6.

Nikolaj

Ich hatte mir bei meinem Bericht einige Lügen erlaubt. Eine davon betraf den Schluss, nämlich dass ich ins Schlafzimmer gegangen war, um meine Sachen zu packen.

»Und dann?«, fragte Hans Waanders, der in der pedantischsten Handschrift mitschrieb, die ich je gesehen hatte, mit der Nase ganz dicht über dem Papier. Er hatte mich kein einziges Mal unterbrochen.

»Ich war von den Proben schrecklich müde und habe mich kurz hingelegt. Dann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war das ganze Zimmer voller Rauch.«

»Stand die Schlafzimmertür auf oder war sie geschlossen?«

»Das weiß ich nicht mehr.«

»Okay, erzählen Sie weiter.«

»Ich wollte wissen, ob der Alarm ausgelöst worden war – in der Küche hängt ein Rauchmelder –, aber das war nicht der Fall.«

»Ist der Rauchmelder schon einmal zu einer anderen Gelegenheit angesprungen?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Sie wissen also nicht, ob das Gerät kaputt war oder ob es jemand ausgeschaltet hat?«

»Ich habe wirklich keine Ahnung.«

Hans Waanders nickte, schaute mich fragend an und bedeutete mir auf diese Weise, dass ich weiter berichten sollte.

Ich räusperte mich. »Ich habe schrecklichen Durst. Können Sie mir bitte das Glas da reichen?«

Hans Waanders tat, worum ich ihn gebeten hatte. Wegen meiner verbundenen Hände fand ich es schwierig, das Glas zu halten, und schüttete mir etwas Wasser auf die Hose. »Das ganze Schlafzimmer war voller Rauch … Ich dachte, es wäre irgendetwas beim Kochen schiefgegangen.« Ich wandte den Blick ab.

»Dachten Sie das wirklich?«

»Ich … Ich hatte Angst, Mischa hätte vielleicht etwas gekocht und vergessen …«

»Ich verstehe. Was ist dann passiert?«

»Als ich aus dem Schlafzimmer kam, konnte ich fast die Hand nicht vor Augen sehen. Ich rief nach Mischa und bin ins Wohnzimmer gegangen, wo es bereits überall brannte. Und dann wurde ich von hinten niedergeschlagen.« Stirnrunzelnd befühlte ich die Stelle. An meinem Hinterkopf prangte eine riesige Beule. »Ich bin zu Boden gegangen, und sie hat mich immer weiter geschlagen. Ich habe versucht, sie davon abzuhalten. ›Was hast du getan?‹, habe ich gerufen, immer wieder, aber sie hat keine Antwort gegeben. Es war, als wäre sie verrückt geworden.«

»Wie sind Sie aus dem Haus gekommen?«

»Keine Ahnung. Ich muss bewusstlos geworden sein, und als ich wieder zu mir kam, brannte alles lichterloh. Im nächsten Moment war ich draußen.«

»Sie haben nicht sofort die Polizei gerufen.«

»Ich hatte mein Handy nicht bei mir.«

»Bei den Nachbarn, meine ich. Sie haben die Nachbarn nicht alarmiert.«

»Nein? Ich weiß es nicht, ich muss einen Schock gehabt haben. Ich bin wohl davon ausgegangen, sie hätten die Feuerwehr schon gerufen.«

»Noch mal zurück zum Anfang: Sie haben gesagt, Frau de Kooning will Sie umbringen. Da gibt es einfachere Methoden, als das Haus anzuzünden.«

»Vielleicht wollte sie, dass das Ganze wie ein Unfall aussieht? Das fällt in Ihren Arbeitsbereich, nicht in meinen«, gab ich zurück.

»Frau de Kooning ist ein großes Risiko eingegangen. Sie selbst wurde auch verletzt. Warum ist sie nicht sofort aus dem Haus geflüchtet, nachdem sie den Brand verursacht hatte?«

»Sie muss abgewartet haben, bis ich schlief. Wahrscheinlich hat sie nicht damit gerechnet, dass ich so rasch aufwache, und deswegen beschlossen, mich niederzuschlagen. Oder so was? Das ist jetzt alles frei spekuliert – wie es genau abgelaufen ist, müssen Sie sie selbst fragen.«

»Das werde ich auch ganz bestimmt tun, sobald sie das Bewusstsein wiedererlangt hat.«

In diesem Augenblick betrat Willy erneut das Zimmer, ganz offensichtlich aufgeregt, und forderte Hans Waanders auf, sofort zu gehen. »Eine Frage, haben Sie gesagt. Er braucht Ruhe«, erklärte sie. »Ich begreife ja, dass Sie Ihre Arbeit erledigen müssen, aber das müssen wir auch.«

»Kein Problem«, erwiderte Hans Waanders munter. »Ich weiß vorläufig genug. Wir belassen es hierbei. Für den Moment.« An der Tür zur Schleuse drehte er sich noch einmal zu mir um: »Sie wollen also eigentlich sagen, dass Ihre Frau Sie umbringen wollte, weil Sie Ihre Beziehung beenden wollen.« Noch immer klang in seiner Stimme Erstaunen durch.

»Sie kennen Mischa nicht. Sie ist eifersüchtig und sehr besitzergreifend. Wenn sie mich nicht haben kann, soll mich niemand haben.«