Bevor wir uns damit befassen, was für den Trading-Erfolg wichtig ist, fangen wir mit dem an, was nicht wichtig ist, denn vieles, was viele Trading-Anfänger für wesentlich für den Trading- Erfolg halten, lenkt in Wirklichkeit nur ab. Viele, die Trader werden möchten, glauben, es komme nur darauf an, dass sie eine geheime Formel oder ein System finden, das Preisbewegungen erklärt und vorhersagt. Und wenn sie diese Lösung für das Verhalten von Marktpreisen aufdecken könnten, sei der Erfolg gesichert. Der Gedanke, dass der Trading-Erfolg an das Auffinden einer spezifischen Ideallösung gebunden sei, ist irregeleitet. Es gibt nicht die eine bestimmte korrekte Methode.
Ich möchte diesen Punkt veranschaulichen, indem ich die Trading-Philosophien und Trading-Methoden zweier Trader miteinander vergleiche, die ich interviewt habe: Jim Rogers und Marty Schwartz.
Jim Rogers ist ein phänomenal erfolgreicher Trader, auch wenn er selbst darauf besteht, sich als Anleger und nicht als Trader zu bezeichnen, weil seine Marktpositionen so langfristig sind. Im Jahr 1973 tat er sich mit George Soros zusammen und gründete den Quantum Fund, einen der erfolgreichsten Hedgefonds aller Zeiten. Rogers verließ Quantum 1980, weil der Erfolg der Firma zur Expansion geführt hatte, was unerwünschte Management-Verantwortung mit sich brachte. Rogers wollte sich auf Research und Geldanlage konzentrieren, deshalb „setzte er sich zur Ruhe“, um sein eigenes Geld zu verwalten.
Rogers ist besonders geschickt darin, das große Ganze zu sehen und große, langfristige Trends zu antizipieren. Als ich ihn 1988 interviewte, war der Goldpreis seit acht Jahren gefallen, aber Rogers schien sich sicher zu sein, dass die Baisse noch ein weiteres Jahrzehnt anhalten würde.
„Generäle kämpfen immer die letzte Schlacht“, sagte er. „Portfoliomanager investieren immer in die letzte Hausse. Der Gedanke, Gold sei schon immer ein großartiger Wertspeicher gewesen, ist absurd. Es gab in der Geschichte schon Zeiten, in denen Gold Kaufkraft verlor – manchmal über Jahrzehnte.“
Rogers hatte absolut recht, denn der Goldpreis rutschte weitere elf Jahre lang ab. Ein anderer Markt, zu dem er eine besonders eindeutige Meinung hatte, war der japanische Aktienmarkt. Die japanischen Aktien steckten damals in einer explosiven Hausse. Rogers war allerdings überzeugt, dass eine gewaltige Bewegung in die Gegenrichtung stattfinden würde.
„Ich garantiere Ihnen, dass der japanische Aktienmarkt einen großen Kollaps erleiden wird – möglicherweise schon in den nächsten ein oder zwei Jahren. […] [Die japanischen Aktien] werden um 80 bis 90 Prozent fallen.“
Diese Prognose schien grotesk zu sein, aber sie war absolut korrekt. Ein gutes Jahr nach unserem Gespräch überschritt der japanische Aktienmarkt seinen Gipfel und begann einen Kursrutsch, in dessen Zuge der Nikkei im Laufe von 14 Jahren circa 80 Prozent seines Wertes abgab.
Jim Rogers ist also eindeutig ein Mann, auf dessen Meinung man achten sollte. Rogers ist Fundamentalanalyst. Ich fragte ihn, was er von der Chartinterpretation halte. Seine Antwort ließ kaum einen Zweifel an seiner Verachtung für die Technische Analyse.
„Mir ist noch kein reicher Techniker begegnet“, so Rogers, „außer natürlich denjenigen, die ihre technischen Dienste verkaufen und damit viel Geld verdienen.“
Dann fragte ich ihn, ob er jemals Charts benutze.
Er sagte: „Ich benutze sie, um zu sehen, was passiert. […] Ich sage aber nicht – wie heißt der Begriff, den Sie vorhin benutzt haben, Umkehrpunkt? –: ‚Hier ist ein Umkehrpunkt.‘ Ich weiß nicht einmal, was ein Umkehrpunkt ist.“
Als ich versuchte, ihm den Begriff zu erklären, unterbrach er mich.
„Erklären Sie es mir nicht. Das bringt mich vielleicht nur durcheinander. Ich weiß von diesen Dingen nichts und will auch nichts davon wissen.“
Ich bezweifle, dass man gegenüber einer bestimmten Trading-Methode zynischer sein kann als Jim Rogers gegenüber der Technischen Analyse.
