Kapitel Neun­und­dreißig

Fast zwei Monate waren vergangen, seit Stryker mit seiner Familie das Evakuierungszentrum verlassen hatte. Lainie hatte die Wohnung eine ganze Woche lang gelüftet, um sie von dem Modergeruch zu befreien, der sich unweigerlich an geschlossenen Orten ohne Luftzirkulation bildete.

Stryker hätte nicht erahnen können, wie alles enden würde. Im Augenblick stand er hinten in einer Ausstellung im Bronx-Abschnitt des Burt Radcliffe Science Campus. Er hielt mit seiner Exfrau Händchen, während sich die Kinder einen Kurzfilm über Weltraumforschung ansahen.

Lainie lehnte den Kopf an seine Schulter zurück, und Stryker meinte: »Wer hätte gedacht, dass Kinder ein Film über Wissenschaft so faszinieren könnte? Ihnen gefällt es hier spitze ... und mir gefällt unsere gemeinsame Zeit.«

»Mir auch.« Lainie drückte seine Hand. »Ich will nicht, dass sich daran was ändert.«

»Obwohl ich wieder bei der Polizei bin?«

Seufzend hängte sie sich bei ihm ein. »Das macht dich nun mal aus. Ich hab bloß lange gebraucht, um zu lernen, es zu akzeptieren.«

Mit Schmetterlingen im Bauch und verschwitzten Handflächen lehnte er den Kopf an ihren und flüsterte: »Willst du mich ... noch mal heiraten?«

Lainie versteifte den Körper. Stryker drehte sie zu sich herum. Tränen liefen ihr über die Wangen. Er wischte sie mit den Daumen weg. »Was ist denn los?«

Sie senkte den Blick und ergriff seine Hände. »Ich muss dir was gestehen.«

Strykers Augen wurden groß. Sein Herz donnerte in der Brust. »Was?«

»Ich hab seit einer Weile ein Geheimnis. Ich wusste nicht recht, wie ich es dir sagen sollte ...«

»Was für ein Geheimnis?« Seine Gedanken rasten in eine Reihe dunkler Gassen, und Besorgnis erfasste ihn.

Sie sah ihm in die Augen, als der Film endete und die Kinder jubelten. »Was hältst du von noch einem Kind?«

»Na ja, mit dem Gedanken hab ich mich nicht wirklich ...« Plötzlich schnappte er nach Luft. »Nein! Wirklich?« Ein Lächeln erstrahlte in seinem Gesicht, als er sich zu ihr beugte und flüsterte: »Du bist schwanger?«

Sie nickte mit einem verschämten Lächeln.

Verblüffung und Freude durchfluteten ihn, und ungebetene Tränen ließen seine Sicht verschwimmen. »Ich liebe dich, Mrs. Stryker. Bitte sag, dass du mich noch mal heiratest.«

»Ja, ich heirate dich noch mal.«

Stryker schlang die Arme um Lainie und hob sie sanft von den Füßen, als Emma und Isaac zu ihnen zurückkamen.

Isaac rief aufgeregt: »Ich will unbedingt Astronaut werden!« Emma hingegen verkündete: »Und ich Füßeckerin!«

* * *

Dave betrat das Oval Office, sah sich um und staunte unwillkürlich darüber, wie hell alles wirkte. Nach sieben Monaten in einem Berg musste er sich erst wieder an die Helligkeit der Welt und ihres neuen Sterns gewöhnen.

Die Präsidentin sprang vom Stuhl auf und begrüßte ihn mit offenen Armen. »Wie geht’s Ihnen?«

»Gut«, antwortete Dave. Tatsächlich fühlte er sich besser als seit Jahren. Bellas Gesellschaft fehlte ihm entsetzlich. Aber während der Reise war er so in die Einzelheiten des Unterfangens und die regelmäßige Information der Welt vertieft gewesen, dass er zu beschäftigt gewesen war, um sich auf seine eigenen Probleme zu konzentrieren.

»Bitte, setzen Sie sich – reden wir ein bisschen.« Margaret führte ihn zu einem nahen Sofa.

