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Kat
I ch schließe die Tür ab, nachdem Lev gegangen ist, und beobachte durch das Fenster des Hotelzimmers im zweiten Stock, wie er sich auf dem fast leeren Parkplatz umsieht und dann in den SUV steigt. Bevor er die Tür schließt, schaut er zu mir hoch. Wir bleiben eine lange Minute so, bevor er losfährt.
Im Schlafzimmer sitzt Josh mit Wally in den Händen auf dem Bett und reibt das abgenutzte Ohr des kleinen Stofftiers, vollkommen auf den Cartoon konzentriert.
Ich bin gerade dabei, mich neben ihn zu setzen, als ich sehe, dass Levs Seesack hinter dem Stuhl an dem kleinen Tisch versteckt ist.
Ich schaue Josh noch einmal an, gehe zu dem Seesack, nehme ihn und trage ihn in den anderen Raum. Ich lege ihn auf die Couch, und während ich den Reißverschluss öffne, sage ich mir, dass ich nur durchsehen werde, was wir für Josh eingepackt haben.
Was ich zuerst finde, ist ein Satz sauber gefalteter Kleidung für Lev und mich, und mehrere weitere Sätze für Josh. Ich lächle, als ich das Malbuch und die Buntstifte finde. Das war sehr aufmerksam.
Als ich die Sachen beiseite schiebe, finde ich ein kleines Kästchen. Es ist älter und ausgesprochen elegant verziert. Ganz und gar nicht Levs Geschmack. Ich nehme es aus der Tasche, sehe mir die komplizierte Holzschnitzerei an und stelle fest, dass es wirklich alt ist. Eine antike Schmuckschatulle.
Neugierig öffne ich sie und keuche auf.
Als ich durch die offene Tür des Schlafzimmers blicke, bin ich erleichtert, dass Josh mich nicht gehört hat, und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Schmuckkästchen. Ringe und Armbänder, Smaragde und Diamanten, alle in Gold gefasst, wie man sie in hochwertigen Antiquitätenläden findet. Sie sind wunderschön. Und ich frage mich, was Lev mit ihnen vorhat, während ich das Medaillon in die Hand nehme.
Der Verschluss klemmt, so dass ich das Kästchen absetzen muss, um es zu öffnen. Es ist sehr filigran und ich brauche ein paar Versuche, aber als ich es aufbekomme, bleibt mir das Herz stehen.
Ich schaue mir die kleinen Fotos im Inneren genauer an. Es sind zwei.
Das eine zeigt eine Familie – ein Mann, eine Frau und ein Baby. Ich kann das warme Lächeln der Frau sogar auf dem winzigen Foto sehen und es bringt mich zum Lächeln, als ich es ansehe. Das Gesicht des Mannes ist verschwommener, und von dem Baby kann ich wirklich nicht mehr sehen als das Bündel Decken.
Aber es ist nicht dieses Bild, bei dem mein Herz einen Schlag aussetzt. Es ist das andere.
Der kleine Junge. Er sieht Josh so ähnlich.
War das Levs Mutter? Ist das ihr Schmuck?
„Mami“, kommt Joshs schläfrige Stimme aus dem anderen Zimmer.
Ich erschrecke und fühle mich, als hätte man mich bei etwas erwischt, das ich nicht tun sollte. Ich stehe auf, stelle das Kästchen auf das Sofa und gehe zu ihm. „Ja, Baby?“
Blue’s Clues kommt als Nächstes.“ Er lächelt, legt den Kopf auf das Bett und steckt den Daumen in den Mund.
„Du liebst Blue’s Clues .“ Ich decke ihn zu, während seine Augen schwerer werden und küsse ihn auf die Stirn. „Und ich liebe dich.“
Er antwortet nicht, da das Titellied zum Zeichentrickfilm kommt, und er sich wieder auf den Fernseher konzentriert.
Ich gehe zurück in das andere Zimmer, ziehe aber die Tür nicht ganz zu. Ich will sie nicht komplett schließen, falls Josh nach mir ruft.
Ich setze mich auf die Couch und will das Medaillon wegräumen, sehe dabei aber etwas anderes. Den Ordner, den Lev angeschaut hat. Den, den er zuklappte, als ich mich ihm näherte.
