Die meisten Menschen lieben in Filmen und Büchern ein Happy End. Aber die Welt ist nicht so. Das haben Sie sicher schon bemerkt. Ich sowieso. Doch auch wenn ich weiß, dass im Leben nicht immer alles rundlaufen kann, hatte mich der Streit mit Rosemarie sehr belastet. Ich muss Ihnen nämlich gestehen, dass ich ein harmoniesüchtiger Mann bin. Also ich meine: abgesehen von meiner beruflichen Tätigkeit. Die ist mehr auf Konflikte angelegt, das gebe ich zu. Aber im Privatleben mag ich keinen Streit.
Irgendwann waren wir in der Nacht an einem Punkt angekommen, an dem klar war, dass keiner von uns den anderen überzeugen konnte. Rosie hatte sich nicht mit meinem waghalsigen Plan anfreunden können, Tossek zu töten. Und ich hatte nicht mehr über meine Mitte erfahren wollen, als es zum Verrichten meiner körperlichen Bedürfnisse notwendig war. Es war nicht einfach für uns, aus dieser Situation herauszukommen. Aber wir waren entschlossen, nach einem Kompromiss zu suchen. Diese Suche begann mit einem nächtlichen Spaziergang – und endete auf dem Friedhof.
Nein, nicht was Sie jetzt denken. Ich habe Rosemarie nicht getötet. Was wäre denn das für ein eigenartiger Kompromiss gewesen?
Aber der Reihe nach:
Es ist schon sehr spät, als wir auf dem Friedhof ankommen. Wir sind mit Spitzhacke und Schaufel bewaffnet. Eine Taschenlampe haben wir auch.
Ich kenne diesen Ort und strebe geradewegs unserem Kompromiss entgegen:
Dem Grab von Margarete und Richard Kouster.
Die beiden hatten vor sechs Jahren einen Unfall, über den in der Zeitung berichtet wurde: Frau Kouster hatte beim Pilzesammeln danebengegriffen, was aber erst von den Gerichtsmedizinern erkannt wurde. Danach wurden Margarete und Richard gemeinsam hier begraben. Ich war damals auf der Beerdigung, weil ich … Ach, ist auch egal. Ich war da und weiß daher, wo das verdammte Grab der Kousters ist.
Und jetzt buddeln wir die beiden aus.