Kapitel Sechs­und­zwanzig

Als das Flugzeug in den Sinkflug ging, fielen Dave die Ohren zu. Er lehnte sich nah zu Bella und zeigte ihr seinen Computerbildschirm. »Was hältst du davon?«

Sie schob ihr Haar beiseite, beugte sich zu ihm und betrachtete den Plan, den Frank geschickt hatte. Die Konstruktion erinnerte an ein kugelförmiges Maschendrahtgeflecht, aus dem oben drahtumwickelte Verbindungen ragten. »Sieht für mich wie ein faradayscher Käfig aus. Aber warum verlaufen Drähte heraus? Zur Erdung?«

»Das war auch mein Gedanke, nur ergibt es keinen Sinn. Einen faradayschen Käfig benutzt man, um etwas darin vor etwas draußen zu schützen. Das Ding sieht aus, als wäre es darauf ausgelegt, etwas im Inneren zu halten und den Strom nach oben zu leiten.«

Bella zeigte auf die Drähte oben. »Hat er die Konstruktion nicht als Motor bezeichnet? Vielleicht schließt die Vorrichtung etwas ein und gibt die Energie durch die Oberseite ab. Hat er in seiner E-Mail erwähnt, woraus sie besteht?«

»Nicht in der E-Mail, aber in einer zweiten.« Dave strich mit dem Finger über den Touchscreen des Tablets. Er blätterte durch mehrere Seiten mit detaillierten Zeichnungen, bis er die Pläne für den Controller erreichte, der an die käfigartige Vorrichtung angeschlossen wurde. Er zeigte auf einige Eingangsdrähte und bemerkte: »Hier steht, dass die Leitung von einem sogenannten HiMag-Wrapper kommt. Vielleicht irgendeine Magnesiumlegierung? Ich hab keine Ahnung. Ich erinnere mich noch an Gespräche, die Frank und ich darüber geführt haben, ob sich die Energie von Sprengungen einfangen ließe. Allerdings würde uns das im Moment nicht viel nützen. Wir hätten einen gewaltigen Energieschub und dann nichts mehr. Wenn es dazu vielleicht eine neue Batterieladefunktion gäbe ...«

Die Lichter in der Kabine des kleinen Passagierjets flackerten, und die Stimme des Piloten ertönte aus dem Lautsprecher. »Dr. und Mrs. Holmes, bitte machen Sie sich zur Landung bereit. Wir erreichen den Flughafen Homey in fünf Minuten.

Außerdem möchte ich Sie vorwarnen, dass es sich um eine Black Site handelt. Deshalb nähern wir uns in einem ungewöhnlichen Anflugwinkel, landen in Alarmbereitschaft und rollen direkt in einen Hangar. Dort warten Agenten, die Sie in Empfang nehmen, sobald der Hangar abgeriegelt ist.«

Dave schnallte sich an, umklammerte die Armlehnen seines Sitzes und warnte Bella: »Zieh lieber den Gurt fest. Wenn der Mann von Alarmbereitschaft redet, dürfte es eine unsanfte Landung werden.«

Die Triebwerke des Jets heulten auf, und als sich der Winkel des Flugzeugs steil nach unten neigte, grunzte Dave. Alles in ihm fühlte sich an, als wollte es aus seinem Mund entkommen. Der Sinkflug wurde noch steiler, und er verstärkte den Griff um die Armlehnen. Einen Moment lang war Dave überzeugt, sie würden in irgendeiner trostlosen Salzwüste in Utah zerschellen. Dann jedoch spürte er, wie er im letzten Moment in den Sitz gepresst wurde, als die Flugbahn jäh verflachte. Die Räder kreischten beim Kontakt mit der Landebahn. Nach weniger als einer Minute rollten sie in einen ungekennzeichneten grauen Metallhangar mitten im Nirgendwo.

