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McKenna rief die Coast Guard auf Kanal 16, der maritimen Notruffrequenz. »Wir übernehmen. Die Salvation hat eingewilligt, von dem Auftrag zurückzutreten.«

Die Munro reagierte prompt. »Verstanden, Gale Force. Bitte teilen Sie uns mit, ob wir behilflich sein können.«

»Das können Sie tatsächlich. Die Salvation hat einen Mann auf dem Havaristen zurückgelassen, einen Japaner, nach unseren Informationen ein Besatzungsmitglied der Lion. Er soll sich irgendwo unter Deck aufhalten und nach etwas suchen. Das Letzte, was wir gebrauchen können, ist ein Jäger des verlorenen Schatzes, der uns bei der Arbeit stört.«

Eine Pause. Dann meldete sich die Munro wieder. »Roger, Gale Force. Passenderweise meldet der Zollbeamte in Dutch Harbor einen verschwundenen japanischen Seemann. Wir werden ihn von Bord holen und dafür sorgen, dass er die Heimreise antritt.«

McKenna dankte und legte auf. Dann griff sie nach dem Satellitentelefon und rief in Japan an.

***

Nach einer halben Stunde »Bitte warten Sie« und »Ich verbinde Sie weiter«, hatte McKenna die Person am Hörer, die sie haben wollte, einen Vizepräsidenten der Japanese Overseas Lines, ein Mann namens Matsuda.

»Wir haben bereits eine Firma unter Vertrag«, ließ er sie wissen. »Commodore Towing wird unser Schiff bergen.«

»Commodore musste die Bergung abbrechen«, erwiderte McKenna. »Technische Schwierigkeiten. Gale Force Marine übernimmt.«

Matsuda schwieg eine Minute, dann sagte er: »Ich nehme an, dass Sie anrufen, weil Sie Bedingungen aushandeln wollen. In dem Fall kann ich Ihnen ein Angebot machen, basierend auf Lloyd’s Open Form. Fünf Prozent vom Wert der Pacific Lion, der von einem unabhängigen Schiedsgericht festgelegt wird.«

McKenna lachte. »Commodore ist mit fünf Mann Besatzung und einem siebzig Jahre alten Kahn angetreten, und ich weiß, dass Sie denen ein besseres Angebot gemacht haben. Ich habe eine Crew von erfahrenen Bergungsexperten und einen potent motorisierten Hochseeschlepper zu bieten. Wir lassen uns nicht aus der Portokasse entlohnen.«

»Also gut. Das Doppelte. Zehn Prozent.«

McKenna schob die Unterlippe vor. Zehn Prozent vom Wert der Lion würden der Gale Force rund gerechnet fünfzehn Millionen einbringen. Auch nach der Auszahlung der Crew ein hübsches Sümmchen. Aber McKenna biss nicht an.

»Zehn Prozent sind das Minimum für einen Routinejob«, sagte sie. »Und ein Routinejob ist Ihr Schiff nicht, Mr. Matsuda. Für dreißig Prozent lassen wir mit uns reden.«

Matsuda stieß ein kurzes, ungläubiges Lachen aus. »Das ist ein Einhundertfünfzig-Millionen-Dollar-Schiff, Miss Rhodes. Sie verlangen von mir, dass ich Ihnen fünfundvierzig Millionen Dollar zahle?«

»Wegen der Amateure auf der Salvation haben wir den wettermäßig günstigen Zeitpunkt für die Bergung verpasst und müssen jetzt mit einem Sturm und einem sinkenden Schiff kämpfen. Meine Crew wird sich jeden Cent dieser Prämie sauer verdienen. Dreißig Prozent, oder das Schiedsgericht entscheidet.«

Matsuda hüllte sich erneut in Schweigen. McKenna stellte sich den Mann hinter seinem Schreibtisch vor und hoffte, dass er den Telefonhörer mit weißen Knöcheln umklammerte. »Zwanzig Prozent«, sagte er schließlich. »Dreißig Millionen Dollar. Wir unterzeichnen die Vereinbarung sofort und sparen die Verfahrenskosten.«

McKennas Blick ging durch die Fensterfront des Ruderhauses hinüber zur Pacific Lion. Das Schiff entfernte sich auf- und niedertauchend mehr und mehr, und der Sturm warf Wassermassen und Gischt gegen den roten Bauch.

Matsuda hüstelte. »Miss Rhodes?«

Sie blinzelte, bemühte sich um Konzentration. »Einverstanden. Zwanzig Prozent. Faxen Sie mir die Unterlagen. Und, Mr. Matsuda?«

Eine Pause. »Ja?«

»Es heißt Kapitän Rhodes.« Damit legte sie auf.