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Wir begaben uns also ins Erdgeschoss. Den Doorman, der dort in einem gepanzerten Glaskasten ausharrte und für Sicherheit sorgte, fragten wir nach seinem Chef. Über seine Sprechanlage nahm er daraufhin Kontakt mit seinen Vorgesetzten auf. Wenig später erschien einer der schwarz uniformierten Sicherheitsleute, holte uns ab und brachte uns in das winzige Büro, von wo aus die Überwachungskameras bedient wurden.
Wir hielten dem Diensthabenden unsere ID-Cards hin und stellten uns vor.
Der Name unseres Gegenübers stand an seinem Uniformhemd: Donald Monahan.
„Ihr Kollege bat mich, die Video-Aufzeichnungen auf einen Datenträger zu ziehen, damit sie im Labor unter die Lupe genommen werden können.“
„Danke, Mister Monahan. Vielleicht wäre es aber möglich, dass wir uns das Ganze schon mal hier anschauen.“
„Sicher, warum nicht? Ihre Kollegen haben ja auch schon einen flüchtigen Blick auf die Szene geworfen.“ Monahan schüttelte energisch den Kopf. Seine Finger glitten dabei über ein Rechner-Terminal. Wenig später begann dann jene Szene, die zu dem Tod von Vic Milrone und sechs seiner Leibwächter geführt hatte.
Die Szene lief in all ihrer Grausamkeit vor uns ab. Wir schauten sie uns gezwungenermaßen mehrfach an – bis zu jenem Augenblick, in dem der Täter die Mündung des Sturmgewehrs hob und gezielt die Kamera zerstörte. Aber bis dahin war alles aufgezeichnet. Auch der Mord an Vic Milrone war klar und in jeder grausamen Einzelheit zu erkennen.
„Diese Art und Weise, wie der Täter sein Opfer mit dem Messer tötet, scheint mir sehr speziell zu sein“, meinte Milo.
„Ja, ein perfekt eingeübter Bewegungsablauf – vollkommen automatisiert“, bestätigte ich.
„Wir sollen mal nachprüfen, ob es sich um eine Nahkampftechnik handelt, die bei den Navy Seals verwendet wird“, schlug Milo vor.
„Stopp!“, rief ich plötzlich.
Monahan hielt die Aufzeichnung an. Bei den neuen digitalen Aufnahmeverfahren gab es dabei keinerlei Zittern mehr. Standbilder waren so gestochen scharf wie Fotos.
„Kann man das Bild irgendwie etwas näher heranzoomen?“, fragte ich an Monahan gerichtet.
Dieser nickte. Er tippte auf seiner Tastatur herum und der Bildausschnitt veränderte sich.
„Ich will die Nackenpartie“, sagte ich.
Monahan zoomte sie mir heran, bis die einzelnen Pixel sichtbar wurden und eine weitere Vergrößerung nicht mehr sinnvoll gewesen wäre. Ich trat etwas näher und deutete auf eine Stelle am Hals. Die Sturmhaube war dort hoch gerutscht.
Eine dunkle Stelle war zu sehen.
„Könnte das nicht die Verbrennung sein, die bei Flash alias David Lyon Alexander als besonderes Kennzeichen angegeben war?“, fragte ich.
„Könnte gut sein“, meinte Milo. „Zumindest sollen sich die Leute vom Labor das mal genau unter die Lupe nehmen. Vielleicht können die diese Aufzeichnung noch irgendwie bearbeiten, so das man die Stelle am Hals noch etwas stärker vergrößern kann!“
Ich atmete tief durch.
„Ja“, murmelte ich. Monahan ließ die Aufnahme weiterlaufen und ich sah zum x-ten Mal, wie der Killer das Messer zog und seine Tat eiskalt vollendete.
„Zählen wir zwei und zwei zusammen, Jesse, ich denke, wir können davon ausgehen, dass dieser Mann wirklich mit dem Killer namens Flash identisch ist – genauso wie auch ziemlich sicher feststehen dürfte, dass David Lyon Alexander tatsächlich der Mann ist, der unter dem Namen Flash einer der erfolgreichsten Lohnkiller aller Zeiten war.“
Was Milo sagte, klang logisch. Irgendetwas war aber noch an der Aufnahme, was mich beschäftigte. Ich konnte nicht einmal genau sagen, was es eigentlich war. Irgendwie hatte ich das Gefühl, etwas sehr Wichtiges übersehen zu haben.
„Komm, wir haben genug gesehen“, meinte Milo.
„Nein, ich möchte noch einen Durchgang“, beharrte ich.
Wir sahen uns die Bilder schweigend an.
Ich hatte das Gefühl, ganz nahe dran zu sein. Aber ich kam einfach nicht darauf.