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Gossen-Flair

NACH SONNENUNTERGANG FLIEGT EDEN uns von Irland nach England und gleitet dort so dicht an den Vampirhof heran, wie wir es wagen, was ein in der Nähe gelegenes Hotel ist. Wir steigen in einer Gasse ab, Eden verwandelt sich und Hudson weist uns den Weg die Straße hinab und um eine Ecke. Nach ein paar Blocks werden seine langen Schritte schneller und ich weiß, wir müssen uns seinem Unterschlupf nähern.

»Erzählst du uns jetzt, wie wir von deinem Unterschlupf in den Vampirhof kommen?«, frage ich.

»Wir benutzen eine uralte Methode«, sagt Hudson. Wir biegen scharf nach links in eine neue Gasse ab.

»Oh Gott«, sagt Eden. »Sag mir nicht, dass wir durch einen von Londons Abwassertunneln müssen.«

Hudson sieht gekränkt drein. »Für was für einen Gefährten hältst du mich?«, will er wissen. »Ich würde Grace nie durch menschlichen Unrat waten lassen.«

»Wow, danke«, frotzelt Eden.

Jaxon schließt sich an. »So wissen wir wenigstens, wo der Rest von uns steht.«

Die Unterhaltung stockt ein wenig, während sie darauf warten, dass Hudson es leugnet, aber er sieht sie nur absichtlich ausdruckslos an. Er neckt sie, aber ich kann sehen, dass sie nicht so sicher sind. Was für ihn wohl gut ist, da er es nicht richtigstellt.

Wir biegen um eine weitere Ecke in eine noch dunklere, schmalere Gasse, dann laufen wir etwa bis zur Hälfte, bis wir an ein dunkles schmales Haus kommen. Es steht nur ein paar Schritte vom Bürgersteig zurück und ein rostiges Eisentor führt drei Stufen zu einer schäbigen grauen Tür hinauf.

Da sind schmiedeeiserne Stäbe über verrammelten Fenstern, die Farbe ist abgesplittert und löst sich an mehreren Stellen.

»Das ist dein Unterschlupf?«, fragt Eden und mustert alles angewidert. »Sogar Abwassertunnel sehen besser aus als das hier.«

»Beurteile ein Buch nicht nach dem Papier, auf dem es geschrieben ist«, sagt Hudson.

»Ich … habe keine Ahnung, was das heißt«, antwortet Eden und sieht verwirrt drein.

»Es heißt …« Hudson verdreht die Augen. »Vergiss es. Gib mir mal die Pflanze, ja, Grace?«

Er deutet auf den traurigsten, kränklichst aussehenden Farn, den ich je gesehen habe. Das Ding ist fast schon zu verwelkt, als dass man es noch identifizieren kann. Sogar der einst weiße Topf sieht traurig aus, angeschlagen und gesprungen und an mehreren Stellen braun verfärbt.

»Was soll diese arme Pflanze für uns tun?«, frage ich und hebe sie auf.

»Was habe ich gerade über Bücher und Papier gesagt?« Er greift in den Topf und zieht einen Schlüssel heraus. »Passt auf, wo ihr hintretet – ein paar Bretter hier draußen sind morsch«, wirft er über die Schulter zurück und springt dabei die Stufen hinauf auf den zerbröselnden, klapprigen Absatz.

»Nur ein paar?«, kommentiert Jaxon, der ein gesplittertes Brett umgeht.

Hudson ist zu sehr damit beschäftigt, die vier Schlösser an der Tür zu entriegeln, um zu antworten. Er zieht das letzte ab, stößt die Tür auf und tritt ein.

Wir drängen hinter ihm hinein, mit großen Augen, als er ein Licht anschaltet und wir ein Wohnzimmer erblicken, das irgendwie noch schlimmer aussieht als das Haus von außen.

Ich warte, dass er sagt, dass es ein Witz ist, aber stattdessen geht er einfach auf ein Bücherregal im hinteren Teil des Zimmers zu. Das ist mein erster Hinweis, dass dieser Ort ihm wirklich gehören könnte – das Ding ist bis oben hin mit alten Büchern vollgepackt –, aber es fällt mir immer noch schwer, mir vorzustellen, dass er freiwillig hier leben könnte.

