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Der Mafia-Gangster hielt sich nicht mit langen Vorreden auf. Er war ein Mann knapp um die Vierzig, schlank, braungebrannt. Sein beinahe blauschwarzes Haar glänzte in der Sonne. Wären seine eng beieinanderstehenden, unwahrscheinlich blauen Augen nicht gewesen, aus denen die Pupillen tintig wie die eines Frettchens herausstachen, hätte man ihn als hübsch bezeichnen können. So aber strahlte er trotz der Morgenhitze eine Eiseskälte aus, die die »Children of Sun« unwillkürlich zurückweichen ließ.

Selbst Sam Crown musste sich zusammenreißen, um dem Blick aus diesen Augen begegnen zu können.

Gemma wurde von Männern gleichen Schlages begleitet. Sie trugen schwarze Blazer und schwarze Hosen, schwarze Lackstiefel. Ihre Mienen waren finster in ihrer Teilnahmslosigkeit.

»Sie haben gut gearbeitet«, sagte Francesco Gemma nach einem kurzen Blick in die Runde. »Mit einer einzigen Ausnahme haben Sie alle heil hierher gebracht. Wo können wir uns ungestört unterhalten?«

»In meiner Hütte. Sie haben das Geld dabei?«

Gemma verzog die schmalen Lippen zu einem angedeuteten Grinsen und klopfte vielsagend auf seinen Samsonite.

»Sie werden zufrieden sein, Crown. Nur sollte ich Ihnen eigentlich einen Teil abziehen. Sie haben die Lambert nicht mitgebracht.«

»Dafür habe ich die Parker.«

»Stimmt. Seien wir nicht so kleinlich. Gehen wir.«

Seine Begleiter blieben in der Nähe des Landungsstegs stehen. Francesco Gemma folgte dem Sektenführer zu dessen abseits liegender Hütte.

Sie war leer bis auf einen Klapptisch und einem Funkgerät darauf.

Wieder verzog der Mafioso die Lippen.

»Sie hatten gar nicht vor, sich häuslich einzurichten«, stellte er fest.

»Nein. Jetzt werden ja Ihre Leute die Fracht übernehmen. Ich hatte Sie nicht so zeitig erwartet.«

»Wir sind immer schnell«, meinte Francesco Gemma selbstbewusst. »Straffe Organisation ist alles. Sonst wären Sie nicht so reibungslos aus Los Angeles entkommen.«

Sam Crown schluckte. Er hasste die Nähe dieses Mannes. Sie bereitete ihm körperliches Unbehagen.

»Aber Sie haben die zweite Rate dabei«, sagte er mit trockenem Gaumen.

»Sicher. Wir halten unsere Versprechungen ebenfalls ein. Wie wollen Sie von hier weg?«

»Ich habe noch den Land Rover. Wenn Sie weg sind, werde auch ich mich verdrücken. Ich fahre nach Punta Cruz und von dort aus weiter mit einem Schiff nach San Jose. Der Rest sollte Sie eigentlich nicht mehr interessieren. Kann ich jetzt das Geld sehen?«

»Nicht so hurtig, lieber Freund. Zeigen Sie mir erst mal diese Maureen Parker. Von ihrem Alten erzählt man sich ja wahre Wunderdinge. Sie ist doch noch unversehrt?«

»Halb und halb. Ich konnte sie nicht frei herumlaufen lassen. Sie hat den Teufel im Leib. Jetzt steht sie wieder unter Drogen. Aber nur harmlose Sachen. Sie ist ansprechbar.«

Francesco Gemma sah sich nochmals in der Hütte um.

»Nun gut. Besuchen wir sie. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen müsste?«

»Ein Schnellboot der US-Navy ist uns gefolgt.«

»Das war zu erwarten.« Francesco Gemma zeigte seine blendend weißen Zähne. Sie waren echt. »Keine weiteren Komplikationen?«

»Nicht, dass ich wüsste. Doch das ist Ihr Bier. Sie haben dafür gesorgt, dass der Strand auch später noch bewacht wurde. Ist die >Jazhinto< .. .?«

Gemma schaute auf seine Quarzuhr.

»Yeah. Vor einer halben Stunde gab es dort einen Maschinenschaden. Eine kleine Explosion. Friede ihrer Asche.«

»Überlebende?«

Der Mafioso strahlte.

»Wozu?«

Sam Crown war es, als würde er eine Zentnerlast auf seinem Rücken tragen, als er die Hütte verließ und auf eine andere zuging, deren Eingang von zwei Posten bewacht wurde.

Crown blieb stehen.

»Nach Ihnen«, sagte er.

»Zuviel der Höflichkeit«, meinte Gemma. »Gehen Sie nur voraus.«

Er nickte den Wachtposten zu, und die nickten zurück.

Maureen Parker döste apathisch auf einem Feldbett. Endlich hatte man ihr ein Kleidungsstück übergezogen. Eine Tunika, wie sie auch die »Children of Sun« trugen. Sie zeigte mehr, als sie verbarg.

Plenty hatte die Augen offen, doch in ihrem Blick lag kein Verständnis, als die beiden Männer an ihr Lager traten.

»Hm«, meinte Gemma. »Sie ist es. Gute Arbeit verdient guten Lohn, Crown. Ich werde Sie jetzt auszahlen.«

Der Mafioso stellte den schwarzen Samsonite auf einem wackeligen Tisch ab. »Was haben Sie übrigens mit der ersten Million gemacht?«

Sam Crown zwang sich zu einem Grinsen.

Das Geld ist gut aufgehoben. Die zweite Million wird sich neben der ersten prächtig ausmachen. Muss ich nachzählen?«

Draußen wurden Schreie laut. Junge Frauen und Mädchen zeterten, Männer brüllten. Sam Crown fuhr zusammen. Verständnislosigkeit auf seinem Gesicht.

»Meine beiden Adjutanten haben das Camp eben übernommen«, erklärte Francesco Gemma. »Sie haben keine Ader für die sanfte Tour. Ich übrigens auch nicht. . .«

Crowns Teint wurde leicht grau. Leichengrau, wenn man in Betracht zog, dass er ein Farbiger war.

Mit einem Male kam er sich so ungeheuer nutzlos und überflüssig vor.

Aber. . ., aber unsere Abmachung behält doch Ihre Gültigkeit!«, stieß er hervor.

Francesco Gemma öffnete den Koffer. Er enthielt ganze Packen Geldbündel, doch obenauf lag ein Revolver.

»Ich hatte Sie für weniger vertrauensselig gehalten, Crown«, sagte der Mafioso kalt. »Kennen Sie das Sprichwort nicht? Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um . ..«

»Mister Gemma!«

Die Augen traten dem Sektenführer aus den Höhlen. Kugelrund waren sie und mit schreiender Angst ausgefüllt.

»Sie sind ein Trottel, Crown«, sagte Francesco Gemma. »Sie haben sich nicht genügend abgesichert. Wir haben eine Million Dollar und noch mehr investiert. Wir sind Geschäftsleute. Patronen sind billiger als eine weitere Million. Soweit können Sie mir doch folgen.«

Der Verschluss des Koffers klappte zu.

Der Mafioso spannte den Hahn, ließ ihn fallen.

Peitschend löste sich der Schuss.

Sam Crowns weiße Toga färbte sich rot. Genau in der Herzgegend.

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