5
Unterschiedliche Investmentformen nutzen
5.1 Mit Managed Futures das Depot absichern und bereichern
Vielleicht fragen Sie sich: Warum in Managed Futures-Fonds investieren? Und was verbirgt sich dahinter? Sie legen Ihr Geld in Rohstoff- und Finanz-Futures an, in transparente und streng kontrollierte Terminkontrakte. Mit diesem »Allwetterinvestment« können Sie in steigenden und fallenden Märkten Geld verdienen. Allerdings haben sich in jüngster Zeit die damit verbundenen Hoffnungen, bei jeder Marktlage attraktive Gewinne zu erzielen, längst nicht alle erfüllt.
Rohstoffe und die daraus gewonnenen Produkte bestimmen Ihr Leben Tag und Nacht, zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, im Urlaub, im Straßenverkehr, egal, was Sie tun, wo Sie sich gerade aufhalten. Rohstoff-Futures umfassen Energie, Industrie- und Edelmetalle, Agrarmärkte, Getreide und andere Weichwaren. Finanz-Futures beziehen sich auf Aktienindizes, Währungen, Anleihen und den Geldmarkt. In steigenden wie in fallenden Märkten lässt sich eine Rendite erwirtschaften. Sie sind nicht – wie bei Aktien – auf eine boomende Börse angewiesen oder müssen sich – wie bei Zertifikaten – auf eine enorme Produktvielfalt mit Begriffswirrwarr einstellen. Allein an der Börse Stuttgart wurden im Dezember 2009 125.000 Optionsscheine, 58.250 Knock-out-Produkte, 3.500 Exotische Produkte, 150.000 Anlagezertifikate und 17.400 Aktienanleihen gehandelt. Hinzu kommen Tausende von Aktien, viele Genussscheine und über 900 Exchange Traded Funds (ETF). Damit nicht genug! Auch rund 9.000 Hedge-Fonds sind auf der Suche nach Investoren. Das ist viel zu viel, um noch durchzublicken.
Mit Managed Futures haben Sie ein einziges Produkt im Depot, das in ungefähr hundert Märkten für Sie arbeitet. Ihre Rendite wird nicht durch Emotionen, Fehlgriffe und Bauchgefühl abgeblockt, möglicherweise aber bei zu eng gesetzten Stoppkursen durch eine Vielzahl von Transaktionen gefährdet. Dieser Kostenfaktor ist bei kleinen Fonds nicht zu unterschätzen. Wohin Sie auch blicken: Rohstoffe und Finanzprodukte wie Aktien, Geldmarkt, Währungen und Zinssätze bestimmen Ihr Leben, und da sollten Sie dabei sein.
Im Februar 2010 wurden mehr als 426.600 unterschiedliche Zertifikate gehandelt – deutlich mehr als 2009. Allein in den ersten zwei Monaten 2010 gab es hier über 118.000 neue Produkte. Da freut sich der Anleger, wenn er mit Indexfonds (ETF) oder einem Managed Futures-Fonds ein komplettes Marktsegment abdecken kann.
Ein Fallbeispiel: Alternative Investments und Allwetterlage
Managed Futures gleichen einer Allwetteranlage, dem Investment in zwei für sich allein genommene riskante Assets – Long und Short. Scheint die Sonne, vergleichbar mit anspringenden Börsenkursen bei den Aktien im steigenden Bullenmarkt, gewinnt das eine. Regnet und stürmt es, vergleichbar mit sinkenden Aktienkursen im fallenden Bärenmarkt, siegt das andere. Wer zudem in 100 internationalen Terminmärkten handelt, findet auch hier unterschiedliche Witterungsverhältnisse vor. Bei wolkenverhangenem Himmel ohne Sonnenschein und Regen analog zu einer seitwärts tendierenden, unentschlossenen Marktlage, auch »Sägezahnmarkt« genannt, spielt sich wenig ab. Die Gewinne bleiben aus, aber ebenso die Verluste.
In der modernen Portfoliotheorie ist das Risiko der Einzelanlagen unwichtig, vergleichbar mit einer Fußballmannschaft, die trotz mäßigen Spiels von zwei Leistungsträgern die drei erhofften Siegpunkte einfährt. Es kommt allein auf die Gesamtperformance an, also wie sich das Risiko des Einzelinvestments in Kombination mit dem Gesamtportfolio verhält. Wieder bietet sich Fußball zum Vergleich an. Sollten die Stürmer diesmal keine Tore schießen, das Mittelfeld aber bravourös in die Bresche springen und das Spiel mit ihren schön herausgespielten Treffern entscheiden, sind nach dem Spielabpfiff Trainer und Mannschaft dennoch zufrieden. Managed Futures funktionieren bei schönem wie bei schlechtem Wetter, können sowohl in der Hausse als auch in der Baisse eine ordentliche Rendite erwirtschaften. Wünschenswert ist eine geringe Korrelation bzw. Wechselwirkung zueinander. Auch hier dient Fußball zur Veranschaulichung. Eine Bundesligamannschaft, die nur Spieler mit Abwehrqualitäten aufbietet, wird vermutlich keine Tore schießen. Eine Mannschaft, die ihre eigene Torsicherung vernachlässigt, wird den einen oder anderen Treffer einfangen und trotz selbst geschossener Tore so manches Spiel verlieren.
Mit einem guten Managed Futures-Fonds können Sie auch dann Geld verdienen, wenn die »Börse verrückt spielt« wie am 06. Mai 2010, als der DOW JONES in einem nur wenige Minuten dauernden »Blitzcrash« 1.000 Punkte verlor und die Indizes rund um den Globus plötzlich bis zu zehn Prozent einbüßten. Leistungsfähige Computerhandelssysteme überwachen die Futures-Märkte weltweit und treffen mithilfe der Technischen Analyse Kauf- und Verkaufsentscheidungen. Wegen der Vielzahl der gehandelten Märkte und der geringen Korrelation (Wechselbeziehung, Abhängigkeit voneinander) wird die angestrebte Diversifikation (Streuung) erreicht – das A und O für dauerhaften Börsenerfolg.
Mögen Managed Futures auch während eines Aktienbooms eine geringere Rendite erzielen – längerfristig winkt bei einem guten Fonds zumindest eine zufriedenstellende Performance. Freilich sollen Sie deshalb nicht Ihre Aktien aus dem Depot werfen, zumal der Kursgewinn Ihres vor 2009 erworbenen Altbestands steuerfrei bleibt. Es geht darum, in Ihr Portfolio fünf bis 15 Prozent alternative Investments aufzunehmen.
Risiko raus – Sicherheit rein! »Streuung bringt Sicherheit – nicht alles auf eine Karte setzen!« Dies ist auch die Kernaussage der modernen Portfoliotheorie nach Harry M. Markowitz, dem Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1990. Markowitz beweist, dass mit einem diversifizierten Portfolio – ausgerichtet auf unterschiedliche Märkte, Anlageklassen und Investmentprodukte – deutlich höhere Erträge bei geringerem Risiko erzielbar sind.
Was bedeutet dies in der Börsenpraxis? Bleiben Sie Ihrem Börsen-Lieblingstier DAX ruhig auch künftig treu! Aber mischen Sie Ihr gepflegtes »Heimatliebe-DAX-Depot« im Interesse der Risikominimierung und Ertragsmaximierung etwas mit Managed Futures auf!
5.1.1 Was sind Managed Futures?
Geprägt durch den Börsencrash von 1929, angeregt von Alfred Winslow Jones, Gründer des weltweit ersten Hedge-Fonds 1949, und inspiriert von dem berühmten Trader Jessy Livermore, konzentrierte sich der Wertpapieranalyst Richard Davoud Donchian auf die Technische Analyse. Der Amerikaner Donchian entwickelte die dazu passenden Handelssysteme, gründete das Unternehmen Futures Inc. und legte seinen ersten Rohstoff-Futures-Fonds auf. Gestützt auf die Erkenntnis, dass sich die Preise an den internationalen Rohstoffterminmärkten in längeren Zyklen und Trends bewegen, kreierte Donchian sein zukunftsträchtiges Trendfolgemodell.
»Die Marktentwicklung zeigt, dass Managed Futures in jedes Portfolio gehören. Wegen ihres Long/Short-Ansatzes und weil sie mit traditionellen Anlageklassen kaum korrelieren, stabilisieren sie den Ertrag.«
Dr. Dieter Falke
Anmerkung: Die jüngste Vergangenheit sah leider anders aus. Computersysteme dürfen nicht die Herrschaft übernehmen.
Die meisten aktuellen Managed Futures-Fonds sind Trendfolger. Sie versuchen, mithilfe effizienter Computer-Handelssysteme Preistrends an verschiedenen Märkten zu nutzen. In Marktphasen, die ausgeprägte Trends ausbilden, erwirtschaften Managed Futures-Systeme meist überdurchschnittliche Renditen. Bei rasch wechselnden bzw. kurzfristigen Trends oder einem seitwärts tendierenden Markt schneiden die trendfolgenden Handelssysteme erfahrungsgemäß weniger gut ab.
Der Erfolg beruht auf einem günstigen Verhältnis zu anderen Anlageformen. Laut Übersicht aus dem Magazin »DIE STIFTUNG« ergibt sich die schlechteste Performance im Traditionsdepot ohne Managed Futures.
Die höchste Rendite – verbunden mit geringstem Risiko – bringt ein Depot mit einem ausgewogenen Verhältnis von 37,5 Prozent Aktien, 37,5 Prozent Anleihen und 25 Prozent Managed Futures. Werden lediglich zehn Prozent Managed Futures beigemischt, erhöht sich die Volatilität, während der Ertrag abnimmt. Allerdings trifft diese Einschätzung über einen kürzeren Zeitpunkt, wie die jüngste Vergangenheit zeigt, leider nicht immer zu.
Erkenntnis: Managed Futures-Fonds eignen sich als Allwetteranlage zur Beimischung klassischer Portfolios aus Renten- und Aktienfonds. Mehr Ertrag und weniger Risiko bestätigt bereits eine Studie von Dr. John Lintner, Professor an der Harvard Universität, aus dem Jahr 1983.
Die Handelsentscheidungen treffen effiziente Computerhandelssysteme. Diese Trendfolgesysteme schalten die von Emotionalität geprägten menschlichen Einflussfaktoren aus. Sie bewerten anhand objektiver Regeln die Preisbewegungen und erzeugen Kauf- und Verkaufssignale auf Grundlage der Technischen Analyse. Dieser systematische Ablauf sorgt für disziplinierte Entscheidungen zu Lasten der Spontaneität.
Eine Vier-Säulen-Strategie
Moderne Managed Futures-Fonds stützen sich strategisch auf vier starke Säulen, die zusammen eine Einheit bilden.
Diversifikation. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger von 2002 Vernon L. Smith äußert sich zur Zukunft der Kapitalmärkte: »Aktienmärkte sind viel unsicherer als jene Märkte, an denen Waren und Dienstleistungen gehandelt werden.« Und der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Harry M. Markowitz, 1990, empfiehlt: »Setzen Sie nicht alles auf eine Karte.« Die Streuung auf unterschiedliche Anlageklassen, Märkte und Investmentprodukte zählt zu den Kernaussagen einer modernen Portfoliotheorie. Bei geringerem Risiko winken höhere Erträge.
Die meisten Managed Futures-Fonds handeln mit Futures an den internationalen Terminmärkten. Im Gegensatz zu Hedge-Fonds bestehen Transparenz und Kontrollen. Neben Anleihen, Aktienindizes, Geldmarkt und Währungen werden Rohstoffe (Commoditys) wie die Edelmetalle Gold, Silber, Platin und Palladium, fossile Energie, dies sind Erdöl, Naturgas und Kohle, Industriemetalle und Agrarprodukte wie Fleisch, Weizen, Kaffee, Kakao, Baumwolle, Mais, Sojabohnen gehandelt. Etliche »Weichwaren«, vor allem Mais, Weizen, Zucker und Soja, dienen als Nahrungsmittel für Mensch und Tier, aber auch zur Gewinnung von Biokraftstoffen, einem wichtigen Zukunftsmarkt mit Blick auf den bedrohlichen Klimawandel. Managed Futures agieren je nach Trend mit »Long« oder »Short«.
Die geringere Korrelation ermöglicht es, sich von den internationalen Börsenbarometern abzukoppeln und auch bei Korrektur und Crash Erträge zu erwirtschaften.
Technische Analyse. Die vollautomatischen Computerhandelssysteme berechnen aus einem breiten Spektrum unterschiedlicher Indikatoren die Kauf- und Verkaufssignale und führen diese selbstständig aus. Fehlentscheidungen wegen emotional und psychologisch bedingter Irritationen scheiden aus. Jedoch muss der Fonds-Manager als »Kopf der Strategie« das Heft in der Hand behalten. Die Charttechnik gibt für die Trendfolgestrategie die zu treffenden Kauf- und Verkaufsentscheidungen vor.
Trendfolgestrategien – vergleichbar mit den vier Jahreszeiten. Das Herz der modernen Managed Futures-Fonds bildet die Trendfolgestrategie. Die Grundidee ist, dass sich Börsenkurse in bestimmten Mustern bewegen, ähnlich wie die vier Jahreszeiten eine Reihe vorhersehbarer Phasen durchlaufen. Die vollautomatischen Computerhandelssysteme versuchen, die besten Trends zu erkennen und ihnen zu folgen. Je länger der Trend dauert, umso höher sind die Gewinnchancen und desto niedriger die Verlustrisiken. Verluste werden nicht ausgeweitet durch Aussitzen, sondern mittels ständig aktualisierter Stop-Loss-Limits begrenzt, bevor es richtig weh tut.
Money Management. Eine konsequent durchgeführte Risikokontrolle (Money Management) mit dem Ziel »Kapitalerhalt vor Gewinnmaximierung« ist ein Kernpfeiler der Managed Futures-Handelsstrategie. Bei Eröffnung einer neuen Position riskiert das Management im Allgemeinen höchstens zwei Prozent vom jeweiligen Fondsvermögen. Sobald sich ein Trendwechsel ankündigt, wird die Positionsgröße reduziert oder glatt gestellt. Ständig kontrollieren die Computersysteme das Gesamtrisiko und passen bei Kursschwankungen den Umfang der einzelnen Positionen an. So segensreich Hochleistungs-Computer auch sein mögen. Die Kontrolle der Systeme wird immer komplexer, das Stoppen von Transaktionen zusehend schwieriger.
Ein großer Marktteilnehmer, der versehentlich seine Order mit einer Null zu viel im hohen Milliardenbereich abwickelt, vermag ein weltweites Chaos anzurichten. Erinnert sei an den Blitzcrash am 06. Mai 2010.
Managed Futures erwirtschaften langfristig ordentliche Durchschnittsrenditen. Der CASAM CISDM CTA Equal Weighted ist ein Index, der sich aus über 400 Managed Futures zusammensetzt. Von Januar 1980 bis Dezember 2009 betrug die Rendite im Schnitt zwölf Prozent pro Jahr und insgesamt 1.988 Prozent, während es der DAX im gleichen Zeitraum auf 917 Prozent brachte. Auch Privatanleger sind zunehmend interessiert.
Wie das Schweizer Anlegermagazin Stocks am 15. Juli 2008 berichtete, wollen sehr reiche Familien mit einem Vermögen von über 1,5 Milliarden US-Dollar künftig über die Hälfte ihres Geldes in alternative Anlagen, wie Managed Futures, Hedge-Fonds, erneuerbare Energien und Rohstoffe investieren und diesen Anteil in den nächsten drei Jahren von 48 auf 55 Prozent ihres Gesamtvermögens erhöhen.
5.1.2 Exkurs Terminmarkt: Was sind Futures und Optionen?
Ein Fallbeispiel: Eine Spekulation mit Heizöl
Gewöhnlich machen die meisten Verbraucher beim Heizöl Kassageschäfte. Dies gilt vielleicht auch für Sie, liebe Leserin, lieber Leser. Sie haben bislang das Öl vor Beginn der neuen Heizperiode bestellt, wenn der 5.000- oder 10.000-Liter-Tank ziemlich leer war bzw. haben vorzeitig aufgefüllt, wenn der augenblickliche Preis als günstig erschien. Das Heizöl wurde einige Tage später angeliefert und bezahlt. Diesmal aber machen Sie es vielleicht ganz anders. Der Tank ist noch halbvoll, der Preis vom Höchststand zurückgekommen. Sie brauchen das Geld jedoch für den Urlaub oder ein neues Auto.
Sie wollen deshalb erst im Spätherbst eine bestimmte Menge Öl haben, wenn sich der Tank geleert und die Geldbörse gefüllt hat. So vereinbaren Sie mit Ihrem Heizölhändler die Lieferung zum aktuellen Preis erst für Ende Oktober. Sie willigen ein, für dieses Recht, die schriftlich bestätigte Preisgarantie, einen gewissen Aufschlag zu bezahlen. Steigt der Ölpreis zwischenzeitlich an, profitieren Sie von diesem Geschäft. Sinkt er entgegen Ihrer bisherigen Einschätzung, ist Ihr Heizölhändler Nutznießer dieser Spekulation. Auf diesem Grundprinzip beruhen alle Termingeschäfte. Bevor Sie aktiv werden, müssen Sie bei Ihrer Depotbank die Finanztermingeschäftsfähigkeit beantragen.
Zum besseren Verständnis des Fallbeispiels: Rund um Derivate, Futures und Optionen
Bestandteile Option
Basiswert: z. B. Heizöl
Basispreis: z. B. der vereinbarte Preis von 0,75 € pro Liter
Menge: z. B. 6.000 Liter
Verfall: Liefertermin Ende Oktober
Aktueller Preis: Grund für die Annahme (0,90 €) oder Ablehnung der Lieferung (0,60 €).
In den Finanzmetropolen wird nicht nur mit Aktien, Zertifikaten, Anleihen und Währungen, sondern ebenso mit Derivaten gehandelt. Diese Finanzprodukte beziehen sich auf ein anderes Finanzinstrument. Es geht um verbriefte Rechte und Pflichten, die vereinbarten Geschäfte erst später abzuwickeln, den Basiswert, z. B. Rohstoffe, Einzelaktien, Aktienindizes, Währungen binnen einer festgelegten Zeit zu erwerben oder zu veräußern. Diese Futures und Optionen sind also Termingeschäfte.