Dave schaute aus dem Fenster zum strahlenden Sonnenschein und lächelte. »Hier ist es so viel schöner als in der Bunkeranlage. Ich hatte schon fast vergessen, wie es ist, über der Erde zu sein.«

»Dem stimme ich voll und ganz zu, aber es gibt noch so viel zu tun.« Die Präsidentin nickte, als sie ihm gegenüber Platz nahm. »Das Wetter hat sich schneller geändert, als ich es mir hätte vorstellen können. Für heute sind in Washington, D. C. sogar 26 Grad vorhergesagt. Diesen Morgen habe ich einen Bericht gelesen, dem zufolge die Eiskappen aufgehört haben, sich auszubreiten. Klimaforscher schätzen, dass wir weltweit innerhalb von zwei Jahren wieder in den früheren Normalzustand zurückkehren werden. Ich glaube, niemand hätte für möglich gehalten, wie schnell sich das Wetter auf unserem Planeten während der Reise ändern würde.«

»Oh, definitiv nicht«, meinte Dave und schnaubte leicht. »So was haben die Klimaforscher noch nie modelliert. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass sie ihre Zahlen frei erfunden haben, damit sich die Menschen besser fühlen. Die Daten, die sie mir gegeben haben, waren Kraut und Rüben. Ich frage mich tatsächlich, wie viel von ihren Gesamtprognosen eher fundierte Vermutungen als wissenschaftliche Modelle sind.«

Margaret lächelte Dave an. »Das Wetter ist nicht das Einzige, was sich ändert. Können Sie fassen, dass ihr verrückter Freund in Nordkorea tatsächlich seine Grenzen geöffnet hat? Zum ersten Mal seit Generationen haben Menschen in Nord- und Südkorea freien Umgang miteinander. Es kursieren Gerüchte, dass viele Generäle des obersten Führers hingerichtet wurden, um es zu ermöglichen, aber es ist passiert.« Sie drehte sich ihrem Schreibtisch zu und zeigte auf einen Stapel Papier. »Sehen Sie das? Da türmen sich mehrere Hundert Anträge von Universitäten aus dem ganzen Land um Bundeszuschüsse zur Erweiterung ihrer Wissenschaftsprogramme.

Dürfte keine Überraschung sein, dass Wissenschaft neuerdings total angesagt ist.« Die Präsidentin beugte sich vor und sah Dave in die Augen. »Es besteht der Drang, unsere neue Umgebung zu erforschen. Ich finde es ironisch, dass unsere Welt erst fast ausgelöscht werden musste, um die Einstellung der Menschen zu ändern. Aber unsere Gesellschaft will ein Teil dieser neuen Ära sein. Ich glaube, es ist inzwischen bei der Öffentlichkeit angekommen, dass nicht nur darüber geredet wird, sondern dass wir tatsächlich in einer neuen Ära sind . Die Menschen wollen unser neues Sonnensystem erkunden, Physik studieren, etwas über Medizin lernen, alles Mögliche – Wissenschaft ist plötzlich sexy. Ich hätte das nie für möglich gehalten, aber Regierungen weltweit legen ihre Konflikte der Vergangenheit bei und wollen nach vorn schauen. Ich habe eben mit dem israelischen Premierminister telefoniert. Wissen Sie, was er gesagt hat?«

Dave schüttelte den Kopf.

»Er hat mir erzählt, dass man neuerdings statt religiösen Graffiti, die früher die Slums in ärmeren Teilen Israels beherrscht haben, jetzt Bilder von Raketen, Kometen und Astronauten sieht. Dave, Sie haben es praktisch nebenher geschafft, die gesamte Welt zu inspirieren. Ich brauche Ihre Hilfe.«

Dave öffnete den Mund zu einer Erwiderung. Aber bevor er ein Wort herausbrachte, fuhr Margaret fort. Sie konnte es vor Aufregung sichtlich nicht erwarten, über die jüngsten Ereignisse zu sprechen. »Ich bin erst gestern von der UNO-Generalversammlung zurückgekommen«, berichtete sie. »Es sind Bestrebungen für einen langfristigen Plan im Gang, mehr Kontrolle von Politikern auf ein noch einzurichtendes wissenschaftliches Gremium zu verlagern. Offensichtlich war Ihr Name der Erste auf der Liste möglicher Vorsitzender für ein solches Gremium.«

»Ich will auf keinen Fall etwas damit zu tun haben, irgendetwas zu regieren.« Dave schüttelte vehement den Kopf.