Mein Herz schlägt schneller, als ich ihn in die Hand nehme. Ich sollte nicht hineinsehen. Ich sollte ihn bitten, ihn mir zu zeigen. Aber meine Hände bewegen sich automatisch, nehmen ihn heraus. Ich lege ihn auf meinen Schoß und zögere nicht, ihn zu öffnen.
Und als ich das tue, als ich sehe, was drin ist, wird mir kalt. Meine Hände werden klamm und Blut pocht in meinen Ohren, und ich höre nicht einmal das Klicken des Schlosses. Ich höre ihn nicht, als er hereinkommt, weil ich auf das Foto in der Mappe starre. Das Foto der Frau mit roten Haaren und hellgrünen Augen und dem glücklichsten Lächeln, das ich je gesehen habe.
Meine Mutter.
Sie muss achtzehn oder neunzehn Jahre alt gewesen sein, als diese Aufnahme gemacht wurde. Sie war so schön. Ich hatte vor langer Zeit ein kleineres Foto, genau wie dieses, aber nachdem ich von den Georges aufgenommen wurde, verschwand es. Sie stritten natürlich ab, es genommen zu haben, aber ich verlor die letzte Verbindung zu meiner Mutter.
Wenn ich es jetzt sehe, größer, nicht zerknittert oder abgenutzt, wenn ich sie so lächeln sehe, tut mir das Herz weh.
„Was machst du da, Katerina?“
Ich schreie und springe auf und der Ordner rutscht mir vom Schoß, wobei die Seiten auf den Boden fliegen.
Lev steht da, in der Lederjacke, zwei Plastiktüten in der einen und die Schlüssel in der anderen Hand. Er schaut auf die Papiere auf dem Boden, dann auf die Schmuckschatulle, dann auf mich.
Ohne ein Wort zu sagen, geht er zum Schlafzimmer, schaut hinein und schließt dann die Tür.
Dieses Klicken lässt mich ein wenig aufrechter sitzen, als ich mich zu ihm umdrehe.
Lev kommt wieder zu mir, stellt die Taschen auf einen Stuhl und legt die Schlüssel auf den Tisch. Seine Augen gleiten über die Schmuckschatulle, als er den Reißverschluss seiner Jacke öffnet und sie auszieht, dann legt er seine Waffe auf den Tisch.
Seine ist größer als die, die er mir gegeben hat. Es ist die, mit der er Andrei getötet hat, und er geht sehr souverän damit um.
„Wo ist die Pistole, die ich dir gegeben habe?“, fragt er und tritt näher.
Ich greife hinter mich, nehme sie aus dem Bund meiner Jeans und reiche sie ihm.
Er legt sie neben seine auf den Tisch, und ich kann nur daran denken, dass wir ein interessantes Paar sind. Bonnie und Clyde.
„Die sollten wir verstecken. Was, wenn Josh–“
„Josh schläft. Ich habe dich etwas gefragt.“
Ich sehe auf die Papiere auf dem Boden. „Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was los ist.“ Ich stehe auf und trete dann zu ihm, sehe ihn an. „Ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was du mit einer Akte über meine Mutter machst.“
Er betrachtet mich, legt den Kopf zur Seite, tritt auf mich zu und schließt die letzten Schritte Abstand.
„Es liegt in meiner Verantwortung, dich und unseren Sohn zu beschützen. Ich werde die Entscheidung treffen, was du wann siehst. Ich entscheide, welche Informationen du brauchst und wann du sie brauchst.“
„Ich bin nicht das kleine Hausweibchen, das du barfuß und schwanger in der Küche hältst, Lev. Das werde ich nie sein. Was hast du damit vor? Warum hast du es? Und was hat meine Mutter mit all dem zu tun?“
„Wir werden das später besprechen. Wenn du so weit bist.“
„Du hast nicht zu entscheiden, wann ich bereit bin. Meine Mutter–“
„Wir werden das später besprechen, wenn wir reden können.“ Er reibt meine Arme, und seine Berührung ist nicht ganz so sanft, wie sie sein könnte. „Unser Sohn schläft im Zimmer nebenan.“
„Unser Sohn, den ich seit drei Jahren allein aufziehe. Den ich drei Jahre lang beschützt habe.“
„Was sagst du da?“ Er lässt seine Arme sinken.
„Nichts.“ Ich sehe weg.
„Glaubst du, ihr wart in Sicherheit?“, fragt er.
„Nun ...“ Ich zögere.