Wird die Abwicklung des Handels, z. B. Lieferung von Rohöl oder Benzin, zu einem exakten Zeitpunkt vereinbart, sprechen wir von einem festen Termingeschäft oder Forward. Handelt es sich um ein Fix-Wertpapiergeschäft an der Börse, ist von einem Future die Rede. Bei allen Termingeschäften wird auf steigende oder fallende Preise bzw. Kurse spekuliert. Der Handel mit Rohstoff- und Finanz-Futures bildet das Kerngeschäft von Managed Futures.
Sie erwerben in diesem festen Handel auf Termin, Forward genannt, den Anspruch, dass Ihr Händler eine festgelegte Menge Heizöl zum vereinbarten Preis an einem exakt bestimmten Termin ausliefert. Dieses Recht gründet auf der Verpflichtung, dass Sie das Öl tatsächlich abnehmen und die Rechnung termingemäß begleichen. Wie sähe die Sache aus, wenn der auch von Spekulanten nach oben oder unten getriebene Ölpreis weiterhin erheblich schwanken würde? Wie könnten Sie sich gegen das Risiko absichern, später einen stark überhöhten Preis bezahlen zu müssen? Zumindest theoretisch wäre es denkbar, von Ihrem Heizölhändler zur Absicherung eine Option zu kaufen.
Mit einer Option ist das Recht verbunden, zu einem festgelegten Zeitpunkt eine bestimmte Heizölmenge zum vereinbarten Preis zu erhalten. Sie wären – wie beim Optionsschein – berechtigt, nicht aber verpflichtet, das Geschäft auszuführen. Sie könnten die Lieferungsvereinbarung verfallen lassen. Mit einer Option spekuliert der Handelspartner auf die von ihm erwartete Marktentwicklung, also auf steigende oder fallende Preise und Börsenkurse. Oder der Investor sichert sich gegen eine zu befürchtende Trendumkehr, gegen fallende Märkte, einen Konjunktureinbruch oder Crash ab.
Eine Call-Option oder Long-Transaktion setzt auf steigende, eine Put-Option bzw. Short-Transaktion auf fallende Notierungen. Dies gilt für unterschiedlichste Finanzinstrumente, z. B. Aktien, Aktienindizes, Rohstoffe, Devisen, Anleihen, Zinssätze.
Zurück zum Fallbeispiel
Sofern Sie Ihr Haus mit Öl beheizen, haben Sie vielleicht eine Öltankversicherung abgeschlossen. Sie wollen nicht, dass Ihr Öltank ausläuft und das Grundwasser verunreinigt. Geschähe dies dennoch, wären Ihre finanziellen Einbußen durch den Leistungsanspruch aus der Ölversicherung gering. Geschieht nichts, zahlen Sie Ihre Versicherungsbeiträge ohne zu murren, auch wenn Sie dafür nie eine Gegenleistung erhalten. Sicherheit hat ihren Preis. Der tatsächliche Schadensfall in sechsstelliger Größenordnung würde Sie womöglich ruinieren. Aus ähnlichem Grund schließen viele Autofahrer eine Voll- oder Teilkasko-Autoversicherung ab.
Kurzinformation zu Rohstoff-Futures
Anders als Aktien werden Futures in Kontrakten gehandelt. Jeder Kontrakt repräsentiert einen bestimmten Gegenwert am Basisprodukt, wie Gold, Silber, Erdöl, Mais oder Zucker.
Ein Weizenkontrakt bildet den Gegenwert von 5.000 Scheffel Weizen ab. Vier Marktteilnehmer sorgen für einen funktionierenden Handel. Die ersten beiden Partner sind der Produzent und der Käufer des Produkts. Die Käufer, auch Hedger genannt, verwenden einen Kontrakt, um das darauf bezogene Basisprodukt zu erwerben, in diesem Fall Weizen. Auch Unternehmen im Finanzbereich, man denke an Versicherungsgesellschaften und Rentenfonds, sichern sich mithilfe von Futures gegen einen möglichen Marktabschwung ab. Sie kaufen Aktienindex-Futures oder veräußern T-Bond-Futures. Die beiden übrigen Marktteilnehmer sind Investoren und unabhängige Parketthändler, Floor Trader genannt. Sie üben allerdings ihre Kontrakte selbst nicht aus. Überlegen Sie, liebe Leserinnen und Leser: Wohin mit dem Weizen, den Schweinebäuchen, Mastrindern oder etlichen Tonnen Industriemetall, Sojabohnen oder Mais? Verfügen Sie über große Lagerflächen? Können Sie die Sachen weiterverkaufen? Wie schützen Sie sich gegen Verderb, Schädlingsbefall und Diebstahl?
Ein weiteres Fallbeispiel: Wie funktioniert ein Futures?
Im ersten Fallbeispiel ging es um Ihr Heizöl. Diesmal ist ein Landwirt im Spiel, um das Futures-Prinzip zu verdeutlichen: Der Weizen anbauende Landwirt weiß in den Wintermonaten noch nicht, wie seine Ernte im nächsten Sommer ausfällt.
Sein Risiko heißt: schlechtes Wetter, zu viel Nässe, Kälte oder Trockenheit bei großer Hitze bzw. Wolkenbruch, Sturm und Hagelschlag. Je nach Wetterlage drohen Über- oder Unterproduktion, gute oder schlechte Qualität, niedrige oder hohe Preise. Der Müller kämpft mit einem ähnlichen Risiko, nur umgekehrt. Für den Bauer wie für den Müller ist es wichtig, das Risiko möglichst gering zu halten. Also versuchen beide Handelspartner, sich mit einem Kompromiss in der »Mitte« zu treffen und bereits im Winter einen Preis für die nächste Ernte festzulegen: Sie vereinbaren die Ware (Getreide), die Menge, den Preis und den Lieferzeitpunkt. Damit steht das Warentermingeschäft (Futures). Die Lieferung erfolgt nach der Ernte. Investoren können mit Rohstoff-Futures viel Geld gewinnen, z. B. im Juli/August 2010 mit Weizen-Long-Positionen, bei Fehlspekulation aber auch verlieren.
Der erste Publikumsfonds für ein Managed Futures-Portfolio auf dem Prüfstand – leider erfolglos und nicht mehr im Markt
Die Düsseldorfer Quant.Capital Management GmbH legte im August 2008 den Publikumsfonds »Quant.Managed Futures-Universal« als »Hochleister für Ihr Depot – auch in schlechten Börsenzeiten« auf. Die Zielrendite sollte jährlich im niedrigen zweistelligen Bereich mit einem Höchst-schwankungsrisiko von zwölf Prozent liegen. Bereits 2009 wurde dieses Ziel klar verfehlt. 2010 wurde der Fonds aufgelöst. Viele Anleger saßen auf hohen Verlusten. Die Kommunikationspolitik war unbefriedigend. Hauptgrund für das Scheitern waren die hohen Transaktionskosten bei niedrigem Börsenwert. Die Gebühren fraßen bei eng gesetzten Stop-Loss-Orders mehr als nur die Performance auf. Hinzu kamen strategische Fehler. Niemals darf ein Computerhandelssystem zum Entscheidungsträger werden. Der Mensch bestimmt, das Handelssystem führt aus. Ich frage mich, ob es so günstig ist, jede Irritation auszuschalten. Die Börse ist hoch emotional und wird in Krisen vom Herdentrieb statt von Vernunft geleitet. Werfen wir einen Blick auf die irrwitzige Volatilität und den Kursabsturz der Börsen: Welch Grauen im August 2011! Eine Kettenreaktion der Computer-Verkaufsprogramme – gespeist von Stop-Loss-Orders! Dabei sah das strategische Grundkonzept des Fonds gar nicht schlecht aus:
Dynamisches Money-Management
Breiter Portfolioeffekt bzw. Risikomischung gründend auf der Kapitalmarkttheorie des Nobelpreisträgers Markowitz
Integriertes Risikocontrolling
Hoher Barbestand, Investment in kurzfristige Geldmarktanlagen
Quelle für Kapitel 5.1 und Buchtipp: Beate Sander: »Managed Futures – Geld verdienen in steigenden und fallenden Märkten«, FinanzBuch Verlag, April 2008, 272 S., 24,90 €
5.2 Hedge-Fonds richtig einsetzen
Die rund 9.000 Hedge-Fonds können wie Managed Futures-Fonds auch in fallenden Märkten Geld verdienen. Von daher gelten sie als wünschenswerte Depotbeimischung und Risikominimierung insbesondere bei extrem angespannter Marktlage, wie wir sie seit Ausbruch der Subprimekrise seit zwei Jahren erleben – Ende nicht absehbar. Ob die globale Finanzmarktkrise, der Börsencrash, die sich zuspitzende Euroschwäche oder das Überschuldungsdesaster von Griechenland mit anderen südeuropäischen Ländern im Schlepptau: In solchen Zeiten befinden sich Hedge-Fonds mit ihren Spekulationen und Wetten auch gegen Währungen im Härtetest. Zwar heißt »to hedge« absichern, aber in Wirklichkeit wird riskant investiert und gewettet.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen: auf der einen Seite strahlende Sieger mit dreistelligen Kursgewinnen – auf der anderen Seite die vom finanziellen Ruin bedrohten Verlierer. Jerome Kevriel von der Großbank Société Générale hat fünf Milliarden Euro verzockt. Und wenn es stimmt, dass das Geld nie weg ist, sondern es nur jemand anders hat, fragen Sie sich vielleicht: Wer hat denn diese Milliardenbeträge eingeheimst? Mit den mittlerweile nahezu wertlosen Kreditderivaten wurden damals Unsummen in den Sand gesetzt.
Auf der Suche nach den Gewinnern in diesem globalen Umverteilungsspiel ist zumindest ein Glücksritter rasch ausgemacht.
Der US-Hedge-Fonds Lahde Capital fuhr mit einer Wette auf den Ausbruch der Subprimekrise 2007 für seine Investoren eine Rendite von über 1.000 Prozent ein. Und der weltgrößte Hedge-Fonds Man Group steigerte seinen Jahresgewinn bis März 2008 um 60 Prozent auf 2,03 Milliarden Dollar.
Danach verdüsterte sich das Börsenklima. Im zweiten Halbjahr 2008 brach die Rendite weg. So verlor die Aktie des börsennotierten Marktführers Man Group 2008 rund 68 Prozent und notierte nach zeitweiliger Kurserholung auf 4,20 Euro zum Jahresende 2009 bei 3,60 Euro. 2008 wurden fast 1.500 Hedge-Fonds aufgelöst. Das verwaltete Vermögen sank von 1,5 Billionen US-Dollar 2006 auf 1,2 Billionen US-Dollar 2008. Die Branche litt unter Mittelabfluss, Einfrieren des Kapitals, Kreditklemme, Vertrauensverlust und Fondssterben. Die Verluste waren heftig, aber geringer als bei den Aktienindizes rund um den Globus. Für das Gesamtjahr 2010 wird ein Zuwachs von 25 Prozent erwartet.
Hedge-Fonds-Zertifikate haben sich besser als Hedge-Dachfonds entwickelt. Hier erweisen sich die hohen Gebühren als Bumerang. Die Hälfte der Produkte schlug nach Gebührenabzug kaum die durchschnittliche Festgeldanlage. Die Quittung in Deutschland kam prompt: Während sich das investierte Vermögen bei Hedge-Fonds-Zertifikaten 2007 von 24 Milliarden Euro um ein Sechstel auf 28 Milliarden Euro erhöhte, sank das verwaltete Kapital bei Dach-Hedge-Fonds um ein Viertel auf nur noch 1,9 Milliarden Euro.
Für die weitere Entwicklung sind einige Branchenkenner recht zuversichtlich gestimmt. So meint Frank Dornseifer vom Bundesverband Alternative Investments: »Der Hedge-Fonds-Markt in Deutschland wird sich positiv entwickeln, weil gerade die Krise gezeigt hat, dass Hedge-Fonds-Produkte im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung nicht so ein starkes Risiko wie etwa Aktien aufweisen.«
Am 8. März 2011 meldete der Nachrichtensender n-tv, dass das Anla-gevolumen der rund 9.000 Hedge-Fonds auf ein Rekordniveau von 2,5 Billionen US-Dollar angewachsen sei.
Was Hedge-Fonds leisten und bieten sollten
Dachfonds:
Stabile Ergebnisse
Breit gestreute Investments
Zugriff auf unterschiedliche Hedge-Fonds-Strategien
Geringe Zusatzkosten
Einzelfonds:
Hohe Erträge
Klar ausgerichtete Strategie
Mehr Transparenz
Niedrige Gebühren bei hohen Investmentbeträgen
Zugriff auf Expertenwissen
Schwerpunkt Risikomanagement
Quelle: Oppenheim Kapitalanlagegesellschaft GmbH, Köln
Als im Januar 2004 das Anlagespektrum für Privatanleger in Deutschland um die Assetklasse der Hedge-Fonds erweitert wurde, rechneten die Hedge-Fonds-Gesellschaften und die großen Privatbanken mit einem boomenden Handel. Schließlich erzielten in den Jahren zuvor diese alternativen Investments eine außergewöhnlich hohe Performance. Die von Euphorie geprägten überzogenen Erwartungen erfüllten sich nur zeitweilig. Gegenüber Hedge-Dachfonds war mit Geldmarktfonds nach Gebührenabzug eine vergleichbare Rendite zu erwirtschaften und mit den richtigen Aktien bis Ende 2007 wesentlich mehr. Die Bilanz von 2004, dem ersten Hedge-Fonds-Jahr in Deutschland, ernüchtert. Auch die Anzahl der Fonds war geringer als eingeplant. Die Privatanleger reagierten zurückhaltend. Der vorgeschriebene Warnhinweis auf einen nicht auszuschließenden Totalverlust mag zur Verunsicherung beigetragen haben.
Es ist unseriös, Hedge-Fonds als Rendite-Turbos hinzustellen, aber zutreffend, sie wegen ihrer Diversifikationswirkung als risikosenkend einzustufen. Gute Ratingnoten erhielten im Sommer 2008 Sanjiv Duggal von HSBC für sein indisches Produkt, Stephan Hoffnung von Discover Capital bei deutschen Nebenwerten und Lars Dollmann, Discover Capital für Osteuropa.
Fallstricke bei Hedge-Fonds: drei Verhaltenstipps
Betrachten Sie Hedge-Fonds zwar als eigene Anlageklasse, aber dennoch nur als Beimischung und Risikominimierung für Ihr Portfolio.
Schrauben Sie Ihre Erwartungen nicht zu hoch. Das angestrebte Renditeziel zwischen zehn und 20 Prozent wird längst nicht immer erreicht.
Setzen Sie nicht auf die Neulinge in der noch jungen Branche. Wenn auch keine Garantie, so ist doch das Risiko geringer, wenn Sie in einen bewährten Hedge- Fonds mit Erfolgsgeschichte investieren.
Generell sind Hedge-Fonds wenig transparente Anlageprodukte, die in vielen Anlageklassen mitmischen und auf steigende wie fallende Notierungen wetten. Zu Schieflagen kommt es, wenn im großen Stil spekuliert wird wie jetzt, im Mai 2010, die Wetten gegen den Euro. Erinnert sei an die Turbulenzen um den Autobauer General Motors und die Spekulationen mit Kreditderivaten, deren komplizierte Struktur und Hebelwirkung kaum jemand mehr verstand.
Eine Kettenreaktion droht über die Hebelwirkung von Derivaten, aber auch durch einen Rückzug seitens großer Investoren. Fast die Hälfte der 135 befragten institutionellen Anleger beurteilen Hedge-Fonds als ein marktbewegendes Thema und Schieflagen für wahrscheinlich. Wie turbulent es zugehen kann, erfuhren Anleger nicht erst seit Ausbruch der Subprimekrise, sondern schon ein Jahrzehnt zuvor. 1998 organisierte die US-Notenbank FED aus Furcht vor einem Zusammenbruch des Finanzmarktes eine Rettungsaktion. Die Investmentbanken mussten 3,65 Milliarden Dollar aufbringen, um den Fonds LTCM aus der Patsche zu helfen. Und wie sieht es heute aus? Ständig pumpen die großen Notenbanken weltweit Milliardensummen an Liquidität in den Finanzmarkt, um einen globalen Zusammenbruch des Finanzwesens nach der Lehman-Pleite und den drohenden Staatsbankrott von Griechenland und vielleicht weiteren Ländern abzuwenden.
Der Hunger nach interessanten Risikokategorien am Kapitalmarkt verknüpft mit dem Streben nach einer ansehnlichen Rendite trieb immer mehr Hedge-Fonds in die Anlageklasse »Credit«. Hier wurden komplizierte Konstrukte entwickelt, bei denen selbst führende Banker nicht mehr durchblickten. Dabei hieß es noch bis zum Beginn der Subprimekrise: Der Kreditmarkt dürfte für Hedge-Fonds-Manager eines der großen Themen dieses Jahrzehnts sein.
Heute gilt eher: Hände weg von den verbrieften und nicht mehr überschaubaren Kreditkonstrukten – vergleichbar mit einigen Nanoprodukten. Wer weiß schon, ob drin ist, was drauf steht?
Der anfängliche Boom bei Kreditderivaten wurde von den Aktivitäten der Hedge-Fonds gestützt. Es erschien nicht genug, am Rohstoff-Terminmarkt zu spekulieren und sich auf den Leerverkauf, das Short-Selling zu konzentrieren. Dies heißt, hoch bewertete Aktien bei einem Broker auszuleihen, leer zu verkaufen und den Titel termingerecht an der Börse zurückzuerwerben. So türmte sich eine Spekulationsblase auf, die platzen musste, als viel zu viele Amerikaner mit geringer Bonität Häuser kauften und glaubten, die Hypothekenschuld über eine Wertsteigerung ihrer Immobilien abzusichern. Was passierte? Die Zinsen stiegen – der Wert der Immobilien sank – die Schuldner konnten nicht tilgen und Zinsen bezahlen – es kam zu Zwangsverkäufen – die Immobilienpreise in den USA stürzten in den Keller – später abgeschwächt auch in Spanien und in Großbritannien zu beobachten.
