Ich weiß nicht, was mit mir los ist, aber ich habe ein total schlechtes Gefühl – einen dumpfen Schmerz tief unten in der Magengrube. Beim Mittagessen heute habe ich es nicht fertiggebracht, Bea zu erzählen, wie widerlich der Präsident gestern Abend bei uns zu Hause wirklich war und wie sehr sich meine Eltern überschlagen haben, um das Date mit Niamh zu arrangieren. In der Nacht habe ich dann prompt geträumt, dass sie Bea abgeholt haben. An den Füßen haben sie sie weggeschleift, wobei ihr Kopf auf den Boden schlug – und ich konnte ihr nicht helfen. Und als sie sie schließlich aus der Kuppel gestoßen haben, musste ich von der Aussichtsplattform mit ansehen, wie sie draußen nach Luft rang.
Als ich vorhin zur Straßenbahnhaltestelle kam, stand Bea bereits mit fertig gepackter Tasche da und war einverstanden, dass wir einen Unterschlupf für sie suchen. Und jetzt sind wir unterwegs zu Alinas Onkel und Tante, den einzigen Leuten, die mir eingefallen sind, die uns dabei helfen können. Zum Glück hat Alina mal erwähnt, wo sie wohnt.
Als wir oben aus dem Aufzug treten, gehen wir nach rechts und halten nach der entsprechenden Wohnungsnummer Ausschau. Die Türen sehen alle gleich aus: weiß mit einem Buchstaben und einer Zahl über einem Türspion, wie fast überall in Zone 3.
»Wir suchen J 52«, flüstere ich Bea zu, die mit zusammengekniffenen Augen versucht, die Buchstaben unter den Türrahmen zu entziffern.
»Hier«, sagt sie und presst ihr Ohr gegen die Tür. »Bist du sicher, dass du die richtige Adresse hast?«
Ich nicke, trete zu ihr und drücke die Klingel. Wir warten eine Minute, und als niemand aufmacht, klingele ich noch mal. Wieder warten wir ein paar Minuten, doch nichts rührt sich. Ich klingele erneut.
»Die sind wahrscheinlich bei der Arbeit. Oder meinst du, sie sind verhaftet worden? Was machen wir jetzt?«, fragt Bea.
Ich habe keinen blassen Schimmer. Mein Zuhause kommt als Versteck für Bea nicht infrage, völlig indiskutabel, und auch Ferris und Riley würde ich sie keine Sekunde anvertrauen. Ich lasse mich zu Boden sinken und Bea hockt sich neben mich.
»Glaubst du, dass es Maude gut geht?«, fragt sie.
Offen gestanden habe ich seit unserer Rückkehr kaum an Maude gedacht, obwohl wir dank ihrer überhaupt wieder hier sind: Maude war Petras Pfand dafür, dass wir den Widerstand nicht verraten.
»Ich bin sicher, dass es ihr gut geht. Wahrscheinlich hängt sie an irgendeinem Solar-Atemgerät und schwingt ’ne Machete«, versuche ich zu scherzen.
Ich lege meinen Arm um Beas Schulter, küsse sie auf die Wange, drehe ihr Gesicht zu mir und küsse sie noch mal auf den Mund. Wahnsinn, es wird wirklich nie langweilig, Bea zu küssen! Wenn wir uns küssen, ist es nicht etwa so, dass ich alles um mich herum vergesse, wie’s mir bei den anderen Mädels immer gegangen ist. Mit Bea wird mir nicht schwindelig. Wenn ich Bea küsse, ist mir alles gleichzeitig präsent – dann habe ich das Gefühl, als würde mein gesamtes Leben in diesem Kuss stecken. Als sei alles, was ich je erlebt habe, in ihrem Mund versammelt. Jetzt lehnt sie ihren Kopf an meine Schulter und seufzt.
»Hoffentlich geben sie ihr zu essen. Weißt du, sie ist wirklich kein schlechter Mensch.«
»Und da auch Petra kein wirklich schlechter Mensch ist, wird es Maude Blue gut gehen, da bin ich mir ganz sicher.«
»Vielleicht sollte ich besser nach Hause gehen. Mom und Dad waren noch bei der Arbeit, als ich aufgebrochen bin, und ich habe mein Pad nicht bei mir. Ich muss mich von ihnen verabschieden. Lass es uns in ein paar Stunden noch einmal versuchen. Oder morgen«, sagt sie.