Dave atmete erleichtert auf, als er linkisch den Sicherheitsgurt löste. »Heilige Scheiße.« Er warf Bella einen Blick zu. »Alles in Ordnung?«

Sie nickte, als der Militärpilot mit einem Lächeln aus dem Cockpit kam. »Ich liebe solche Anflüge.«

»Können Sie gern für sich behalten«, merkte Dave matt an, als er aufstand. Seine Beine fühlten sich wackelig an. Als er Bella aus ihrem Sitz half, drückte der Pilot einen Knopf an der Kabinenwand. Die nahe Tür öffnete sich. Draußen wurde gerade eine mobile Treppe zum Rumpf des Jets gerollt.

Der Pilot winkte dem Personal im Hangar kurz zu, bevor er sich wieder an seine Passagiere wandte. »Sieht so aus, als wäre Ihr Begrüßungskomitee schon hier.«

* * *

Nachdem sie von zwei Personen, die sich als Verbindungsoffiziere für die Anlage auswiesen, vom Flugzeug eskortiert worden waren, saß Dave in einem Wartebereich und starrte Bella an. Offenbar sollte jemand sie zum endgültigen Ziel bringen. Hoffentlich dorthin, wo sich das mysteriöse Objekt befand.

Die Waschbetonwände des Warteraums waren in einem verblassten, hässlichen Gelb gestrichen. Das Sofa und die Stühle sahen robust aus, aber aus dem vorigen Jahrhundert. Bella lehnte sich entspannt zurück und wartete. Dave hingegen wurde dafür zu rastlos. Er stand auf und lief auf und ab.

Als er schon dachte, er würde gleich platzen, öffnete sich endlich die Metalltür. Ein gehetzt wirkender Mann in weißem Laborkittel stand am Eingang und platzte heraus: »Dr. Holmes? Mrs. Holmes? Tut mir leid, dass Sie warten mussten, aber diese Schwachköpfe haben mir gerade erst gesagt, wo man sie zwischengeparkt hat.«

»Schon gut. Und bitte nennen Sie mich Dave.« Er schüttelte dem dunkelhaarigen Mann, der einen ausgeprägten Südstaatenakzent hatte, die Hand. »Und Sie sind?«

»Chris Wilkinson. Mein offizieller Titel ist Technical Operations Officer , aber eigentlich bin ich bloß ein Nerd für Signalverarbeitung. Sie wissen schon, Hochfrequenz- und Analogsignalübertragung und -analyse.« Er lächelte herzlich. »Ach ja, und ich bin auch der Typ, der die Roboter der Bombentechniker zusammenflickt, wenn sie mal wieder ein explosives Häppchen zu viel hatten.«

»Also zeigen Sie uns das mysteriöse Objekt?«

»Genau. Gehen wir.« Chris drehte sich um und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. »Ich hab von dem Ort erst vor ein paar Stunden erfahren. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die Leute in Langley nur deshalb mich dafür eingeteilt haben, weil ich zufällig etwa 150 Kilometer entfernt im Urlaub war. Ich bin mir nicht sicher, wie hilfreich ich sein kann.«

Zusätzlich zu dem breiigen Südstaatenakzent sprach Chris sehr schnell. Dave hatte Mühe, ihm zu folgen.

»Ich kann Ihnen sagen, es war schon schräg, so spontan abgeholt und in aller Eile hier raus mitten ins Nirgendwo gekarrt zu werden.« Chris lief im Zickzack durch eine Reihe von Gängen. Jedes Mal, bevor er nach links oder rechts bog, zählte er an den Fingern ab. »Ist das totale Labyrinth. Ich hab keine Ahnung, was es hier sonst noch gibt. Aber wenigstens konnte ich den Eingang zu dem Ort finden, wo sie verstecken, was auch immer dieses Ding ist.«

Bella berührte Dave am Arm, während sie hinter dem schlaksigen Ingenieur her eilten. Sie murmelte: »Ich kann es fühlen.«

Chris hielt vor einem Büro mit geschlossener Tür und ohne erkennbaren Knauf. Er drückte einen Finger in eine Aussparung neben dem Türrahmen.

Dave drehte sich Bella zu und flüsterte: »Was fühlst du?«

Mit beunruhigter Miene zuckte sie die Schultern. »Es ist wie eine Vibration, fast wie ein Summen.« Sie zeigte auf den Boden. »Irgendwo da unten.«

Leise glitt die Tür vor ihnen auf. Als Chris den Raum betrat, folgte Dave dem Mann und erkannte, dass es sich in Wirklichkeit um einen Aufzug handelte.