Den anderen muss es genauso gehen, denn keiner von ihnen hat sich gerührt, seit er das Licht angeschaltet hat. Sie stehen einfach in der Mitte des Raums, nehmen die Schrecklichkeit in sich auf.

Und da gibt es viel.

Zuerst einmal sind die Möbel so abgenutzt, dass ich ziemlich sicher bin, dass nur die Flecken sie noch zusammenhalten. Der Teppich ist an mehreren Stellen zerrissen und an anderen befleckt. Die wirklich grauenhafte gelbe Samttapete ist verblasst und löst sich, und die Vorhänge sehen aus, als wäre eine ganze Horde Wildkatzen an ihnen in einem Wutanfall hinaufgeklettert.

Ich trete vor, um einen besseren Blick auf die Tapete zu bekommen, und denke unwillkürlich an die Geschichte von Charlotte Perkins Gilman, die ich vor einem Jahr in der Schule gelesen habe und die plötzlich sehr viel mehr Sinn ergibt. Wenn ich hier drin mit diesem Kram eingesperrt wäre, würde ich ziemlich sicher auch wahnsinnig werden.

»Das ist dein Haus?«, fragt Jaxon. Ich selbst habe auch den Eindruck, eine Erklärung gebrauchen zu können.

»Ja«, antwortet Hudson ohne Zögern. Sekunden später ertönt ein lautes Kreischen, als er mit einer Hand das volle Bücherregal mehrere Schritte zu uns heranschiebt.

»Warum?« Der Ausdruck auf Edens Gesicht ist halb entsetzt und halb fasziniert, was ich total verstehe. Das ist so was von absolut nicht Hudson.

Aber er zuckt nur mit den Schultern. »Das werdet ihr sehen.«

Ich gehe langsam auf meinen Gefährten zu, neugierig, was er da tut. Noch neugieriger, was seine Begründung ist für dieses Haus, denn wenn ich in den letzten Monaten etwas über Armani-Junge hier gelernt habe, dann, dass er übertrieben penibel ist. Jedes Härchen an Ort und Stelle, jede Falte ausradiert. Selbst wenn ich das ignoriere, könnte sein Zimmer an der Schule nicht mehr das Gegenteil von dem hier sein.

Hudson ist sein leibliches Wohl wichtig und daraus hat er nie einen Hehl gemacht.

»Was machst du dahinten?«, frage ich und schaffe es gerade so, nicht über einen sehr großen Riss in dem kotzgrünen Teppichboden zu fallen.

Er nickt mit dem Kopf in Richtung der Wand und antwortet: »Siehe hin und lerne.«

Und plötzlich ergibt alles einen Sinn. Denn hinter dem Regal ist eine riesige, verstärkte Stahltür, geschützt von einem Sicherheitscode und Handabdruckanalyse.

Er grinst mich schelmisch an, dann gibt er den Code ein und drückt die Hand auf die Analyseplatte. Sekunden später schwingt die Tür geräuschlos auf und offenbart eine glänzende Holztreppe, die hinabführt.

»Sollen wir?«, fragt er.

»Wir sollen«, antworte ich. Das ist immerhin der Plan. Und außerdem bin ich mehr als nur neugierig, was dahinter ist.

Wir folgen ihm die Stufen hinab in einen großen, offenen Keller – und dann bleiben wir stehen und starren. Wie in seinem Zimmer an der Schule gibt es riesige Regale überall, die von Büchern überquellen. Tausende und Tausende und Tausende säumen die Hälfte des Raums vom Boden bis zur sehr hohen Decke. Aber nicht deshalb sind wir so abrupt stehen geblieben.

Wir könnten nicht schockierter sein, wenn der Raum mit pinken Glitzerwänden und Sitzsäcken dekoriert wäre.

»Das … das sieht aus wie …« Mir fehlen die Worte.

Glücklicherweise ist Eden verbal nicht so gehandicapt. »Alter, das sieht aus, als hätte Restoration Hardware hier seinen Luxuseinrichtungskatalog fotografieren lassen. Den gesamten.«

Ja. Genau das.

