KAPITEL FÜNF

Declan

Ich habe das Wochenende nach unserer Verlobungsfeier damit verbracht, die Unterlagen fertig zu machen, um sicherzustellen, dass es für Iris kein Schlupfloch aus unserer Vereinbarung gibt. Ich werfe den frisch ausgedruckten Vertrag auf meinen Holzschreibtisch. Die pastellrosafarbenen Seiten wirken neben den anderen Dokumenten, die auf der Tischplatte verstreut liegen, fehl am Platz.

Iris sieht zu mir auf. »Was ist das?«

»Unser Ehevertrag.«

»Warum auf rosa Papier?«

Aufgrund ihres Gesichtsausdrucks könnte man meinen, ich hätte sie gerade gebeten, ihre kostbare Schuhsammlung zu opfern.

»Jemand anderes muss es in den Drucker getan haben; und ich wusste nicht, wie ich weißes Papier nachlegen kann.«

Ein Lachen bricht aus ihr hervor. »Ich frage mich, was du ohne mich machen würdest.«

»Dein aufgeblähtes Selbstwertgefühl ist besorgniserregend.«

»Du musst nicht so tun, als würdest du mich nicht mögen.«

»Dein Fehler ist, zu glauben, dass ich tatsächlich nur so tue.«

Sie quittiert meinen Seitenhieb mit einem Grinsen. »Der Grat, der zwischen Liebe und Hass verläuft, soll ja sehr schmal sein.«

»Nicht schmal genug«, grummele ich leise.

Noch immer lachend greift sie nach dem rosafarbenen Vertrag.

»Nachdem du ihn durchgelesen hast, musst du jede Seite mit deinen Initialen abzeichnen.« Ich reiche ihr einen Stift.

»Dieser Vertrag ist ungefähr so dick wie die Bibel.« Sie verzieht das Gesicht, während sie den Stapel Blätter anstarrt.

Ich lehne mich mit verschränkten Armen gegen meinen Schreibtisch, bevor ich antworte: »Ist das ein Problem?«

Ihre Brauen ziehen sich für einen kurzen Moment zusammen, bevor sich ihre Züge rasch wieder glätten. »Nein, aber ich muss meine Mittagspause opfern, um den durchzulesen.«

»Nimm dir die Zeit, die du brauchst, aber der Vertrag verlässt unter keinen Umständen dieses Büro.« Auf keinen Fall werde ich das Risiko eingehen, dass jemand einen Blick auf unser Arrangement erhascht.

Sie fährt die Titelseite mit einem Finger nach. »In Ordnung. Aber ich habe vor, jede Seite dreimal zu überprüfen, nur um sicherzugehen, dass du nicht versuchst, mich übers Ohr zu hauen, ärger dich also nicht, wenn ich dir deine kostbare Zeit allein stehle.« Die Bemerkung kommt ihr ohne den Hauch eines Zögerns über die Lippen.

Und sie verdächtigt dich, ihr etwas unterschieben zu wollen.

»Erspare mir die Details zum Vorgehen und fang an zu lesen. Ich habe noch andere Dinge zu tun.« Als ich mich auf meinen Stuhl fallen lasse, knarzt er unter meinem Gewicht.

»Wenn du noch mehr trainierst, bricht das Ding irgendwann unter dir zusammen.«

Meine Muskeln spannen sich unter meinem Anzug an, als ich mein Jackett aufknöpfe. »Ich bin mir sicher, das würde dir gefallen.«

»Nur wenn ich es auf Video festhalten kann.«

Ich beschließe, sie zu ignorieren, und entsperre meinen Computer. Es dauert nur ein paar E-Mail-Antworten, bis Iris protestiert.

»Soll das eine Art kranker Witz sein?«, krächzt sie.