Aus der Geschichte: George Soros, König der Hedge-Fonds-Manager
George Soros, die 1930 in Budapest geborene Hedge-Fonds-Ikone, wurde 1961 US-Bürger. Er arbeitete in verschiedenen Brokerhäusern und war Mitbegründer der Fonds »Quantum« und »Quota«, die 1969 gerade mal zwölf Millionen Dollar auf die Waage brachten. Auf dem Höhepunkt des Erfolges waren Soros’ Fonds 23 Milliarden Dollar schwer. Weltberühmt wurde Soros im September 1992 mit seiner Spekulation gegen das britische Pfund. Über Nacht verdiente er eine Milliarde US-Dollar. Aber selbst dieses Finanzgenie blieb von teuren Fehleinschätzungen nicht verschont. So spekulierte er zu früh auf ein Platzen der New Economy-Blase, blieb aber dennoch ein steinreicher Mann.
»Ich verdiene einfach sehr viel Geld, wenn ich richtig liege. Und ich verliere so wenig Geld, wie möglich, wenn ich Unrecht habe.«
George Soros
Die Vorfahren der Hedge-Fonds
Die ersten Termingeschäfte entstanden bereits im 17. Jahrhundert, allem voran das legendäre hochspekulative Geschäft mit holländischen Tulpenzwiebeln. Sie kosteten 1637 zeitweilig so viel wie eine Pferdekutsche oder eine Immobilie in Amsterdam. Die Tulpenzwiebelmanie zeigt gewisse Parallelen auf zur anfänglichen Gelddruck- und späteren Geldvernichtungsmaschine Neuer Markt. Die ersten Anleger wurden steinreich, die letzten bitterarm getreu dem Motto: »Gier frisst Hirn, und Panik tötet den Verstand.« Spekulationsblasen bildeten sich schon früher. Sie werden auch künftig so manchen Aktionär in Angst und Schrecken stürzen, wird doch aus der Geschichte nur wenig gelernt.
1884 entstand die Terminbörse für Agrarprodukte, die Chicago Board of Trade (CBOT). Die CBOT wickelte erstmals standardisierte Warentermingeschäfte ab. Der Preis für Getreide wurde für künftige Lieferungen festgelegt. Knapp 100 Jahre später, Ende der 1970er-Jahre, begann der Handel mit Zinsprodukten, Währungen und Staatsanleihen. Die Warentermingeschäfte wurden zu Futures-Geschäften ausgedehnt. (Derivate sind Termingeschäfte, die unterteilt werden in zweiseitig verpflichtende Futures und einseitig verpflichtende Optionen.) Die Finanztermingeschäftsfähigkeit wird hier vorausgesetzt. Der Fachausdruck »hedge« bedeutet so viel wie »absichern«.
Zauberformel Hedge-Fonds
Das Erfolgsgeheimnis guter Hedge-Fonds liegt darin, frühzeitig lukrative Anlagethemen zu entdecken, bevor die große Masse der Anleger darauf aufmerksam wird.
Hedge-Fonds sind immer nur so gut wie ihre Manager. Aber nur etwa 20 % der Experten werden als wirklich talentiert eingestuft.
Unterschiedliche Strategien machen die Hedge-Fonds so flexibel, dass sie das Gesamtrisiko im Kundenportfolio zu glätten vermögen und als Depotbeimischung empfehlenswert sind.
Das Portfolio gegen Risiken abzusichern, war die Grundidee für den ersten Hedge-Fonds, den 1949 Alfred W. Jones gründete. Der Fondsmanager Jones bot seinen Kunden ein Investment an, das sich unabhängig von den klassischen Aktien- und Anleihenmärkten entwickelte und als Alternative in jedes Portfolio passte. Ziel war es, bei jeder Börsenlage Gewinne zu erzielen – gegründet auf dem Freiraum, je nach Marktlage unterschiedlichste Finanzinstrumente einzusetzen.
Von einem sich verästelnden Baum zu eineiigen Zwillingen
Es bietet sich folgender bildhafter Vergleich an: Hedge-Fonds wie Managed Futures haben gemeinsame Wurzeln. Im übertragenen Sinne erinnern sie an einen Baum, der sich in zwei große Stämme verzweigt, aber genährt wird von ihrem gemeinsamen Wurzelwerk. Zur Veranschaulichung dient auch der Vergleich mit eineiigen Zwillingen. Der gleiche Ursprung. Auch noch im Verlauf des Wachstums und der Weiterentwicklung viele Gemeinsamkeiten, aber letztlich ein eigenständiges Leben mit individuellen Entfaltungsmöglichkeiten und Herausforderungen.
Die Gemeinsamkeiten zwischen Hedge-Fonds und Managed Futures liegen im Terminmarktgeschäft, dem Fokus auf Trendfolgestrategien, dem Ausnutzen fallender und steigender Notierungen. Dies betrifft sowohl die Finanz-Futures wie Währungen, Zinssätze, Aktienindizes und Geldmarkt als auch die Rohstoff-Futures, zu denen fossile und regenerative Energien, Edel- und Industriemetalle sowie landwirtschaftliche Produkte gehören.
Hedge-Fonds kennen keine Einschränkungen. Ähnlich wie ein Heuschreckenschwarm nicht danach fragt, welche Auswirkungen sein Kahlfraß hat, können Hedge-Fonds sämtliche Finanzinstrumente nutzen. Gewinnchancen bestimmen die Auswahl. Bei den Aktien erscheint vor allem der Leerverkauf interessant, der neuerdings auch für Privatanleger zulässig ist. Erscheint eine bestimmte Aktie oder ein Index überbewertet, kann der Investor sie auch dann veräußern, wenn er nicht Eigentümer ist, vergleichbar mit der Inanspruchnahme eines Mietwagens. Gegen eine Leihgebühr mit Rückkaufverpflichtung an der Börse sieht die Spekulation so aus: In bester Kaufmannsmanier teuer verkaufen, danach billig zurückkaufen.
Wichtige Investmentansätze der Hedge-Fonds
Long/Short Equity: Unterbewertet erscheinende Aktien werden – »long« – gekauft. Als überbewertet geltende Titel werden – »short«– (leer) verkauft.
Global Macro: Die Fondsmanager spekulieren auf steigende oder sinkende Bewertungen im Hinblick auf sich abzeichnende globale Trends. Dies können beispielsweise Aktien-, Rohstoff-, Devisen- und Anleihemärkte sein.
Event Driven: Hier geht es darum, Kursgewinne aus Aktien von Unternehmen zu erzielen, die von erwarteten feindlichen und freundlichen Übernahmen oder Fusionen profitieren sollten.
Market Neutral – Arbitrage: Die Fondsmanager nutzen an den internationalen Börsen Ineffizienzen in der Preisgestaltung gleicher oder ähnlicher Anlageklassen aus.
Managed Futures: Die Fondsmanager versuchen, mittels fundamentaler oder quantitativer Analysen Markttrends frühzeitig zu erkennen und mithilfe hocheffizienter Computermodelle zu nutzen.
Die unterschiedlichen Assets korrelieren kaum miteinander, und die breite Streuung erhöht die Rendite bei geringerem Risiko.
Für den Hedge-Fonds-Anlagerahmen gibt es international keine zwingenden Regeln, wenn auch der Ruf nach Transparenz immer lauter wird. Aufbau, Zusammensetzung und Finanzinstrumente weichen stark voneinander ab. Die Strategie beruht auf gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Veränderungen, Marktbeobachtung, Spekulation an den internationalen Terminmärkten mit Rohstoffkontrakten und Finanz-Futures sowie auf Leerverkäufen. Von den Hedge-Fonds, die in Europa investieren, haben sich 45,5 Prozent in Großbritannien und 33,3 Prozent in den USA niedergelassen.
Hedge-Fonds als Teufelszeug?
Die breite, unregulierte Anlagestruktur der Hedge-Fonds-Manager beschwört Kritik herauf. Neben dem »Heuschreckenvorwurf« geht es um mangelnde Transparenz und fehlende Kontrolle, aber auch um die Einschätzung »hochspekulatives Teufelszeug«, wie es einst die Investor-Ikone Warren Buffett formulierte. Die Beinahe-Pleite von LTCM, der Niedergang des Bankhauses Barings, hauptsächlich verursacht durch den Trader Nick Leeson, sensationsheischende Presseartikel und emotionsgeladene Schuldzuweisungen von Politikern verstärkten nach anfänglichem Boom Misstrauen und Abwehrhaltung seitens der Investoren. Allerdings deckt die öffentliche Wahrnehmung nur ein Sandkorn am Strand ab. Der Großteil der weltweit rund 9.000 agierenden Hedge-Fonds taucht nicht in der Presse auf. Die verwendeten Finanzinstrumente sind zwar für sich allein betrachtet riskant. Miteinander kombiniert und mit dem richtigen Know-How eröffnen Long- und Short-Positionen bei Rohstoff- und Finanz-Futures die Chance, auch in schwachen Börsenphasen ordentliche Erträge zu erzielen. Aktienerträge außerhalb der Dividenden setzen Kursgewinne voraus. Gerade im Hedge-Fonds-Sektor sind die Fähigkeiten der Fondsmanager extrem wichtig für den Erfolg.
Ein Hedge-Fonds-Steckbrief in Stichworten
Zu den alternativen Investments zählend; seit 2004 für Deutschland öffentlich zugelassen
Weltweit etwa 9.000 Hedge-Fonds
Rund 1,6 Billionen Dollar bis Jahresende 2009 in Hedge-Fonds investiert; für 2010 rund 2,0 Billionen Dollar erwartet
Durchschnittliche Rendite 2006: +14 Prozent, 2008: -23 Prozent
Ein Drittel des Hedge-Fonds-Kapitals in Dachfonds angelegt
Negativvergleich mit »Heuschreckengefräßigkeit« nicht immer angebracht
Geldvermehrung in steigenden und in fallenden Märkten
Geeignet zur Depotdiversifikation (breite Streuung)
Nutzung unterschiedlicher Finanzinstrumente
Name »to hedge« abgeleitet von »absichern gegen Verlust«, mit einer Hecke einfassen oder einfrieden
Streben nach einer absoluten, von der Marktlage unabhängigen Rendite
Große Freiheiten in der Investmentauswahl, keine Benchmark-Orientierung
Investitionen in Milliardenhöhe nach mathematischen Formeln; Kampf um mathematische Genies
Großteils auch im Sektor Private Equity mit Beteiligungen aktiv (damit als Großaktionär Einfluss auf die Unternehmensstruktur, z. B. Sitz im Aufsichtsrat)
Geringe Transparenz und wenig Kontrolle als Ansatzpunkt für Kritik
Rund um den Globus in nahezu allen Branchen tätig
Investition in Derivate (Optionen, Rohstoff-Futures und Finanz-Futures)
Leerverkauf (Short-Selling) als wichtige Hedge Fonds-Aktivität
Alfred Winslos Jones als Urvater, George Soros als König der Hedge-Fonds
Folgende Aktivitäten im Fokus: Traditionelle Kassamärkte (Aktien und Renten), Futures-Märkte und OTC-Märkte (nicht börsengehandelte Kontrakte)
Wegen geringer Korrelation ideal zur Portfolioabsicherung und Depotbereicherung mit einem Anteil von etwa fünf bis 15 Prozent
Belastungsfaktoren: Spektakuläre Beinahe-Pleite von Long Term Capital Management LTCM im Herbst 1998 und der Amaranth-Kollaps infolge hochspekulativer Wetten auf den Gasmarkt
Als Konsequenz vom LTCM-Niedergang Verstärkung des Risikomanagements
Im Zuge der sich global ausweitenden Finanzkrise mehren sich große Verwerfungen und auch Hedge-Fonds-Pleiten als Folge eines übertriebenen Investments in derivative Kreditkonstrukte. Als jüngstes Beispiel ist die drohende Zahlungsunfähigkeit der 1,4 Milliarden Dollar verwaltende Londoner Hedge-Fonds Plexus Partners zu nennen. Dermot Keane hat nach Fehlspekulationen am Kreditmarkt mehr als ein Drittel seines Wertes eingebüßt.
Schlussgedanken: Hedge-Fonds als alternative Allwetteranlage
Stellen Sie sich als Anleger zwei riskante Finanzinstrumente vor: Eines gewinnt bei strahlendem Sonnenschein, das andere bei Regen, Sturm und Wolkenbruch. Sobald Sie beide Assets in Ihr Portfolio aufnehmen, verringern Sie das Risiko spürbar, vergleichbar mit der Anlage in Öl- und Autoaktien. Erhöht sich der Ölpreis dramatisch, steigen die Energieaktien und fallen die Autotitel. Sinkt der Ölpreis nachhaltig, erholen sich die Autoaktien, und die Ölwerte reagieren mit Abschlägen. Um auf das Hedge-Fonds-Portfolio zurückzukommen: Scheint die Sonne, vergleichbar mit anspringenden Börsenkursen im Bullenmarkt, gewinnt die eine Richtung. Regnet und stürmt es, vergleichbar mit sinkenden Aktienkursen im Bärenmarkt, behauptet sich die andere Investmentform. Ist es bewölkt analog zum Seitwärtsmarkt, spielt sich wenig ab. In der modernen Portfoliotheorie ist das Risiko der Einzelanlagen nicht wichtig. Entscheidend ist, wie sich das Risiko des Einzelinvestments gegenüber dem Gesamtportfolio verhält. Vergleichen Sie Ihr Portfolio mit einer Fußballelf. Der einzelne Spieler kann miserabel bis ausgezeichnet spielen. Wichtig ist der Sieg der Mannschaft, die eingefahrenen drei Punkte bei Spielabpfiff.
5.3 Mit Spezialfonds die Erfahrung von Profis nutzen
Wann, warum und für welchen Anlegertyp eignen sich Fonds?
Wer nicht täglich sein Depot im Auge behalten will, weder Zeit noch Lust hat, ständig das Marktgeschehen zu beobachten, sich unsicher fühlt, wenig Risikobereitschaft mitbringt, breit streuen will, aber die Kapitaldecke zu schmal für mehrere in- und ausländische Einzelaktien ist, für den bieten sich Investmentfonds an. Die Auswahl ist riesig und liegt bei mehr als 16.300 Produkten. Aktiv gemanagte Aktienfonds erfassen neben den weltweiten Indizes unterschiedliche Branchen, Sektoren und Themen.
Einige zertifizierte Aktienfonds sind für die staatlich geförderte Riester-Rente zugelassen. Als Sparplan lässt sich der Cost-Average-Effekt ideal nutzen. Der Zusatz »thesaurierend« besagt, dass das Fondsmanagement die Dividenden wieder anlegt. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, sind Investmentfonds die beliebteste Wertpapieranlage der Deutschen. Insgesamt beträgt das Wertpapiervermögen der Bundesbürger 1,1 Billionen Euro.
Emerging Markets und Nebenwerte im Aufwind: Ein Sparten-Überblick über die 20 besten internationalen Themenfonds 2010
Investmentfonds seit Anfang 2010 wieder im Aufwind
Im ersten Vierteljahr 2010 sammelte die Investmentfondsbranche 31,4 Milliarden Euro neue Anlagemittel ein – das beste Quartalsergebnis seit Anfang 2007. Der Löwenanteil von 20,8 Milliarden Euro fiel auf das institutionelle Geschäft insbesondere mit Spezialfonds. 10,6 Milliarden Euro flossen laut BVI Bundesverband Investment und Asset Management in Publikumsfonds. Das verwaltete Vermögen wuchs binnen zwölf Monaten um 17 Prozent. Mischfonds sammelten 5,4 Milliarden Euro, offene Immobilienfonds 3,2, Aktienfonds 2,3 und Rentenfonds 2,0 Milliarden Euro ein. Verlierer waren wegen der niedrigen Verzinsung die Geldmarktfonds, bei denen im ersten Vierteljahr 2010 rund 3,3 Milliarden Euro mehr Anteile abgezogen als erworben wurden.
Wer Aktienfonds erwirbt, macht sich das Wissen der Profis zunutze. Da jedoch die meisten Standardwertefonds den Vergleichsindex nicht schlagen, sind Sie mit den preiswerten, passiv gemanagten Indexfonds (Exchange Traded Fonds = ETF) oft besser dran. Bislang greifen institutionelle Anleger verstärkt auf ETFs zu, und diese Profis wissen, was sie tun. Ist das Fondsmanagement gut, einen Hinweis liefert die Rating-Einstufung, sind Sie mit Themenfonds oft auf der richtigen Seite.
Der Aktienfonds übernimmt die Funktion eines Spartopfes. Von dem eingesammelten Geld investieren die Fondsmanager je nach Ausrichtung in europäische oder deutsche Blue Chips, in Nebenwerte, internationale Rohstoff- oder Hightechaktien usw. So streuen Sie Ihr Risiko und können die gewünschten Märkte abdecken, ohne Millionär zu sein. Sie werden mit dem Kauf von Investmentanteilen Miteigentümer am Fondsvermögen der betreffenden Kapitalanlagegesellschaft. Sie können aktuelle Trends wahrnehmen und in Schwellenländer investieren. Informationen über kleinere ausländische Einzeltitel sind dünn gesät. Grundsätzlich lässt sich mit den richtigen Fonds das gebührenpflichtige Umschichten vermeiden – ein Ausgleich für die relativ hohe jährlich erhobene Managementgebühr.
Nach einhelliger Expertenmeinung bieten passiv gemanagte Indexfonds (ETF) und aktiv gemanagte Spitzenfonds mit nationaler, europäischer und weltweiter Ausrichtung langfristig die besten Renditechancen.
Wichtig für den Erfolg ist ein ausgewogenes Verhältnis von Risiko und Rendite. Beim Blick auf die Kosten sind ETFs, die statt eines Ausgabeaufschlags nur einen geringen Spread (Unterschied zwischen Geld- und Briefkurs) kennen, im Vorteil. So bleiben für Aktienfonds, bei denen die jährliche Managementgebühr meist 1,5 bis 2,5 Prozent gegenüber nur 0,15 bis 0,65 Prozent bei ETFs beträgt, letztlich nur zwei Erfolgsfaktoren übrig:
Ein gutes Fondsmanagement schichtet bei Bedarf im Rahmen seiner Vorgaben um, und für Sie als Anleger bleiben diese Aktivitäten steuerfrei.