Normalerweise habe ich null Gespür für das, was um mich herum passiert. Ich kriege rein gar nichts mit. Und wenn mir mein Bauch doch mal was mitteilt, dann liegt er meistens falsch und bringt mich in irre Schwierigkeiten. Aber jetzt spüre ich es am ganzen Körper. Spüre es richtiggehend als körperlichen Schmerz. Völlig klar: Bea darf unter keinen Umständen nach Hause.
»Geht nicht, dort bist du nicht mehr sicher«, sage ich.
»Das wissen wir doch gar nicht. Vielleicht sind wir einfach nur paranoid.«
»Du hast Cain Knavery nicht gehört. Der will den Kopf von jemandem auf’m Silbertablett serviert bekommen.«
Aber Bea glaubt mir einfach nicht. »Ach was, eine letzte Nacht zu Hause – was soll daran gefährlich sein?« Sie geht zum Aufzug, drückt den Knopf nach unten, und kaum haben sich die Türen geöffnet, zwängt sie sich in die Kabine. »Kommst du?«
»Wartet!«, ertönt da plötzlich eine Stimme.
Mit einem Satz ist Bea wieder aus dem Fahrstuhl und ich bin auf den Beinen. Schnell stelle ich mich vor Alinas Tür, in der Erwartung, dass sie sich jeden Moment öffnet. Doch sie bleibt geschlossen.
»Psst! Hierher!«, zischt die Stimme. Und erst da sehen wir, dass die Nachbartür einen Spalt offen steht und uns ein Augenpaar anstarrt. »Wen sucht ihr?«
»Alinas Tante und Onkel«, flüstert Bea.
»Die Moons. Können Sie uns sagen, wo wir die finden?«, frage ich.
An der Nachbartür erklingt ein Piepton, dann ein Summen, und als sich die Tür schließlich ganz öffnet, sehen wir einen alten Mann in seinem Flur stehen.
»Ich tippe mal, ihr seid auf der Flucht vor dem Ministerium. Na los, kommt rein, schnell.«
Old Watson, der genauso gut ein totaler Spinner, ein kranker Irrer sein könnte, erklärt sich bereit, Bea bei sich zu verstecken, bis wir uns eine Fluchtmöglichkeit überlegt haben. Natürlich ist mir total unwohl bei dem Gedanken, sie hier zurückzulassen, aber wir haben schlicht keine andere Wahl. Und außerdem beherbergt Old Watson so viele Pflanzen in seinem Wohnzimmer, dass man zumindest davon ausgehen kann, dass er Bea nicht ans Ministerium ausliefert.
»Und was ist mit dir?«, fragt er mich. »Dich haben sie doch sicher auch im Visier.«
»Keine Sorge, ich hab einen anderen Plan. Mir passiert nichts.«
Doch das beruhigt Bea natürlich kein Stück.
»Bitte, Quinn, bleib hier«, fleht sie.
Der alte Mann wendet sich diskret ab und schlurft in die andere Ecke des Raumes. Bea hat recht: Eigentlich macht es absolut keinen Sinn, dass ich nach Hause zurückkehre. Wenn sie beschlossen haben, Bea zu verhaften, dann ist meine Verhaftung nur noch eine Frage der Zeit. Der Präsident will Antworten, und wer weiß, ob mein Vater sich tatsächlich für mich einsetzt, wenn es hart auf hart kommt.
»Bea, mir ist klar geworden, dass es nicht reicht, wenn wir nur unsere eigene Haut retten. Ich finde, wir müssen einen Weg finden, die Leute aufmerksam zu machen auf das, was hier abgeht. Wir müssen ihnen die Augen öffnen – damit sie für eine neue Zukunft kämpfen können.« Noch während des Sprechens merke ich, dass sich das, was ich sage, richtig anfühlt. Absolut richtig. Ich will mich für andere Menschen einsetzen. Ich will, dass sich die Dinge ändern, dass sie sich verbessern. Aber ich kann nichts bewegen, rein gar nichts, wenn ich mich verkrieche.