»Was genau?«

Ihre Augen weiten sich besorgniserregend. »Du hast vor, mir das alleinige Sorgerecht für unser Kind zu übertragen?«

»Ist das ein Problem?«

»Ja! Ein großes sogar!«

»Ich nehme an, dies ist der richtige Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass der Inhalt des Vertrags nicht verhandelbar ist.«

Sie reckt trotzig das Kinn. »Dann stell ihn zur Verhandlung.«

»Nein.«

»In dem Fall bin ich raus.«

Ohne den Blick vom Computerbildschirm zu lösen, antworte ich: »Es wäre mir ein Vergnügen, dir dabei zuzusehen.«

Sie steht auf, wirft den Vertrag auf meinen Schreibtisch und hebt ihre Handtasche vom Boden auf. »Wenn du kein verantwortungsvoller Vater sein kannst, dann habe ich kein Interesse mehr daran, dir zu helfen.«

»Das kann nicht dein Ernst sein.«

»Möchtest du mich auf die Probe stellen?«

Scheiße . Die Spielregeln ändern sich weiterhin ohne meine Zustimmung, und das nur, weil Iris nicht fair spielt.

Das hat sie nie getan.

»Du lässt dir wegen einer Sorgerechtsvereinbarung hundert Millionen Dollar entgehen?«

»Das Geld ist nicht das Problem. Deine Entscheidung schon.« Sie dreht sich auf dem Absatz um.

Meine Kontrolle entgleitet mir mit jedem Schritt, den sie sich entfernt, mehr. »Ich gebe dir zweihundert Millionen.«

Sie ignoriert mich, geht weiter auf die Tür zu. Das sanfte Wiegen ihrer Hüften erscheint mir wie eine stumme Aufforderung, sie zu packen. Irgendetwas zu unternehmen, um zu verhindern, dass sie mir und unserer Vereinbarung den Rücken kehrt.

»Dreihundert Millionen.« Ihre Schritte verlangsamen sich, aber sie bleibt erst stehen, als sie die Hand um den Türknauf schließt.

Ich drücke auf den runden Knopf unter meinem Schreibtisch, und der Verriegelungsmechanismus der Tür rastet ein.

»Mach die verdammte Tür auf.«

»Nicht, bis du dich hingesetzt und den Vertrag unterschrieben hast.«

»Nein.« Sie rüttelt am Knauf, was vergebliche Mühe ist. Eigentlich sind die Sicherheitsschlösser dazu gedacht, jemanden davon abzuhalten, in mein Büro einzudringen – wie sich herausstellt, erweisen sie sich darüber hinaus als sehr praktisch, wenn es darum geht, meine Assistentin daran zu hindern, es zu verlassen.

Ich sitze und warte, bis sie es leid ist. Iris mag einen starken Willen haben, meiner ist eisern. Und da so viel auf dem Spiel steht, ist Aufgeben keine Option, egal wie sehr sie mich dafür hasst.

Sie lehnt ihre Stirn gegen die Tür. »Was ist mit den Dingen, die ich will?«

»Du hast deine Rechte in dem Moment verwirkt, in dem du zu meiner Verlobten geworden bist.«

»Vorsicht, Declan, deine Frauenfeindlichkeit blitzt durch.«

Ich verziehe einen Mundwinkel. »Du hast kein Druckmittel gegen mich in der Hand.«

»Betrachte das hier als meinen Trumpf.« Sie reckt ihren Ringfinger, als wäre es der Mittelfinger.

»Süß«, erwidere ich trocken.

»Entweder du hörst dir meine Bedingungen an, oder ich rufe den erstbesten Journalisten auf meiner Liste an, um unsere Trennung zu verkünden.«

Ich kneife die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Drohst du mir?«

»Ich? Niemals.« Sie klimpert unschuldig mit den Wimpern. »Ich bevorzuge den Begriff motivieren

Wenn ich darüber nachdenke, dass ich ihr für diese Art von Behandlung mehr bezahle als jeder anderen Assistenzkraft in diesem Gebäude …

Weil ihr beide wisst, was ihre Arbeit wert ist.

