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"Woher weißt du Pamela Greens Adresse?", fragte ich Joe, während ich mich in den dichten Londoner Verkehr einzufädeln versuchte, was mir schließlich auch gelang.

Joe lachte.

"Vielleicht habe ich parapsychische Kräfte", witzelte er. "Telepathie oder so etwas..."

"Ich kann darüber nicht lachen Joe", erwiderte ich.

"Schon gut, Jenny! Ich sehe schon, du hast heute nicht deinen humorvollen Tag!"

Ich seufzte. "Jemand war in schrecklicher Bedrängnis und hat mich angerufen, so als sei ich eine Art letzter Ausweg... Wenig später wird diese Person ermordet, aber der zuständige Inspektor ist überhaupt nicht an meinen Angaben interessiert! Das ist ein Skandal, Joe!"

"Jenny..."

"Ist doch wahr! Der Kerl hat sich seine Theorie bereits zurechtgelegt, noch bevor er sich überhaupt auch nur die Wohnung der Toten persönlich angesehen hat!"

"Du hast ja recht, Jenny."

Wir schwiegen eine Weile.

Und dann sagte mir Joe doch noch, woher er die Adresse hatte. Sie hatte auf einem Zettel gestanden, der auf Barnes Schreibtisch gelegen hatte.

Als er mir das erzählte, überfuhr ich beinahe eine rote Ampel.

"Joe!", fuhr ich ihn an. "Du hast doch nicht..." Joe lachte.

"Einen Scotland Yard-Inspektor bestohlen?"

"Du bist unmöglich!"

"Ach, ja?" Er erzählte mir dann, wie es gewesen war. Bei der Begrüßung hatte Joe sich so ungeschickt darüber gebeugt, dass der Zettel hinuntergefallen war. "Ich habe dann in aller Ruhe abgewartet, bis sich eine Gelegenheit ergab, ihn aufzuheben! Aber da ich ein ganz gutes Gedächtnis habe, brauchte ich ihn nicht mitzunehmen..."

Wenig später erreichten wir das Mietshaus, in dem Pamela Green eine schmucke Eigentumswohnung besaß.

Sie lag im obersten Stock und als wir dort anlangten, stand die Tür offen. Wir gingen einfach hinein. Joe machte ein paar Fotos von den mit recht eigentümlichen Zeichen bemalten Wänden... Einige dieser Zeichen kannte ich.

Es waren okkultistische Zeichen, magische Symbole. Pentagramme und umgedrehte Kreuze waren darunter, aber auch Zeichen, deren Bedeutung mir völlig unbekannt war.

"Was machen Sie da?", fragte eine barsche Männerstimme. Ein untersetzt wirkender Mann, an dessen Händen sich Latexhandschuhe befanden, trat auf uns zu. Offenbar gehörte er der Spurensicherung an, und wir hatten ihn gerade bei der Arbeit gestört.

"Das ist schon in Ordnung", erwiderte ich. Der Mann von der Spurensicherung runzelte die Stirn und im nächsten Moment tauchte auch noch ein recht großer und schlaksiger Kollege auf, der uns gleich seine Dienstmarke entgegenhielt.

Dem Ausweis nach hieß er Smith.

"Wieso soll das in Ordnung sein", meinte Smith gallig. "Sie dringen hier einfach ein und..."

"Die Tür war offen!", warf Joe ein, aber die beiden Spurensicherer beeindruckte das nicht.

"Sie sind sicher von der Presse", stellte dann der Untersetzte fest.

"Inspektor Barnes hat uns hier her geschickt!", meinte Joe. "Sie können ihn ja gerne anrufen, wenn Sie ihn bei seiner Unterredung mit dem Staatsanwalt ihrer Majestät stören wollen... Er meinte, Sie seien ein unkomplizierter Mann, Mr. Smith!"

"So, meinte er das...", brummte dieser. Die beiden wechselten einen kurzen Blick miteinander. "Von den Vorschriften hat er wohl noch nichts gehört..."

"Ich bin wahrscheinlich einer der letzten Zeugen, die Pamela Green lebend gesprochen haben", kam ich Joe dann zu Hilfe und berichtete von dem Anruf.

Smith wurde dann etwas zugänglicher. "Sie sehen ja selbst, wie die Wohnung aussieht", meinte er. "Sie gehörte offenbar irgend einer okkulten Gruppe an und wenn nicht alle anderen Umstände auf diesen geheimnisvollen Serienmörder deuten würden, dann..."

"Dann was?", hakte ich nach.

Smith sah mich an.

"Dann würde ich auf Selbstmord tippen."

"Wieso das?"

"Na, wegen der Literatur, die die junge Dame bevorzugte. Alles so düstere Sachen voller Todessehnsucht..."

"Können wir uns vielleicht noch ein bisschen umsehen?" Smith schien unschlüssig, aber sein untersetzter Kollege schüttelte energisch den Kopf. "Nein, kommt nicht in Frage!", knurrte er. "Bitte gehen Sie jetzt und lassen Sie uns in Ruhe unsere Arbeit zu Ende machen!"

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