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Insgesamt sechs Bodyguards schirmten Vic Milrone und seinen Neffen Mike ab, als die das Lokal „Chez Pierre“ in der St. Jay Street betraten - das beste französische Lokal in Downtown Brooklyn.

Es gehörte einem Franco-Kanadier namens Pierre Lacroix, den Milrone zu seinen persönlichen Freunden zählte und dem er deswegen auch absolut vertraute. Als stiller Teilhaber war Milrone über einen Strohmann an dem Nobellokal sogar beteiligt. Rein wirtschaftlich gesehen war es für ihn eine Möglichkeit, kleinere Geldmengen in eigener Regie zu waschen, was ihn unabhängiger von den auf diesem Gebiet tätigen Geschäftspartnern machte und damit auch das eigene Risiko minimieren half. Schließlich musste Milrone immer dann, wenn einer dieser Partner aufflog, damit rechnen, dass dieser auf ein Kooperationsangebot der Staatsanwaltschaft einging.

Vic Milrone hatte das „Chez Pierre“ an diesem Tag für sich und seine Gäste allein. Normalen Publikumsverkehr gab es aus Sicherheitsgründen nicht.

Pierre Lacroix empfing Vic Milrone und seine Leute.

„Ihre Gäste sind bereits anwesend, Monsieur“, sagte der Kandier mit starkem französischem Akzent.

„Dann wollen wir sie nicht länger warten lassen“, knurrte Vic.

Pierre führte sie in den großen Hauptsaal des Lokals.

An einem großen, nierenförmigen Tisch hatte ein breitschultriger Mann mit grauen, kurz geschorenen Haaren Platz genommen. Er wurde von zwei Leibwächtern flankiert, die dunkle Rollkragenpullover und kugelsichere Westen trugen.

Der Grauhaarige trug ebenfalls eine Kevlarweste. Sie drückte sich deutlich durch das Hemd ab, dessen Knopfleiste dadurch ziemlich gespannt wurde.

„Seien Sie gegrüßt, Mister Makarow“, sagte Vic und bleckte dabei die Zähne wie ein Raubtier.

„Nennen Sie mich ruhig Pete“, erwiderte der Grauhaarige.

„Dann bestehe ich darauf, dass Sie mich Vic nennen.“ Der Pate von Brooklyn deutete auf seinen zweiten Mann. „Dies ist übrigens mein Neffe Mike...!“

„Angenehm“, nickte der Gast.

Pjotr „Pete“ Makarow war ein ehemaliger KGB-Mann, der sich inzwischen mit dubiosen Geschäften als so genannter „Businessman“ in Russland und darüber hinaus etabliert hatte.

Vic Milrone hatte die Absicht, mit ihm groß ins Geschäft zu kommen. Erste Kontakte waren bereits vor einem halben Jahr geknüpft worden. Beide Seiten waren zunächst einmal sehr vorsichtig gewesen. Aber nun sollte diese Geschäftsbeziehung in eine neue Phase treten.

Vic und Mike setzten sich. Ihre Bodyguards schoben ihnen die Stühle zurecht und postierten sich anschließend dahinter.

Makarow zündete sich eine Zigarette an.

Schon das zeigte, dass er kein New Yorker war, denn im Big Apple war das Rauchen in Lokalen inzwischen vollkommen verboten. Aber dieser Gast war für Vic Milrone wichtig genug, um ihm dieses Vergnügen zu gönnen – einen gesundheitsschädlichen Genuss, der für die Bürger New Yorks nichts weiter als die blasse Erinnerung an eine vergangene Epoche war. Einer der Leibwächter gab dem zum Businessman gewandelten Ex-KGB-Mann Feuer. Er sog an seinem filterlosen Glimmstängel und blies seinem Gegenüber den Rauch ins Gesicht. „Es ist schon erstaunlich, was für Geschäfte in Amerika mit Müll möglich sind!“, sagte er akzentschwer. „Bei uns wären solche Gewinnspannen niemals realisierbar.“

„Weil die Umweltstandards viel geringer sind“, stellte Vic fest.

Makarow bestätigte dies. „Ein Hoch auf den Umweltschutz! Darauf sollen wir einen trinken, Vic!“

„Ich bin dafür, dass wir vorher das Geschäftliche regeln und dann erst zum angenehmen Teil dieser Zusammenkunft übergehen.“

Pete Makarow zuckte die Achseln.

„Ganz wie Sie wünschen, Vic.“

„Sehen Sie, es wird immer schwieriger, innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika geeignete Lagerstätten zu finden. Die Gegenseite schläft ja nicht. Die Masche mit den von Strohmänner gemieteten Häusern hat sich längst herumgesprochen und es wird immer schwieriger, so eine Nummer durchzuziehen, ohne dabei als Investor selbst ein erhebliches juristisches Risiko einzugehen.“ Vic Milrone beugte sich vor. „Russland ist das größte Land der Erde. Da gibt es doch mehr als genug einsame Gegenden in denen man etwas vergraben kann, was danach garantiert zwanzig oder dreißig Jahre lang nicht gefunden wird.“

Makarow grinste schief.

„Da ließe sich auf jeden Fall etwas machen“, war er überzeugt. „Vorausgesetzt natürlich, Sie könnten die Verschiffung der in Frage kommenden Giftmüllmengen diskret veranlassen.“

„Das geht. Die nötigen Kontakte habe ich längst. Bislang habe ich Afrika als ausländisches Ziel bevorzugt, aber es könnte durchaus lohnend sein, sich auch mal anderswo umzusehen.“

„Ich werde Ihnen eine vollständige Kalkulation zukommen lassen, dann können Sie beurteilen, ob sich das für Sie lohnt“, meine Makarow. „Von meiner Seite aus sehe ich da keinerlei Probleme. Das könnte ein glänzender Deal werden.“

„Das sehe ich auch so... Pete!“

Vic zögerte, ehe er Makarows amerikanisierten Vornamen aussprach. Der Chef des Milrone-Syndikats war eigentlich ein eher förmlicher Mensch, der jede Form der Anbiederung hasste, von einem lockeren Umgangston hielt er nichts, er bevorzugte militärische Strenge, denn anders, so sein Credo, konnte ein Syndikat einfach nicht zusammengehalten werden.

„Es freut ich, dass Sie unseren Ideen so aufgeschlossen gegenüberstehen, Pete“, sagte Vic etwas gedehnt.

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