Das ganze Zimmer ist etwa halb so groß wie ein Fußballfeld, die Wände ohne Bücherregale sind perlweiß gestrichen, Lampen und Armleuchter und Kandelaber baden den ganzen Raum in ihr warmes Licht. Und überall, wo das Auge hinsieht, ist ein geschmackvoller Mix aus rustikalen und modernen Stücken, fast ausschließlich in Weiß, Hellbraun oder Schwarz. Der loftähnliche Raum ist in acht klar abgetrennte Bereiche unterteilt, basierend auf der strategischen Platzierung von Teppichen und Möbeln, aber jeder Teil spiegelt dieselbe Ästhetik wider.

Der erste Bereich zu unserer Rechten ist offensichtlich der, in dem Hudson Musik hört. Zwei schwarze Metallregale sind mit Alben gefüllt und ragen auf über großen, hellbraunen Sesseln und Ottomanen, einen gewaltigen weißen Flokati, in den ich zu gern meine Zehen graben möchte, und ein Mediakabinett mit teuer aussehendem Sound-Equipment.

Als würde keiner von uns auch nur eine einzige Sache verpassen wollen, wandern wir durch den Unterschlupf, sehen uns jedes Detail genau an.

Weiter hinten ist offensichtlich sein Trainingsbereich – mehr Äxte, klar, aber auch mehrere Bögen und Köcher von verschiedenen Typen sowie unterschiedliche Ziele, die an den Wänden hängen. Neben diesem Bereich sind zwei dick gepolsterte Couchgarnituren mit ecrufarbenen Kissen darauf, die einem gewaltigen Fernseher gegenüberstehen, der an der Wand befestigt ist, und ein Dutzend Konsolen-Controller liegen verteilt zusammen mit einem teuer aussehenden VR -Headset. Ein paar rustikale Holzbeistelltische mit Lampen und Sofatische mit mehreren Magazinen vervollständigen diesen Bereich.

Ganz am anderen Ende des Raums ist ein gewaltiges Messingbett, aber anders als sein Bett in der Schule ist es ganz in Weiß gehalten. Weiße Laken, weiße Decken, weiße Kissen, weiße Überdecke. Zu jeder Seite des Betts stehen schwere, antike Nachttische mit aufwendig verzierten Silberlampen.

Doch ausnahmsweise sehe ich nicht das Bett an. Denn der Bereich links des Betts weist eine Akzentwand auf in einem Schwarzton, den ich überall erkennen würde. Eine Couch und Regale vervollständigen die gemütliche Leseecke, die mein Herz zum Rasen bringt.

»Diesen Raum habe ich gemalt, als ich dich noch in meinem Kopf hatte«, flüstere ich.

»Ja«, stimmt er zu, seine Stimme so leise, dass ich mich anstrengen muss, um sie zu hören.

»Deshalb hast du so auf der Farbe der Wände beharrt.«

»Armani-Schwarz«, antwortet er und verdreht theatralisch die Augen. »Ich habe mich beim ersten Mal selbst so gequält, es richtig hinzubekommen.«

Aber da ist etwas in seinem selbstironischen Ton, das mir sagt, dass ich einen Treffer gelandet habe. Dass sehr viel mehr emotionale Aufladung mit diesem Thema verbunden ist, als ich gedacht hätte.

Es ist ein Gedanke, der unterstrichen wird von dem Umstand, dass er nicht bleibt, um noch länger zu reden. Stattdessen geht er hinüber zu einer weiteren verstärkten Stahltür, diese mit sogar noch mehr Sicherheitsvorrichtungen als die vorherige.

Ich bin zu sehr damit beschäftigt, mich umzusehen, blicke wieder zu dem weißen Bett, den weißen Wänden, weißen Sofas, Lampen und Kronleuchtern, um ihm zu folgen. Alles an diesem Ort schreit Licht und Freude – und er ist mir so vertraut, dass mir die Brust schmerzt. Die Details entgehen mir, aber ich weiß tief in meinem Inneren, dass ich schon hier war. Hier schon geliebt habe. Und ließ es durch meine Finger entgleiten wie Wasser.

Hudson bemerkt meine Versunkenheit und tritt hinter mich, legt seine Hände auf meine Schultern, beugt sich vor und fragt: »Geht es dir gut?«

Sein Atem kitzelt mein Ohr und ich lasse mich gegen ihn sinken für ein paar kostbare Sekunden. »Hier waren wir. Hier …« Meine Stimme bricht.

