«Warum hast du mich behalten?» Tildas Ton ist anklagend. Als ob sie Agneta für ein schweres Verbrechen zur Verantwortung ziehen würde oder zumindest einen groben moralischen Fehltritt. In Tildas Hand schwingt neben der Jeans noch eine kleine Papiertüte mit einem noch kleineren Body darin. Er ist mit grünen Elefanten bedruckt. Agnetas Blick flackert zwischen Tilda und dem Gehweg hin und her, bevor sie lächelt. Der Gedanke war ihr nie gekommen, dass sie einmal Mutter werden würde. Jedenfalls nicht so früh. Aber dann blieb ihre Monatsblutung aus, sie machte einen Test, und dann bestätigten ihr ein dicker Strich und ein dünner Strich, dass in ihrem Bauch etwas wuchs. Ihre Hand tastete sofort danach und ließ monatelang nicht los. Sie wusste natürlich, dass es unpraktisch war. Dass sie noch sehr jung war und sich eigentlich kein Kind leisten konnte. Aber kein vernünftiges Argument griff bei ihr. Nicht einmal ihre weinende Mutter. Agneta hatte ihre Mutter noch nie zuvor weinen sehen. Trotzdem. Als Agneta es Anders erzählte, schlug er die Faust mit voller Wucht gegen die Wand, vielleicht hätte sie es in dem Moment schon ahnen müssen. Aber sie war ja noch so jung, man konnte nicht von ihr erwarten, dass sie so etwas wusste. Er versuchte, sie zu einer Abtreibung zu überreden, und Agneta erwiderte, ich brauch dich nicht, ich schaff es auch allein. Er blieb dann trotzdem bei ihnen.
«Es gab keine andere Option. Ich hatte es immer seltsam gefunden, dass man sagt, ich hab einen positiven Schwangerschaftstest, aber als ich dann auch zwei Striche sah, fühlte es sich tatsächlich nur positiv an. Einfach toll.»
Tilda gibt keine Antwort.
«Du bist so schnell groß geworden», fährt Agneta fort.
«Genauso schnell wie alle anderen wahrscheinlich.» Tilda schaut jetzt auf den Boden.
«Ja.» Agneta legt Tilda die Hand auf den Rücken, ohne dass ihre Tochter zusammenzuckt. «Aber für mich ging es zu schnell.»