Sobald sich die Fahrstuhltüren geschlossen hatten, setzten sie sich abwärts in Bewegung. Chris drehte sich Dave und Bella zu und schien sich kaum zügeln zu können. »Ich hab angefangen, die Notizen der Leute zu lesen, die das Ding studiert haben. Eins kann ich sagen« – zur Betonung streckte er den Finger in die Luft – »es ist ein verdammt seltsames Teil. Es wurde 1947 für irgendein Geheimprojekt auf dem alten Armeeflugplatz Roswell gebaut. Und dann ging die Kacke los.«

Der Aufzug hielt abrupt an. Die Tür glitt auf, und zum Vorschein kam ein langer, aus dem umgebenden Fels gehauener Korridor. Winzige flackernde Laternen, wie Dave sie sonst nur aus Museen kannte, säumten die Wände. »Kein Strom hier unten? Keine Batterien?«

»Nein.« Chris schüttelte den Kopf. »Sie werden noch darüber lesen, aber wenn das Ding verrücktspielt, dann verschlingt es alles Elektrische zum Frühstück. Offensichtlich haben die daran arbeitenden Wissenschaftler erkannt, dass es Laternen nicht beeinträchtigt. Zum Glück. Ich würde nicht im Stockfinsteren hier unten sein wollen.«

Chris stieg aus dem Aufzug. Als Dave ihm folgte, bemerkte er zu seiner Rechten zwei verzogene Türen mit einem großen Spalt darüber. Vor langer Zeit hatten sich diese Türen zu einem Aufzug geöffnet. Mittlerweile jedoch verbargen die verrosteten Überreste nur noch teilweise die Dunkelheit des Fahrstuhlschachts dahinter.

Chris flüsterte: »Wissen Sie noch, dass ich gesagt habe, dass die Kacke bei dem Ding 1947 in Roswell am Dampfen war?«

Erst bei Chris’ Worten und dem Anblick der Zahl »51« in Gelb und Schwarz auf den verrosteten Fahrstuhltüren überkam Dave schlagartig eine alte Erinnerung. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

Seine Augen weiteten sich, als er hervorstieß: »Sie verarschen mich doch, oder. Da sind wir? Von hier sind die Gerüchte über Roswell und Außerirdische ausgegangen?«

»Ich weiß – kaum zu glauben, oder?« Chris verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere. Der Mann wirkte, als könnte er vor Aufregung jeden Moment platzen. »Ich hab nie geglaubt, dass es überhaupt eine Area 51 gibt. Und den Roswell-Kram hab ich immer für einen Haufen Blödsinn gehalten. Aber jetzt ...« Er zeigte zum Aufzugsschacht. »Da steht es, klar und deutlich. Sind vielleicht keine Außerirdischen, aber irgendwas geht hier vor sich.«

Dave zeigte zum kaputten Fahrstuhl und fragte: »Und gibt’s noch einen anderen Aufzug?«

»Nein. Kommen Sie mit.« Kopfschüttelnd setzte sich Chris den langen Steinkorridor entlang in Bewegung. »Es gibt da einen Versorgungsraum, in dem ich Ausrüstung und Reinraumanzüge verstaut habe, die wir brauchen werden. Ist ein knapper Kilometer zu Fuß. Unterwegs kann ich für Sie zusammenfassen, was ich bisher über dieses Ding weiß.

Wie gesagt hat es 1947 einen großen Zwischenfall gegeben. Aber lassen Sie mich Ihnen noch ein paar Hintergrundinformationen geben. Bestimmt sind Sie mit dem Manhattan-Projekt vertraut. Damals war es natürlich so streng geheim, dass es gar nicht geheimer ging. Aber es gab da zwei 23-jährige Jungs aus Alabama, von denen die meisten Projektmitarbeiter nichts wussten: Kyle und Peter Wilkinson. Sie haben maßgeblich zur Lösung der Gleichungen für die Atombombe beigetragen.