Margaret lächelte herzlich. »Das verlange ich ja nicht von Ihnen. Ich will Sie nur dabeihaben. Sie haben ja keine Ahnung, wie viel man über Sie spricht. Dave, Sie sind die Stimme, die den Menschen während dieser Reise Trost gespendet hat. Ich war das mit Sicherheit nicht. Allein durch Ihren Ruf sind Sie für die meisten Menschen weltweit eine beinah gottähnliche Gestalt. Damit ließe sich so viel Gutes tun ...«

»Vorerst verpflichte ich mich zu gar nichts. Ich will mir eine Auszeit nehmen und einfach darüber nachdenken, was ich als Nächstes mache.«

»Oh, es besteht keine unmittelbare Eile.« Margaret lächelte herzlich. »Solche Dinge brauchen erfahrungsgemäß eine ganze Weile. Ich wollte Ihnen den Gedanken nur in den Kopf pflanzen und hoffen, Sie würden in Erwägung ziehen, sich zu engagieren.«

Dave verdrehte die Augen und erwiderte Margarets Lächeln. »Ich denke drüber nach.« Schnell wechselte er das Thema und fragte: »Wurde auch irgendetwas darüber entschieden, wie damit umgegangen werden soll, dass wir uns auf einer kürzeren Umlaufbahn befinden als früher?«

»Tatsächlich ja.« Margaret setzte eine schelmische Miene auf. »Ich habe die UN-Resolution 12219 eingebracht, und sie wurde ohne echten Widerspruch angenommen.«

»Und?«, hakte Dave nach. »Zählen wir jetzt einfach nur von Januar bis Oktober?«

»Ich denke, das wird Ihnen gefallen, denn niemand hat auch nur mit der Wimper gezuckt, als ich es vorgeschlagen habe. Zum ersten Mal überhaupt werden wir einen universellen Kalender haben. Und da wir um einen neuen Stern kreisen und die Dauer eines Jahrs auf 300 Tage geschrumpft ist, haben wir uns darauf geeinigt, den Kalender auf einen neuen Anfang zurückzusetzen. Der erste Tag im Orbit ist jetzt offiziell als Sternzeit 1.0 bekannt. Die erste Zahl steht für das Jahr, die zweite für den Tag von 0 bis 299.«

»Sternzeit 1.0 ... Das ist spitze.« Dave schmunzelte. »Wird eine Weile dauern, bis sich die Menschen daran gewöhnen. Aber schon bald werden sie auf das alte Format mit Tagen, Monaten und Jahren zurückblicken und es für lächerlich halten, davon bin ich überzeugt.«

Margaret zog einen Umschlag aus ihrem eleganten Jackett und reichte ihn Dave. »Das ist für Sie. Aber Sie müssen ihn nicht sofort öffnen. Ich kann Ihnen gleich sagen, dass es sich um eine Quittung handelt. Die UNO hat einen weiteren Beschluss gefasst, der beispiellos einstimmig von der UNO-Generalversammlung genehmigt wurde. Er beinhaltet zweierlei: Zum einen wurde auf ein Konto das Gehalt eingezahlt, das Sie in den vier lächerlichen Jahren erhalten hätten, die Sie sich verstecken mussten. Zum anderen wurden Sie wieder in Ihrer Position als Leiter der ISF bestätigt. Der Job gehört Ihnen, wann immer Sie ihn zurückhaben wollen.«

Dave starrte auf den Umschlag. Ihm fehlten die Worte. Lose hatte er angenommen, er würde in irgendeiner Denkfabrik in Washington enden. Der Gedanke, zur ISF zurückzukehren, war ihm nie gekommen. Ein kribbelnder Anflug unerwarteter Erregung durchströmte Dave, als er mit strahlender Miene zur Präsidentin aufschaute. »Ich k-kann Ihnen gar nicht genug dafür danken, wie Sie sich für mich einsetzen.«

Verblüfft über das Ausmaß der plötzlich in ihm aufsteigenden Emotionen schluckte er schwer und wiederholte: »Danke.«

* * *

Etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang saß Dave am Strand und starrte auf die Wellen, die sich im Sand brachen. Aus Osten wehte eine warme Brise und trug ihm den Duft des Meers zu. Er erinnerte sich daran, wie sehr Bella den Geruch von Salzwasser genossen hatte. Dave vermisste sie fürchterlich. Aber ihm fehlte auch das oft mürrische Antlitz von Neeta, die mit dem Finger vor ihm wedelte. Und er bedauerte, dass er Burt nie besser kennengelernt hatte.

»Ich bin einsam«, gestand sich Dave ein. Er wusste, dass sein einziges Heilmittel gegen Einsamkeit darin bestand, sich Hals über Kopf in Arbeit zu stürzen.