Als er einen weiteren Schritt macht, gehe ich rückwärts. Aber ich sollte es besser wissen, denn noch einer, und ich stehe mit dem Rücken zur Wand. Das ist genau da, wo er mich haben will, denn im nächsten Augenblick hat er mir die Arme über den Kopf gestreckt und meine Handgelenke an die Wand gedrückt.
„Lev–“
„Du warst nicht in Sicherheit, Katerina. Ihr wart nie in Sicherheit. Du hast dich gut versteckt, das gebe ich zu, aber ich fand dich, und Vasilys Männer am Tag danach. Ich habe dir mehr als einmal gesagt, dass ich dich beschützen werde. Ich hatte dich gebeten, mir zu vertrauen, und ich denke, mein Verhalten hat bewiesen, dass mir deine und Joshs Interessen am Herzen liegen.“
„Aber–“
„Du musst mir vertrauen, dass ich dir sagen werde, was ich kann, wenn ich es kann.“
„Meine Mutter–“
„Du willst, dass ich dir von deiner Mutter erzähle?“
Etwas in seinen Augen sagt mir, dass ich es nicht wissen will, aber die Sache ist die, dass ich es wissen muss . Egal, wie schrecklich es ist, und es ist schrecklich, weil es keinen anderen Grund gibt, warum er eine Akte über meine Mutter haben solle. Ich muss es wissen.
„Dieser Unfall, bei dem sie ums Leben kam, Kat, scheint überhaupt kein Unfall gewesen zu sein.“
„Was?“
„Nicht das, was du erwartet oder gehofft hast zu hören?“
„Wovon redest du?“
„Jemand wollte sie töten, und die Tatsache, dass sie auf Vasilys Liste stand, sagt mir, dass er es war.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Verdammt.“
Er lässt meine Handgelenke los, geht weg und fährt sich mit der Hand durchs Haar.
„Was hat meine Mutter mit Vasily oder irgendetwas davon zu tun?“
Er dreht sich wieder zu mir um und sieht mich an. Dann kommt er zu mir zurück und er ist so nah, dass ich den Kopf heben muss, um zu ihm hochsehen zu können.
„Ich mag dich, Kat. Weißt du das?“
„Sag es mir.“
„Ich kann dir nichts sagen, was dich nicht aufregen würde. Deshalb habe ich auch nichts gesagt.“
„Das kannst du nicht für mich entscheiden.“
Er tritt weg und setzt sich auf das Sofa, die Hände auf den Knien. „Das ist eine gottverdammte Scheiße.“
Ich bewege mich auf ihn zu, knie mich zwischen seine Beine und lege die Hände auf seine Oberschenkel. Ich bringe ihn dazu, mich anzuschauen.
„Du hast gesagt, deine Mutter wurde getötet. Wer hat sie getötet?“ Ich habe einen Verdacht, aber ich denke, irgendwie kann ich nicht glauben, dass man so etwas mit seiner eigenen Schwester machen würde. Aber das ist dumm, nicht wahr? Ich meine, ich habe gesehen, was Lev mit Andrei gemacht hat. Was Andrei bereit war, Lev anzutun.
Er lehnt sich zurück und reibt sich mit einer Hand über den Nacken. Er schaut mich nicht an.
„Lev?“
Er sieht mich an, und in seinen Augen liegt eine so tiefe Traurigkeit, dass ich sie in mir spüre. Er reibt sich die Hände über das Gesicht und schüttelt den Kopf.
„Ich weiß es nicht, Kat. Es ist einfach ... es ist beschissen. Sie hat nicht verdient, was ihr widerfahren ist. Sie war eine gute Frau. Du hättest sie gemocht. Und sie hätte dich gemocht.“
Ich schiebe mich nach oben, nehme sein Gesicht in meine Hände und küsse ihn. Zuerst reagiert er nicht, aber er zieht sich auch nicht zurück.
„Ich mag dich auch, weißt du?“, sage ich.
Er sieht mich eine lange Minute an, dann zieht er mich zu sich heran und küsst mich. Ich lege meine Hände auf die Schnalle seines Gürtels und öffne sie. Dann öffne ich den Reisverschluss seiner Jeans, schiebe meine Hand hinein und greife seinen Schwanz, streichle ihn, fühle, wie er in meiner Hand fester wird, während ich beobachte, wie sich seine Pupillen vergrößern und seine Augen dunkler werden.
