Als Sonnenjahr bezeichnen wir die Zeit, die die Erde für einen Umlauf auf ihrer Bahn um die Sonne benötigt: 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden.
Um die Zeit zu messen und zu bezeichnen, hat die Menschheit Kalender erfunden.
Der Gregorianische Kalender, den Papst Gregor XIII. am 4. Oktober 1582 einführte, beruht auf den Berechnungen des Astronomen Nikolaus Kopernikus und stellt eine Variante des Julianischen Kalenders dar, der vorher galt.
Nach dem Gregorianischen Kalender besteht das Sonnenjahr aus 365 Tagen. Alle vier Jahre wird ein sogenanntes Schaltjahr eingefügt, das aus 366 Tagen besteht.
Nur Afghanistan, Äthiopien, Iran und Nepal folgen nicht dieser Zeitrechnung.
Andere Länder nutzen neben dem Gregorianischen Kalender einen weiteren lokalen Kalender.
Anders als der Gregorianische Kalender funktioniert der Islamische Kalender, der – nach dem Julianischen Kalender – mit dem 16. Juli 622 beginnt, dem Tag der Auswanderung des Propheten Mohammed aus seiner Geburtsstadt Mekka nach Medina. Der Kalender beruht auf den Mondphasen und ist in 12 Mondmonate von 29 oder 30 Tagen unterteilt, sodass das Jahr aus 354 Tagen besteht, denen etwa alle drei Jahre ein Schalttag hinzugefügt wird.
Es wurde berechnet, dass die Jahreszahlen der beiden Kalender in der Zeit zwischen 20850 und 20906 übereinstimmen werden.
Wenn es uns dann noch gibt.
Und wenn wir dann noch daran interessiert sind, unsere Zeit zu berechnen.
Und die Zeit unseres Planeten.
Für den Moment habe ich die Zeit berechnet, die seit jener Nacht vergangen ist: der Nacht im Bunker unter der Schule.
Sechzehneinhalb Monate. Etwas mehr als ein Jahr.
In diesem etwas mehr als einem Jahr ist ganz schön viel passiert.
Große und kleine Dinge. Viele Fehler, alte und neue. Und es lauern bestimmt schon weitere.
Ich versuche, sie wenigstens nicht zu vergeuden, so wie Papa mir einmal geschrieben hat.
Und heute versuche ich, die Dinge, die mir passiert sind, aufzuzählen:
Ich habe Pierantonio wegen des Diebstahls der Klassenfahrtkasse angezeigt. Nachdem ich mit meinen Eltern darüber gesprochen hatte, wusste ich, dass ich keine Wahl hatte. Es war das einzig Richtige.
Zuerst war ich verschreckt: Die Vorstellung, dass er sich rächen könnte, wurde zur fixen Idee, die mich in Panik versetzte. Aber zu dieser Rache kam es nicht. Es hat ihm sicher nicht geholfen, dass er sich auch noch besoffen beim Fahren erwischen ließ. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ich weiß nur, dass er einen neuen Job hat: gemeinnützige Arbeit. Er ist jetzt Reinigungskraft in einer alten Kaserne, die zum Aufnahmezentrum umfunktioniert wurde. Sein Vater, sagen die Quellen, hat dafür gesorgt, dass die Maßnahme von sechs Monaten auf ein ganzes Jahr verlängert wurde. In meinen Augen ist dieser Vater ein Held.
Über Bullys habe ich jetzt eines verstanden: Wer sich wie ein Bully benimmt, verlässt sich auf deine Schwäche.
Stark und präpotent sind sie nur mit Schwächeren; mit denen, die dagegenhalten, sind sie selbst schwach.
Und um dagegenzuhalten, braucht man weniger Mut und Stärke als vor allem Würde.
Schon vor Monaten haben wir Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis gestellt.
Für Aziza und ihren Vater gibt es Hoffnung. Es dauert alles ewig, aber es geht wohl weiter. Mama mit ihrer Biologinnen-Sorgfalt hat die Gesetzeslage studiert. Ich kenne die Gesetzeslage nicht, aber ich kenne meine Mutter. Den Gegner durch Hartnäckigkeit zu verschleißen, ist ihre bewährte Strategie.
Ich habe den Verdacht, dass sie wöchentlich in der Questura vorbeischaut, um sicherzustellen, dass die Bürokratie auch korrekt und in angemessenem Tempo ihren Dienst tut.
Meine Mutter ist optimistisch. Also bin ich es auch.
Was Papa betrifft, sind Mamas Gefühle alles in allem die bestmöglichen: Sie hasst ihn nur ein kleines bisschen. Aber auch hier bin ich optimistisch. Sie ist nicht wirklich fähig zu hassen.
Zu Beginn, einige Wochen lang, hat Aziza bei uns gewohnt. Es gab neue Lücken zu Hause, und sie hat sie auf ihre Art gefüllt. Solange sie auf ihren Vater wartet, lebt sie jetzt in einem Aufnahmezentrum bei einer afghanischen Familie, die eine Tochter in ihrem Alter hat.
Aber jeden Samstagabend essen wir Pizza zusammen. Dieses Ritual lassen wir nie aus. Manchmal ist auch meine Mutter dabei, manchmal irgendwelche Freunde. Nur ein Detail darf sich nicht ändern: Es gibt immer Pizza Kebab.
Über die anderen habe ich etwas verstanden: Wir haben mehr gemeinsam, als uns trennt.
Und das ist alles, glaube ich. Das ist alles. Oder zumindest alles, was wirklich zählt.
Ende letzten Sommers kam meine Schwester auf die Welt. Es heißt, wir sehen uns ähnlich. Kann sein. Auf jeden Fall ist sie schon eine echte Kanaille, und auch wenn sie noch keine sinnvolle Silbe herausbringt, kann sie sich prima verständlich machen, wenn sie will. Oder, um genauer zu sein: kann sie sich bei mir verständlich machen.
Am Anfang war es nicht leicht, meinen Vater mit ihr zu sehen, fast als hätte sie meinen Platz eingenommen.
Mich tröstet nur eine Kleinigkeit.
Heute Morgen hat sie das erste Wort gesprochen, das nicht wie eine Logopädieübung oder ein Sabberschmatzen klang. Mit ihrem runden Finger hat sie auf mich gezeigt, ein Sabberbläschen produziert, ein einzahniges Lächeln folgen lassen und dann ihr Tia ausgesprochen.
Codename, kombiniere ich, für Mattia. Ihr erstes Wort bin ich.
Und so hat die kleine Kanaille ihren großen Bruder restlos erobert.
Über meine Schwester habe ich verstanden: Was sie betrifft, genieße ich eine einzigartige Macht.
Ich habe sogar ihren Namen ausgesucht. Natürlich heißt sie Sofia.
Sofia und ich sind seit einem Jahr, vier Monaten und einer Woche zusammen.
Manchmal streitet sie mit mir. Manchmal streite ich mit ihr. Manchmal, selten, streiten wir beide. Ich habe den Verdacht, dass uns das Streiten gefällt, weil wir uns so gern wieder versöhnen. Auch über die Liebe habe ich etwas verstanden: Sie betäubt Wut und Ängste, gibt jeder einzelnen Zelle den Kick, schießt Herz und Hirn in ferne Umlaufbahnen, versetzt dich augenblicklich in die Hölle oder ins Paradies. Vor allem macht sie süchtig.
Sie ist die einzige legale Droge. Eine mächtige und kostenlose Droge. Man kann sie nicht bezahlen, außer mit noch mehr Liebe.