Es war etwas mehr als zwei Monate her, dass sich die Welt auf ihrer neuen Umlaufbahn eingependelt hatte. In diesen zwei Monaten hatte sich so viel ereignet. Im Rahmen einer Vereinbarung mit der ISF ließ Dave die Zentrale nach Florida verlegen und offiziell zu einem Teil von Cape Canaveral machen. Es war seine Idee, dass die ISF eng mit der Raumfahrt verbunden sein sollte.

Er hatte sich letztlich ein hübsches Haus gekauft. Und wenngleich er nichts mit der Regierung zu tun hatte, beschützten ihn die USA nach wie vor Tag und Nacht mit einem Team von Agenten des Secret Service.

Dave zog das Stativ des Teleskops näher, das er mitgebracht hatte, und richtete es auf den Planeten Epsilon, den fünften Planeten, der Tau Ceti umkreiste. Die Erde war mittlerweile der Sechste.

Er blickte über die Schulter und bemerkte Tony, einen der für ihn abgestellten Agenten. Dave kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass der Mann ein Faible für Amateurastronomie hatte. Als Dave ins Teleskop spähte und es auf den Planeten Epsilon richtete, sagte er: »Schon erstaunlich, wie groß Epsilon ist. Ich weiß, er ist nur rund 37 Millionen Kilometer entfernt, aber er ist riesig. Mehr als die vierfache Masse der Erde. Eines Tages werden wir den Ort besuchen.«

»Dr. Holmes, warum flimmert der Stern so?«, fragte Tony. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er scheint größer zu werden.«

Dave schaute in die Richtung, in die Tony zeigte. Er brummte. »Seltsam.« Dave drehte das Teleskop herum und richtete es auf den strahlend weißen Punkt.

Er blickte ins Okular, drehte am Fokusring und stieß plötzlich hervor: »Grundgütiger! Das kann nicht sein ...«

»Was? Was ist los?«

»Heilige Scheiße, Tony, das ist der Mond! Unser Mond!«

Daves Verstand überschlug sich, als er über die Möglichkeiten nachdachte. Er schnappte sich das Teleskop und stapfte durch den Sand los in Richtung des Autos. Unterwegs plapperte er vor sich hin. Ihm war bewusst, dass es sich zweifellos unzusammenhängend anhörte. »Wenn sie wirklich so schnell beschleunigt haben ... Ja, deshalb hatte man den Eindruck, sie würden verschwinden. Und von überall wurde ein roter Mond gemeldet. Tatsächlich sind sie durch Rotverschiebung verschwunden und ... Heilige Scheiße, sie könnten tatsächlich noch am Leben sein! Wie ist das möglich?«

Tony rief: »Langsam, ich kann Ihnen nicht folgen!«

Daves Sicherheitsmannschaft stieg nach ihm in den Wagen. Er redete unvermindert weiter, obwohl er wusste, dass Tony keine Ahnung hatte, wovon er sprach. Manchmal, wenn sich Daves Gedanken überschlugen, musste er sie verbalisieren. Das half ihm, sie zu ordnen. »Neeta hat vermutlich die Navigationsdaten auf dem Mond programmiert. Es könnte sein, dass der Mond über Autopilot in dieses Gebiet kommt. Wahrscheinlich haben Sie es nicht überlebt, aber vielleicht doch.«

Aufgeregt fügte Dave hinzu: »Wir sind nur fünf Minuten von der Basis entfernt. Finden wir es raus!«

* * *

Dave zeigte seinen Ausweis und betrat die Missionszentrale, in der so früh nur eine Handvoll Leute arbeiteten. Er schnippte mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit eines der Techniker zu erlangen, und rief: »Wir haben einen ankommenden Satelliten! Sie müssen ihn anfunken!«

»Einen ankommenden Satelliten? Was für einen Satelliten?«

Lächelnd vollführte Dave mit den Händen eine große Kreisbewegung. »Einen Großen, Runden, Felsigen. Früher haben wir ihn Mond genannt. Wahrscheinlich kennen Sie ihn noch.«

Der Techniker blinzelte verdutzt und wusste nicht recht, was er dazu sagen sollte, dann eilte er zum nächstbesten Terminal. »Sir, ich taste gerade die Frequenzen ab, aber ... Halt, warten Sie! Ich habe ein schwaches Signal auf der Frequenz von Mondbasis Crockett. Nehme Kontakt auf«, kündigte der Techniker an.