»Wenn du es irgendwie aus der Kuppel rausschaffst, dann flüchte dich in den Rebellenhain. Ich komme auch dorthin«, verspreche ich.
»Oh nein, Quinn, bitte nicht.« Bea zieht die Ärmel ihres Pullovers über die Hände, als wäre ihr kalt.
»Bea, wir treffen uns im Hain.«
Ich streiche ihr die Haare aus dem Gesicht. Da lächelt sie widerstrebend und sieht so wunderschön aus, dass ich sie eine Zeit lang nur anstarre. Ich kann nicht glauben, dass ich dieses Mädchen mein halbes Leben vor Augen hatte, ohne sie je richtig gesehen zu haben.
»Weil ich meine Eltern nicht beunruhigen wollte, hab ich ihnen dieselbe Geschichte erzählt, die wir auch dem Ministerium aufgetischt haben. Sie haben also keine Ahnung, was wirklich los ist. Kannst du ihnen die Wahrheit sagen?«, bittet mich Bea.
»Ich mache das«, schaltet sich Watson ein. »Ich stehe auf keiner Todesliste. Noch nicht.«
»Wie können wir Ihnen danken?«, frage ich.
»Indem ihr am Leben bleibt«, antwortet er.
Als ich nach Hause komme, weiß ich, dass mein Gefühl mich nicht getrogen hat: Mein Vater tigert wie wild im Wohnzimmer auf und ab. Er sieht aus, als bekäme er jeden Moment einen Anfall. Lennon und Keane sind hinter der Couch in Deckung gegangen und spähen ängstlich dahinter hervor. Und meine Mutter liegt auf dem Fußboden und streicht sich über ihren Kugelbauch.
»Wo zum Teufel warst du? Wirfst du zwischendurch gar keinen Blick auf dein Pad?«, bellt mein Vater, als ich mich reinschleiche und gegen die Anrichte lehne.
»Das hab ich aus Versehen in der Schule liegen lassen«, murmele ich.
Mein Vater kneift die Augen zusammen: »Cain Knavery kommt in wenigen Minuten. Kann sein, dass er Niamh mitbringt.«
»Ein nettes Mädchen«, lässt sich meine Mutter vom Fußboden aus vernehmen.
»Was ist los? Warum bist du schon so früh zu Hause?«, frage ich meinen Vater.
»Wo ist Bea Whitcraft?« Er schaut mich mit einer Art Röntgenblick an, als könnte er jede potenzielle Lüge sofort entlarven.
»Woher soll ich das wissen? Wir haben schließlich keinen Kontakt mehr.«
»Ich hab mich vor ein paar Minuten via Pad mit Riley Weeze ausgetauscht: Der sagt, ihr beide, Bea und du, wärt heute zusammen in der Kantine gewesen.« Mein Vater schüttelt den Kopf. »Na, der Sicherheitsdienst wird sie schon finden. Sie war jedenfalls nicht zu Hause, und ihre Eltern sagen, sie wüssten nicht, wo sie sei. Falls du es weißt, Freundchen, dann sagst du es mir jetzt! Auf der Stelle!« Er spricht zu meinem Spiegelbild im Wandspiegel, so als könne er es nicht ertragen, mir direkt ins Gesicht zu blicken.
»Warum wollten die Sicherheitsleute Bea denn abholen?«, fragt meine Mutter.
Mein Gott, ist sie wirklich so beschränkt? Sie war doch dabei, als der Präsident Bea, mir und ihrem ungeborenen Kind ganz unverhohlen gedroht hat.
Mein Vater schnellt herum, packt mich am Hemdkragen und zieht mich in den Flur. »Die Soldaten haben den gesamten südlichen Küstenabschnitt durchkämmt. Zweimal sogar – ergebnislos. Ich habe versucht, den Präsidenten hinzuhalten, aber damit ist jetzt Schluss. Er will Antworten. Also: Sag mir endlich die Wahrheit!«
Ich versuche, eine nichtssagende Miene aufzusetzen, während mein Vater mich gegen die Wand drückt.
