Agneta bleibt vorm Spiegel stehen, er ist ganz sauber. Tilda will ihr wohl beweisen, wie ordentlich und sorgfältig sie ist und dass sie sich durchaus um einen Haushalt kümmern kann. Es gefällt ihr nicht, dass Tilda versucht, sich als möglichst gut hinzustellen. Sie will es nicht schön haben, sie will ihr Kind. Zu Hause bei Agneta sind immer Spritzer vom Zähneputzen auf dem Spiegel, denn wozu soll man einen Spiegel polieren, wenn am nächsten Morgen doch wieder neue Spritzer draufkommen? Den Sinn solcher Tätigkeiten hat sie noch nie verstanden. Sie macht die Tür des Badezimmerschranks auf, und ihr Spiegelbild verschwindet. Tilda benutzt dieselbe Zahnpasta wie zu Hause. Das freut sie, macht sie aber auch traurig. Es fühlt sich so an, wie ein schlecht gemischtes Kartoffelpüree, in dem das Pulver stellenweise noch nicht ganz untergerührt ist. Dass Tilda doch noch Sachen von damals beibehalten hat, dass es etwas in ihrem Leben vor dem Umzug gab, das Geborgenheit atmet und so war, wie es sein soll. Sie macht den Schrank wieder zu, und das Gesicht – ihr Gesicht – wird wieder sichtbar. Sie muss sich oft selbst daran erinnern, dass es wirklich sie ist, die sie da sieht, mit diesem grauen Teint. Man sieht es ihr an, das weiß sie. Oder sieht man es nur, wenn man es weiß? Agneta greift nach Tildas Wimperntusche und zieht das Bürstchen vorsichtig über die trockenen Wimpern. Ihre Schlupflider bekommen schwarze Flecken.
«Ich bin krank», sagt sie, und ihr versagt wieder die Stimme. Sie muss den Blick abwenden, obwohl sie doch nur ihrem Spiegelbild gegenübersteht. Wenn sie es noch nicht mal sich selbst laut ins Gesicht sagen kann, wie soll sie das jemals vor Tilda schaffen?