Der Psychologe, der Ratten
keine schrecklichen Dinge antun wollte
In schüchterner Erwartung betritt er das Labor. Er kann die Kindlichkeit, die ihm sein Leben lang zu schaffen machte, nicht unterdrücken, diese Veranlagung, mit einem Lächeln aufzuwachen, einen Moment lang zu glauben, dass heute anders wird.
Aber das wird es nicht; ganz und gar nicht.
Er geht in die umfunktionierten Kellerräume, die jetzt von der im ganzen Land geachteten Universität als Tierversuchslabor bezeichnet werden. Dieser Universität, die irgendwie noch immer nicht in der Lage ist, ihr landesweites Ansehen in ausreichende Forschungsgelder zu verwandeln. Er schiebt sich an einem Stapel verzinkter Skinnerboxen vorbei und sieht Smith am Abfluss stehen, damit beschäftigt, die Köpfe von neugeborenen Ratten abzutrennen. Durchdringendes Quieken; der kopflose Körper wird achtlos auf einen nassen, auf alten Zeitungen liegenden Fellberg geworfen. Im Käfig neben Smith zittern die Babyratten, zu einem Haufen zusammengepfercht, aus dem gelegentlich eine zierliche Schnauze hervorsticht, nur um sich sogleich wieder, von krampfhaften Zuckungen geschüttelt, unter ihren Freunden zu verbergen und so Smith zu entkommen. Sie wurden vorher wahlweise elektrischen Schocks, Hunger und Luftstößen ausgesetzt oder in Eiswasser getaucht; Smith wird die Leichen auf entsprechende neuroglanduläre Auswirkungen von Stress untersuchen. Er wird sie finden, zweifellos.
Iiiiiiii – Ssskrick! Smiths Messer knirscht, trinkt Leben.
»Hallo, Tilly.«
»Hi.« Er hasst seinen Spitznamen, hasst seinen kompletten bescheuerten Namen: Tilman Lipsitz. Er würde namenlos durch die Welt gehen, wenn er könnte. Wenn er wenigstens etwas Simples hätte, Moo oder Urg – alles außer diesen absurden, fiepsigen Silben, die ihn sein Leben lang verfolgt haben: Tilly Lipsitz. Er hat darunter gelitten.
Was soll’s. Er bahnt sich seinen Weg um den Berg von Tüten mit Purina-Laborfutter, bereitet sich auf das heftige Gekreische der Rhesusaffen vor. Ihr Primatenraum ist der ehemalige Heizungskeller, wirklich; das hier sind Mietskasernen, die die Universität übernommen hat. Die Affen heulen wie Sirenen. Plumps! Schon wieder sind Fäkalien auf dem Rost gelandet; der Gestank ist so durchdringend wie der Lärm. Lipsitz späht widerwillig hinein, entschuldigt sich in Gedanken für seine Unfähigkeit, Affen zu mögen. Zwei von ihnen kreischen nicht, hocken zusammengekauert auf dem nackten Stahl, die geschwollenen, kahlen rosa Köpfe mit Elektrodenanschlüssen übersät. Wieso können sie die Viecher nicht besser unterbringen, ärgert er sich zum x-ten Mal. In den Bäumen sind sie sauber. Naja, sauberer jedenfalls, korrigiert er sich und weicht einem Gestell aus, auf dem irgendjemandes Brettschaltungen darauf warten, gelötet zu werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite steht Jones über einen hell erleuchteten Arbeitstisch gebeugt, zwei Studenten schauen gebannt zu. Er kann sehen, wie Jones’ Finger zärtlich die Messschieber einstellen, mit deren Hilfe die Sonden durch den Schädel des unter ihm festgezurrten Hundes getrieben werden. Stereotaxie – wieder eine seiner entsetzlichen Operationen. Die Reihe der Käfige ist vollgestopft mit Tieren mit verwüstetem Fell und blutigen Köpfen. Jones schwört, sie seien in Ordnung, sie würden fressen; Lipsitz bezweifelt das. Er hat versucht, sie mit Leckerbissen zu füttern, während sie sich mit triefenden Augen anlehnen oder daliegen, wild zuckend durch die von den Verkabelungen ausgelösten Schrecken. Sie bluten, weil sie ihre Köpfe gegen das Drahtgitter reiben; Jones sucht eine Methode, das zu unterbinden, und hat einigen von ihnen steife Plastikkrägen umgelegt.
