäre ich ohnehin aufgeschmissen. Das Camp, das die »Sonnenkinder« jetzt beziehen, wird nicht weniger gut bewacht sein, als das im Santa Barbara Valley. Eher noch besser. Aber das dümmste daran ist, dass wir Leute befreien müssen, die gar nicht befreit werden wollen.«

»Plenty schon.«

Johnnie McIntire stöhnte verhalten.

»Wenn Sie doch bitte diesen Namen nicht so häufig erwähnen würden!«

»Keine Sorge«, meine Mike Borran und schlüpfte in die Gurte, die die beiden Sauerstofflaschen auf seinem Rücken hielten. »Unter Wasser bin ich nicht sehr gesprächig.«

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