Iris
Ich wache schweißgebadet auf und kann nichts bewegen außer meinem Kopf. Irgendwie bin ich in Declans Bett gelandet, wo er mich nun mit Armen und Beinen festhält.
Die Dreistigkeit dieses Mannes ist unglaublich. Ich versuche, mich seinem Griff zu entziehen, aber das macht die Sache nur noch schlimmer.
Seine Arme schließen sich fester um meinen Körper, und er murmelt etwas Unverständliches an meinem Haar.
»Declan.« Ich drücke gegen seine Brust.
»Schhh.« Er küsst meine Stirn und stößt ein leises Seufzen aus.
»Wach auf.« Ich drücke ein wenig fester, was endlich Wirkung zeigt.
Er blinzelt zur Decke hinauf, ehe er mich ansieht. »Guten Morgen.« Er lässt seine Arme um mich geschlungen, ebenso wie seine Beine.
»Deinen guten Morgen kannst du dir sonst wohin stecken.«
Er lacht, und ich ärgere mich darüber, dass der Klang mich von innen wärmt.
»Warum bin ich in deinem Bett?«
»Weil ich das hier tun wollte.«
Im nächsten Moment liege ich auf dem Rücken, und seine Lippen berühren meine. Der Kuss steht im Gegensatz zu seinen leidenschaftlichen Berührungen gestern, und ich verspüre Wut darüber, wie kontrolliert Declan erscheint. Der Kuss ist sanft und viel zu anständig nach dem Sex, den wir hatten.
Wie kann er mich so küssen, nachdem er einfach davongestürmt ist? Blut rauscht in meinen Ohren und lässt sie heiß werden.
Ich drücke erneut gegen seine Brust. »Runter.«
»Nein.«
»Was?«
»Ich halte dich gefangen, bis du mir zuhörst.«
Mir bleibt der Mund offen stehen. Ich versuche wegzurutschen, aber er hat mich mit seinen Gliedern eingekesselt.
Er hat dich ausgetrickst.
Statt ihn zu küssen, hätte ich schon soeben versuchen sollen, ihm zu entkommen. Declan hat mich zu sehr in seinen Bann gezogen.
»Hör auf, dich zu wehren, und gib mir zehn Minuten.«
»Mehr als zehn Sekunden hast du nicht verdient.«
»Wie wäre es mit zehn Worten?«
Ich lache. »Das will ich erleben.«
»Ich habe mich unsterblich in dich verliebt, Iris Elizabeth Kane.«
Ich blinzele ihn an. Entweder schlafe ich noch, oder ich muss mich verhört haben, denn es kann nicht sein, dass Declan Kane gerade zugegeben hat, dass er sich in mich verliebt hat.
Auf keinen Fall.
Oder?
Ich schließe die Augen ganz fest, als könnte das die Worte aus meiner Erinnerung löschen. »Du machst Witze.«
»Nein.«
»Das alles gehört zu deinem Spiel.« Ich versuche wieder, ihn wegzuschieben, aber er rührt sich nicht.
»Es ist für mich schon lange kein Spiel mehr.«
»Du lügst.«
Er zieht die Augenbrauen zusammen. »Frag mich, warum ich es hasse, wenn die Leute Times New Roman statt Arial verwenden.«
»Meinst du das ernst? Was hat das mit uns zu tun?«
»Weil ich die Schrift für dich ausgesucht habe.«
»Wie bitte?«
»Ich habe irgendwo im Internet gelesen, dass Sans-Serif-Schriftarten besser für Menschen mit Lese-Rechtschreib-Störung zu entziffern sind, also habe ich die Regeln geändert. Um dir zu helfen.«
Meine Kehle zieht sich vor Rührung zusammen, sodass ich nichts erwidern kann. Was sollte ich auch dazu sagen?
Declan lässt mir ohnehin keine Zeit, denn er fährt direkt fort. »Willst du wissen, warum ich den Kaktus behalten habe?«
Ich nicke.
»Weil es das erste Mal war, dass mir jemand etwas geschenkt hat, das mich zum Lachen gebracht hat.«
Wenn Herzen schmelzen könnten, wäre meins jetzt flüssig.
Er wendet den Blick ab. »Frag mich, warum ich dich nicht versetzen wollte.«
Nein.
Das kann nicht sein.
»Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
Er presst die Lippen zu einem dünnen weißen Strich zusammen. »Ich konnte dich nicht gehen lassen.«
»Das kann ich nicht glauben.« Ich drücke gegen seine Schultern, aber genauso gut könnte ich gegen einen Felsen drücken.
»Ich bin nicht stolz drauf, falls das einen Unterschied macht.«
»Du hast mich sabotiert.« Meine Stimme bricht.
Seine Miene wird weich. »Es tut mir leid.«
»Es tut dir leid? Ich habe monatelang wie besessen an meiner Präsentation gearbeitet, bis sie perfekt war, nur damit du meinen Wunsch ablehnst, weil du zu egoistisch warst, um mich gehen zu lassen? Wer tut so was?«
»Jemand, der nichts von Liebe versteht, aber bereit ist, mehr darüber zu erfahren, wenn du ihm eine Chance gibst.«
»Du willst, dass ich dir nach alldem eine Chance gebe? Hältst du mich für dumm?«
Er zuckt zusammen, und ein wenig von meiner Wut verfliegt angesichts seiner verletzten Miene.