Ein fähiges Fondsmanagement bringt im Rahmen der verbindlichen Vorgaben bezüglich Zusammensetzung, Auswahl und Gewichtung die eigenen Innovationen erfolgreich ein.
Schleichendes Siechtum – nichts aus Crashszenarien gelernt?
Im Jahr 2001 besaßen fast 13,2 Millionen Bundesbürger Aktien oder Fondsanteile. Im Zug des dreijährigen Crashs von 2000 bis 2003 stürzte auch die Zahl der Fonds- und Aktienanleger dramatisch ab.
In dem erfreulichen Börsenjahr 2009 nach zuvor heftigen Absturzszenarien stieg jedoch die Zahl der Anleger, die in Aktienfonds investierten, gegenüber 2008 um 3,5 Prozent auf 6,8 Millionen an. Dies sind 10,5 Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der Fondsanleger liegt (Stand: 2009) um 4,5 Millionen über dem Wert von 1997, aber um 2,9 Millionen unter dem Rekord von 2001.
Während in der Altersgruppe von 40 bis 60 Jahren ein leichter Rückgang zu verzeichnen ist, gibt es einen deutlichen Zuwachs bei den jüngeren Leuten von 20 bis zu 39 Jahren. Derzeit sind 8,8 Millionen Bundesbürger in Aktien bzw. Aktienfonds investiert.
Was zeigt diese Entwicklung und ist ein Grund für bleibende Sorgenfalten? Die meisten Anleger haben wenig aus dem Crashszenario um die Jahrtausendwende sowie 2008/2009 gelernt.
Statt Schnäppchenkurse zum Einstieg und Zukauf zu nutzen (meine Maxime: Kaufen bei Angst!) werden massenweise Depots zu Niedrigstpreisen ausgeräumt – nicht selten unbeabsichtigt durch automatische Stop-Loss-Orders.
Oft genug ist damit ein Abschied von der Börse für immer verbunden, und die erlittenen Verluste sind zementiert.
Philip Carret legte 1928 sein Kapital mit dem seiner Verwandten und Freunde zusammen und gründete den Pioneer Fund. Er managte den ältesten in Deutschland registrierten Investmentfonds bis 1983.
Sein Leitspruch lautete: »Mit Geduld sind außergewöhnliche Gewinne erzielbar.«
ADIG Fondak: Geburtstag mit 37.000 % Wertzuwachs
Der älteste deutsche Aktienfonds ADIG Fondak feierte 2005 seinen 55. Geburtstag.
Jeder, der seit 1950 dabei ist, wurde für seine Treue mit einem Wertzuwachs von 37.000 % belohnt.
Allerdings berücksichtigt dieser Wertzuwachs nicht die stattliche Inflationsrate und die Gebühren über einen Zeitraum von 55 Jahren.
Bei der Fondsauswahl helfen Rating-Agenturen wie S&P, Moody’s, Fitch Ratings und Morning Stars, die besten Produkte aufzuspüren. Das Ranking beschränkt sich auf quantitative Beurteilungsfakoren wie Rendite, Volatilität und Risikoprofil. Das Rating bewertet die qualitativen Faktoren, vor allem die Leistungsfähigkeit der Fondsmanager. Interessant ist beim Ranking die Anzahl der Sterne. Im Hinblick auf die Bonitätseinstufung von Ländern werden die Rating-Agenturen jedoch zunehmend kritisiert, siehe die Bewertungsabschläge von Griechenland, Portugal und Spanien im Mai 2010 im Zuge der Turbulenzen um einen drohenden Staatsbankrott.
Bei vier oder fünf Sternen – vergleichbar mit einem Hotel der oberen Preisklasse – schnitt dieser Fonds in den letzten drei Jahren bei der Rendite gut bis sehr gut ab. Die Rating-Buchstaben, selbst AAA, sind jedoch kein Freibrief für eine verlässliche Einstufung in der Zukunft. Wer in der Vergangenheit gut war, muss es künftig nicht sein. Bei einer Trendumkehr, Branchenrotation oder unterschiedlicher Indexentwicklung können die Favoriten von gestern die Verlierer von morgen sein. Rating und Ranking erleichtern die Orientierung und die Grobauswahl. Eine Garantie für die künftige Kursentwicklung sind sie nicht. Am leichtesten verstecken sich die schlechtesten Fonds im Bullenmarkt. Da ist es nicht schwierig, einen Kursgewinn zu erzielen. Große Fonds schaffen nicht unbedingt bessere Ergebnisse als kleine, aber sorgen für Stabilität.
Kurzinformation: Was sind Dachfonds?
Diese Produkte legen nicht in einzelne Werte, sondern in andere Fonds an, also auch in aussichtsreiche Produkte fremder Emittenten. Als Vergleich bietet sich ein Mietshaus mit mehreren Wohnungen an. Allerdings sind zusätzliche Gebühren zu entrichten, und das Risikoprofil des Dachfonds entspricht nicht unbedingt den Vorstellungen des Investors. Grundsätzlich sind Dachfonds wegen des geringeren Risikos insbesondere im Hedge-Fonds-Sektor recht beliebt, wenngleich sie bei der Rendite gegenüber Hedge-Fonds-Zertifikaten oft gehörig hinterherhinken.
Was sind offene und geschlossene Immobilienfonds?0
Die Tabelle mit wichtigen Merkmalen sorgt für Klarheit. Offene Immobilienfonds, eine bislang bewährte Anlageform für die Altersvorsorge, geraten in Misskredit, weil viele Anleger wegen des Mittelabflusses nicht an ihr Geld herankommen. Derzeit, Mitte Mai 2010, sind acht von 45 offenen Immobilienfonds geschlossen. Damit liegt Investitionskapital von 20 Milliarden Euro auf Eis. Zuletzt wurden 500 Millionen Euro abgezogen. Im März 2010 waren hierzulande noch 89 Milliarden Euro investiert. Ein Fondsmanager meint: »Faktisch sind diese Fonds tot.«
Investmentfonds: für viele Deutsche ein Buch mit sieben Siegeln
Laut einer AXA-Studie von 2008 glaubt jeder zweite Deutsche, dass Rentenfonds die gesetzlichen Renten absichern und die Manager offener Immobilienfonds baufällige Gebäude renovieren, um sie zu höheren Preisen zu verkaufen. Die knappe Hälfte hält eine Fondsanlage für sehr kompliziert und genauso riskant wie Einzelaktien. Nur drei Prozent können sich unter einem ETF etwas vorstellen.
Wie verhängnisvoll sich mangelndes Finanzwissen auswirkt, sei am Beispiel der Fußballprofis veranschaulicht. Obgleich Spitzenkicker insbesondere als Nationalspieler 10 bis 15 Jahre extrem viel verdienen, geht jeder Vierte bis Fünfte nach Beendigung der Karriere pleite. Der Hauptgrund ist das Unvermögen, mit seinem Geld vernünftig umzugehen. Je höher der Verdienst, umso stärker steigt der Anspruch. Statt an später zu denken, wird der Lebensstandard an das wachsende Einkommen angeglichen.
Wer 20 statt 10 Jahre spart, schafft im Schnitt ein um 150 Prozent besseres Ergebnis. Bei 30-jähriger Spardauer sieht dies wegen des Zinseszinseffektes – automatische Wiederanlage aller zusätzlichen Erträge – noch viel besser aus. Wer dagegen zu wenig weiß, fährt ungebremst an die Wand oder landet im Maul gefräßiger Finanzhaie am Grauen Kapitalmarkt. (Quelle: Beate Sander: »Doppelpass Aktienbörse mit Fußball«, in Arbeit, erscheint 2012).
5.4 Zugang zur spannenden Welt der Zertifikate finden
Wichtige Anlageziele bei Zertifikaten
Kein Ruhmesblatt! Im Frühjahr 2011 bereits über 500.000 börsennotierte Anlage- und Hebelzertifikate in Deutschland und jede Minute ein neues Konstrukt
Der Derivatemarkt teilt sich in Anlagezertifikate und Hebelprodukte. Rund die Hälfte der in Deutschland gelisteten Derivate entfallen auf Hebelkonstrukte, für die sich spekulativ eingestellte Kurzzeittrader interessieren. Allein die Stuttgarter Derivatebörse EUWAX gibt rund 160.000 Optionsscheine, knapp 70.000 Knock-out-Zertifikate mit unterschiedlicher Hebelwirkung sowie über 4.600 exotische Produkte heraus – insgesamt knapp 233.000 spekulative Produkte. Die andere Markthälfte decken die auf die Bedürfnisse von Privatanlegern zugeschnittenen Anlageprodukte ab. Der Löwenanteil fällt auf Zertifikate, von denen rund 205.000 notiert sind – Tendenz steigend.
Die Anlagezertifikate schlüsseln sich (Stand Mitte Juni 2010) folgendermaßen auf: rund 120.300 Discount-Zertifikate, über 69.600 Bonus-Zertifikate, etwa 3.500 Index-Zertifikate und 10.900 weitere Anlage-Zertifikate. Hinzu kommen knapp 21.800 Aktienanleihen. Die Zahl der Anlage- und Hebelzertifikate schnellt ungebremst nach oben – mit fast 440.000 Produkten rund 25 Prozent mehr als Anfang 2009. Das macht mir große Sorgen. Wer will sich da noch auskennen und einprägsame Namen finden? Schon jetzt ist das Begriffswirrwarr mit Anleihen aus der Tier- und Pflanzenwelt, aus Musik, Sport und Fantasie beängstigend.
Derivate sind von Aktien, Anleihen, Währungen und Rohstoffen abgeleitete künstliche Finanzprodukte, die sich auf diese Basiswerte beziehen. Dadurch, dass die Marktteilnehmer bei Derivaten nur einen Bruchteil der darauf bezogenen Vermögenswerte einsetzen, können solche Produkte eine zwar lukrative, aber ebenso gefährliche Hebelwirkung entwickeln, in der Fachsprache als »Leverage« bezeichnet.
Zertifikate waren, solange das Emittentenrisiko nicht störte, Anlegers Liebling. Mit der Pleite von Lehman Brothers wandelte sich die Zuversicht in Misstrauen. Zu spät erkannten die meisten Anleger, dass sich die Kapitalschutzgarantie nur auf das Produkt, nicht aber auf den Emittenten bezog. Die Erholung ließ jedoch nicht auf sich warten, sind doch seit 2009 Aktien, Anleihen, Geldmarkt und Zinserträge steuerrechtlich gleichgestellt. Steuerfreie Erträge aus Altbeständen mit Aktien und Aktienfonds lassen sich nicht mehr aufbauen. Emittenten, meist Großbanken, zahlen an den Börsen in Stuttgart und Frankfurt jährlich einen niedrigen fünfstelligen Betrag und können dafür unbegrenzt neue Produkte platzieren. Dies wird weidlich ausgenutzt. So entstehen im Minutentakt neue Zertifikate – gewiss nicht im Interesse der Anleger, die unter dieser Flut schier zu ersticken drohen.
Soweit es sich um komplizierte Finanzkonstrukte handelt, blicken selbst führende Banker in den Vorstandsetagen nicht immer durch. Ansonsten wäre das Desaster mit den verbrieften Kreditderivaten im Zuge der schwersten Weltwirtschaftskrise seit 80 Jahren bzw. seit Bestehen der Bundesrepublik wohl kaum möglich gewesen. Die Entwicklung des Derivatemarktes geht klar in Richtung von einer halben Million Produkten. Wird das Erreichen dieser Marke gefeiert? Hoffentlich nicht! Für mich ist diese Zahl ein Warnsignal nachzudenken, die Benennungen zu vereinfachen und ähnliche Produkte bestimmten Gruppen zuzuordnen. Die gelegentlich zu beobachtenden Handelsverzögerungen und -ausfälle sind nicht zuletzt die Folge dieser Produkt-Überflutung.
Zertifikate eroberten bis 2008 die Depots der Privatanleger
Anfang 2008 war die Zertifikatewelt noch in Ordnung. Mit der Lehman Brothers-Pleite verloren jedoch viele Anleger ihr Erspartes; denn selbst Garantiezertifikate bieten bei Insolvenz keinen Schutz. Der verbriefte Kapitalerhalt betrifft nur das Produkt, nicht den Emittenten. Der Deutsche Derivate Verband DDV und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW haben daraufhin eine Checkkarte mit 18 Punkten entwickelt, um den Anlegerschutz zu verbessern.
Privatanleger bevorzugen defensive Produkte
Strukturierte Anleihen: |
41,4 % |
Kapitalschutz-Zertifikate: |
22,8 % |
Express-Zertifikate: |
9,8 % |
Sonstige Produkte: |
8,0 % |
Discount-Zertifikate: |
6,8 % |
Index-Zertifikate: |
6,1 % |
Bonus-Zertifikate: |
5,1 % |
Quelle: Handelsblatt,
Stand: 31. Januar 2010;
Deutscher Derivate Verband
Bei der Frage nach dem Anlegerprofil und der Altersklasse sind jüngere Leute und Männer gegenüber Frauen leicht in der Überzahl. Mit einem Depotanteil von rund zehn Prozent stellen derivative Finanzinstrumente eine wichtige Säule in den Portfolios dar. Vornehmlich Kurzzeittrader fühlen sich in ihrer Strategie bestätigt und in ihrem Element. Viele neue Produkte mit unterschiedlichen Laufzeiten kämpfen um Marktanteile. Bei Discountzertifikaten sind kürzere, bei Bonuszertifikaten mittlere und bei Garantieprodukten längere Laufzeiten ratsam.
Während Anlagezertifikate bei reduziertem Emittentenrisiko »Anlegers Liebling« sind, scheiden sich bei Hebelprodukten die Geister. Die US-Investmentlegende Warren Buffett sah in diesen synthetischen Finanzprodukten zumindest zeitweilig regelrechte »Massenvernichtungswaffen«. Die Vertreter der Gegenrichtung, darunter Ex-Fed-Chef Alan Greenspan, weisen auf den Nutzen von Derivaten hin. Die Wahrheit dürfte zwischen beiden Extremen liegen.
Zum Imageverlust trugen vor allem Kreditderivate und strukturierte Finanzierungsprodukte des US-Immobilienmarktes auf ungeregelten OTC-Märkten (Over the Counter) bei. Sie bewirkten einen Riesenschaden und brachten das Weltfinanzsystem zum Wanken, wobei die Krise noch längst nicht ausgestanden ist. Aktuell geht es um den drohenden Staatsbankrott von Griechenland, den 123 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm der EU und die Ratingabstufung von Portugal und Spanien, wobei Spanien nach Platzen der Spekulationsblase bei Immobilien durch die horrende Überschuldung an Kreditwürdigkeit verliert.
Allein über Anlage- und Hebelzertifikate ließ sich je ein dicker Wälzer schreiben. Dieses Buch kann lediglich den Appetit für diese Anlageform wecken und einige grundlegende Informationen vermitteln. Aus Platzgründen beschränke ich mich auf einige bekannte und beliebte Produkte. Dies sind bei den Anlagezertifikaten das Index-, Discount-, Bonus- und Garantiezertifikat. Ins Fadenkreuz der Finanzaufsicht sind als Mitverursacher der Finanzkrise unregulierte Produkte wie Swaps und Forwards geraten.
5.4.1 Mit Anlagezertifikaten auf das Marktgeschehen reagieren
Was sind überhaupt Zertifikate? Rechtlich sind es Schuldverschreibungen mit einem verbrieften Zahlungsanspruch. Anders ausgedrückt: Es sind die von Finanzinstituten ausgegebenen zinslosen Anleihen mit einem variablen Rückzahlungsbetrag. Der Emittent übernimmt die Kursfeststellung, sorgt für einen liquiden Handel und profitiert von der Differenz zwischen An- und Verkaufspreis, Spread genannt. Der Wert des Zertifikates hängt ab von der Entwicklung des jeweiligen Basiswertes, z. B. dem Kurs einer Aktie oder von einem Index wie dem DAX.
Zertifikate: Merkmale
Zinslose Schuldverschreibung von der emittierenden Bank (Emittentenrisiko)
Laufzeit häufig unbegrenzt (»Open End« oder »endlos«)
Transparent und kostengünstig
Liquide (börsentäglich handelbar)
Mit Indexzertifikaten komplette Marktabdeckung möglich
Bei Käufen seit 2009 steuerrechtliche Gleichstellung mit Aktien, Anleihen, Geldmarkt
Mit Indexzertifikaten den Einstieg in den Aktienmarkt wagen
Die Emittenten bieten liquide gehandelte Indexzertifikate auf alle gängigen Börsenbarometer an. Der Marktanteil von Indexzertifikaten wird auf rund sechs Prozent geschätzt. Es ist kein Geheimnis, dass bei den Standardaktien kaum ein Fünftel aller Fondsmanager besser als der abgebildete Index abschneidet, also die Benchmark schlägt. Rund 80 Prozent der Blue-Chip-Fonds entwickeln sich schlechter als der Markt – Grund genug, sich nach Alternativen umzusehen. Mitte Juni 2010 bot die Börse Stuttgart bereits fast 3.500 Index-Zertifikate an. Ein Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht.
Berechnungsbeispiel
Notiert der DAX bei 6.500 Punkten, kostet das Indexzertifikat auf den DAX mit einem gestückelten Bezugsverhältnis von 1:10 lediglich 650 Euro und bei einer Teilung von 1:100 nur 65 Euro. Steigt der DAX um 20 % auf 7.800 Punkte, so macht das Zertifikat diese Entwicklung exakt mit. Sinkt er um 10 %, erzielt der Anleger ebenfalls einen Buchverlust von 10 %.
Das Indexzertifikat, das naturgetreu den Index wie DAX, Dow Jones, Stoxx 50, MDAX, TecDAX, SDAX abbildet, bietet neben einem Indexfonds (Exchange Traded Funds = ETF) eine solche Chance. Da beide Anlageformen kein aktives Management erfordern, sind die Kosten niedrig. Es fällt nur ein Spread an, der geringe Unterschied zwischen An- und Verkaufspreis. Allerdings schneidet ein Indexzertifikat auch nicht besser als der Index ab. Es macht jede Bewegung punktgenau mit, während die besten aktiv gemanagten Fonds den Index schlagen. Ein Bezugsverhältnis von 1:100 erlaubt es, auch dann Index-Zertifikate zu erwerben, wenn keine große Order finanzierbar ist. Sie können flexibel reagieren und den Cost-Average-Effekt besser nutzen.