Ich stoße einen desinteressierten Seufzer aus. »Nenn mir deine Bedingungen.«

Ihre Absätze verursachen ein dumpfes Geräusch auf dem Teppich, bevor sie sich wieder auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch fallen lässt. »Geteiltes Sorgerecht – friss oder stirb. Du wirst deine fünfzig Prozent Elternschaft übernehmen, ob du willst oder nicht.«

»Falls das ein Versuch sein soll, unser Kind zu benutzen, um mehr aus mir herauszupressen: Das wird nicht funktionieren.«

Ihre Nasenflügel beben. »Mir ist bewusst, dass das Konzept schwer für dich zu begreifen ist, wenn man bedenkt, was die Leute alles tun, um dich glücklich zu machen, aber die Welt dreht sich nicht allein um dich.«

»Und als Nächstes erklärst du mir, dass die Erde keine Scheibe ist.«

Sie rümpft die Nase. »Ich hasse es, wenn du versuchst, witzig zu sein.«

»Warum?«

»Weil ich dich ohne Persönlichkeit lieber mag.« Ihre Augen sind klar, ein Spiegel ihres Herzens.

Ihr dummes, blutendes Herz.

»Das ist mir wichtig. Sehr wichtig.« Sie spricht so leise, dass ich mich vorbeugen muss, um ihre nächsten Worte zu verstehen. »Ich möchte nicht, dass irgendein Kind mit dem Gedanken aufwachsen muss, seine Eltern würden es nicht lieben.«

Unwillkürlich ballt sich meine Hand zur Faust und drückt gegen meinen Oberschenkel. Natürlich musstest du dir ausgerechnet eine Frau suchen, die noch größere Daddy Issues hat als du selbst.

Ihr Blick geht ins Leere, als würde sie sich an etwas erinnern. »Ich weiß, wie es ist, von einem Elternteil nicht gewollt zu werden. Das ist ein Gefühl, das ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünschen würde, geschweige denn meinem eigenen Kind.«

Als ob ich je so eine Platzverschwendung darstellen könnte wie er. Durch Cal habe ich genug über Iris’ Vater erfahren, um zu wissen, dass ich nicht wie er bin, aber die Art, wie sie gerade zu mir aufblickt, bedroht meine perfekt ausgearbeiteten Pläne. Ich war nie dafür vorgesehen, um den Titel als Vater des Jahres zu kämpfen. Ich habe aus erster Hand gelernt, dass Geschäftsleute keine guten Familienväter abgeben, egal wie sehr sie es vielleicht aus Marketinggründen vortäuschen.

Was ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn du ihrer Bedingung zustimmst? Du stellst ein Kindermädchen ein, um dabei zu helfen, dein Kind großzuziehen?

Ich spüre, wie sich ein Schweißfilm auf meinen Nacken legt, als ich darüber nachdenke, welche Konsequenzen es haben wird, wenn ich Iris’ Forderung nachgebe. Ich weiß, wie das läuft. Aus einer Gelegenheit werden zwei, und kaum dass ich mich’s versehe, wird sie mir jedes Mal damit drohen, mich zu verlassen, um ihren Willen durchzusetzen. Etwas, das ich so ziemlich von jedem Menschen außer ihr erwarten würde; dennoch schockiert mich ihre Fähigkeit, meine Schwäche gegen mich zu verwenden, nicht.

Enttäuschend, um es gelinde auszudrücken.

»Ein Wochenende pro Monat«, sage ich, bevor ich mich daran hindern kann.

Sie räuspert sich. »Das ist ein guter Anfang …«

»Damit hätten wir das also geklärt …«

»Falsch.«

»Verdammte Scheiße noch mal!«

Ihre Augen weiten sich.

Reiß dich zusammen.