Wissen Sie, damals hatte man noch keine richtigen Computer. Man hatte nur einen Raum voll mit Frauen an besseren Taschenrechnern und die ersten Ansätze analoger Lochkartencomputer. Sie hatten erhebliche Mühe, die Berechnungen für einige der Gleichungen richtig hinzubekommen. Hat ewig gedauert. Nach allem, was ich gelesen habe, scheinen die Wilkinson-Jungs veritable Genies gewesen zu sein. Laut ihren Krankenakten waren sie ›psychisch beeinträchtigt, aber hochbegabt‹. Ich denke, so hat man in den 1940er Jahren hochfunktionale Autisten bezeichnet. Sie wissen schon, Inselbegabung. Menschen, die nicht wirklich viel können, nur ein, zwei Dinge, die aber dafür besser als jeder andere auf der Welt.

Wie auch immer, die Regierung kam auf die brillante Idee, sie einzusetzen, und siehe da, sie haben sich durch die Gleichungen gearbeitet wie ein heißes Messer durch Butter.

Nach dem Krieg gab ihnen die Regierung ein eigenes Labor in Roswell und ließ sie unbeaufsichtigt tüfteln. Nach ein paar Jahren hat sich dann plötzlich eine Art elektrische Explosion ereignet. Das war 1947.

Die Jungs sind dabei verschwunden. Danach hat niemand sie je wiedergesehen. Sie müssen wissen, ich halte nicht viel auf Verschwörungstheorien und dergleichen. Aber es ist schon verlockend, sich zu fragen, warum das Manhattan-Projekt gleich nach dem Verschwinden der beiden aufgelöst wurde.«

Daves Neugier war geweckt. »Was also wissen Sie über dieses Ding?«

»Na ja, das Labor der Brüder wurde so ziemlich restlos zerstört. Übrig war darin nur noch eine strandballgroße Metallkugel, die wie verrückt Funken gesprüht hat, wenn man irgendwas damit machen wollte. Leider haben die Jungs nicht viel davon gehalten, Aufzeichnungen zu führen. Aus ihrem Labor konnte im Wesentlichen nur das gerettet werden, was wir uns gleich ansehen.

Wie auch immer, wenig später wurde das Objekt zur weiteren Untersuchung hierher in die Anlage Groom Lake gebracht. Damals konnte man allerdings lediglich feststellen, dass dieses kugelförmige Objekt aus Metall hochreaktiv auf nahezu jede Art von Reiz war. Manchmal schossen oben Lichtbögen heraus.

Vom Zustand her sah es zwar verbrannt aus, aber abgesehen von der starken Verfärbung schien es nicht wirklich beschädigt zu sein.

Den damaligen Wissenschaftlern war klar, dass sie es mit etwas zu tun hatten, das niemand erklären konnte.«

Während sie nach wie vor dem Steinkorridor folgten, schaute Chris über die Schulter zu Dave und Bella. »Wie auch immer, man hat alle möglichen Untersuchungen daran vorgenommen und sogar die Leistung gemessen, die daraus hervorgesprudelt ist. Ich kann Ihnen sagen, wenn dieser Arsch 1981 nicht alles vermasselt hätte, müssten wir wahrscheinlich gar nicht auf Notstrom umschalten, um DefenseNet zu betreiben.« Er ließ ein frustriertes Schnauben vernehmen. »Ich hoffe, dass ganze Aufhebens um dieses DefenseNet der NASA ist es wert. Wer immer dafür verantwortlich ist, würde sich vor einem Haufen Leuten verantworten müssen, falls es nicht klappt.«

Dave lächelte, als ihm dämmerte, dass Chris keine Ahnung hatte, wer er war. Aus irgendeinem Grund gefiel ihm die Anonymität. »Und was ist 1981 passiert?«

Chris seufzte. »Irgendein verrückter und wahrscheinlich unterqualifizierter Wissenschaftler dachte, er wüsste, was er tut. Irgendwie hat er es geschafft, dieses eigenartige Ding so zu verärgern, dass es völlig verrücktgespielt hat. Die Einzelheiten darüber, was er vorhatte, müssen Sie sich selbst ansehen, für mich ergeben sie nämlich keinen Sinn. Aber damit enden die Berichte. Tatsächlich wurde das gesamte Projekt danach beendet und versiegelt.«