»Ich kann dir nicht helfen, wenn du mich anlügst. Du lässt mir praktisch keine andere Wahl, als dich auszuliefern. Und komm bloß nicht auf die Idee, Bea Whitcraft schützen zu wollen. Weißt du, das gab es alles schon hundertfach: Immer wieder haben Seconds versucht, Premiums zu umgarnen, teilweise jahrelang, einfach nur, um jemanden im Machtzirkel auf ihrer Seite zu haben. Sie ist es nicht wert, mein Sohn, glaub mir. Rette deine eigene Haut. Rette deine Familie.«
Das ist also der Grund, warum er so scharf drauf ist, dass ich mit Niamh anbandele: Er will unsere Familie aus der Schusslinie bringen, uns unantastbar machen.
»Ich hab keine Ahnung, wo sich die Terroristen verstecken. Bea war diejenige, die gehört hat, wie sie sich unterhielten. Sie hat es mir erzählt und ich hatte damals keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Aber ja, es stimmt, sie hat gelogen. Das hat sie mittlerweile selbst zugegeben … heute, als ich sie kurz getroffen hab. Sie hat gelogen, als sie behauptete, aufgeschnappt zu haben, wohin wir verschleppt wurden. Sie wollte unseren Kidnappern Zeit zur Flucht verschaffen. Es tut mir leid.«
Mein Vater klopft mir auf die Schulter und tritt ein paar Schritte zurück. Er bringt fast so etwas wie ein Lächeln zustande, was mir endgültig den Rest gibt: Er ist stolz auf mich, weil er denkt, dass ich meine beste Freundin verraten hab. Aber vermutlich sieht er es gar nicht so: Er sieht es wahrscheinlich als Zeichen der Loyalität – Loyalität ihm gegenüber, der Familie gegenüber und vor allem dem Ministerium gegenüber.
»Und wo ist sie jetzt?«, fragt er.
»Sie hat erzählt, dass sie abhauen will. Sie sagte, sie würde Leute kennen, bei denen sie unterschlüpfen kann. Und mir hat sie geraten, ebenfalls abzuhauen.«
»RATTEN.«
»Wahrscheinlich.«
Ich lasse meinen Blick durch den Flur schweifen, als es plötzlich gegen die Wohnungstür poltert. Drei Silhouetten zeichnen sich hinter der Milchglasscheibe ab.
»Überlass das Reden mir!«, zischt mein Vater und öffnet die Tür. »Willkommen! Willkommen!«, ruft er überschwänglich. »Ich hab den Whisky vor einer Stunde ins Eisfach gelegt. Der dürfte hübsch kalt sein. Ach, und Sie haben die Kinder mitgebracht!«
Höflich lächelnd treten Niamh und Oscar ein.
»Niamh! Was für eine Schönheit!«, schwärmt mein Vater, während er ihre Hand drückt.
»Ha! Vor einer Stunde sah sie noch ganz anders aus. Und Sie sollten sie erst mal sehen, wenn sie aus dem Bett kommt. Der reinste Horror! Ha!« Der Präsident torkelt an meinem Vater vorbei ins Wohnzimmer, wo er meine Mutter vom Boden hochzieht und sie, mit leicht geöffnetem Mund, direkt auf die Lippen küsst. Mein Vater lässt Niamhs Hand los und folgt seinem Chef ins Wohnzimmer.
»Und? Alles im Lack?«, fragt mich Oscar und streckt mir flüchtig seine Hand entgegen. Als ich sie schüttele, bemerke ich die längliche rote Farbspur auf dem Ärmel seines weißen Hemdes.
»Machst du immer noch Kunst?«, frage ich.
»Klar. Warum hast du aufgehört? Du warst doch gut.«
»Ich? Quatsch. Sobald Ms Kechroud eine Bleistiftzeichnung von mir sah, sagte sie immer, jeder Neunjährige würde besser malen als ich.«
Oscar schüttelt den Kopf und fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Sie ist ja auch keine richtige Lehrerin. Du musst irgendwann mal zu mir kommen, dann zeig ich dir mein Atelier. Wenn du magst.« Er will noch etwas hinzufügen, aber Niamh schubst ihn beiseite.
