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Auf der >Jazhinto< ließ man sich Zeit. Auch das kleine Kreuzfahrschiff war mit empfindlichen Radargeräten bestückt, und so wusste Crown, dass das Schnellboot der US-Navy seine Maschinen knapp außerhalb der Zweimeilen-Zone gestoppt hatte.

Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen. Er war am Ziel seiner Wünsche. Wenigstens so gut wie am Ziel. Die paar Meilen in die Berge würde er auch noch schaffen, und dann würde er den großen Reibach machen. Zwei Millionen Dollar wollte die Organisation ihm für seine Mühen zahlen.

Damit hatte er für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Er wollte zurück nach Indien und dort wie ein König leben. Seine religiösen Jahre hatte er hinter sich, obwohl er einmal tatsächlich eine Sekte hatte gründen wollen.

Allen Ernstes.

Doch dann hatte Jim Jones mit seinen Peoples Temple und deren Massenselbstmord in Guayana für makabre Schlagzeilen gesorgt, und jene wiederum waren es gewesen, die ein verbrecherisches Gehirn auf Touren hatten kommen lassen.

Die Mafia hatte sich angeschickt, das Sektenunwesen auf ihre Art und Weise zu kommerzialisieren.

Sam Crown hatte nicht sehr lange widerstanden. Das Geld hatte sich letzten Endes seinem Glauben als überlegen erwiesen. Eine Million Dollar hatte er bereits kassiert. Eine weitere würde er in Kürze bekommen. Er hatte die Herde gesammelt. Die nächsten Schritte überließ er anderen.

Sam Crown verdrängte diese unguten Gedanken. Im Licht eines Bordscheinwerfers nickte er den jungen Mädchen und Männern freundlich zu.

Sie alle vertrauten ihm und seinem Versprechen, sie ins Paradies zu führen, weit abgeschieden von der übrigen Menschheit so zu leben, wie es ihnen beliebte. Unter der Leitung ihres großen Guru Sam Crown.

Das Lächeln des Mannes gefror zu einer Maske. Im harten Scheinwerferlicht jedoch wirkte es immer noch huldvoll und herzlich. Er brauchte seine Rolle als Rattenfänger nicht mehr lange zu spielen. Nur noch ein paar Tage, bis andere das Kommando im Camp übernahmen. Andere, bei denen ein schärferer Wind wehen würde.

Nichts mehr von rituellen Sonnenbädern, keine Predigten mehr von Liebe und biotischer Ernährung. Keine Rede mehr von glückselig machenden Meditationsübungen und vom Karma, das sie alle gemeinsam durchfluten würde.

Aus dem Nährboden, den Sam Crown bereitet hatte, würden Gewalt, Blut und Terror wachsen.

Der Sektenführer wandte sich ab.

Nur ein, zwei Tage noch. Dann hatte er das alles hinter sich. Ein Ticket von San Jose nach Madras befand sich bereits in seinem Reisegepäck.

Von der Küste her tuckerte eine Pinasse. Männer in der Uniform der Nationalgarde standen an Deck. Sie salutierten militärisch, als sie das kleine Boot längsseits brachten. Matrosen warfen eine Strickleiter hinab. Die Uniformierten kamen an Bord.

»Mister Sam Crown?«, fragte ein braunhäutiger Mann vermutlich spanischer Herkunft mit einem harten Akzent.

Der Sektenführer nickte.

»Danach müssten Sie Leutnant Gomarra sein.«

»Der bin ich, Señor. Sie haben das Paket für meinen Capitano?«

»Sie haben dafür gesorgt, dass wir ungesehen ins Landesinnere kommen?«

»Si, Señor. Es ist alles bereit. Nur kommen Sie einen halben Tag zu früh.«

»Wir mussten umdisponieren«, sagte Sam Crown, fasste unter seine Toga und brachte ein braunes Päckchen zum Vorschein, von dem er wusste, dass es 50 000 Dollar enthielt. Damit hatten seine Hintermänner sich das Wohlverhalten der wenigen Eingeweihten von Costa Rica erkauft.

Leutnant Gomarra riss das Paket auf und lugte hinein. Beim Lachen zeigte er seine blendend weißen Zähne.

»Sie können jetzt an Land kommen, Señor Crown.«

Er schlug die Haken zusammen. Beim Salutieren grinste er. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Land. Mit dem Gebiet, das Sie vom Capitano erstanden haben, haben Sie einen ausgezeichneten Griff getan. Es ist sehr schön dort.«

Leutnant Gomarra kannte also auch nur einen winzigen Teil der Wahrheit, aber Crown stellte nicht zum ersten Mal fest, dass seine Auftraggeber wahre Genies im Organisieren waren. Vom Besuch dieser Ganoventochter abgesehen, hatte bisher alles reibungslos geklappt.

Sogar die >Jazhinto< würde noch versinken, wenn sie die Küste entlang weiter nach Süden geschippert war. Eine Explosion sollte dafür sorgen, dass niemand mehr groß Fragen nach ihren Passagieren stellte. Bestimmt verdienten seine Auftraggeber auch daran noch eine Stange Geld. Das Schiff war hoch versichert.

Vermutlich gab es Tote dabei, aber es waren schon längst nicht mehr die ersten, seit Sam Crown sich hatte überreden lassen, für die Mafia »Sonnenkinder« zu ködern.

Der Sektenführer dachte kurz an das Mädchen, das Slim Perth tot ins Meer geworfen hatte. Der Kleinen hatte der Aufenthalt im Camp nicht mehr behagt, und sie wollte fliehen. Doch die Regeln der Mafia waren rau.

Die Boote mit den Sektenmitgliedern wurden zu Wasser gelassen. Matrosen legten sich kräftig in die Riemen, weil die Brandung ziemlich stark war.

Sam Crown stieg ins letzte der Beiboote. In ihm lag auch eine Kiste, und in der Kiste lag Maureen Parker. Er hatte kein gutes Gefühl bei diesem Weibsstück. Und Sam Crown hielt sehr viel von seinen Gefühlen. Als CIA oder FBI ihm Leute geschickt hatten, die Mitglieder werden wollten, hatte er sie herausgefunden und wieder fortgeschickt. Es war ihm eben doch etwas aus seiner Zeit in Indien geblieben. Aus jenen Tagen, in denen er noch ein eifriger Mystiker gewesen war. Er konnte Gefahren riechen, und deshalb wäre er diese Maureen Parker lieber los gewesen.

Inzwischen reizte sie ihn nicht einmal mehr als Frau. In seinen seltenen ehrlichen Sekunden gestand er sich ein, dass er Angst vor ihr hatte. Seit diese rothaarige Weiße ins Barbara Valley gekommen war, hatte es nichts als unerwartete Schwierigkeiten gegeben.

Am Kiesstrand standen drei Militärjeeps und ein altersschwacher Omnibus, in den die » Children of Sun«und ihre Wachen verfrachtet wurden. Auf Crown wartete ein Range Rover neuerer Bauart. Auf der Ladefläche hatte auch noch die Kiste Platz.

Motoren wurden angelassen.

Noch zwei Stunden Fahrt bis zur Endstation. Einer der Jeeps fuhr voraus. Die beiden anderen und ihre Bemannung sicherten die Küste. Weit draußen in der Bay konnte man die Lichter eines anderen Schiffes sehen.

Eines Schnellbootes der US-Navy.

Sam Crown warf keinen Blick mehr zurück. Er hatte mit seiner Vergangenheit gebrochen und fuhr der Zukunft entgegen.

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