Lipsitz ist an ihnen vorbei und erfreut sich am Anblick des wie eine Sanduhr geformten Hinterteils von Sheila, der brillanten Israelin. Ihr Rücken ist ihm zugewandt. Liebevoll betrachtet er die Lilientaille, die herzförmigen Hüften, die Begierde ausstrahlen. Aber es ist seine Begierde, nicht ihre; er weiß das. Sheila, verruchte Sheila; sie begehrt nur Jones, oder vielleicht Smith, oder sogar Brown oder White – die muskulösen, großen, behaarten Typen, die vor Professionalität und munterer Fachsimpelei geradezu übersprudeln. Lipsitz würde liebend gerne mit ihr fachsimpeln. Aber irgendwie ist seine Art zu reden anders, uninteressant, er hat’s einfach nicht drauf. Dabei glaubt auch er an »den Organismus«, glaubt an das wunderbar verdrahtete Diagramm des Lebens; er ist auf naive Weise beeindruckt von der Komplexität, den vielschichtigen, in Wechselbeziehung stehenden Feinheiten lebender Materie. Wieso widerstrebt es ihm dann so sehr, Metall dort hineinzuschieben und mit Säure oder Elektroschocks Wunden zu produzieren? Er hat diese unmodische Sehnsucht, durch Verstehen zu lernen, die Geheimnisse nur mit seinen Augen und seinem Verstand herauszukitzeln. Er hat sogar den ketzerischen Verdacht, dass solche Vorgehensweisen effizienter sein könnten, lehrreicher. Aber welche ganzheitlichen Methoden gibt es überhaupt? Vermutlich keine, sagt er streng zu sich selbst. Werd’ erwachsen. Schau dir an, was sie alles entdeckt haben mit dem Messer. Die rätselhaften, aber mächtigen Zentren der Amygdala zum Beispiel. Die subtilen Homöostasen des limbischen Systems – hätten wir sonst jemals davon erfahren? Großartige Erkenntnisse. Was soll’s, dass ihr Hauptzweck nur darin zu bestehen scheint, noch mehr Metall in menschliche Köpfe zu schieben, mein Weg ist veraltet.
»Hi, Sheila.«
»Hallo, Tilly.«
Sie dreht sich nicht weg von den Hamstern, die sie geübt rasiert. Er reißt sich los und biegt hinter dem Ständer mit den Putzutensilien zum Kohlenkeller-Verlies ab, wo er seine Ratten hält – Verzeihung, seine Versuchsobjekte. Seine Versuchsobjekte sind nachtaktive Nagetiere, die sich in behaglichen, dunklen, warmen Bauen entwickelt haben. Lipsitz hat ihr Elend gespürt, aufgehängt in glänzenden Metall- und Plexiglaswürfeln im grellen Licht. Also hat er für sie einen Stapel großer, alter Hasenkäfige vom Müll geholt und repariert und sie in diese dunkle Nische gestellt, die niemand wollte – wofür er von seinen Kollegen belächelt wurde.
Er hat noch Schlimmeres getan. Heimlich grinsend tritt er näher und sieht nach, was aus seiner letzten Darbringung geworden ist. In der untersten Reihe stehen die Käfige mit den gebärenden Weibchen, die voraussichtlich seine nächsten Experimental- und Kontrollgruppen zur Welt bringen werden. Gestern, als er den Anzeigenteil der Sunday Post darin verteilte, waren diese Käfige noch nacktes Drahtgeflecht. Jetzt stellt er verblüfft fest, dass sich die Zeitungen in feste, würfelförmige Räume aus kunstvoll gefalteten und verputzten Papierstreifen verwandelt haben. Fantastisch, diese Leistung! Nester; und alle identisch. Wieso hat nie jemand erwähnt, dass Ratten, genau wie Vögel, Nester bauen können? Wie falsch, wie schmerzhaft muss es gewesen sein, auf dem bloßen Draht zu gebären. Die kleinen Mütter haben die ganze Nacht an der geschickt konstruierten Umgebung gearbeitet, die genau ihren Bedürfnissen entspricht.
