Zum Frühstück gibt es noch mehr Schweigen und einen weiteren Doku-Podcast aus den Lautsprechern. Agneta hat keine Ahnung, wovon sie da reden. Sie schaut nur ihre Tochter an. Ihre dünnen, aber trotzdem starken Beine und ihre Lippen, die den Kaffee schlürfen, bevor sie noch mehr Milch dazugießt. Agneta versucht es wirklich. Sie nimmt Anlauf und formuliert die Worte in Gedanken aus, aber es will einfach kein Laut aus ihrer Kehle kommen, ihre Zunge liegt ihr wie gelähmt in der Mundhöhle.
Tilda fasst Agneta am Kinn und bewegt ihren Kopf von einer Seite auf die andere. Inspiziert sie. In der anderen Hand hat sie eine kleine Bürste. Agneta hatte nicht hingehört, was es war, irgendein Make-up einfach. Sie will an nichts anderes mehr denken als an die behutsamen Hände ihrer Tochter, die sie berühren. Die sich um sie kümmern, ohne sich zu kümmern. Die einfach helfen wollen, ohne sie groß zu bemitleiden. Nachdem sie ein paarmal mit der Bürste Maß genommen hat, zieht sie sie schnell über Agnetas Wangenknochen. Dann geht sie über zu ihren Augenbrauen. Agneta sind immer mehr Haare gewachsen, während ihr Körper immer weniger wurde. Als ob irgendein primitiver Instinkt ihr ein Fell wachsen lassen wollte, damit sie nicht so fror. Bald werden ihr diese Haare wohl auch ausfallen. Tilda scheint es nicht zu bemerken, obwohl sie ihr Gesicht so nah an dem ihren hat.
«Das ist jetzt vielleicht ein bisschen zu hell, aber besser als gar nichts», sagt sie, bevor sie den Stift zu Agnetas linker Augenbraue hebt. «Nein, nicht zumachen.»