»Mondbasis Crockett, hier Einsatzzentrale, hören Sie mich?«

Dave lief rastlos auf und ab, während er angespannt auf eine Antwort wartete.

»Mondbasis Crockett, hier Einsatzzentrale, hören Sie mich?«

Dave wandte sich an den Techniker und fragte: »Haben wir früher nicht eine Videoübertragung von der Basis empfangen? Sehen Sie nach, ob sie noch aktiv ist.«

»Ja, Sir.« Die Finger des Technikers verschwammen auf der Tastatur, dann zeigte er auf den Hauptbildschirm. »Gefunden. Wird auf Bildschirm eins angezeigt.«

Daves Herz raste, als er das Kontrollzentrum der Mondbasis sah. Es schien noch aktiv zu sein.

Plötzlich tauchte Bewegung in der Übertragung auf. Burt betrat den Raum und begann, an einem Computerterminal zu tippen. Er schaute in die Kamera und lächelte. »Empfange Sie laut und deutlich, Missionszentrale. Schön, wieder in Kontakt zu sein.«

Dave brüllte: »Ich brauche ein Mikro!« Ein Techniker rannte zu Dave und brachte ihm ein tragbares Mikrofon. Hastig sprach Dave hinein. »Heilige Scheiße, Sie leben!«

»Wie geht es Ihnen, Dr. Holmes? Ist super, Ihre Stimme zu hören. Leider habe ich auf meiner Seite keine Bildübertragung, aber Sie klingen großartig. Wir sind noch etwa sechs Stunden entfernt. Wenn Sie nichts dagegen haben, lasse ich Neeta den Mond wieder in seine normale Erdumlaufbahn bringen.«

Daves Beine wurden vor Erleichterung schwach, während er auf den Bildschirm starrte. Seine Kehle fühlte sich plötzlich wie zugeschnürt an. Er schluckte schwer.

»Also geht es Neeta gut?«, hakte Dave nach. »Wo ist sie?«

Burt nickte. »Es geht ihr gut. Sie ist nur ... Oh, da ist sie ja. Die Vorstellung überlasse ich lieber ihr.«

Dave beobachtete, wie Burt zur Seite trat. Neetas Gesicht erschien mitten im Bild. Zu Daves Verblüffung ruhte ein Säugling an ihrer Schulter.

»Hi, Dave. Ich möchte dir Denise Radcliffe vorstellen. Sie ist jetzt zwei Wochen alt.«

Dave stand auf und sprach in ehrfürchtigem Ton. »Sie ist wunderschön. Aber ... wie? Neeta, wie habt ihr überlebt?«

Neeta lächelte. Ihre Augen glänzten, eine Träne kullerte ihr über die Wange. »Als ich das Shuttle zum Mond genommen habe, ist mir der Plan in den Sinn gekommen. Der Warp-Ring um den Mond ist in Relation viel größer als der um die Erde, aber die Masse des Monds ist deutlich kleiner. Dementsprechend konnten wir eine viel größere Beschleunigung erzielen. Und weil der Warp-Ring so groß war, konnte ich ordentlich Gas geben und alle Trümmer innerhalb des Rings mitreißen. Knifflig war nur, ob ich uns durchfädeln könnte, ohne dass uns etwas trifft. Dabei hatten wir Glück.«

Dave blinzelte, und seine Wangen fingen vor lauter Lächeln zu schmerzen an. »Das ist einfach genial ... Oh Scheiße!«

»Was?«, fragte Neeta und drehte das Gesicht wieder der Kamera zu.

»In wenigen Stunden begeht praktisch die ganze Welt eine Feier zum Gedenken daran, was ihr gemacht habt ... euer Opfertod, um unsere Welt zu retten. Man hat überall auf dem Globus Statuen für euch aufgestellt und Parks nach euch benannt und all so was.« Dave begann zu lachen. »Na ja, ihr zwei habt der Welt so oder so unbestreitbar euren Stempel aufgedrückt. Ich bin einfach nur froh, dass ihr noch lebt.«

Burt drängte sich vor die Kamera und zwinkerte. »Offen gestanden kann sich die Welt jede hässliche Statue von mir schenken.« Burt bückte sich, küsste den Kopf des Babys, ergriff Neetas Hand und küsste auch sie. »Diese zwei Mädels sind der einzige Stempel, den ich der Welt aufdrücken will.«