23.

Sina stand am Fenster und schaute, wie die beiden Polizistinnen ins Auto stiegen. Sie hatte an der Tür gelauscht, aber zu wenig verstanden. Sie hatten nach einem Namen gefragt, so viel war klar, denn Udos Antwort war laut und entschieden gewesen. Nein, der Name sagt mir nichts. Welcher Name bloß, hätte die Polizistin doch nur lauter gesprochen. Bestimmt ging es noch immer um die geheimnisvolle Patientin, über die sich Udo mit der ermordeten Ebba Sundin ausgetauscht hatte und deren Namen er nicht preisgeben wollte. Am liebsten würde sie nach nebenan laufen, Udo an den Schultern packen und ihn schütteln. Wer ist diese Frau? Warum verschweigst du ihren Namen? Hat sie unseren Sohn in ihrer Gewalt? Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.

„Sie sind weg, komm und iss etwas.“ Udo stand in der Tür und schaute sie erschrocken an. „Du blutest ja.“ Sina hatte sich vor Aufregung auf die Lippe gebissen und es nicht einmal gemerkt. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht ab, doch die Blutung wollte nicht aufhören. Sie presste ein Stück Zellstoff darauf und ging ins Zimmer zurück.

„Ich muss dir etwas sagen.“ Udo saß am Tisch und schaute zu ihr auf.

„Ja?“, fragte sie gespannt.

„Nun setzt dich erst einmal hin. Ich habe nachgedacht. Unsere Situation ist schlimm, aber sie wird nicht besser, wenn wir in Schockstarre verharren.“

„Tun wir das?“ Sina fand die Bemerkung unangebracht. „Du arbeitest ganz normal weiter, als wäre nichts geschehen. Ich erledige immerhin den Haushalt und die Einkäufe. Stört es dich, dass ich noch nicht wieder arbeiten gehe? Ist es das, was du mir sagen willst?“

„Nein, es geht überhaupt nicht um dich. Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst. Aber ich muss meine Pläne weiterverfolgen. Ich habe Verpflichtungen in Lund. Wenn ich denen nicht nachkomme, verliere ich die Aussicht auf die Stelle dort. Das möchte ich nicht. Deshalb werde ich an diesem und am kommenden Wochenende in Lund sein.“

„Du denkst immer noch ernsthaft daran, nach Lund zu ziehen? Jetzt, wo ...“ Ihre Stimme zitterte, sie konnte nicht weitersprechen.

„Ich habe nicht gesagt, wir würden morgen umziehen. Aber ich will mir die Aussicht auf eine Stelle in Lund offenhalten. Das musst du verstehen.“

„Ich verstehe dich überhaupt nicht.“ Sina weinte laut. „Als gäbe es etwas, das jetzt noch wichtig ist. Was ist unser Leben ohne Bent?“ Mit einer heftigen Bewegung sprang sie auf und lief aus dem Zimmer. Udo folgte ihr, er hielt sie fest in seinen Armen, wiegte sie hin und her und tröstete sie. Doch am nächsten Morgen verließ er mit seiner gepackten Reisetasche das Haus, um nach Lund zu fahren.