»Quinn«, zwitschert sie mit kokettem Augenaufschlag. »Ich bin schon ganz aufgeregt wegen unserem Date nächste Woche.« Sie wirft sich die Haare über die Schulter und zupft am Saum ihres unfassbar kurzen Kleides. Ich hab wirklich noch nie einen selbstverliebteren Menschen gesehen. Oscar rollt mit den Augen und schlendert ins Wohnzimmer.
»Na, ihr zwei.« Meine Mutter kommt in den Flur gestöckelt und ergreift Niamhs Hand. »Oh, was für entzückende Schuhe!«
Bei den Schuhen, die sie meint, handelt es sich um Riemchensandalen mit turmhohen Absätzen. Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie man damit auch nur einen einzigen Schritt tun kann. Insgesamt sieht Niamh aus, als hätte sie sich für ’ne heiße Nacht in irgendeinem zweifelhaften Club rausgeputzt. Mir ist vollkommen schleierhaft, wie meine Eltern eine solche Tussi für eine bessere Partie halten können als Bea Whitcraft.
»Danke schön, Mrs Caffrey.« Niamh schenkt meiner Mutter ein affektiertes Lächeln.
»Oh, bitte, nenn mich einfach Cynthia.«
Im Wohnzimmer haben mein Vater und der Präsident bereits die Whiskyflasche geköpft und sind ins Gespräch vertieft, aber als sie mich sehen, verstummen sie. Cain Knavery winkt mich mit seiner beringten Hand zu sich. Oscar hat neben den Zwillingen auf der Couch Platz genommen und sieht so aus, als würde er sich zu Tode langweilen.
»Dein Vater erzählt mir gerade, dass du nicht ganz ehrlich mit uns warst, Caffrey junior.« Cains Atem stinkt nach Alkohol. Er muss schon besoffen hergekommen sein. Jetzt schaut er seine Tochter an und strahlt. »Aber zum Glück sind wir ja gute Freunde. Von daher wird sich das schon wieder ins Lot bringen lassen. Wirst du uns denn helfen, die Kuppel zu schützen?«
»Selbstverständlich, Herr Präsident«, sage ich.
Erleichtert schenkt sich mein Vater nach.
»Ich werde da schon was arrangieren«, verspricht der Präsident.
Ich setze mich ihnen gegenüber in den Sessel. »Was arrangieren?«
»Eine Art Pressekonferenz. Morgen, während dein Vater … bei der Arbeit ist … Wir werden dich zu einem kleinen Interview einladen. Es gibt Gerüchte über Proteste in Zone 3 und das gefällt mir nicht.«
»Eine Pressekonferenz?«, hake ich nach.
»Ach, es geht einfach nur darum, diese widerlichen RATTEN als das darzustellen, was sie wirklich sind. Damit die Menschen sehen, mit wem wir es zu tun haben. Und du erzählst einfach, was du weißt«, schlägt er vor, hebt sein Whiskyglas und kippt es in einem Zug runter. Zuletzt zerbeißt er noch die Eiswürfel.
»Mensch, du wirst berühmt, Quinn!« Niamh fährt mir mit ihrem eiskalten Finger über den Hals. Ich fröstele und drehe mich um, um ihre Hand wegzuschieben.
»Nun schaut euch die beiden an!«, ruft meine Mutter, als sie Niamhs Hand in meiner sieht. »Sind die nicht süß?«
Während sie und der Präsident lächeln und Lennon und Keane breit grinsen, lacht Niamh schrill auf und wirft ihren Kopf theatralisch in den Nacken. Oscar rollt erneut die Augen. Der Einzige, der immer noch beunruhigt aussieht, ist mein Vater.
»Keine Sorge, Cain, Quinn wird zur Verfügung stehen.« Mein Vater geht zu meiner Mutter hinüber und legt seine Hand auf ihren Bauch. Dabei lässt er mich keine Sekunde aus den Augen, wie um mir ein für alle Mal klarzumachen, dass das Wohl der gesamten Familie von meinem Gehorsam abhängt.
Und ja: Ich werde gehorchen. Ich werde zu dieser Pressekonferenz gehen. Ich werde meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern erzählen, was ich weiß. Alles. Schonungslos. Eine bessere Gelegenheit, die Wahrheit ans Licht zu bringen, gibt es nicht.