»Das war unser Zuhause, ja. Zumindest eine Weile.«

Ich seufze, blinzle Tränen weg, für die ich gerade keine Zeit habe und die ich vor Hudson nicht vergießen möchte. Es ist albern, mich so aufzuregen, da wir jetzt dennoch verbunden sind.

Oder es wäre albern, wenn ich mich nicht darüber nachdenken lasse, wie es für Hudson gewesen sein muss, als wir an die Katmere zurückkamen. Wie es für ihn gewesen sein muss, als meine Gefährtenbindung mit Jaxon sich wieder bemerkbar machte. Wenn ich mich darüber nachdenken lasse, wenn ich mich bei diesem Gedanken verweilen lasse, wie sehr ihn das verletzt haben muss, bricht es mich tief in mir auf eine Art, bei der ich nicht weiß, ob ich mich jemals wieder wirklich davon erholen werde.

Eine Art, bei der ich kein Recht habe zu erwarten, dass er sich davon je wieder richtig erholt.

Ich denke zurück an den Ausdruck auf seinem Gesicht vorhin im Bett, die Verzweiflung in seinem Blick, als er feinstes Glas war in meinen Händen, und meine Brust zieht sich zusammen. Wie schwer muss es für ihn sein, für jemanden, bei dem wir alle zu oft vergessen, dass er ohne einen Funken Liebe erzogen wurde, wie schwer es sein muss, sich zu öffnen und wieder zu vertrauen, wenn doch das erste Mal, als er das tat … ich ihn einfach vergessen habe, als wäre er nie wichtig gewesen?

»Hey«, sagt er, als könne er meine Gedanken lesen. »Ich würde das alles genauso wieder machen, wenn ich dann hier bei dir lande.«

»Ich weiß nicht, warum«, flüstere ich. »Nach dem, was ich dir angetan habe …«

»Du hast mir nichts angetan«, antwortet er und dreht mich, sodass mein Gesicht an seiner Brust ist. »Das Schicksal ist eine wankelmütige Bitch und Cassia ebenfalls.« Er sagt ihren Namen in so spöttischem Tonfall, dass ich weiß, es wird ihn die nächsten Jahre viel zu sehr erheitern, sich über sie lustig zu machen. »Aber das hat nichts mit dir zu tun, Grace. Du hast niemals etwas anderes getan, als mich zu lieben – sogar, als du dich nicht erinnertest.«

»Das ist nicht wahr«, würge ich hervor und gebe mein Bestes, den Kloß aus Tränen wegzudrängen, der mir in der Kehle steckt.

»Es ist meine Wahrheit«, antwortet er. »Und es ist das, an was ich mich immer an dir erinnern werde. An uns.«

Ein Schluchzen entkommt meiner Kehle und ich dämpfe es an seinem Hemd, während er mit einer Hand über meine Locken streichelt. Weitere Schluchzer sind da, warten nur darauf herauszukommen, aber ich schiebe sie zurück. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, nicht, wenn unsere Freunde – einschließlich Jaxon – im Zimmer sind. Und nicht, wenn unsere anderen Freunde darauf zählen, dass wir in den Vampirhof einbrechen und ihnen helfen, diese Kinder und ihre Familien, vor welchen Schrecken Cyrus auch immer für sie auf Lager hat, zu retten.

»Grace.« Er seufzt, hält mich eine Sekunde, zwei, fest.

»Es ist okay«, sage ich, trockne meine Augen an seinem makellosen Hemd – das wird er später sicher lieben. »Ich bin okay.«

Er grinst auf mich hinab. »Du bist mehr als okay.«

Ich wische mir noch einmal verstohlen das Gesicht ab. Dann ducke ich mich hinter Hudson hervor und sehe Jaxon und Eden, die sich sorgsam mit etwas anderem beschäftigen, um uns nicht anzusehen. Was ich zu schätzen weiß, selbst wenn ich dennoch unglaublich peinlich berührt bin.

Da ich vermute, dass es wohl am besten ist, einfach wieder zur Sache zu kommen, frage ich: »Wie kommen wir jetzt von hier an den Vampirhof?«

Hudson antwortet nicht. Aber er geht zurück zu der supergruseligen Sicherheitstür, und nachdem er sie seinen Handabdruck und seine Augen hat scannen lassen und einen Sicherheitscode eingegeben hat, schwingt die Tür auf.