Ein großer Vorteil von Indexzertifikaten liegt darin, dass sich auch unübersichtliche und schwer verständliche Märkte abdecken lassen. Dies gilt für Schwellenländer (Emerging Markets), Rohstoffe, erneuerbare Energie, Medizintechnik, Bio- und Nanotechnologie. Sie streuen Ihr Depot und verringern das Risiko gegenüber einem Einzelinvestment. Den Indexzertifikaten erwächst jedoch mit Indexfonds Konkurrenz. Ein ETF ist als Sondervermögen gegen Insolvenz geschützt, ein Indexzertifikat als Schuldverschreibung nicht. Die vor 2009 gekauften Indexfonds zählen wie Aktien als steuerfreier Altbestand. Diesen Vorteil gibt es für Indexzertifikate nicht. Erst seit 2009 werden alle Produkte steuerlich gleich behandelt.
Finanztermingeschäftsfähigkeit
Bevor Sie in den Zertifikatehandel einsteigen, erhöhen Sie Ihre Risikostufe vorsorglich auf V und beantragen Sie bei Ihrer Bank die Finanztermingeschäftsfähigkeit. Ohne diese Voraussetzung ist ein Handel zumindest mit den riskanteren Finanzderivaten nicht möglich.
Ein wichtiger Tipp für Privatanleger
Wollen Sie Stammdaten, wesentliche Details, Realtimekurse und Charts über ein Zertifikat wissen, klicken Sie www.euwax.de oder www.boerse-stuttgart.de an. Geben Sie links oben im dafür vorgesehenen Kasten die ISIN bzw. WKN des gewünschten Wertpapiers ein. So erfahren Sie ganzseitig alles Wissenswerte auf dem aktuellen Stand, die individuelle Ausgestaltung, die Kursentwicklung, das 52-Wochen-Hoch/Tief, den Börsenwert und andere Kennzahlen.
Klassische Bonuszertifikate interessant in steigenden Märkten
Ein attraktiver Sicherheitspuffer nach unten sowie eine ungebremste volle Gewinnchance nach oben: Eine an die »Eier legende Wollmilchsau« erinnernde Kombination bieten klassische Bonuszertifikate, vorausgesetzt, der Aktienmarkt tendiert aufwärts. Derzeit buhlen fast 70.000 Bonuszertifikate der Börse Stuttgart um die Gunst des Anlegers.
Bonuszertifikate sind nach historischen Tiefständen und im Bullenmarkt bei marktkundigen Investoren begehrt. Profis schichten bei einer solchen Marktlage häufig in ihren Kundendepots von Discount- in Bonuszertifikate um. Allerdings verschenkt der Emittent auch hier nichts. Sie bezahlen als Anleger für Bonus und höhere Sicherheit meist mit dem Verzicht auf die Dividende. Sie verdienen bei frühzeitigem Einstieg insbesondere in der Hausse. Auch im Seitwärtsmarkt und bei mäßiger Korrektur ohne hohe Volatilität erwirtschaften Sie eine Rendite.
Wie funktioniert das Bonuszertifikat? Der Emittent stattet es mit einem Bonusbetrag sowie einer oberen und unteren Kursschwelle aus. Sobald das Zertifikat ausläuft und der Preis des Basiswertes innerhalb dieser beiden Schwellen liegt und diese auch nie berührt hat, bekommen Sie den vereinbarten Bonusbetrag ausgezahlt. Liegt der Basiswert (Underlying), z. B. die DAX-Aktie Allianz, jedoch irgendwann auf oder unterhalb der Risikoschwelle, entspricht der Preis dem aktuellen Wert des Zertifikats bei Verfall. Befindet sich der Basiswert über der oberen Schwelle, nehmen Sie ohne Bonus an der Kursentwicklung voll teil. Diese obere Schwelle wird gebildet, indem der Bonus auf den Emissionspreis aufgeschlagen wird.
Dazu ein Beispiel: Gehen wir von einem Bonuszertifikat auf die Allianz-Aktie aus. Am Tag der Emission liegt der Aktienkurs bei 100 Euro. Diesen Betrag kostet auch das Bonuszertifikat bei einem Bezugsverhältnis von Eins zu Eins. Das Papier wird fällig im Dezember 2011. Die Dividende von rund 4,50 Euro pro Jahr kassiert während der dreijährigen Laufzeit der Emittent, um seinen Absicherungsmechanismus zu finanzieren.
Am Laufzeitende zahlt die emittierende Bank einen Bonus von zwölf Euro zusätzlich zum Nominalbetrag von 100 Euro aus, insgesamt also 112 Euro. Die entfallene Dividende beträgt 13,50 Euro.
In diesem Beispiel hat das Bonuszertifikat auf die Allianz-Aktie eine obere Bonusschwelle von 112 Euro und eine Risikorendite von zwölf Prozent. Die untere Bonusschwelle beträgt 80 Euro. Dies bedeutet einen Risikopuffer von 20 Prozent. Solange die Allianz-Aktie weniger als ein Fünftel verliert, erhalten Sie zum Laufzeitende einen zwölfprozentigen Gewinn. Durchbricht die Aktie innerhalb der Laufzeit die untere Bonusschwelle von 80 Euro, was bei einem Crash leicht geschieht, verwandelt sich das Bonuszertifikat in ein gewöhnliches Aktienzertifikat. Der Schutz geht ebenso verloren wie der Bonus. Erholt sich die Aktie innerhalb der dreijährigen Laufzeit, macht das Zertifikat die Aufwärtsbewegung voll mit. Sollte die Allianz-Aktie zum Laufzeitende 140 Euro kosten, nehmen Sie ungeschmälert teil am Kursgewinn von 40 Prozent gegenüber dem Ausgabepreis. Nur den Bonus bekommen Sie nicht. Auf diesen müssen Sie verzichten, wenn die Allianz-Aktie irgendwann die untere oder die obere Kursschwelle durchbricht. Wer vor Laufzeitende verkauft, verliert den Bonus sowieso.
Kaum eine Derivategattung hat sich rückblickend besser entwickelt als das Bonuszertifikat. Dies liegt sicherlich nicht daran, dass ständig neue Versionen den Markt überfluten. Der Siegeszug ist den einfach konstruierten, leicht verständlichen klassischen Produkten zu verdanken, die halten, was sie versprechen: Einerseits Sicherheit durch den gewährten Teilschutz, andererseits gute Renditechancen, weil der Kursgewinn nicht wie beim Discountzertifikat gedeckelt wird.
Laut Derivate Forum investieren Privatanleger jeden fünften in Zertifikate fließenden Euro in solche Teilschutzprodukte. Das Angebot ist im Bonussegment allerdings so umfangreich geworden, dass Ihnen als Anleger einiges abverlangt wird.
Die meisten Bonuszertifikate sind durch zwei Kursschwellen gekennzeichnet: das Absicherungsniveau, auch Barriere genannt, und das Bonusniveau, das aktuell über der bei der Emission festgesetzten oberen Kursschwelle liegt.
Beide Grenzen sind entscheidend für das Chance-Risiko-Profil. Es gilt folgende Faustregel. Je näher bei der Emission die Sicherheitsschwelle am aktuellen Kurs des Basiswertes liegt, desto üppiger fällt der Bonus aus und umgekehrt. Steigt der Basiswert über das Bonusniveau, nehmen Sie voll am Kursgewinn teil. Sie können den gestrichenen Bonus und die einbehaltene Ausschüttung verschmerzen. Allerdings kämen Sie im Bullenmarkt bei einem Direktinvestment in eine Aktie besser weg, sofern es sich um einen dividendenstarken Titel mit aktuell fünf bis acht Prozent Rendite handelt wie Allianz, Deutsche Telekom, E.ON, Munich Re und RWE. Der Teilschutz hat seinen Preis.
Diese einfach konzipierten und leicht verständlichen klassischen Bonuszertifikate stehen heute im Wettbewerb mit flexibel ausgestatteten Produkten. Als besondere Variante gibt es Bonuszertifikate mit Cap. Dieser ist zwar höher als bei Discountzertifikaten üblich, macht aber zu Gunsten anderer Kennzahlen unbegrenzte Kursgewinne nicht mehr möglich. Manche neuartigen Konstrukte sind schwer zu verstehen. So gibt es auch Reverse-Bonus-Zertfikate, die auf fallende Kurse setzen – vergleichbar mit Put-Optionsscheinen.
Klassische Bonuszertifikate erzielen dann hohe Renditen, solange sich die Kurse innerhalb des vorgegebenen Korridors bewegen und nicht abstürzen. Als Anleger erwarten Sie nicht zu stark steigende oder stabile Kurse, aber gehen nicht von einem Bärenmarkt mit hoher Volatilität, starker Korrektur und Crash aus. Rechnen Sie mit einem Seitwärtstrend, so ist das Discountzertifikat die bessere Alternative. Wird die obere oder untere Schwelle berührt, so sind Sie gegenüber der Aktie im Nachteil, nachdem Sie ja auch noch auf die Dividende verzichten. 2008 gehörte das Bonuszertifikat mit einem Marktanteil von 18,5 Prozent zu den beliebtesten Zertifikate-Typen. Heute (2010) liegt der Anteil noch bei 5,5 Prozent.
Mit Discountzertifikaten im Sägezahnmarkt auf der richtigen Seite
Seit dem Crashszenario ab der Jahrtausendwende und den starken Kurseinbrüchen im Herbst 2008 und Frühjahr 2009 als Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sind Discountzertifikate bei Privatanlegern besonders gefragt. Auch in schwankungsfreudigen Märkten spielen Discountzertifikate ihre Vorteile aus. Sie vermindern das Verlustrisiko, ohne bei einem Aufwärtstrend außen vor zu bleiben. Die Börse Stuttgart bietet bereits rund 120.300 Discountzertifikate an.
Ihren Höhenflug erlebten die Discountzertifikate 2004 mit einem Anteil am gesamten Zertifikatemarkt von 80 Prozent. Dies war nicht verwunderlich, denn laut einer 2005 veröffentlichten Studie erzielten damals von über Tausend ausgewerteten Discountzertifikaten mehr als 70 Prozent eine bessere Performance als mit der entsprechenden Aktie. 2005/06/07 wäre das Ergebnis umgekehrt, also zu Gunsten der Aktienanlage ausgefallen. Im Zuge der Börsenhausse von 2003 bis 2007 wurde die große Zeit der Bonuszertifikate eingeläutet. Bis Juni 2010 erhöhte sich die Anzahl der Discountzertifikate auf über 120.000 Produkte – viel zu viel, um den Überblick zu bewahren.
Wie ist ein Discountzertifikat aufgebaut?
Der Verkauf einer Call-Option bildet die Basis beim Discountzertifikat. Der Emittent erwirbt nicht nur den Basiswert, z. B. die BASF-Aktie, sondern verkauft gleichzeitig eine Call-Option auf diesen Basiswert. Der namensgebende Preisnachlass setzt sich neben der einbehaltenen Dividende aus dem Erlös der Call-Option zusammen. Vor allem in richtungslosen und unsicheren Märkten spielen Discountzertifikate ihre Stärke aus. Als Anleger bekommen Sie einen Rabatt. Im Gegenzug verzichten Sie auf die Wertentwicklung oberhalb einer bestimmten Kursmarke, Cap genannt. Je höher der Discount beim Kauf ist, umso tiefer wird der Cap gesetzt bzw. umso früher wird der Kursgewinn begrenzt. Vorsichtige Anleger bevorzugen diese Rabattpapiere; denn sie bieten einen ansehnlichen Risikopuffer und schneiden im fallenden Markt und im Seitwärtstrend besser als Aktien ab.
Nur im Bullenmarkt sind Aktien überlegen, weil der Cap den Kursgewinn deckelt. Den zweistelligen Rabatt gibt es nicht gratis. Mehr Sicherheit hat ihren Preis. Die Gewinnausschüttung entfällt. Sie brauchen nur einen Blick auf die Dividendenrendite bei etlichen DAX-, MDAX-, SDAX- und STOXX 50-Titeln zu werfen. Im Einzelfall gehen Ihnen pro Jahr mehr als fünf oder sechs Prozent verloren.
Dazu ein Beispiel: Liegt beispielsweise der Kurs der Siemens-Aktie bei 75,50 Euro, wird das Discountzertifikat – abhängig von Emittent, Ausgestaltung und Restlaufzeit – mit einem Rabatt auf den Basiswert, auch Underlying genannt, von 10 bis 20 Prozent angeboten. Je nach Ausgestaltung können Sie das Papier zum Preis von etwa 60 bis 68 Euro erwerben. Bei einem Nachlass von 10 bis 15 Prozent beträgt die maximale Gewinnchance vielleicht 30 Prozent, bei einem Rabatt von 20 Prozent und darüber deutlich weniger. Discountzertifikate gibt es nicht nur auf Einzelaktien und Aktienindizes, sondern ebenso auf Rohstoffe.
Der Kapitalerhalt bei Garantiezertifikaten hat seinen Preis
Als negative Crash-Nachwirkung ist bei vielen Privatanlegern das Sicherheitsstreben dermaßen stark ausgeprägt, dass sie wegen der bestehenden Verlustangst jahrelang auf attraktive Renditen verzichten, wie sie Investmentfonds, gute Einzelaktien, Bonus- und Discountzertifikate bieten. Diese Flucht in Garantieprodukte hat ihren Preis.
Als Anleger müssen Sie für den auf das Produkt, aber nicht auf den Emittenten bezogenen garantierten Kapitalerhalt bezahlen – sei es mit dem Verlust der Dividende, mit hohen Gebühren oder mit einer nur mageren Rendite. Geht der Emittent Pleite wie damals Lehman Brothers, wird Ihr Garantiezertifikat wertlos. Die Rendite selbst ist möglicherweise so gering, dass sie weder die Inflationsrate abdeckt noch die Transaktionskosten und die Abgeltungsteuer wieder hereinholt. Dann wandelt sich der erwartete Kapitalerhalt in ein schleichendes Kapitalvernichtungssparen wie beim Sparbuch bzw. Sparkonto derzeit zu beobachten. Dennoch liegt der prozentuale Anteil der beliebten Garantieprodukte mit Voll- oder Teilschutz bei etwa 20 Prozent.
Das klassische Garantiezertifikat ist leicht zu verstehen. Sie erhalten zum Ende der Laufzeit auch im Bärenmarkt Ihr eingesetztes Kapital zurück. Entwickelt sich der Basiswert positiv, auf den sich das Papier bezieht, z. B. ein Aktienkorb oder Index wie DAX oder EURO STOXX 50, bekommen Sie zusätzlich eine Art Verzinsung. Gegenüber den meisten Discount- und Bonuszertifikaten schneidet das Garantiezertifikat allerdings nur dann besser ab, wenn die Aktienindizes extreme Kursverluste erleiden. Bei allen übrigen Marktbewegungen hat ein Discount- oder Bonuszertifikat die Nase deutlich vorn. Ein bisschen mehr Mut ist also angezeigt! Insbesondere im Hinblick auf Vermögensaufbau und Altersvorsorge!
Das Wichtigste zum Garantiezertifikat
Garantie. Der zugesicherte Kapitalerhalt gilt nur, wenn der Anleger das Zertifikat bis zum Ende der Laufzeit hält.
Gebühren. Für die meisten Garantiezertifikate fallen Gebühren an. Je komplizierter das Zertifikat ausgestaltet ist, umso wahrscheinlicher sind auch versteckte Gebühren.
Es bietet sich folgender Vergleich an: Viele Autofahrer begnügen sich mit einer Teilkaskoversicherung für das eigene Fahrzeug, weil die Beiträge für eine Vollkaskoversicherung hoch sind und sie ihrer eigenen Fahrweise vertrauen. Ähnlich verhält es sich mit Garantiezertifikaten. Teilgarantiezertifikate sichern das eingesetzte Kapital nur zu 75 bis 90 Prozent ab. Dafür ist die Chance auf eine attraktive Rendite größer. Im Klartext: je geringer die Garantie, desto höher die Renditechance!
Strategie- und Basketzertifikate – interessant für Individualisten
Während des »Dot.com«-Fiebers dicht vor der Jahrtausendwende schossen Internet-Baskets wie Pilze aus dem Boden. Von dieser Online-Euphorie ist bezüglich Aktienkursentwicklung so viel nicht übrig geblieben, wenn das Geschäft selbst auch gut läuft und mit immer neuen Innovationen und Inspirationen überrascht.
Wer sich heute ein Basketzertifikat ins Depot legen will, hält Ausschau nach attraktiven Aktienkörben aus den Bereichen Rohstoffe, Edelmetall, Software, Maschinen- und Autobau, Bau- und Wasserwirtschaft, Medizintechnik und je nach Marktlage auch erneuerbaren Energien.
Wer als Anleger bestimmte Vorlieben und Markterwartungen hat, z. B. deutsche, europäische oder internationale Aktien mit der höchsten Rendite bevorzugt oder auf andere Themen setzt, für den sind Strategiezertifikate bzw. die aus einem Aktienkorb gebildeten Basketzertifikate mit und ohne Laufzeitbegrenzung interessant. So gibt es zum Beispiel Aktienkörbe, die von sportlichen Großereignissen wie Fußballweltmeisterschaften oder Olympiaden profitieren wollen.
Der wesentliche Unterschied gegenüber Indexzertifikaten und Indexfonds besteht darin, dass diese Produkte aktiv gemanagt werden. Selbst mit einem kleineren Portfolio lassen sich mit Basketzertifikaten wichtige Märkte und Branchen abdecken. Die Zusammensetzung ändert sich gewöhnlich auch dann nicht, wenn sich eine Branche überdurchschnittlich gut oder schlecht entwickelt. Strategiepapiere verfügen in der Regel über eine begrenzte Laufzeit. Meist handelt es sich um Produkte, deren Aktienkorbauswahl nicht den subjektiven Einschätzungen der Experten obliegt, sondern durch Computerprogramme, also mathematische Parameter, bestimmt wird.