Bellas Hand legte sich um Daves Arm, als sie fragte: »Was genau bedeutet ›verrücktgespielt‹, und was ist aus dem Wissenschaftler geworden?«

»Tja, was immer der Mann getan hat, es hat der Kugel einen so gewaltigen Stromstoß entlockt, dass er die Versorgung in fast ganz Utah lahmgelegt hat. Die Behörde hat es vertuscht und einem Brand im Staatsgefängnis von Utah zugeschrieben, der sich am selben Tag ereignet hat. Und was aus dem Wissenschaftler geworden ist ... Also, im Bericht heißt es, er sei gestorben, aber es steht auch drin, dass man die Leiche nie gefunden hat. Er hat sich genau wie die Brüder Wilkinson in Luft aufgelöst. Geradezu unheimlich, wenn Sie mich fragen.«

Plötzlich blieb Chris stehen und zeigte in einen dunklen Korridor. »Da wären wir an der Treppe.« Er wandte sich nach rechts und betrat einen sechs Meter langen Raum mit einem länglichen Tisch in der Mitte. Darauf stand ein Karton mit Ordnern voll Dokumenten. Auf dem Boden um den Tisch herum befanden sich mehrere weitere ungeöffnete Kartons. »Aber bevor ihr daran denkt, da runterzugehen, solltet ihr vielleicht die Sicherheitsprotokolle von damals überfliegen. Laut einem davon braucht man einen Raumanzug.«

»Raumanzug?«, hakte Bella verwirrt nach.

»Entschuldigung.« Chris lächelte. »In einem der Sicherheitsprotokolle steht, dass jeder, der das Ding untersucht, einen Reinraumanzug tragen muss. Sie wissen schon, Stiefel, Maske, Chirurgenkluft, nur mehr davon.«

Mit einer gesunden Portion Vorsicht ging Dave zum Tisch und warf einen Blick auf die Aktenordner. »Sind das alle Unterlagen über das Objekt?«

»Ja.« Chris nickte. »Alles von 1947 bis 1981. Sind alles Kopien, also keine Sorge, dass Sie was durcheinanderbringen könnten. Die Unterlagen dürfen nur nicht raus aus diesem Bereich.«

Dave setzte sich auf einen der nahen Klappstühle aus Holz und schlug den ersten Ordner auf, den er aus dem offenen Karton holte.

Als Chris einen der anderen Kartons auf dem Boden öffnete, fügte er hinzu: »Da das ganze Zeug hier unten offenbar damals gegrillt wurde, habe ich Analyseausrüstung dabei. Die könnte dabei helfen, herauszufinden, was es mit dem Ding auf sich hat.«

* * *

»Aha. Deshalb hat man für den Umgang mit der Kugel auf Reinraumverfahren bestanden.« Dave tippte auf eines der Blätter in dem Ringordner und las es laut vor.

»19. März 1953. Das Objekt gibt seit dem Tag, an dem es gefunden wurde, regelmäßig alle 45 Minuten Elektrizität ab. Frank Burton, möge er in Frieden ruhen, hat nicht auf die Zeit geachtet und wurde erfasst, als es begonnen hat. Zum Glück war sonst niemand vor Ort. Der Motor des Aufzugs ging kaputt, und Wolframminenarbeiter haben berichtet, sie hätten Nordlichter über Groom Lake glühen gesehen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie in Wirklichkeit den Blitz der elektromagnetischen Ladung gesehen haben, der Wolken in der Gegend zum Fluoreszieren gebracht haben könnte.«

»5. September 1953. Gestern hat Carl Watkins versehentlich das Staubschutztuch des Röntgengeräts in der Kammer gelassen, als er es hinausgerollt hat. Er hatte keine Chance, es vor der regelmäßigen Entladung des Objekts zu bergen, und Mann, was hat es sich entladen. Von der Abdeckung war nichts mehr übrig, und mir stehen von dem Stromstoß immer noch die Haare zu Berge – obwohl ich oben gewesen bin.«