Eine kleine weiße Schnauze lugt aus einer Papierspalte wachsam in seine Richtung: er tastet in seiner Tasche nach einem Stück Karotte. Damit schafft er natürlich ein Ungleichgewicht in der Behandlung, protestiert sein Gewissen. Darauf hat er eine Antwort: Karotten für alle. Immer mit der Ruhe, Gewissen. Vorsichtig entriegelt er einen Käfig. Der weiße Kopf wird neugierig hinausgestreckt, gefolgt von seidig glatten, schwarzen Schultern. Es sind Haubenratten.
»Probier mal«, sagt er absurderweise zu der kleinen Kreatur. Und das tut sie, so flink, er fühlt es kaum, fühlt kaum den kleinen, mit messerscharfen Zähnen ausgeführten Biss, den sie seinem Daumen blitzschnell, aber scheu versetzt hat, bevor sie zurück zu ihren Babys geflitzt ist. Er schmunzelt, seinen Daumen reibend, und legt Karotten in die anderen Käfige. Der mahnende Biss einer Mutter, verabreicht an ein Ungeheuer, das dreißig Mal so groß ist wie sie selbst. Vitamine, denkt er, angereicherte Umgebung, das ist die seriöse Bezeichnung dafür. Artgerecht? Nein, verdammt nochmal. Höchstens eine Annäherung an das, was geistig gesunden, ungestressten Tieren entspricht – Versuchsobjekten, meine ich. Selbst wenn sie genetisch nach ihrer Zahmheit ausgewählt worden sind, können sie in diesem verwilderten Zustand nicht überleben, es sind immer noch Ratten. Er sieht, dass er etwas um seinen Daumen wickeln muss; er ist grotesk voll mit Blut.
Wickelnd versucht er auszublenden, dass seine Hände übersät sind mit alten Bissen. Er ist Stammgast bei den Tetanus-Impfungen. Aber er ist sicher, dass sie es nicht wirklich böse meinen, dass sie ihn irgendwie akzeptieren. Seine Kollegen sehen das auch so, allerdings ein Stück weit verächtlich. Tatsächlich bittet ihn Smith oft um Hilfe, um eines der gequälten Geschöpfe herauszuholen und zu seinen Elektroden zu bringen. Judas-Lipsitz tut es und versucht dabei, durch die Wärme seiner haltenden Hände das Gefühl zu vermitteln, dass es jemandem leidtut, völlig nutzlos leidtut. Smith erklärt immer wieder, sein jeweiliger Stamm sei bösartig. Eine bösartige Ratte ist eine, die Psychologen beißt; es gibt anhaltende Bemühungen, diese Eigenschaft wegzuzüchten.
Lipsitz hat versucht ihnen zu erklären, dass man bei Tieren mit gebogenen Schneidezähnen die Hand gegen die Zähne des Beißenden drücken muss. »Sie können sonst nicht loslassen«, sagt er ihnen. »Ihr beißt euch selbst an den Ratten. Genau wie bei Katzenkrallen. Drückt, und sie lassen los. Würdet ihr nicht dasselbe tun, wenn jemand seine Hand in euren Mund presst?«
Eine Weile dachte er, wenigstens Sheila hätte ihn verstanden, doch dann stellte sich heraus, dass sie nur glaubte, er hätte einen schmutzigen Witz gemacht.
Er gibt einem alten Männchen namens Snedecor, das er vor Smith gerettet hat, einen vergammelten Safeway-Apfel, als er sie rufen hört.
»Li-i-ipsitz!«
»Tilly! R. D. will mit dir sprechen.«
»Ok.«
R. D. ist Professor R. D. Welch, sein Abteilungsleiter und Doktorvater, zuständig für sein Forschungsstipendium. Er macht sich frisch und geht raus und um das Gebäude herum zur Treppe am Haupteingang. Unzählige Schuldgefühle wirbeln substanzlos in ihm herum: er hat irgendeine Regel verletzt, mit seinem Stipendium stimmt was nicht, vor allem ist er zu langsam, viel zu langsam. Noch keine Ergebnisse, keine Zahlenkolonnen. Zerbrechliche Rechtfertigungen rotieren in seinem Kopf, während er die sauberen, hellen oberen Stockwerke der Fakultät betritt. Weil er, da ist er sich sicher, lernt. Etwas tut, etwas, was seinem Verständnis von Wissenschaft angemessen ist. Aber was? In diesem grellen Licht fällt ihm (genau wie seinen Ratten) nichts ein. Ach, vielleicht gibt’s nur wieder Scherereien wegen der Parkplätze, denkt er sich, während er tapfer an R. D.’s männlichem Chefsekretär vorbeigeht. Ich kann meinen abgeben. Ich werde es mir sowieso nie leisten können, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren.