Quantozertifikate bieten Schutz vor Währungsrisiken
Trägt ein Zertifikat den Begriff »Quanto« im Namen, wissen Sie sogleich, dass der Titel währungsgesichert ist. Schwankungen der Wechselkurse, wie das Verhältnis Euro/Dollar, beeinflussen die Kursentwicklung dann nicht. Diese Absicherung ist wichtig bei den in Dollar gehandelten Rohstoffkontrakten, beispielsweise den Edelmetallen Gold, Silber, Platin. Ist die Laufzeit begrenzt, werden die Kosten für die Währungsabsicherung beim Aufgeld verrechnet. Als Anleger entrichten Sie die Versicherungsprämie gleich beim Kauf.
Bei einem Open-End-Zertifikat zieht die ausgebende Bank die Kosten für die Währungsabsicherung fortlaufend vom Wert des Zertifikats ab. Es gibt also kein Absicherungsmodell, für das Sie nicht zur Kasse gebeten werden, sei es über höhere Gebühren und Aufschläge, sei es über den Einbehalt der Dividende oder beides.
Vom Express- zum Schmetterlings- und Maulwurfs-Zertifikat – die Begriffsvielfalt nimmt kein Ende
Vor einiger Zeit fragte ich einen Zertifikatexperten: »Kennen Sie das Maulwurfs-Zertifikat für alle Marktbewegungen, das ähnlich einem Hügel aufwerfenden Maulwurf bei steigenden Kursen durch Call-Optionsunterlegung für kräftige Kursgewinne sorgt? Umgekehrt, bei scharfer Korrektur und Crash, wenn der Maulwurf Reißaus nimmt und sich tiefe Gräben schaufelt, kann das Konstrukt mittels Put-Optionen auch in fallenden Märkten Geld verdienen.« – »Ja, ein tolles, innovatives Produkt für jede Marktlage«, lautete die Antwort. – Dieses Zertifikat entspringt meiner Fantasie, zeigt aber die ganze Problematik der unglaublichen Produkt- und Namensvielfalt auf.
Bei einer Zertifikatwahl im Jahr 2001 hätte vermutlich ein einfaches Indexzertifikat die Nase vorn gehabt. Ein Jahr später wäre das Discountzertifikat zum Sieger gekürt worden. 2003 stände ein Bonuszertifikat ganz oben auf dem Treppchen, 2005 vielleicht abgelöst vom Sprint- und Expresszertifikat. 2006 stand das Schmetterlings- oder Chamäleonzertifikat im Blickpunkt, 2010 war das Discount- und Bonuszertifikat erneut gefragt. Die einprägsamen, Fantasie weckenden Anleihen aus der Tier- und Pflanzenwelt zeigen den Notstand auf, bereits über 440.000 Zertifikate benennen und voneinander abgrenzen zu müssen. Es scheint so, dass die Emittenten fortlaufend neue Konstrukte mit dazu passenden Legenden erfinden, um den Anlegern ihre Produkte schmackhaft zu machen und im Wettbewerb zu bestehen. Ob diese Produktüberflutung aber tatsächlich hilfreich ist, dies sei kritisch hinterfragt. Häufig kombinieren die Emittenten das Merkmal »Schutz vor Verlusten« mit einem Hebel auf mögliche Zugewinne. Als Basiswert dienen Aktien, Indizes, Währungen und bevorzugt Rohstoffe.
Dazu ein Beispiel: Ob der Ölpreis steigt oder fällt, ein Öl-Schmetterlings-Zertifikat verspricht in beiden Marktrichtungen Gewinne, vorausgesetzt, der Ölpreis durchbricht bis zum Laufzeitende in ungefähr fünf Jahren nicht eine tiefgesetzte Marke nach unten (etwa 60 US-Dollar pro Fass) bzw. steigt nicht über eine hochgezogene obere Begrenzung (beispielsweise 150 US-Dollar pro Barrel).
Nicht nur für Aktien, auch für Zertifikate gilt ein Picking mit System
Nicht jedes Zertifikat ist auf jede Marktlage, jedes Anlegerprofil und jeden Anlagezeitraum zugeschnitten. Wer mit Zertifikaten erfolgreich handeln will, sollte – wie beim Aktieninvestment – einige Grundsätze beachten:
Zertifikat-Sparpläne: Vermögensaufbau und Altersvorsorge in kleinen Raten über einen langen Zeitraum
Ob es sich um die eigene Immobilie, die Unterstützung der Kinder und Enkel oder die Altersvorsorge dreht: Mit einem Index-Zertifikat- und ETF-Sparplan lässt sich langfristig ein ansehnliches Vermögen aufbauen.
Statt wie früher nur in Einzelaktien und Aktienfonds zu investieren, entscheiden sich viele Anleger wegen der Transparenz und der niedrigen Kosten immer öfter für ein Indexzertifikat oder einen Indexfonds (ETF) in Form eines Sparplans. Eine private Altersvorsorge ist wegen geringerer Rentenansprüche unverzichtbar. Vor 2009 war eine Einmalanlage in einen Index- oder Aktienfonds günstig, um steuerfreie Kursgewinne auch noch nach Jahrzehnten einzuheimsen. Oft aber fehlte es an Geld, einen solchen Plan umzusetzen. Eltern und Großeltern denken dabei auch an ihre Kinder und Enkel. Junge Leute handeln klug und weitsichtig, ab Beginn der Berufstätigkeit regelmäßig neben Riester- und Betriebsrente zumindest einen kleineren Betrag in einen ETF- oder Index-Zertifikat-Sparplan zu investieren.
Mit einem Zertifikat-Sparplan erwerben Sie als Investor Anteile an einem Basiswert, sei es eine bestimmte Aktie aus dem DAX wie Adidas, Allianz, BASF oder Bayer, ein internationaler Standardtitel-Aktienkorb, ein kompletter Index wie MDAX, Euro Stoxx 50, Dow Jones oder Div-DAX. Anders als bei Kapital-Lebensversicherungen oder Bausparverträgen können Sie auf die Anlage jederzeit zugreifen und diese zum tagesaktuellen Börsenkurs verkaufen. Die Sparrate ist flexibel, und Sie dürfen bei finanziellem Engpass die Einzahlung vorübergehend aussetzen. Dennoch ist Disziplin geboten, um das gewünschte Sparziel zu erreichen.
Bei Zertifikaten gibt es einen Wermutstropfen: Im Falle einer Insolvenz des Emittenten ist das Sparvermögen nicht geschützt. Folglich sollte Ihre Wahl in diesen schwierigen Zeiten der noch nicht ausgestandenen Finanzkrise unbedingt auf eine renommierte international tätige Großbank fallen, die sich nicht durch riskante Geschäfte mit verbrieften Kreditderivaten finanziell ruiniert hat und staatliche Rettungsschirme benötigt.
Beim Sparplan verhalten Sie sich antizyklisch und nutzen den Cost-Average-Effekt. Da die monatliche Sparrate in der Regel gleich bleibt, erwerben Sie bei einem hohen Kurs Ihres Sparobjekts nur wenige, bei einem niedrigen Kurs relativ viele Anteile.
So erzielen Sie einen günstigen Durchschnittspreis. Etliche Direktbanken berechnen für Zertifikat-Sparpläne keine Depotgebühren. Dazu gehören die DAB Bank, Cortal Consors sowie comdirect. Als Sparbetrag setzen einige Banken monatlich mindestens 50 Euro, etliche Geldinstitute auch 100 Euro voraus.
5.4.2 Das Duell: Aktienfonds und Anlagezertifikate
5.4.3 Was sind Hebelzertifikate? Mehr Chancen und Risiken
Das Bankhaus Trinkaus & Burkhardt leitete im Jahr 1989 die Ära der Hebelprodukte mit der Emission des ersten verbrieften Optionsscheines (OS) ein. Danach setzte eine stürmische Weiterentwicklung der Optionsscheine wie auch der Hebelzertifikate ein. Mitte Juni 2010 bot die Börse Stuttgart nahezu 160.000 Optionsscheine, rund 69.000 Knock-Out-Hebelzertifikate und 4.600 sogenannte Exotische Produkte an.
Die Hebelzertifikate ähneln in ihrer Konstruktion den Optionsscheinen, zeigen jedoch eine höhere Hebelwirkung. Marktkundige, risikofreudige Kurzzeittrader fühlen sich hier in ihrem Element. Bereits 2003 wurden rund 60 Milliarden Euro mit Hebelzertifikaten umgesetzt, nahezu doppelt so viel wie mit klassischen Optionsscheinen. Im Gegensatz zu den klassischen Anlagezertifikaten bieten derivative Hebelprodukte wie Turbo-Zertifikate oder Mini-Futures (möglicher Totalverlust bei Erreichen von Knock-out-Schwellen) ein hohes Chancen/Risiko-Potenzial.
Hier bietet sich der Vergleich mit einem Autofahrer an, der viel Geld für den schnellsten Sportwagen ausgibt, die Maximalgeschwindigkeit und sein Fahrgefühl auf den verstopften Autobahnen aber nur selten erreichen und ausleben kann. Einen teuren Sportwagen unfallfrei zu fahren, verlangt viel Übung und Erfahrung. Dies gilt ebenso für den Umgang mit Hebelzertifikaten.
Wie funktionieren Hebelzertifikate »LONG« und »SHORT«?
Gehen wir von einem bei 100 Euro liegenden Aktienkurs aus und einem Finanzierungslevel von 90 Euro, dem Unterschied zwischen Aktiennotierung und Preis für ein Turbo-LONG-Zertifikat. Das spekulative Derivat kostet zehn Euro (100 abzüglich 90) und hat damit einen Hebel von zehn Prozent. Steigt die Aktie um 15 Prozent auf 115 Euro, erhöht sich der Wert um 150 Euro.
Nicht anders verhält es sich bei Verlusten. Fällt der Aktienkurs beispielsweise um fünf Prozent, beträgt der Verlust bei einem Hebel zehn also 50 Prozent. Bei einem Turbo-SHORT-Zertifikat läuft dies ebenso ab. Nur gibt es jetzt Gewinne bei sinkenden und Verluste bei steigenden Aktienkursen.
5.5 Den Anleihenmarkt beobachten und Chancen nutzen
Die Börse Stuttgart bietet, Stand Mitte Juni 2010, knapp 22.000 Aktienanleihen an. Sicherlich sind Sie schon öfters auf die Begriffe Aktienanleihen, Wandelanleihen, Hochzinsanleihen, Unternehmensanleihen und Staatsanleihen gestoßen, vielleicht darüber auch gestolpert.
Vielleicht wissen Sie nicht so genau, was sich hinter diesen Fachausdrücken verbirgt, was sie voneinander unterscheidet, was sich je nach Marktlage und Risikoprofil im Einzelfall anbietet. Immer handelt es sich um Schuldverschreibungen, nicht um Sachwerte, die im Falle einer Währungsreform wohl sicherer wären. Der Zinssatz hängt vorrangig von der Strategie der internationalen Notenbanken ab.
Die Notenbanken heben den Leitzinssatz an, wenn die boomende Konjunktur die Inflationsrate aufwärts treibt. Sie senken den Zinssatz auf historische Tiefststände wie augenblicklich, wenn eine Rezession droht oder es zu Verwerfungen im Finanzsystem kommt. Ausgelöst durch die Subprimekrise in Amerika kam es zur schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise rund um den Globus seit 80 Jahren bzw. seit Bestehen der Bundesrepublik. Der Anleihenmarkt ist ein solch komplexer Bereich, dass sich allein darüber ein dicker Wälzer schreiben ließe. Hier muss ein kurzer Überblick genügen.
Die von Großbanken ausgegebenen Aktienanleihen: Der Emittent bestimmt die Auszahlungsform
Die von den Emittenten, meist Großbanken, ausgegebenen Aktienanleihen sind an die Kursentwicklung einer Aktie gekoppelt. Sie besitzen wie andere Schuldverschreibungen einen Kupon mit garantierter Zinszahlung. Der Emittent hat zum Laufzeitende die Wahl, den Nominalbetrag plus Zinsen oder eine zuvor festgelegte Anzahl von Aktien plus Zinsen auszuzahlen. Bei einem Kursabsturz liefert die Bank immer die Aktien. Da ist der Zinskupon nur ein kleines Trostpflaster.
Aktienanleihen bieten in stagnierenden Märkten eine attraktive Verzinsung. Der hohe Zinskupon rechnet sich umso mehr, wenn der Pauschbetrag für die Besteuerung von Zinserträgen sonst nicht voll ausgeschöpft wird. Im Bullenmarkt kommen Sie als Privatanleger mit Aktienanleihen schlechter weg als beim Direktinvestment in Einzelaktien, zumal neben dem Kursgewinn oft eine ansehnliche Dividende winkt. Außerdem können Sie unabhängig von Laufzeiten reagieren.
Bis zum Jahresende 2008 hatten Sie die Chance, sich noch einen steuerfreien Altbestand aufzubauen. Ganz schlecht sind Aktienanleihen bei einem Crash. Dann ist die Bank der strahlende Sieger, und Sie als Aktionär sind der Verlierer der Wette. Denn Sie müssen – wie vereinbart – die abgestürzten Aktien ins Depot nehmen. Bei vorzeitigem Verkauf entfällt der Zinskupon.
Die von Aktiengesellschaften ausgegebenen Wandelanleihen: Der Anleger bestimmt die Rückzahlungsform: Geld oder Aktien
Neben Aktienanleihen mit Hochzinskupon gibt es auch die von den Unternehmen begebenen klassischen Wandelanleihen mit Niedrigzinskupon. Hier bestimmen Sie als Anleger innerhalb einer vorgegebenen Frist, ob Sie die Wandelschuldverschreibung bar ausgezahlt wünschen oder eine schon im Vorfeld vereinbarte Aktienanzahl vorziehen. Das Anlagerisiko ist trotz der guten Chancen gering, wenn die Rating-Einstufung des Unternehmens hoch ist, also im A-Bereich liegt. Im Unterschied zu der von einem Unternehmen ausgegebenen Wandelanleihe bestimmt bei einer Aktienanleihe stets die emittierende Bank die Auszahlungsform. Als Ausgleich ist der Zinskupon wesentlich höher und bewegt sich oft sogar im zweistelligen Bereich.
Wandelanleihen schneiden in etlichen Börsenphasen besser ab als Dividendenpapiere. Während internationale Aktien von 1993 bis 2005 einen jährlichen Ertrag von 7,6 Prozent brachten, lieferten die Wandler im Schnitt sogar 8,6 Prozent. Gleichzeitig war das Risiko begrenzt. Am Aktienmarkt drohen im Crash weitaus höhere Verluste als bei Wandelanleihen, auch Convertibles genannt.
Ausnahme: Es kommt zur Insolvenz des Emittenten wie bei Lehman Brothers geschehen. Selbst bei Garantiezertifikaten droht bei Zahlungsunfähigkeit des Emittenten der Totalverlust, weil sich die Garantie nur auf das Produkt bezieht.
Die von Firmen ausgegebenen Unternehmensanleihen: je höher der Zinssatz, umso niedriger sind Bonität und Rating
Sowohl Großkonzerne als auch Mittelständler nutzen gern als Alternative zur herkömmlichen Kreditaufnahme bei den Banken diese Finanzierungsform, um sich Fremdkapital zu beschaffen.
Beispiel: Unternehmensanleihe Solar Millennium
Festzins pro Jahr: |
6,75 % |
Zeichnung ab: |
1.000€ |
Zinszahlung: |
jährlich |
Laufzeit: |
5Jahre |
Ausgabekurs: |
100 % |
Stückzahl: |
40.000 |
Emissionsdatum: |
08.07.2008 |
WKN: |
A0V 8YQ |
Prospektdatum: |
07.07.2008 |
Emittentin: Solar Millennium AG
Unternehmensanleihen sind in der Regel nicht durch zusätzliche Sicherheiten wie beispielsweise bei Pfandbriefen unterlegt. Die Bonität ist durch das Rating einschätzbar. Verschlechtert sich die Rating-Einstufung während der Laufzeit, so dürfte dies zu fallenden Kursen führen. Umgekehrt ist bei einer Rating-Verbesserung ein Kursgewinn denkbar. Ein Bond mit erstklassigem Rating im A-Bereich weist eine niedrigere Rendite auf als eine Schuldverschreibung mit einem schlechten Rating bis hin zum »Ramsch-Status« C. Die Laufzeit beträgt mehrere Jahre.
Was geschah mit neun Unternehmensanleihen, vor zwei Jahren von BÖRSE ONLINE in der Ausgabe 25/08 empfohlen? Ein Vergleich
Wie entwickelten sich diese Schuldverschreibungen mit unterschiedlichen Rating-Einstufungen und Laufzeiten? Alle Corporate Bonds – so heißt der Fachausdruck – befinden sich mit ihrer Kursentwicklung im Plus zwischen rund fünf und zehn Prozent in einem Zeitraum von zwei Jahren.
Die Kursentwicklung ist wichtig für den Kauf und Verkauf. Ansonsten kommt es auf den Zinskupon an, per annum bei allen Titeln deutlich mehr als vier bis zu über sieben Prozent, wobei die Anleihe von Heidelberg Cement eine Sonderform mit steigendem Zinssatz darstellt, ähnlich wie beim Bundesschatzbrief.
Die Rendite ist bei diesen neun Anleihen nicht gerade üppig, bringt aber bei begrenztem Risiko viel mehr als das Sparbuch bzw. Sparkonto.
Interessant ist es, die Aktienperformance bei diesen neun Unternehmen im gleichen Zeitraum gegenüber zu stellen: Jahresschluss 2008 und 2009, Aktienkurs Mitte Juni 2010, prozentuale Kursentwicklung 2009 und 2010. Dabei würde ich mich bei E.ON und Deutsche Telekom eher für die Aktie entscheiden, weil hier bereits die Dividendenrendite höher als der Zinskupon ist, aktuell bei E.ON über sechs und bei der früheren »Volksaktie« Telekom knapp acht Prozent.