Befassen wir uns jetzt mit einem anderen unglaublich erfolgreichen Trader – Marty Schwartz –, der hinsichtlich seines analytischen Ansatzes am anderen Ende des Spektrums steht. Als ich Schwartz interviewte, hatte er ein Wertpapierkonto von 40.000 Dollar auf 20 Millionen gebracht und dabei (zum Monatsende gerechnet) nie einen größeren Verlust als drei Prozent erlitten. Er legte großen Wert darauf, zu betonen, dass seine zwei schlechtesten Monate – mit Verlusten von zwei beziehungsweise drei Prozent – die Monate waren, in denen seine Kinder geboren wurden und er zwangsläufig abgelenkt war. Während dieser Zeit nahm er an zehn öffentlichen Trading-Wettbewerben teil. Neun davon liefen über vier Monate und dabei erzielte er einen nicht annualisierten Gewinn von 210 Prozent! Bei dem einzigen ganzjährigen Wettbewerb, an dem er teilnahm, erzielte er eine Rendite von 781 Prozent.
Schwartz ist eindeutig ebenfalls ein Trader, dessen Meinung man sehr ernst nehmen sollte. Was hat er wohl über die Effizienz der Fundamentalanalyse und der Technischen Analyse zu sagen? Bevor er Vollzeit-Trader wurde und die Technische Analyse verwendete, war er fast zehn Jahre lang Wertpapieranalyst gewesen. Als ich ihn fragte, ob er einen vollständigen Wechsel von der Fundamentalanalyse zur Technischen Analyse vollzogen habe, schien seine Antwort ironischerweise eine direkte Entgegnung auf Rogers’ Bemerkung über die Technische Analyse zu sein – dabei hatte ich ihm von Rogers’ Äußerung nichts gesagt.
Schwartz antwortete: „Absolut. Ich lache Menschen aus, die sagen, sie seien noch nie einem reichen Techniker begegnet. Ich liebe das! Diese Antwort ist dermaßen arrogant und unsinnig! Ich habe neun Jahre lang die Fundamentalanalyse angewandt und bin dann als Techniker reich geworden.“
Man könnte schwerlich zwei stärker voneinander abweichende oder stärker verfochtene Standpunkte bezüglich der Frage finden, was beim Handel an den Märkten funktioniert und was nicht. Rogers gründet seine Trading-Entscheidungen ausschließlich auf die Fundamentalanalyse und für ihn steht die Technische Analyse auf dem gleichen Blatt wie Quacksalberei – Schwartz hingegen machte bei der Verwendung der Fundamentalanalyse konsequent Verlust und erzielte durch die Technische Analyse eine unfassbare Performance. Beide Männer sind sensationell erfolgreich und beide betrachten die Methode des anderen mit vollständiger Verachtung oder gar mit Zynismus.
Was sagt Ihnen die Dichotomie zwischen Rogers und Schwartz? Sie sollte Ihnen sagen, dass es an den Märkten nicht den einen rechten Weg gibt. Es gibt kein bestimmtes Marktgeheimnis zu entdecken, keine einzig richtige Art, an den Märkten zu handeln. Wer die einzig wahre Lösung für die Märkte sucht, ist nicht einmal so weit, dass er die richtige Frage stellt, geschweige denn so weit, dass er die richtige Antwort bekommt.
Es gibt kein bestimmtes Marktgeheimnis zu entdecken, keine einzig richtige Art, an den Märkten zu handeln. Wer die einzig wahre Lösung für die Märkte sucht, ist nicht einmal so weit, dass er die richtige Frage stellt, geschweige denn so weit, dass er die richtige Antwort bekommt.
Es gibt eine Million Arten, an den Märkten Geld zu verdienen. Leider sind sie alle schwer zu finden. Es gibt aber viele, viele Wege zum Erfolg. Manche Trader, wie zum Beispiel Rogers, sind ausschließlich dank der Fundamentalanalyse erfolgreich. Andere, zum Beispiel Schwartz, sind ausschließlich mit der Technischen Analyse erfolgreich. Und wieder andere verwenden eine Kombination aus beiden. Manche Trader sind dadurch erfolgreich, dass sie Positionen über Monate oder gar Jahre halten, während andere in Zeiteinheiten erfolgreich sind, die sich nach Minuten bemessen. Der Erfolg an den Märkten hängt davon ab, ob man die Methode findet, die für einen selbst richtig ist – und diese fällt für jeden Menschen anders aus –, und nicht davon, ob man die einzig wahre Methode findet.