»Das hat doch nichts damit zu tun.«
»Das ist leicht gesagt, wenn man nicht derjenige ist, der zum Narren gehalten wird.«
»Wirklich? Denn nach deiner heutigen Reaktion fühle ich mich definitiv wie ein Narr, weil ich zugegeben habe, dass ich mich in dich verliebt habe.« Er steht auf und lässt mich mit einem Kältegefühl zurück, das mir in die Knochen kriecht.
»Declan …« Ich strecke die Hand nach ihm aus, aber er weicht mir aus.
Meine Augen brennen von seiner Zurückweisung. Ich bin verletzt.
»Ich erwarte nicht, dass du meine Liebe erwiderst, und ich weiß auch nicht, ob du jemals Gefühle für mich entwickeln kannst, denn ich bin alles andere als liebenswert. Ich bin egoistisch, unhöflich und weiß nichts über Beziehungen. Aber das heißt nicht, dass ich es nicht mit dir versuchen möchte.«
Wie soll ich wütend auf ihn sein, wenn er glaubt, er sei nicht liebenswert? Bei dem Gedanken daran, dass er so über sich selbst spricht, schmerzt mir das Herz. Ich rutsche vom Bett und schmiege mich an seine Brust. Als seine Arme weiterhin schlaff an seinen Seiten runterhängen, lege ich sie um meine Taille.
»Nur weil du egoistische Entscheidungen triffst, heißt das nicht, dass du ein egoistischer Mensch bist. Zumindest nicht immer.« Er hat seine Brüder jahrelang vor ihrem trinkenden Vater beschützt. Ist das kein selbstloses Opfer?
»Das klingt nicht sonderlich logisch.«
»Dass du dich selbst als nicht liebenswert bezeichnest, ist auch nicht logisch.«
Sein Körper verspannt sich. »Es ist eine Tatsache.«
»Ich weiß nicht, welchen verdammten Unsinn dein Vater dir über die Jahre eingeredet hat, aber es stimmt nicht, hörst du? Deine Brüder lieben dich.«
»Weil sie es müssen.«
»Niemand muss einen anderen Menschen lieben. Ob verwandt oder nicht.«
Er atmet tief durch. »Du hast recht.«
Ich lächele ihn an. »Ich könnte mich daran gewöhnen, diese Worte zu hören.«
Er legt eine Hand an meine Wange. »Wenn du mir eine Chance gibst, sage ich sie jeden Tag zu dir.«
Ich seufze und wende den Blick ab. »Ich weiß nicht.«
»Sag mir, was dich davon abhält.«
»Du bist kein Typ für Beziehungen.«
»Gut, dass ich verheiratet bin.«
Ich schüttele den Kopf. »Unsere Ehe ist nicht echt.«
»Ein Stück Papier definiert nicht, was wir sind. Sondern Gefühle. Und meine sind zu hundert Prozent echt.«
Ich weiche seinem bohrenden Blick aus. »Was, wenn mein Gefühl mir sagt, dass ich vor dir davonlaufen muss?«
»Süß, dass du glaubst, du könntest vor mir wegrennen, aber ich lasse dir einen Vorsprung, damit es spannend bleibt.«
Das bringt mich aus dem Konzept. »Hast du immer eine Antwort auf alles?«
»Nicht auf die wichtigste Frage.« Sein Blick löst irgendetwas tief in meinem Inneren aus.
Sehnsucht.
Ich will ihm eine Chance geben, auch wenn es vielleicht nicht funktionieren wird.
Du könntest verletzt werden.
Vielleicht, aber vielleicht würde ich sonst etwas verpassen, weil ich zu große Angst vor dem Was-wäre-wenn habe. Ich will nicht mehr diese Person sein. Selbst wenn ich Gefahr laufe, verletzt zu werden, würde ich mich lieber für einen gescheiterten Versuch statt für keinen Versuch entscheiden.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und drücke meine Lippen auf seine.
Er zieht mich an seine Brust, als habe er Angst davor, mich loszulassen.
Ich weiche zurück, um sein Kinn zu umfassen. »Es könnte ein Desaster werden, aber ich bin bereit, es zu versuchen.«
Im nächsten Moment liegen seine Lippen auf meinen, und unser neuer Deal ist besiegelt. Die Art, wie er mich küsst, ist anders als jemals zuvor. Er legt die Hände an mein Gesicht und drückt seine Lippen auf meine, küsst mich, bis mir schwindelig wird. Mit dem Daumen streicht er über meine Wange.
Hitze schießt an meiner Wirbelsäule hinunter bis in meinen Bauch. Ich fühle mich wertgeschätzt. Beschützt. Und so geliebt, dass ich nie wieder in die Realität zurückkehren will.
Ich könnte ihn für immer küssen und würde mich immer noch so fühlen, als wäre es nicht genug. Auch wenn Declan nicht sonderlich gut darin ist, seine Gefühle in Worte zu fassen, drückt sein Kuss alles aus.
Er hat sich in mich verliebt. Dafür bedarf es keiner Übersetzung.