Auswertung: Richtig profitabel mit Kursanstiegen zwischen 50 bis 100 Prozent vom Jahresende 2008 bis Mitte Juni 2010 war das direkte Aktieninvestment im Vergleich zu der jeweils empfohlenen Unternehmensanleihe bei den VW Vorzügen (jetzt im DAX durch Umtausch mit den Stämmen), bei Linde, Siemens und General Electric. Dabei ist nicht zu übersehen, dass es beim Aktienkauf bis zum Jahresschluss 2008 die Riesenchance gab, sich noch einen steuerfreien Altbestand aufzubauen. Im Gegensatz zu Anleihen gibt es keine die Rendite begrenzenden Laufzeiten.
Staatsanleihen: Zinssatz hängt von Rating und Laufzeit ab
Renditeübersicht Bundesanleihen Rating AAA
Dezember 2009 – Juli 2008
Finanzierungsschätze, 1 Jahr
0,60 % |
4,40 % |
Finanzierungsschätze, 2 Jahre
1,05 % |
4,40 % |
Bundesschatzbrief A, 6 Jahre
2,29 % |
4,44 % |
Bundesschatzbrief B, 7 Jahre
2,56 % |
4,50 % |
Bundesobligation, 5 Jahre
2,50 % |
4,50 % |
Bundesanleihe, 10 Jahre
3,25 % |
4,57 % |
Bundesanleihe, 3 Jahre
4,75 % |
4,83 % |
Die Frankfurter Börse hat ein eigenes Segment für ihre rund 14.000 dort gelisteten Zinstitel eingerichtet. Anders als bei Aktien wird bei Anleihen der Kurs in Prozent angegeben. Kostet eine Anleihe mit einem Nennwert von 1.000 Euro momentan 1.030 Euro, entspricht dies einem Kaufkurs von 103 Prozent. Sind jetzt lediglich 975 Euro zu bezahlen, so lautet die Kursangabe 97,5 Prozent. Der Börsenhandel mit Anleihen fristet eher ein Nischendasein. Tagesgeldsätze durch Lockvogel-Angebote steigen.
Grundsätzlich können Sie zwischen in- und ausländischen Staatsanleihen wählen, die eine kurze, mittlere oder lange Laufzeit haben. Sie sollten nur Staatsanleihen mit guter Bonität, also den Ratingstufen AAA, AA oder A1 auswählen. Je niedriger die Ratingstufe ist, desto höher ist zwar der Zinskupon, aber eben auch das Risiko, dass Rück- und Zinszahlung überhaupt nicht oder mit Abstrichen erfolgen wie einst bei den argentinischen und möglicherweise bei den jetzigen griechischen Staatsanleihen. Deutsche Bundesanleihen haben die höchste Ratingstufe von AAA und gelten als sicher. Das Risiko eines Totalverlustes erscheint ausgeschlossen.
Obgleich sich die Staatsschulden auf über 1,64 Billionen Euro angehäuft haben, begleicht die Bundesrepublik ihre Zahlungsverpflichtungen stets pünktlich. Die Verschuldungsquote beläuft sich pro Kopf vom Säugling bis zum Greis auf rund 20.000 Euro. Auch der Bundeshaushalt 2010 mit einer neuen Verschuldung (ohne Griechenlandhilfe) von mindestens 86 Milliarden Euro auf Rekordniveau wirft große Sorgen auf. Jetzt ist nicht mehr von Steuersenkungen die Rede, sondern von Subventionsabbau und Steuererhöhungen.
Die jährlichen Renditen liegen, abhängig von der Laufzeit, zwischen zwei und vier Prozent und sind damit für konservative, sicherheitsorientierte Anleger als Baustein für die Altersvorsorge geeignet.
Einige Fachausdrücke zum Thema Anleihen
Bundesanleihen. Die von der Bundesrepublik Deutschland ausgegebenen auch »Bunds« genannten Bundesanleihen mit einem Rating von AAA sind börsengehandelte Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von zehn und 30 Jahren. Sie haben einen festen Nominalzins, während der Ausgabepreis variabel ist. Bundesanleihen zählen zu den mündelsicheren Wertpapieren, sodass Wertverluste praktisch ausgeschlossen sind. Allerdings ist die Rendite bei dem nicht gerade üppigen Zinssatz begrenzt.
Genussscheine. Sie nehmen eine Art Zwitter-Stellung zwischen Aktien und Anleihen ein. Je nach Ausgestaltung überwiegen die aktien- oder rentenähnlichen Merkmale. Genussscheine gewähren dem Anleger keine Mitgliedschaftsrechte an dem emittierten Unternehmen und berechtigen nicht zur Teilnahme an der HV. Dagegen verbriefen sie Rechte am Reingewinn bzw. am Liquidationserlös einer AG. Es gibt Genussscheine mit fester oder ergebnisabhängiger Ausschüttung, mit Wandelrecht in Aktien und mit Optionsrecht. Es werden Genussscheine mit festem Rückzahlungstermin und mit unbegrenzter Laufzeit angeboten, die erst nach Kündigung zurückgezahlt werden. Genussscheine mit vorzeitigem Kündigungsrecht seitens des emittierenden Unternehmens sind für Anleger riskant. Bei Insolvenz des Emittenten werden Genussscheine nachrangig behandelt. Die Forderungen anderer Gläubiger werden also bevorzugt berücksichtigt.
Pfandbrief. Es handelt sich um ein festverzinsliches Wertpapier, eine Schuldverschreibung bzw. eine Anleihe seitens einer Pfandbrief- bzw. Hypothekenbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstitutes. Mit Ausgabe des an der deutschen Börse im Amtlichen Handel notierten Pfandbriefes beschafft sich der Emittent Kapital, das zur Refinanzierung von Hypothekarkrediten dient. Die Pfandbriefemission muss staatlich genehmigt sein. Die Besicherung erfolgt durch erstrangige Hypotheken, wobei das Emissionsvolumen durch Hypotheken von mindestens gleichem Zinsertrag gedeckt wird. Die Forderung des Gläubigers richtet sich an die Bank.
Die dem Anlegerschutz dienenden, aber dennoch von der Krise erfassten Pfandbriefe gibt es seit 240 Jahren. Die Notenbanken zählen zu den regelmäßigen Pfandbriefkäufern und haben ein Aufkaufprogramm von 60 Milliarden Euro aufgelegt.
5.6 Die Vorteile der ETFs nutzen
Ein Porsche rast auf der linken Spur mit 300 Sachen über die Autobahn. Der Fahrer will es dem Audi rechts von ihm zeigen und als erster am Ziel sein. Geht alles gut, schafft er es. Aber vielleicht landet er mit Motorenschaden im Graben, stößt gegen die Leitplanke oder wird von der Polizei wegen zu hohen Tempos angehalten. Der Audilenker erreicht mit ruhiger Fahrweise in erlaubter Geschwindigkeit sein Ziel, möglicherweise vor dem Porsche.
Es bietet sich der Vergleich zwischen Aktienfonds und Indexfonds mit dem Kürzel ETF (Exchange Traded Funds) an. Wie die Übersicht zeigt, sind nur wenig Aktienfonds auf längere Sicht besser als der Vergleichsindex, die Benchmark. Ist es da nicht vernünftig, die kostengünstigere sichere Variante, den börsengehandelten Indexfonds zu wählen, für den kein Ausgabeaufschlag anfällt und die Verwaltungsgebühr gering ist? Was unseren Fußballern bei der letzten Europameisterschaft nicht gelang, glückte dem »ETF Dow Jones Euro Stoxx 50« von Lyxor. Sowohl beim Fonds- als auch beim Handelsvolumen wurde er Europameister.
Die drei Buchstaben ETF zogen anfangs fast nur Profis magisch an. Immer öfter erkennen nun aber auch die Privatanleger die Vorteile der passiv gemanagten preiswerten börsengehandelten Indexfonds. Dies geschieht zum Leidwesen der Banken, die an den aktiv gemanagten Aktienfonds wesentlich mehr verdienen. Vielleicht erinnern Sie sich: Vor zehn Jahren, im April 2000, startete der ETF-Handel an der Deutschen Börse in Frankfurt mit nur zwei Produkten. Ende 2000 gab es europaweit erst sechs Indexfonds mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro. In Deutschland hat sich das verwaltete ETF-Vermögen von 0,4 Milliarden Euro um die Jahrtausendwende auf 120,5 Milliarden Euro Ende 2009 erhöht. Wie stark die ETF-Anzahl seitdem gestiegen ist, zeigt die nachfolgende Übersicht. Diese Entwicklung ist jedoch kritisch zu hinterfragen. Der bislang so klar und einfach strukturierte ETF-Markt mutiert – wie zuvor der Zertifikatsektor – zu einem unübersichtlichen, komplizierten, mit Begriffswirrwarr verbundenen Multiproduktmarkt. Wie schade! Manchmal ist weniger eben doch mehr! In den USA besteht der Börsenhandel zu 25 Prozent aus ETF. In Europa sind es 14 Prozent, Tendenz steigend. Der Handel an zahlreichen Börsenplätzen erfolgt im Minutentakt, und das Handelsvolumen steigt deutlich an.
Die ETF-Welt verändert sich rasant. Wurden an Europas Börsen vor einem Jahr, also 2009, immerhin schon fast 800 ETFs mit einem verwalteten Vermögen von 140 Milliarden Euro gehandelt, liegen die Zahlen für 2010 erneut erheblich darüber. Binnen sechs Jahren, von 2003 bis 2009, stieg die ETF-Anzahl in Europa von 104 auf 783 Produkte und das angelegte Vermögen von 16,3 auf 140 Milliarden Euro. 2010 übertrifft allein Deutschland diese Anzahl. Die großen institutionellen Investoren sind wegen der günstigen Gebührenstruktur und der besseren Wertentwicklung bei mittel- und langfristigem Anlagehorizont längst dabei. Erfreulicherweise erkennen jetzt auch immer mehr Hobbybörsianer die Vorteile und investieren in ETFs, zumal sich auf diese Weise ein gut gestreutes Portfolio mit breiter Marktabdeckung aufbauen lässt.
Amerikanische Börsianer stecken annähernd zwei Drittel ihrer frischen Anlagemittel in Indexfonds. Während bei Aktien und Aktienfonds als Folge von Finanzkrise, Börsencrash, allgemeiner Verunsicherung und zunehmender Risikoabneigung ein Mittelrückfluss einsetzte, flossen den europäischen Indexfonds weitere Mittel zu.
Der größte Teil der ETF-Torte ist auf drei Anbieter verteilt: Barclays Global Investors ist mit seinen »iShares«-Produkten der Platzhirsch mit 42 Prozent Anteil, gefolgt von der Deutschen Bank mit »DBX-Trackers«, 21 Prozent, hauchdünn dahinter Lyxor Asset Management, Marktanteil 20 Prozent. Die Machtverhältnisse sind eindeutig. Der Abstand zu den übrigen Emittenten ist riesig. Die drei großen ETF-Anbieter zeigen auch beim Marktvolumen, wo es lang geht.
Die kühnste Prognose sagt für Europa in fünf Jahren ein ETF-Vermögen von 840 Milliarden Euro voraus.
Alljährlich fällt nur eine geringe Verwaltungsgebühr zwischen 0,15 und maximal 0,85 Prozent an. Insbesondere bei einem Langzeitinvestment wirkt sich die günstige Kostenstruktur günstig auf die Rendite aus. ETFs verstehen sich als preiswerte Alternative zum Kauf von Einzelaktien und folgen der Wertentwicklung eines Index. Da sie als Sondervermögen geführt werden, entfällt das Emittentenrisiko. Mit einer einzigen Transaktion können Sie alle im Index gelisteten Werte erwerben. So lassen sich mit wenigen ETFs alle wichtigen Märkte preiswert abdecken. Dies ist vor allem dann interessant, wenn es Ihnen an Zeit und Geld mangelt, mit Einzelaktien die wichtigsten Märkte abzudecken. Die umseitige Auflistung mit 24 Indexfonds dient als Orientierungsgrundlage für eine langfristige ETF-Anlage.
ETFs erleichtern auch den Zugang zu neuen Märkten, und innovative Anlagekonzepte erweitern die Angebotspalette. Claus Hecher, Vertriebschef beim Branchenprimus Barclays Global Investors, sieht für Indexfonds drei wesentliche Zukunftstrends: Der Experte äußert sich dazu in einem Handelsblatt-Interview von Ende April 2008: »Der Markt ist seinen Kinderschuhen entwachsen, aber das Spektrum wird noch deutlich größer werden. Das Angebot an Produkten auf kleinere Satellitenmärkte wird zunehmen. Es wird mehr ETFs auf Spezialstrategien wie etwa auf Aktien mit hohen Dividenden geben. Und schließlich werden ETFs auf Indexkonzepte, die Aktien nach Fundamentalkriterien gewichten, an Bedeutung gewinnen.«
Lassen Sie sich von Ihrem Bankberater nicht zu einem anderen Produkt, z. B. einem Indexzertifikat oder Basket-Zertifikat, überreden, sondern bestehen Sie auf Ihrem ETF-Investment. Der Bankberater ist daran interessiert, Geld zu verdienen. Bei ETFs und Bundesschatzbriefen ist für ihn wenig zu erben.
Worin unterscheiden sich aktiv und passiv gemanagte ETFs?
Bei den aktiv gemanagten ETFs entscheidet ein Expertenteam über die Zusammensetzung. Bei den passiv gemanagten Indexfonds entfällt der Auswahlprozess. Hier ist das Portfolio ein exakter Nachbau des betreffenden Börsenbarometers im Verhältnis 1:1. Ein klassischer Indexfonds schneidet weder besser noch schlechter als die Benchmark ab. Bei aktiv gemanagten ETFs lässt sich durch strategische Veränderungen die Rendite steigern. Mit der Masse der neuen Produkte geht jedoch die Übersicht verloren. Zudem verwischen sich die Grenzen gegenüber Aktienfonds und Anlagezertifikaten. Sie bekommen als Privatanleger nicht unbedingt, was Sie wollen, und die teilweise geschickt versteckten Kosten wachsen. Warum nicht immer ETFs passiv und Aktienfonds aktiv?
5.7 Mit Optionsscheinen für Spannung im Depot sorgen
Optionsscheine sind bei deutschen Börsianern beliebt und lassen jedes »Zockerherz« höher schlagen. Sie wecken Träume von schnellem Geld und hohem Gewinn bei kleinem Einsatz. Öfters geht dies gut. Aber das hohe Risiko, notfalls einen Totalverlust zu erleiden, wird gern verdrängt. Optionsscheine, die Rechte und Pflichten an anderen Werten verbriefen, dienen der Spekulation, Risikostreuung und Depotabsicherung. Mit Put-Optionsscheinen lässt sich – ebenso wie mit Managed Futures-Fonds, Hedge-Fonds und Hebelzertifikaten – auch im fallenden Markt Geld verdienen. Erproben Sie mit einem kleinen Einsatz, ob Optionsscheine für Sie das richtige Investment sind. Können Sie bei größerem Verlust nicht mehr schlafen, lassen Sie es sein. Dann sind Managed Futures-Fonds wohl die bessere Alternative. Optionsscheine sind die Vor- oder Nachspeise, nicht das Hauptgericht!
Bei der für Optionsscheine marktführenden Börse Stuttgart werden gegenwärtig knapp 146.500 Produkte gehandelt. Am 25. Juni 2010 stiegen knapp 53.000 Optionsscheine wertmäßig, während über 68.000 Warrants ins Minus fielen. Über 25.000 Optionsscheine veränderten sich kaum. Interessant ist ein Blick auf die aktuelle Top- und Flopliste. Die besten zehn Werte legten um einige tausend Prozent zu, während die Verlierer nahe am Totalverlust notieren. Im Bärenmarkt geraten die auf steigende Kurse setzenden Calls auf die Misserfolgsliste, im Bullenmarkt verhält es sich umgekehrt. In der dritten Juni-Woche 2010 gab es fast in allen Indizes Kursverluste. Dies spiegelt die Verliererliste wider. Nur Edelmetalle koppeln sich von dieser Entwicklung häufig ab.
Die Aufstellung zeigt, dass auch mit geringem Einsatz attraktive Gewinne möglich sind, umgekehrt ein drohender Totalverlust nur dann zu verkraften ist, wenn lediglich »Spielgeld« eingesetzt wird. Um wegen der vierstelligen Kursgewinne nicht allzu gierig zu werden, sollten Sie nicht vergessen, dass an diesem Tag weit über 146.000 Optionsscheine gehandelt wurden. Da ist es nicht so schwierig, unter 53.000 Gewinnern zehn Top-Titel ausfindig zu machen. Die Sieger- und Verliererlisten ändern sich täglich. Bei der Kursentwicklung spielen Laufzeit und Verfalldatum eine wichtige Rolle. Diese Übersicht dient als Orientierungshilfe. Sie verdeutlicht die hohen Chancen wie auch die Risiken und kann hilfreich beim Aufbau der richtigen Strategie sein.
Was Sie über Optionen wissen sollten
Optionen sind einseitig verpflichtende Termingeschäfte. Sie können zum genau festgelegten Zeitpunkt eine bestimmte Menge vom Basiswert, beispielsweise Aktien oder Rohstoffe, zum vereinbarten Basispreis kaufen oder verkaufen. Für dieses Recht ohne gleichzeitige Verpflichtung zahlen Sie dem Verkäufer, Stillhalter genannt, eine Prämie, den Optionspreis. Bei einer Call-Kauf-Option sind Sie Nutznießer von steigenden, bei einer Put-Verkaufs-Option von sinkenden Preisen bzw. Kursen. Geht die Spekulation daneben, sind hohe Einbußen möglich bis hin zum Totalverlust.
Beispiel: Eine Art Option ist ein Frühzeichnerrabatt bei einem neu aufgelegten Fonds oder ein Gutschein mit zweistelligem Preisnachlass beim Einkauf von Marken-Fernsehgeräten z. B. innerhalb einer Woche. Sie können, aber müssen dieses Angebot nicht wahrnehmen. Der Anbieter muss Ihnen dagegen den Frühzeichnerrabatt einräumen, sofern Sie die Zeitvorgabe einhalten.
Die von einer Bank ausgegebenen Call-Kauf- und Put-Verkaufs-Optionsscheine sind an der Börse gehandelte Wertpapiere. Die Stuttgarter Derivatebörse EUWAX bietet aktuell 146.500 Optionsscheine an. Vor zwei Jahren, 2008, waren es erst 100.000.