»Wer geht zuerst?«

»In den dunklen, gruseligen Tunnel?«, fragt Eden belustigt. »Ganz klar …«

Jaxon geht zuerst, große Überraschung, gefolgt von Eden, während Hudson und ich die Nachhut bilden, nachdem er eine kleine Tasche aus einer Kiste neben der Tür gegriffen hat.

Hudson erklärt, dass der Tunnel von seinem Unterschlupf direkt in die Bedienstetenquartiere führt, die, wie wir von seiner Zeichnung wissen, in die Kerker führen. Während wir durch den schmalen Schacht gehen, muss ich zugeben, dass es nicht annähernd so gruselig ist, wie ich erwartet hatte. Es ist nicht einmal so gruselig wie die Tunnel, durch die ich an der Katmere zum Kunstunterricht gegangen bin.

Es ist einfach ein normaler Tunnel mit Holzstreben über unseren Köpfen und Felsen an den Wänden. Der Boden ist aus Gittern und Sand und es ist kein verirrter Vampirzahn oder auch nur eine Spinne zu entdecken. Ich bin nicht sicher, wie es möglich ist, dass es nicht einmal eine Spinnwebe gibt, wenn wir doch in einem jahrhundertealten Tunnel sind, aber ich werde mich definitiv nicht beschweren.

Ich bin allerdings neugierig. Wegen des Tunnels und mehr noch, wie es für Cyrus in Ordnung sein kann, dass es einen solchen Eingang in seinen Hof gibt – oder ob er davon nichts weiß.

Wir biegen um eine Ecke nach rechts und Hudson sagt: »Wir sind fast da. Nur noch hundert Meter oder so.«

»Und das ist einfach so in Ordnung?«, frage ich. »Cyrus lässt den Eingang nicht bewachen?« Für einen Mann, der sich normalerweise um jede Kleinigkeit kümmert – zu unserem Nachteil –, scheint es seltsam, dass er so lax ist, was seine Security angeht. Sehr, sehr seltsam.

»Ich habe tatsächlich dieselbe Frage«, sagt Jaxon. »Wenn er sie im Kerker festhält, wird er dann nicht umfassende Sicherheitsmaßnahmen für die Eingänge ergreifen?«

»Ich bin sicher, das hat er. Aber er weiß nicht, dass dieser Eingang existiert, also …«

»Wie kann er das nicht wissen?« Jaxon sieht skeptisch aus. »Ich kenne ihn nicht so wie du, aber es scheint, als wisse er alles über seinen Hof – sogar über die Bereiche, die er fast nie betritt.«

»Ich bin sicher, das tut er. Aber das ist mein Tunnel. Ich habe ihn innerhalb von hundert Jahren erbaut, einen Zentimeter nach dem anderen, und er hat ihn nie gefunden.«

Das erklärt die Ordnung. Keine Spinnwebe würde es wagen, die Höhen eines Tunnels zu verdunkeln, der für Hudson Vegas ausschließliche Benutzung erbaut wurde.

»Bist du sicher?«, fragt Eden. »Du warst eine Weile nicht hier und ich würde wirklich nur ungern in eine Falle tappen.«

»An irgendeinem Punkt werden wir sicher in eine oder zehn Fallen tappen«, sagt Hudson. »Aber nicht in diesem Tunnel.«

Ich merke, dass die anderen immer noch nicht so sicher sind wie er, aber Hudsons Überzeugung hat eine Macht inne, die meine eigene Nervosität beruhigt. Außerdem, wenn ich sonst nichts weiß, dann doch, dass Hudson mich auf keinen Fall in einen Hinterhalt führen würde.

Etwa fünfzig Meter weiter treffen wir auf eine weitere verstärkte Stahltür mit eigenem Sicherheitssystem. Sie hat biometrische Scans wie die anderen Türen, und wie die anderen Türen scheint es, als könne sie ausschließlich von Hudson bedient werden.

Nachdem er gefühlt zwölf verschiedene Körperteile gescannt hat, hallt ein lautes Klicken durch den Tunnel. Sekunden später gleitet die Tür auf. Und vor uns stehen zwei sehr große, sehr bewaffnete Mitglieder von Cyrus’ exklusiver Vampirwache.