Es gab einen Geizhals, der schätzte
die Ranke aus glänzendem Gold,
den schimmernden, leuchtenden Sprössling
mit Blättern so gülden und hold.
Kaum kam sie ihm unter die Augen,
da sprach er auch schon: «Du bist mein!»
Er fand sie am Rande der Straße,
auf Trümmern dort glänzte ihr Schein.
Rasch grub er sie aus und verstaute
gar sicher den glänzenden Fund.
Rasch trug er sie mit sich nach Hause,
die Augen vor Staunen so rund.
Die Hände anbetend erhoben,
erfüllte die Gier seinen Blick.
Das war die einmalige Chance,
er sah nicht noch einmal zurück.
Am Hause, gleich bei seiner Türe,
pflanzt heimlich die Ranke er ein.
Im Garten nur für seine Augen
sollt’ gleißen ihr goldener Schein.
Er hat einen Zaun rasch errichtet,
als Schutz für den goldenen Glanz.
Bald schon gediehen die Knospen,
ein güldener Schmuckperlentanz.
Er pflückte sie alle und trug sie
zum Marktplatz wohl hin in die Stadt.
So tilgte er all seine Schulden
und aß sich danach auch noch satt.
Wie viel er auch immer verdiente,
es reichte bei Weitem nicht aus.
Die Gier hatte Wurzeln geschlagen,
das brachte die Ranke ins Haus.
Die Gier, sie wuchs Tag für Tag weiter,
wie Schösslinge an einem Reis.
Wie sehr er die Ranke auch hegte,
sie welkte dahin wie in Eis.
Ihr goldener Schein wurde stumpfer,
und Sorgen, die machten sich breit.
Sie wuchs Tag für Tag immer schwächer,
als wär sie zu sterben bereit.
So siechte dahin seine Ranke,
Verzweiflung, die stellte sich ein.
Doch als er die Haare sich raufte,
da sah er den silbernen Schein.
Die langen und bräunlichen Strähnen
bedeckten die Ranke im Nu.
Und plötzlich gewann sie an Farbe,
erstrahlte auch heller dazu.
So wuchs sie lebendig und prachtvoll,
die Haare, sie gaben ihr Kraft.
Dem Geizhals kam schnell die Erkenntnis,
wie er dieses Wunder geschafft.
Die Haare begann er zu schneiden,
schuf goldene Blüten zuhauf.
Er kürzte sein Haar bis zur Kopfhaut,
gab gerne den Schopf für sie auf.
Ihr Wachstum verlangte nach Opfern,
nach Gaben vom eigenen Ich.
Er füttert sie überaus gründlich,
mit allerlei Teilen von sich.
Denn das war der Preis für ihr Wachstum,
der Preis für den glänzenden Lohn.
Die prunkvolle güldene Ranke
ward ihm zur erdrückenden Fron.