Aber es geht nicht um Parkplätze.
Doktor Welch hat einen dicken Aktenordner deutlich sichtbar auf seinem Schreibtisch platziert. Er tippt ausdruckslos darauf, während er Lipsitz anstarrt.
»Sie machen eine Studie über, ähm, genetische Einflüsse auf, ähm, Toleranz für neuartige Wahrnehmungen.«
»Ähm, ja ...« Er entscheidet sich, nicht auf Präzision zu bestehen. »Wie Sie sich erinnern, Doktor Welch, werde ich auch den Zusammenhang mit ihrer Empfindsamkeit untersuchen.«
Empfindsamkeit bedeutet bei Ratten (a) scheißen und (b) Psychologen beißen. Professor Welch atmet genervt durch die Zähne aus. Lipsitz fällt auf, dass sie leicht gebogen sind. Bloß nicht zurückziehen.
»Das ist so unspezifisch«, seufzt er. »Es ist mit dem Gesamtkonzept der Abteilung nicht vereinbar.«
»Ich weiß«, erwidert Lipsitz bescheiden. »Aber ich denke, es ist von Bedeutung für die Probleme menschlichen Lernens. Ich meine, warum manche Kinder vor neuen Dingen zurückschrecken.« Er streut mehr Fachbegriffe ein. »Das Versagen des Entdeckungsdranges.«
»Dränge versagen nicht, Lipsitz.«
»Ich meine die Bedingungen für eine schwache oder starke Ausprägung. Neophobie. Sehen Sie, Doktor Welch, falls sich herausstellt, dass eine dieser Voraussetzungen genetisch ist, könnten wir die Kinder ausfindig machen, die Hilfe brauchen.«
»Mhmmm.«
»Ich könnte auch bei richtigen Lernprogrammen für Hochtolerante mitarbeiten«, fügt Lipsitz hoffnungsvoll hinzu. »Kontingente Belohnungen, so etwas in der Art.«
»Lernvermögen von Ratten ...« Welchs Stimme wird träge. »Wenn sowas irgendeine Relevanz haben soll, müsste es an Primaten erforscht werden. Ihr Stipendium wird kaum dafür ausreichen.«
»Ratten können so einiges lernen, Sir. Wie wäre es, wenn ich ihnen Worte als Auslösereize beibringen würde?«
»Doktor Lipsitz, Ratten können sich keine sinnvollen Reaktionen auf Wörter aneignen.«
»Ja, Sir.« Lipsitz zwingt sich, das Beispiel der völlig unqualifizierten Schottin, deren Ratte neun Wörter kannte, nicht zu erwähnen.
»Ich wünschte, Sie würden mit Ihren Hirnstudien weitermachen«, säuselt Welch mit seiner netten Stimme, lässt Lipsitz als glänzenden Wissenschaftler erscheinen. Beiße ich mich selbst an ihm?, fragt sich Lipsitz. Er bemerkt, wie er unfreiwillig mit den unbekannten Problemen des Direktors mitfühlt. Als er wieder aufblickt, sagt Welch ermutigend: »Sie könnten Browns Präparate verwenden; sie sind absolut brauchbar für das, was Sie vorhaben.«
Lipsitz zuckt alarmiert zusammen; er kennt Browns Präparate. Ein »Präparat« ist ein Tier, für die Vivisektion mit ausgestreckten Gliedern auf einem Gestell fixiert und zugedröhnt mit Reserpin, so dass es nicht kreischen und sich winden kann, sondern die Tage oder Wochen voller Schmerz hilflos ertragen muss. Schuldbewusst fragt er sich, ob Brown weiß, wer die Hündin getötet hat, die er halb seziert und mit starrem Blick über Ostern hatte liegen lassen. Reiß dich zusammen, Lipsitz.
