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Ada

Mein Name ist Ada Accardi, und ich bin elf Jahre alt.

Ich habe schwarze Haare und schwarze Augen, das heißt, eigentlich sind meine Augen braun, aber manche Leute sagen, dass sie auch schwarz aussehen. Ich habe einen Bruder, Nicolas, der ist neun. Ich spreche zwei Sprachen fließend: Englisch und Italienisch. Mein Lieblingsessen ist Makkaroni mit Käse, vor allem, wenn meine Mutter sie macht. Mein Lieblingsbuch ist Töchter von Eva von Lois Duncan. Mein Lieblingseis ist Cookie Dough.

Außerdem habe ich meinen Nachbarn, Jonathan Lowell, umgebracht.

Und übrigens:

Es tut mir nicht leid.

Wie bringt man seinen gruseligen Nachbarn um

– Eine Anleitung von Ada Accardi, fünfte Klasse

Schritt eins: Lass dein Zuhause und alles, was du liebst, zurück.

Morgen ziehen wir um.

Mom und Dad freuen sich schon total darauf. Vor allem Dad. Er redet ständig davon, dass wir bald in diesem tollen neuen Haus wohnen und dass wir dort alle ganz glücklich sein werden. Sie tun so, als würden sie etwas ganz Wunderbares für uns tun. Aber ich will gar nicht umziehen. Mir gefällt es in der Bronx. Alle meine Freunde sind hier. Ich mag auch unsere Wohnung, von der sie dauernd sagen, sie sei »viel zu klein«.

Aber mit elf Jahren hat man keine andere Wahl. Wenn dir deine Eltern sagen, du musst umziehen, dann musst du umziehen.

Jedenfalls kann ich deshalb schon wieder nicht schlafen.

Seit einer Stunde liege ich nun schon wach im Bett und starre an die Zimmerdecke. Ich mag meine Zimmerdecke. Sie hat eine Menge Risse, aber die Risse haben für mich etwas Vertrautes. Zum Beispiel dieser Riss in der Mitte, der wie ein Gesicht aussieht, den habe ich Constance genannt.

Ich werde Constance vermissen, wenn wir wegziehen.

»Nico?«, flüstere ich in die Dunkelheit.

Was meine Eltern an unserer Wohnung nicht gut finden, ist zum Beispiel, dass Nico und ich uns ein Zimmer teilen müssen. Vor allem, weil er ein Junge ist und ich ein Mädchen. Deswegen hat Dad einen Vorhang in der Mitte des Zimmers aufgehängt, sie meinen, so geht es fürs Erste. Dabei macht es mir gar nichts aus, ein Zimmer mit Nico zu teilen. Ich bin froh, dass ich beim Einschlafen weiß, dass er bei mir im Zimmer ist, auf der anderen Seite des Vorhangs.

»Ja?«, flüstert Nico zurück.

Er ist auch noch wach. Gut so. »Nico, ich kann nicht schlafen.«

»Ich auch nicht.«

»Wenn wir bloß nicht umziehen müssten.«

Nicos Matratze macht das laute Quietschgeräusch, das sie immer macht, wenn er sich im Bett umdreht. »Ich weiß. Das ist total gemein.«

Irgendwie beruhigt es mich, dass Nico auch nicht umziehen will. Weil Mom und Dad sich so darauf freuen. Man könnte echt meinen, wir würden nach Disneyland ziehen.

Aber für ihn ist es nicht so schlimm wie für mich. Nico hat schon immer leichter Freunde gefunden als ich. Jeder mag Nico auf Anhieb. Ich habe seit dem Kindergarten dieselben zwei besten Freundinnen – Inara und Trinity. Außerdem sind es nur noch drei Monate, bis ich mit der Grundschule fertig bin, und jetzt verpasse ich wegen diesem blöden Umzug die Abschlussfeier. Stattdessen muss ich mit Kindern meinen Abschied von der Grundschule feiern, die ich kein bisschen kenne.

»Vielleicht wird es ganz furchtbar«, sagt Nico, »und Mom und Dad wollen wieder zurückziehen.«

»Das glaub ich nicht. Ich glaube, dieses neue Haus war richtig teuer.«

»Stimmt. Sie sagten, sie können sich kaum eine Theke leisten.«

»Meinst du die Hypothek?«

»Ist das etwas anderes?«

Ich weiß nicht genau, was eine Hypothek ist, aber ich weiß, dass das nicht dasselbe ist wie eine Theke. Da bin ich mir ziemlich sicher. »Wir müssen bestimmt so lange in diesem neuen Haus wohnen, bis wir beide aufs College gehen.«

Er ist still auf der anderen Seite des Vorhangs. »Wer weiß, vielleicht ist es ja auch gar nicht so schlimm dort? Vielleicht gewöhnen wir uns mit der Zeit daran.«

Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mir nicht vorstellen, lauter neue Freunde finden zu müssen und mich an ein großes, unheimliches Haus zu gewöhnen.

»Nico?«, sage ich.

»M-hm.«

»Einverstanden, wenn ich den Vorhang aufziehe?«

Der Vorhang, der unsere beiden Seiten des Zimmers voneinander trennt, ist eigentlich hauptsächlich für mich gedacht. Als Dad die Vorhangstange anbrachte, sagte Mom zu mir, dass sie das tun, weil »du so langsam eine junge Dame wirst und deine Privatsphäre brauchst«. Aber irgendwie ist es mir lieber, wenn der Vorhang nachts nicht zugezogen ist.

»Okay«, sagt Nico zustimmend.

Ich steige aus dem Bett und ziehe den Vorhang zurück. Nico hat seine Super-Mario-Bettdecke bis zum Hals hochgezogen, und seine schwarzen Haare sind verstrubbelt. Er winkt mir zu, und ich winke zurück.

Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem Mom und Dad Nico aus dem Krankenhaus nach Hause brachten. Mom sagt, dass ich mich unmöglich daran erinnern kann, weil ich erst zwei Jahre alt war und mein Gehirn in dem Alter noch gar keine Erinnerungen speichern konnte, aber ich kann mich ganz genau daran erinnern. Mom brachte ihn in einer kleinen Babytragetasche ins Haus, und er war so winzig. Ich konnte nicht glauben, wie winzig er war! Sogar kleiner als meine Puppen.

Ich fragte sie, ob ich ihn auch einmal halten dürfe, und sie sagte, ja, wenn ich ganz vorsichtig bin. Ich habe mich auf die Couch gesetzt, und Mom hat ihn auf meinen Schoß gelegt. Sie zeigte mir, wie ich seinen Kopf vorsichtig abstützen soll. Er sah aus, als sei er richtig glücklich, auf meinem Schoß zu liegen, obwohl er ein bisschen wie ein alter, verschrumpelter Mann aussah. Als ich meinen Finger in seinen kleinen, winzigen Mund gesteckt habe, hat er daran gesaugt, und ich habe zu ihm gesagt: »Ich hab dich lieb, Nico.«

Ich werde meinen kleinen Bruder in dem neuen Zimmer vermissen.