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Bist du eigentlich wahnsinnig, Jesse?“, fragte mich Milo aufgebracht, als wir wieder im Sportwagen saßen und Richtung Norden fuhren.

„Ich bin überzeugt, dass ich recht habe“, erwiderte ich.

Diesmal machten wir einem kleinen Umweg über den Brooklyn-Battery Tunnel, um dann über die West Street und die Eleventh Avenue zur Upper West Side zu gelangen. Der Grund dafür war, dass die Brooklyn Bridge in diesen Nachtstunden für kurze Zeit auf Grund von Brückenbauarbeiten gesperrt war, wie wir zuvor in den lokalen Radionachrichten gehört hatten.

„Ich bin mir sicher, dass ich in Bezug auf Mike Milrone Recht habe. Er hat seinen Onkel umgebracht, um selbst die Geschäfte an sich zu reißen und den Alten endlich zu verdrängen. Das passt doch perfekt zusammen! Mike Milrone hat Flash engagiert, ihm gesagt wann und wo er den ach so ängstlichen Vic Milrone, der sich kaum noch aus seiner Festung auf den Brooklyn Heights herausgetraut hat, treffen kann. Mike selbst hatte das perfekte Alibi, denn er kann jetzt jederzeit nachweisen, dass er selbst in Gefahr war. Zumindest sah es auf der Videosequenz so aus. In Wahrheit dürfe die Sache abgekartet gewesen sein. Und während noch Vic Milrone von diesem Killer nach Art der Navy Seals aufgeschlitzt wurde, war das Räumkommando bereits in der Villa. Vermutlich waren es die Wächter. Mike ist der zweite Mann in der Organisation, er kümmert sich um das Grobe und wahrscheinlich hat er diese Männer ausgesucht.“

„Das ist 'ne hübsche Theorie, Jesse. Vollkommen logisch und so weiter.“

„Aber dir gefällt sie nicht!“

„Nein.“

„Wieso?“

„Es gibt keinen Beweis, Jesse. Die Wächter haben wir verhört. Die werden so einsilbig bleiben wie bisher. Und wenn ihnen mit dieser Kimberley etwas passiert ist, was nicht beabsichtigt war, wird es sie noch mehr dazu veranlassen, dicht zu halten.“

„Ich glaube, es war beabsichtigt, Milo.“

„Und was bringt dich dazu, das anzunehmen?“

„Reine Logik.“

„Ach, komm, schon Jesse. Jetzt übertreib mal nicht.“

„Diese Kimberly hatte wahrscheinlich einfach zu viel über die Geschäftskontakte von Vic Milrone mitbekommen. Sie dürfte Mike einfach zu unzuverlässig gewesen sein. Deswegen hat er sie umbringen lassen.“

„Jesse! Nichts davon wirst du Mike Milrone nachweisen können.“

„Ja, ich weiß“, murmelte ich. „Wenn sich nicht noch irgendetwas ergibt wird er mit allem durchkommen. Er wird die Geschäfte seines Onkels übernehmen, erneut Leute wie Talani engagieren, um irgendwelche Fabrikhallen oder Lagerhäuser anzumieten und mit hochgiftigen Abfällen füllen, bis zur Selbstentzündung oder spielende Kinder darauf stoßen. Oder er lässt es über Leute wie Makarow nach Russland bringen.“

Manchmal konnte es schon frustrierend sein, wenn ein Gangster uns eine lange Nase machte.

Und genau dieses Gefühl hatte ich bei Mike Milrone.

In Gedanken ging ich den Fall immer wieder durch. Die Straßen waren um diese Zeit frei, so brauchte ich mich nicht zu sehr auf den Verkehr zu konzentrieren.

Ich dachte noch mal über das einfach nicht mehr fassbare Detail nach, von dem ich glaubte, ich hätte es in der Videoaufnahme von Vic Milrones Ermordung erkennen können.

Ja, erkennen müssen!

Aber ich kam auch jetzt nicht drauf. Da war nur diese nagende Gewissheit, etwas übersehen zu haben.

Ein paar andere Dinge an dem Fall verwirrten mich nach wie vor.

Weshalb dieses demonstrative Aufschlitzen von Vic Milrones Kehle? Der Täter hatte erst danach die Kamera zerschossen. Und falls es sich - wofür immer mehr Anzeichen zu sprechen schienen – bei dem Killer tatsächlich um den berüchtigten Flash alias David Lyon Alexander handelte, dann hielt ich einen Zufall für ausgeschlossen.

Dieser Hit-Man wusste genau, was er tat.

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