»Ich bin wirklich sehr daran interessiert, mit dem intakten Tier zu arbeiten, mit dem ganzen Organismus«, entgegnet er ernsthaft. Das ist sein magischer Satz; ihm ist aufgefallen, dass »der ganze Organismus« eine Art Fetisch für sie ist; aus einem weit entfernten Arbeitsgebiet entlehnt, aber sehr modern in wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
»Ja.« Welch stockt, verzieht den Mund und entblößt erneut seine Zähne. »Nun gut. Doktor Lipsitz, ich will offen zu Ihnen sein. Als Sie zu uns gestoßen sind, hatten wir das Gefühl, dass Sie großes Potential mit sich bringen. Ich hatte das Gefühl, das hatte ich wirklich. Und Ihr Unterricht scheint größtenteils gut zu laufen. Größtenteils. Aber Ihre Forschungen; nein. Sie scheinen Ihre Zeit und Gelder – und unsere Räume – an diese Nebensächlichkeiten zu verplempern. Um es kurz zu machen, unser Labor ist kein Zoo.«
»Oh, nein, Sir!«, kreischt Lipsitz entsetzt.
»Was machen Sie überhaupt mit diesen Ratten? Mir kommen allerlei idiotische Gerüchte zu Ohren.«
»Also, ich arbeite die genetischen Stämme heraus, Sir. Der Koeffizient von Reinerbigkeit ist immer noch zu niedrig für aussagekräftige Ergebnisse. Ich versuche es so genau wie möglich zu machen. Wahrscheinlich haben Sie davon gehört, dass ich ihnen eine gewisse angereicherte Umgebung gewähre. Das ist notwendig, damit ich die Linien ausdifferenzieren kann.« Was ich wirklich tue ist, sie zu vermehren, denkt er mit mulmigem Gefühl: er konnte sich bisher noch nicht dazu durchringen, eines der Tiere zu entrechten.
Welch seufzt erneut; er ist besorgt, denkt Lipsitz und merkt, dass sein eigenes mitfühlendes Lächeln in diesem Moment verschwindet.
»Wie lange, bis Sie das auf die Reihe kriegen? Eine Woche?«
»Eine Woche!«, bricht es aus Lipsitz hervor, dann hat er seine Stimme wieder unter Kontrolle. »Sir, meine Versuchsgeneration sind Neugeborene. Sie müssen noch entwöhnt werden, wissen Sie. Ich fürchte, es wird eher einen Monat dauern.«
»Und was gedenken Sie danach zu tun?«
»Danach!« Lipsitz spürt auf einmal ein zartes Glücksgefühl. So vielfältig, so wundervoll sind die Dinge, die er lernen möchte. »Also, für den Anfang habe ich eine Reihe von Verhaltensweisen bemerkt, mit denen niemand etwas anzufangen scheint – ich meine, die Tiere unter etwas... etwas natürlicheren Bedingungen zu beobachten. Sie, äh, sie zeigen sehr interessante Reaktionen. Ich bin fasziniert von artspezifischen Aspekten – ich meine, wie die Brelands schon feststellten, arbeiten wir möglicherweise mit relativ unproduktiven Situationen. Zum Beispiel besteht ein enormer Unterschied zwischen dem Verhalten von Rattus und Cricetus – das sind Hamster – in ihrem natürlichen Lebensraum, und das sind beides Nagetiere. Selbst eine so simple Sache wie Grenzverhalten –«
»Was für ein Verhalten?« Welchs Tonlage hätte ihn warnen sollen, aber er plappert weiter und ist sich unglücklicherweise im Klaren darüber, ein bedeutungsloses Beispiel gewählt zu haben. Aber er liebt es.
»Grenzen. Ich meine, wie Tiere auf Grenzen und die Art der Umgebung reagieren. Das ist doch eine Lebensgrundlage, und niemand scheint sie zu erforschen. Die sogenannte Thigmotaxis, die Orientierung aufgrund von Tastreizen. Hier, ich habe ein paar Skizzen gemacht.« Er holt ein gefaltetes Blatt hervor, schiebt es Welch hin.