Es ist nur ein Wort.

Blitzoperation.

Das ist der Name meiner Hölle.

Und ich kenne auch den Namen der Soldaten: Navy Seals.

Die amerikanische Spezialeinheit. Die besttrainierte Einheit von allen.

Ich weiß, dass ihr Name aus den Anfangsbuchstaben anderer Wörter gebildet ist: dem Se von Sea, dem A von Air, dem L von Land. Weil die Seals das Kriegführen zur See, in der Luft und zu Lande gelernt haben.

Der Krieg wohnt in allen Elementen. Außer dem Feuer, das wohnt im Krieg selbst.

Ich weiß jetzt noch viele weitere Dinge über die Seals.

Ich habe sie sorgfältig gelernt, eines nach dem anderen, so wie Oma Nadira mich früher Gedichte lernen ließ.

Ich weiß, dass der Helm, den sie tragen, besondere Kopfhörer enthält, damit sie über weite Entfernungen miteinander sprechen können.

Ich weiß, dass sie Nachtsichtbrillen tragen, mit denen sie auch im Dunkeln sehen können, sogar, wer sich hinter einer Hauswand bewegt.

Ich weiß, dass die Hunde der Seals kugelsichere Westen tragen, die Storm K 9 heißen.

Ich weiß, dass an dieser Weste eine Kamera befestigt ist, auf einem Stativ, das aussieht wie der Hals einer kleinen Rubab, des Instruments, das Papa spielt. Ich weiß auch, dass diese Kamera die Dunkelheit erhellen kann: mit grünem Licht, Infrarotlicht

Heute weiß ich noch andere Dinge.

Ich weiß, dass die Seals in jener Höllennacht nach Terroristen suchten. In den Häusern des Dorfs von Tante Amina, in den Höhlen rund um das Dorf, in den Ziegenpferchen zwischen den Höhlen.

Ich weiß, dass sie uns oft vor Schlimmerem beschützen.

Ich weiß, dass ihr Sturmgewehr Colt M4 heißt und über ein Nachtsichtgerät, Laserlicht, eine starke Lampe und einen ausziehbaren Kolben verfügt, der das Zielen erleichtert.

 

Aber es ist kein Zielen nötig, um das Sturmgewehr gegen eine Schläfe zu halten, wie jetzt gegen die meines Onkels.

Im Haus herrscht völlige Stille.

In dieser Stille hallt mein Herz wider wie ein Echo in einer Höhle.

Ich bewege mich nicht. Ich kauere auf dem Boden.

Der mächtige Geruch von Schweiß.

Ein Heer von Ameisen wimmelt über meine Hände und meine Arme, macht sich auf, meinen Rücken zu erobern.

Aber mein Körper ist ein Stein. Ein unbeweglicher Fels des Pamir-Gebirges.

Doch auch ein Fels kann manchmal zittern, denn neben mir knurrt jetzt ein Hund.

Auch seinen Namen kenne ich heute. Es ist der Name eines Rassehunds, der speziell für den Krieg trainiert wurde: Belgischer Malinois. Auf seinem Kopf trägt er eine seltsame Brille. Durch diese runden Brillengläser sieht er im Dunkeln.

Auch ich sehe plötzlich im Dunkeln, auch ich habe eine Superkraft wie die Infrarotstrahlen, die alles sichtbar machen: die entblößten Zähne des Hundes, den Speichel, der von seinen Zähnen

 

Ich rieche seine Angriffslust.

Ich rieche seine gebändigte Wildheit.

Ich rieche seinen Gehorsam gegenüber dem Hundeführer.

Mit seinen schwarzen Kopfhörern wartet der Hund auf einen präzisen Befehl.

Er wartet auf einen Laut, ein Wort.

Einen Namen.