Der FinanzBuch-Autor Dirk Kirschbaum schreibt in seinem Buch »Erfolg mit Optionsscheinen«: »Wir sind alle Spekulanten. Wäre das nicht so, würden wir Erreichtes nicht aufs Spiel setzen, wären zufrieden – und in der Steinzeit. – Wären nämlich unsere Vorfahren mit dem, was sie hatten, zufrieden gewesen, dann wäre niemand auf die Idee gekommen, etwas Neueszu erfinden. Immer gab es Menschen, die Erreichtes (Vermögen, Kraft, Zeit) investierten – und damit aufs Spiel setzten – um etwas Neues, Besseres zu erreichen. Waren sie auf der richtigen Seite, brachten diese Spekulationen großen Nutzen für alle. Hatten sie etwas versucht, was scheiterte, war das investierte Vermögen verbrannt. – Egal wie das Schicksal verläuft: Der Wechsel der Bälle von der einen Hand in die andere birgt die Gefahr, dass der Ball nach unten fällt und für immer verschwindet.«
Diese einleitenden Sätze verzichten auf Schönfärberei und beschreiben anschaulich den Knackpunkt des Investments mit Optionsscheinen, bei denen die großen Chancen eben an hohe Risiken geknüpft sind. Der Autor macht deutlich, dass Optionsscheine nicht das richtige Investment für den ängstlichen, auf Sicherheit bedachten Anlegertyp sind, sondern alternativ das mutige, flexible Handeln und grundlegende Marktkenntnisse voraussetzen. Nicht zu Unrecht werden aus Haftungsgründen von den Banken die Finanztermingeschäftsfähigkeit und die Einstufung in die höchste Risikoklasse V verlangt, um überhaupt mit Optionsscheinen handeln zu dürfen. Damit dies erfolgreich geschehen kann, sollten Sie einige Begriffe kennen und verstehen lernen, nämlich von der Option zum Optionsschein.
Im Gegensatz zu Aktien, bei denen Sie außer beim Leerverkauf stets auf steigende Kurse setzen, können Sie bei Risikofreude mit Optionsscheinen auch im Bärenmarkt hohe Gewinne erzielen, vorausgesetzt, die Markteinschätzung stimmt. Die Hebelwirkung macht die Papiere besonders attraktiv. Die Kennzahl Delta zeigt an, wie stark sich der Optionskurs verändert, wenn der zugrunde liegende Aktienkurs um einen Prozentpunkt schwankt. Zieht der Kurs der Aktie bei einem Call-Optionsschein an, wird wegen der Hebelwirkung überproportional viel verdient. Der Marktpreis hängt von verschiedenen Faktoren ab, vom Verfallstermin bzw. der Restlaufzeit, der Höhe des Aktienkurses gegenüber dem Basispreis und der impliziten Volatilität, also der Schwankungsbreite des Aktienkurses. Der Basispreis ist der fixe Kurs. Er wird bei der Emission eines neuen Optionsscheins vom Emittenten festgesetzt. Die Summe gilt als Basiswert, wenn das Optionsrecht ausgeübt wird.
»Am Geld« heißt, wenn sich der Aktienkurs und der darauf bezogene Basispreis auf ungefähr gleich hohem Niveau befinden. Liegt der aktuelle Kurs über dem Basispreis, ist der Call »im Geld«, und Sie bewegen sich mit Ihrem Investment in der Gewinnzone. Notiert der Kurs unterhalb des Basispreises, ist der Optionsschein »aus dem Geld«, und es droht ein Verlust. Beim Put-Verkaufs-Optionsschein, der auf sinkende Kurse wettet, verhält es sich umgekehrt.
Was sollten Sie über die Hebelwirkung (Leverage) wissen?
Der Hebel wird zur Bewertung von Optionsscheinen (OS) und Hebelzertifikaten herangezogen. Es ist der Faktor, um den das Produkt stärker fällt oder steigt als das Basisinstrument, beispielsweise eine Aktie wie BAYER oder ein Index wie der DAX. Ein Hebel von Fünf bedeutet, dass sich ein Optionsscheinkurs um fünf Prozentpunkte verändern muss, wenn der Kurs der zugrunde liegenden Aktie um einen Prozentpunkt zulegt oder sinkt. Bei einem fünffachen Hebel ist also nur ein Fünftel der Summe zu investieren, die der betreffende Bezugswert, in diesem Falle der DAX-Titel BAYER, kostet. Steigt die Aktie um drei Prozentpunkte, ist dies bei einer Hebelwirkung von Fünf eben fünfmal so viel, also 15 Prozent, bei einem Hebel von Zehn sogar zehnmal so viel, also 30 Prozent. Freilich gilt dies ebenso, wenn Sie in die Verlustzone geraten.
Formel zur Hebelwirkung
Aktueller Hebel = Aktienkurs dividiert durch das Bezugsverhältnis multipliziert mit dem Optionsscheinkurs
Bei einem fünffachen Hebel und einem niedrigen Aufgeld (Prämie) können Sie davon ausgehen, dass sich der Optionsscheinkurs ungefähr um diesen Faktor gegenüber dem steigenden oder fallenden Bezugswert verändert. Der Hebeleffekt bietet also die Chance, mit geringem Kapitaleinsatz hohe Renditen zu erzielen. Umgekehrt gilt dies ebenso. Je höher der Hebel, umso größer ist auch die Gefahr bis hin zum Totalverlust. Eine Nachschusspflicht wie bei geschlossenen Immobilien-, Schiffs- und Film-Fonds gibt es bei Optionsscheinen nicht. Haben Sie ein glückliches Händchen, können Sie in kurzer Zeit drei- bis vierstellige Renditen einfahren, aber wie bei Aktien lediglich Ihren Einsatz einbüßen.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, wie Sie schnell reich werden. Ich kann Ihnen aber sagen, wie Sie schnell arm werden. Sie werden schnell arm, wenn Sie schnell reich werden wollen.«
André Kostolany sinngemäß
Die Hebelwirkung gibt an, um wieviel mal stärker die prozentuale Änderung der Optionsprämie ausfällt, falls sich der Aktienkurs um ein Prozent nach oben oder unten verändert.
Generell gilt: Je größer der Hebel, desto teurer ist der Optionsschein. Der Zeitwert ist letztlich der Preis, den Sie als Anleger für diese Hebelwirkung bezahlen müssen. Dieser Zeitwert entspricht dem Aufgeld, auch Prämie genannt. Das Aufgeld ist tendenziell umso höher, je länger die Restlaufzeit des Scheins, je größer die Volatilität (Schwankungsfreude) des Basiswertes und je höher das allgemeine Zinsniveau ist.
Die Markteinschätzung muss stimmen: Call-OS bei Spekulation auf steigende Kurse, Put-OS auf fallende Kurse
Mit der Kennzahl »Delta« lässt sich der Zeitwert genauer erfassen. Das Delta als wichtige Kennzahl gibt an, um wie viel Prozent sich der Warrantkurs verändert, wenn der Preis der Aktie etwa um einen Euro steigt oder fällt. Ein Call weist stets einen Deltawert zwischen Null und Eins, ein Put zwischen minus Eins und Null auf. Je näher beim Call der Wert an der Zahl Eins liegt, desto stärker reagiert der Preis des Call-OS auf Schwankungen des Aktienkurses. Also steigt die Gewinnchance, aber ebenso das Verlustrisiko. Die scheinbar so verlockenden, optisch billigen Scheine liegen meist »aus dem Geld«. Ein Delta nahe Null zeigt an, dass der Warrant kaum auf Veränderungen der Aktie reagiert. Damit lässt sich nur wenig verdienen, aber viel verlieren. Das Delta drückt somit auch die Ausübungswahrscheinlichkeit aus.
Auf den Punkt gebracht: Das Optionsschein-Delta ist umso niedriger, je weiter der Optionsschein »aus dem Geld« ist, und umso höher, je weiter der Optionsschein »ins Geld« kommt. Exakt »am Geld« beträgt das Delta 0,5.
Der Optionspreis hängt auch von der Schwankungsfreudigkeit des Basiswertes ab. Je volatiler die Aktie ist, wie dies für zahlreiche Nebenwerte im TecDAX, MDAX und SDAX zutrifft, umso größere Chancen eröffnen sich dem spekulativen Anleger. Der VDAX liefert hierfür die Messdaten. Die historische Volatilität zeigt lediglich an, wie stark der Basiswert in der Vergangenheit schwankte. Die Emittenten orientieren sich eher an der künftig zu erwartenden Schwankungsbreite der Kurse, implizite Volatilität genannt. Bei annähernd gleich ausgestatteten Scheinen empfiehlt es sich, solche Produkte zu bevorzugen, die zum Kaufzeitpunkt die niedrigste implizite Volatilität aufweisen. Wer einige DAX-Schwergewichte im Depot hält, kann sich mit DAX-Puts gegen größere Verluste schützen, bewegt sich doch jede Aktie in einem bestimmten Verhältnis zum jeweiligen Index. Diese Relation drückt die Kennzahl Beta aus.
Ein besonderes Augenmerk sollten Sie auf die Restlaufzeit legen. Wer sich in seiner Markteinschätzung unsicher fühlt, wählt besser einen Optionsschein mit langer Restlaufzeit. Einer der häufigsten Anfängerfehler ist es, Optionsscheine mit einer geringen Laufzeit von gerade noch zwei oder drei Monaten zu wählen, weil sie billig sind. Gegen Ende der Laufzeit nimmt der Zeitwert rapide ab. Da muss der »innere Wert« schon enorm steigen, um diesen Verlust auszugleichen. Liegt der Schein zudem weit »aus dem Geld« – beim Put notiert der Aktienkurs deutlich über dem Basispreis, beim Call entsprechend darunter – ist die Chance, dass er einen hohen Ertrag abwirft, also noch »ins Geld« kommt, eher gering.
Grundsätzlich gilt: Je kürzer die Restlaufzeit ist, umso geringer ist auch der Zeitwert. Am Verfalltag ist der Zeitwert gleich Null. Der Warrant wird wertlos – vergleichbar mit einem überschrittenen Haltbarkeitsdatum bei Medikamenten oder Babynahrung.
Gewöhnlich liegt der Abstand zwischen Laufzeitende und letztem Handelstag bei maximal vier Handelstagen. Der Emittent ist für die Ausgestaltung zuständig. Die Kennzahl Theta misst die Reaktion auf die Restlaufzeit, das heißt, wie viel der Optionsschein zum Kaufzeitpunkt an Zeitwert einbüßt. Das Theta erscheint als prozentualer Wert.
Eine weitere wichtige Kennzahl für die Auswahl ist der Spread. Damit ist die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs bzw. der Unterschied zwischen dem höheren Briefkurs, zu dem Sie den Schein kaufen, und dem niedrigeren Geldkurs gemeint, zu dem Sie ihn veräußern.
Am/im/aus dem Geld: Es geht um das Verhältnis des aktuellen Basiswertkurses zum Basispreis. Am Geld: Aktienkurs und Basispreis (Strike) liegen auf gleichem Niveau. Im Geld: Beim Call ist der Aktienkurs höher als der Basispreis; beim Put liegt er darunter. Aus dem Geld: Der OS verliert seinen inneren Wert. Der Aktienkurs liegt beim Call unter dem Basispreis, beim Put darüber.
Aufgeld: Das Aufgeld beschreibt, um wie viel Prozent der Aktienkurs beim Call-OS steigen und umgekehrt beim Put-OS fallen muss, bis der Bezug der Aktie über das mit dem OS verbriefte Recht genauso teuer ist wie der direkte Kauf oder Verkauf der betreffenden Aktie an der Börse.
Basiswert (Underlying) und Basispreis (Strike): Der Basiswert, z. B. Aktie, Rohstoff oder Index, ist das der Option zugrunde liegende Basisobjekt. Der vorab festgelegte Preis, zu dem der Basiswert bei Ausübung gekauft oder verkauft werden kann, heißt Basispreis.
Bezugsverhältnis: Es gibt an, wie viele Einheiten für die Ausübung einer Option erforderlich sind. Bei Aktien beträgt das Verhältnis meist 1:1 oder 10:1. Für das Recht, eine VW-Aktie zu erwerben, werden beispielsweise zehn OS benötigt.
Call-Kaufoption: Der Anleger erwirbt das Recht, einen bestimmten Basiswert innerhalb der festgelegten Zeitspanne zum vereinbarten Preis zu kaufen. Call-OS profitieren nur von steigenden Kursen.
Delta: Diese Kennzahl gibt an, wie stark der OS auf Kursveränderungen reagiert, wenn der zugrunde liegende Basiswert um eine Einheit steigt oder fällt. Beim Call liegt das Delta zwischen Null und Eins, beim Put zwischen minus Eins und Null. Liegt das Delta nahe Null, so reagiert der OS kaum noch auf Veränderungen des Basiswertes.
Hebel: Der Hebel errechnet sich, indem der aktuelle Preis des Basiswertes dividiert wird durch das Produkt aus OS-Prämie und Bezugsverhältnis. Der Hebel gibt an, um wieviel mal stärker die prozentuale Änderung des Optionspreises ausfällt, wenn sich der Kurs des Basiswertes um ein Prozent erhöht oder verringert. Der mit abnehmender Laufzeit sinkende Zeitwert bleibt jedoch unberücksichtigt.
Implizite (erwartete) Volatilität: Sie drückt die Schätzgröße der Banken, ihre Meinung zu künftigen Kursschwankungen des Basiswerts aus. Eine Volatilität von 25 Prozent besagt, dass die Aktie binnen zwölf Monaten plus/minus 25 Prozent um ihr aktuelles Niveau schwanken dürfte.
Innerer Wert: Er zeigt an, um wie viel Prozent der OS gegenüber dem zugrunde liegenden Wert über- oder unterbewertet erscheint. Beim Call müsste der Aktienkurs über dem Basispreis, beim Put darunter liegen.
Laufzeit/Restlaufzeit: Damit ist die Zeitspanne zwischen der Ausgabe des OS und dem Verfalltag gemeint, an dem das Optionsrecht erlischt. Der Zeitwert nimmt ab, je näher das Laufzeitende rückt. Die Option muss spätestens zum Verfalltermin ausgeübt werden. Danach verfällt sie wertlos.
Put-Verkaufsoption: Der Käufer ist berechtigt, einen bestimmten Basiswert (Underlying) in der festgesetzten Zeitspanne zum vereinbarten Preis zu veräußern. Der Trader wettet auf fallende Kurse. Irrt er sich, führt dies zum Verlust.
Spread: Dies ist die Spanne zwischen Brief- und Geldkurs, also die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis.
Theta: Diese Kennzahl misst die Reaktion des OS auf den zu erwartenden Zeitwertverfall.
Volatilität: Die von vielen Anlegern unterschätzte und für Verwirrung sorgende Volatilität gibt das Ausmaß der Schwankungsbreite von Kursen, Preisen und Renditen an.
Die implizite (erwartete) Volatilität beeinflusst die Preisbildung des Optionsscheins, wobei eine höhere implizite Volatilität den OS verteuert.
Häufige Fragen zu Optionsscheinen
1. Ist bei geringen Umsätzen ein Optionsschein dennoch liquide?
Die Liquidität bemisst sich bei OS nicht wie bei Aktien am Umsatz. Die ausgebende Bank (Emittent) stellt jederzeit An- und Verkaufskurse (Geld- und Briefkurse) und nimmt die Scheine zurück.
2. Wieso kann der Preis eines OS schwanken, auch wenn sich der zugrunde liegende Aktienkurs kaum bewegt?
Dies liegt an einer veränderten Volatilität der Aktie. Steigt die Schwankungsbreite, notiert der Optionsscheinpreis höher und umgekehrt, auch wenn sich der darauf bezogene Aktienkurs kaum verändern sollte.
3. Was geschieht mit einem Optionsschein beim Aktiensplit?
Der Preis des OS verändert sich nach einem erfolgten Aktiensplit nicht, weil das Bezugsverhältnis und der Basispreis angepasst werden.
4. Welches Ordervolumen ist angemessen?
Da relativ hohe Fixkosten beim An- und Verkauf anfallen, sollten die Gebühren über den Daumen gepeilt insgesamt nicht über fünf Prozent des gesamten Ordervolumens liegen.
Ein niedriger Spread – also eine geringe Differenz zwischen An- und Verkaufskurs.
Eine aktuell niedrige implizite Volatilität. Optionsscheine mit hoher Schwankungsbreite sind teurer.
Orientierung am »Delta« und »Theta«.
6. Wo beschaffe ich mir aktuelle Infos?
Beim Klick auf die Webseite von www.euwax.de und Eingabe der ISIN bzw. WKN können Sie bei allen Derivaten die Stammdaten und sonstigen Details abrufen – ergänzt durch zahlreiche Charts. Die Stuttgarter Börse www.boerse-stuttgart.de erreichen Sie bei Unklarheiten oder Beschwerden unter der Telefonnummer 0800-226885 bzw. 0049-711222 985-0. Wer sich über die Betawerte und die Betrachtungsperiode näher informieren will, kann diese Daten beispielsweise unter www.onvista. de abrufen.
7. In Stichpunkten: Was haben Optionsscheine mit Managed Futures-Fonds aus Anlegersicht gemeinsam, und worin liegen die wesentlichen Unterschiede?
Als große Gemeinsamkeiten sind zu nennen, dass Sie hier wie dort in steigenden und fallenden Märkten Geld verdienen können und das Management von Managed Futures-Fonds bei Rohstoff- und Finanz-Futures je nach Marktlage Call- und Put-Optionen eingeht. Beide Investments dienen zur Depotabsicherung.
Die größten Unterschiede bestehen darin, dass Sie beim Kauf von Optionsscheinen die Markterwartung richtig einschätzen müssen, um überhaupt Geld verdienen zu können: Call-Optionsscheine bei steigenden, Put-Optionsscheine bei fallenden Kursen. Außerdem ist die Laufzeit begrenzt; und steuerfreie Altbestände gibt es hier nicht. Optionsscheine sind geeignet für risikobewusste Kurzzeittrader. Managed Futures-Fonds wenden sich an chancenorientierte, marktkundige Langzeitanleger.