»9. September 1953. Wir haben bestätigt, dass alles, was in der Kammer zurückbleibt, einen dramatischen Anstieg bei dem alle 45 Minuten auftretenden Stromstoß verursacht. Was immer es ist, ob Mensch, Schraubendreher oder auch nur eine Wimper, lässt das Objekt völlig verrücktspielen.«

»10. September 1953. Alle weiteren Analysen werden in vollkommen steriler Montur durchgeführt. Unter angedrohter Entlassung darf nicht einmal eine Hautschuppe in der Analysekammer zurückbleiben.«

»Wow«, sagte Chris. »Den Abschnitt muss ich übersehen haben.« Er schloss Metallsonden an etwas an, das wie ein ausgefallenes Voltmeter aussah. Schaudernd schwenkte er eine der Sonden in Daves Richtung. »Ich habe die Warnung mit dem Reinraumanzug vorn in der Zusammenfassung gesehen. Aber verdammt, das klingt ganz so, als wäre das Ding richtiggehend übellaunig.«

Dave beobachtete, wie Chris den Näherungssensor für das elektrische Feld justierte. Er sah, wie eine dicke Linie über den Monitor kroch.

»Merkwürdig«, kommentierte Chris. »Ich hätte nicht erwartet, ein Feld zu messen. Anscheinend gibt das Ding da unten die ganze Zeit ein gewisses Maß an Energie ab.«

»Warum ist die Linie so dick?«, fragte Dave. »Würde man nicht eine Sinuswelle erwarten?«

»Moment, ich stelle die Frequenz ein ... Seltsam, immer noch dick.«

Bella lehnte sich näher heran und schlug vor: »Gehen Sie so hoch, wie Sie können.«

»In Ordnung.« Chris drehte einen der Regler im Uhrzeigersinn, wodurch die Linie etwas dicker wurde. Aber selbst bei höchster Frequenz konnte die Anzeige nicht mehr als eine breite, unscharfe Linie darstellen. »Hol mich der Teufel«, murmelte Chris mit Ehrfurcht in der Stimme. »Was auch immer das Ding macht, es macht es mit einer Frequenz weit über der, die ich auflösen kann.« Er warf einen Blick zu Dave, der bereits den Reinraumanzug trug. »Sind Sie sicher, dass die Bleifolie im Futter reicht? Wer weiß, ob uns das Ding mit Gammastrahlen befeuert.«

Plötzlich wurde die Anzeige durch eine Signalüberlastung weiß, bevor sie in das vorherige Muster zurückverfiel.

»Sieht so aus, als hätte unser Baby gerade sein Bäuerchen gemacht«, meinte Dave, als er sich die Kapuze über den Kopf zog und den Kragen so anpasste, dass er ungehindert sehen konnte. Er schaute zu Bella, die es ihm gleichtat, dann zwinkerte er dem besorgt wirkenden Techniker zu. »Keine Bange, dafür werden wir ja so gut bezahlt.«

* * *

Dave behielt die Zeit im Hinterkopf, als er seine Stirnlampe einschaltete und die lange Treppe hinunterstieg.

Auf dem Weg nach unten spürte er plötzlich die Vibrationen, die Bella schon viel früher wahrgenommen hatte.

Obwohl er sie fühlte, hatten sie für ihn auch einen Klang, beinah wie über eine Schiefertafel kratzende Fingernägel. Oder wie ein Motor, mit dem etwas nicht stimmte und der kurz vor einem katastrophalen Kolbenfresser stand.

Nach fünf Minuten kam Dave endlich unten an und schwenkte den Strahl der Lampe voraus.

Das Licht erfasste eine große Höhle mit einer sechs Meter hohen Decke. Der offene Bereich darunter hatte einen Durchmesser von gut und gern 15 Metern. In der Mitte lag ein geschwärztes Objekt, das beinah an einen großen, schwarz-silbernen Strandball erinnerte.

Als Dave ein paar Schritte vorwärtsging, legte er den Kopf schief. Etwas an dem verkohlten Gegenstand kam ihm merkwürdig vor. Dann durchzuckte ihn eine Erkenntnis. Neben ihm schnappte Bella nach Luft.

»Heilige Scheiße, das Ding sieht fast genauso aus wie die Konstruktion in Franks Zeichnungen.«