Sein Atem wird schneller und ich spüre mein eigenes Verlangen. Aber dann schließt er seine Hand über meiner, um mich zu stoppen. „Katya, jetzt ist nicht die Zeit dafür.“
„Jetzt ist die Zeit. Wir brauchen das. Wir beide brauchen das.“
Er lockert seinen Halt.
Ich beuge mich vor und befeuchte erst meine Lippen, dann die glitzernde Spitze seines Schwanzes, bevor ich ihn in den Mund nehme. Ich schaue ihn an und er beobachtet mich, während ich ihn in den Mund nehme.
Er legt seine Hand auf meinen Hinterkopf und zieht mich zu sich heran.
„Verdammt, Katya.“ Er zieht mich näher, gräbt seine Hand in meine Haare, während er mich zu sich zieht, sich tiefer in mich schiebt, bis ich nicht mehr kann, dann lässt er nach, zieht mich weit genug zurück, um mich ansehen zu können, dann schiebt er sich wieder tiefer in mich.
Plötzlich zieht er mich von sich herunter und greift nach meiner Jeans, um sie zu öffnen. Er schiebt sie und mein Höschen grob herunter und zieht mich auf seinen Schoß.
Ich setze mich rittlings auf ihn und schließe die Augen, während ich seine Länge in mich aufnehme. Er küsst mich, und mit den Händen auf meinen Hüften schiebt er mich über sich. Eine Hand umklammert meinen Hinterkopf, Finger graben sich in meine Haare, während sich die andere über meine Schulter legt, mich festhält, als er sich tiefer schiebt. Er küsst mich die ganze Zeit, Mund auf Mund, Zunge an Zunge, während wir uns so lieben, er ungeschützt in mir, immer dicker, während seine Stöße immer schneller werden. Er hebt mich hoch, dreht uns um, dass ich auf der Couch liege und er zwischen meinen Beinen ist, in mir vergraben.
Ich schreie auf, als ich komme, und er schließt seinen Mund über meinen und schluckt meinen Schrei, während er bei seinem letzten Stoß stöhnt. Als er innehält, fühle ich, wie er kommt, fühle das pulsierende Pochen seines Schwanzes, während er sich in mir entleert, und als er fertig ist, als wir erschöpft sind, lässt er den Kopf an meinen Hals fallen, die Stirn verschwitzt von der Anstrengung, während ich mich an ihm festhalte und unserem gemeinsamen Atem lausche, der langsam wieder normal wird.
Er dreht das Gesicht, um mich sehen zu können, und streicht mir das Haar, das an meiner Stirn klebt, zurück.
Ich sagte ihm, dass ich ihn mag. Er sagte dasselbe zu mir. Aber es ist so viel mehr als das. Gott. Es ist so viel mehr.
„Wir werden reden, okay? Ich werde dir sagen, was ich kann, aber vertrau mir einfach, dass ich es mache, wenn ich glaube, dass die Zeit reif dafür ist.“
Der Fernseher geht aus und wir sind beide im Nu wieder auf den Beinen. Lev schiebt sich wieder in die Jeans und ich ziehe Unterwäsche und Jeans an. Er nimmt die beiden Pistolen vom Tisch, um meine in den Seesack und seine in den Bund seiner Jeans zu stecken.
„Mami?“, ertönt Joshs Stimme, als sich die Tür öffnet. Er steht da und reibt sich die Augen.
„Hey Kleiner, schau mal, was ich für dich habe.“ Lev öffnet eine der Taschen und holt ein Exemplar von Gute Nacht, Gorilla heraus.
Josh rennt auf ihn zu, die Arme ausgestreckt, um das Buch zu nehmen. „Meins?“
„Deins.“
Er nimmt Josh auf den Arm und Josh legt seinen Kopf auf Levs Schulter, während er das Buch umklammert und lächelt. Ich lächle auch und beobachte unsere kleine Familie.
Lev dreht sich zu mir um und öffnet die Tüte, um die Packung mit der Haarfarbe herauszunehmen. Schwarz.
Obwohl ich zögere, nehme ich sie. Ich weiß, dass er recht hat. Ich muss das tun.
Er zieht mich zu sich, so dass er uns beide umarmt, und küsst mich auf die Stirn. „Ich werde das Rot vermissen“, sagt er.