Sie fährt so ungerührt fort, als ob ich nicht gerade einen seltenen Ausbruch von Emotionen gezeigt hätte. »Ich möchte nicht, dass die ganzen langweiligen Dinge wie Hausaufgaben und Hausarbeit an mir hängen bleiben.«

»Dann stell Leute dafür ein. Du kannst es dir leisten.«

Sie schüttelt den Kopf. »Darum geht es mir nicht. Wir sollten uns mit den Wochen abwechseln, um unserem Kind ein beständiges und stabiles Zuhause zu bieten. Auf diese Weise können wir außerdem beide gleichermaßen auch für das zuständig sein, was Spaß macht.«

»Ich kann dir versichern, dass ich niemals als der Elternteil gelten werde, mit dem man Spaß hat.«

Sie verdreht die Augen. »Kinder machen es einem in dieser Hinsicht nicht besonders schwer. Solange du ihnen etwas zu essen gibst, mit ihnen spielst und dir die Namen ihrer Lieblingszeichentrickfiguren einprägst, bist du für sie der Coolste.«

»Das klingt nach absoluter Hölle.«

»Wenigstens fühlst du dich dann wie zu Hause.«

Ich richte den Blick wieder auf meinen Computer. »Okay. Wir wechseln uns wochenweise mit der Betreuung ab.«

»Wusste ich doch, dass du in der Lage bist, Kompromisse einzugehen, wenn du die Chance dazu bekommst.«

»Erpressung wirkt Wunder.«

Sie grinst. »Du musst es ja wissen. Ist schließlich dein Mittel der Wahl.«

Wenn du wüsstest.

Iris mag sich meiner Fähigkeit bewusst sein, Informationen über andere Menschen zu beschaffen, aber sie hat keinen Schimmer, wie weit ich gehen würde, um Situationen zu meinem Vorteil zu manipulieren. Ich bekomme, was ich will. Immer. Dass Iris bei unseren Verhandlungen gerade die Oberhand hat, nutzt mir auf lange Sicht mehr.

Sie hebt einen Finger. »Eine Sache noch.« Ich habe keine Chance zu widersprechen, bevor sie bereits fortfährt. »Meine Mutter wünscht sich eine traditionelle kirchliche Trauung.«

»Nein.«

»Aber …«

»Standesamt. Nur wir zwei. So wie wir es besprochen haben«, schneide ich ihr das Wort ab.

»Das können wir nicht machen. Zumindest jetzt nicht mehr.«

»Lass mich raten, du steigst aus, wenn ich nicht zustimme.« Vorhersehbar, aber effektiv, um mich zum Nachgeben zu bringen.

»Was? Nein. Aber ich wüsste es wirklich sehr zu schätzen, wenn du in diesem Punkt mit mir an einem Strang ziehst. Bitte .« Ihre zitternde Unterlippe lässt mich bereuen, jemals auf ihre verrückte Idee, sich zu verloben, eingegangen zu sein.

Ich lasse mir meine Überraschung nicht anmerken. »Also eine Bitte, keine Forderung.«

»Eine große, wenn man bedenkt, wie du zu Hochzeiten stehst, aber ich würde dich nicht fragen, wenn es nicht absolut notwendig wäre.«

»Du schuldest mir etwas.«

Ihre Augen leuchten auf, als sie mir ihren Ring vor die Augen hält. »Betrachte uns als quitt.«

Ein angewiderter Laut bleibt in meiner Kehle stecken. »Unterschreib den Vertrag und verschwinde aus meinem Büro, bevor ich es mir anders überlege.«

Sie schiebt mir die Papiere zu. »Sehr gerne. Nachdem du die entsprechenden Änderungen vorgenommen hast, einschließlich der Erhöhung der Anfangszahlung auf dreihundert Millionen Dollar.«

Du kleine …

»Du hältst dich wohl für besonders schlau.«

Ihr Lächeln verstärkt die Hitze, die mein Blut zum Kochen bringt. »Ich habe nie um eine Gehaltserhöhung gebeten, aber nachdem du sie mir so großzügig angeboten hast …«

Verdammt . Ich verstecke mein schmales Lächeln hinter meiner geballten Faust. »Cleverer Schachzug.«

Sie zwinkert mir zu. »Vielen Dank für das Kompliment. Du hast mir alles beigebracht, was ich wissen muss.«

Und ich bereue es jeden einzelnen Tag.