20. Kapitel

Baz ist mit Liv am Strand. Sie haben ihre Liegestühle ans Wasser getragen und sehen den Zwillingen zu, die im Dingi sitzen und so tun, als wären sie auf See.

»Klar zum Wenden!«, schreit Freddie, und Flora duckt sich gehorsam. Weil das Dingi am Strand liegt, darf Jenks bei ihnen sein, und Liv und Baz sehen lachend zu, wie Flora versucht, Jenks die Grundzüge der Seefahrt zu lehren.

Mit einem »Ping« kommt eine SMS herein, und Liv sieht auf ihr Handy.

»Oh, großartig!«, ruft sie aus. »Fantastisch! Andy kommt morgen. Ist das nicht toll, Baz?«

Sie sieht so erfreut aus, dass Baz aus seinen Gedanken an Sofia gerissen wird, aus seinen privaten, wollüstigen Erinnerungen an die jüngste Vergangenheit, und Liv genauer mustert. »Ja«, pflichtet er ihr bei. »Das ist es. Immer schön, den Jungen zu sehen.«

Er weiß, wie nahe sich Andy und Liv stehen, doch ihre heftige Reaktion verblüfft ihn. Wie sehr ihr Matt wohl fehlt? Baz fragt sich, ob er sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt hat, und fühlt sich leicht schuldig. Doch bevor sie etwas sagen kann, und kaum, dass Liv Andy eine Antwort geschrieben hat, kommt eine weitere Nachricht herein. Dieses Mal zeigt sie ihr Gefühl ganz offen.

»Du meine Güte!«, murmelt sie, als könnte sie es kaum glauben. »Matt kommt Freitagmorgen und bleibt die ganze Woche. Er hat alles organisiert …«

Sie liest die Nachricht noch einmal, und Baz mustert sie eingehend. Weint sie etwa? Das erscheint ihm leicht übertrieben, besonders bei Liv, die keine dieser emotionalen Frauen ist; und er spürt, wie die natürliche männliche Abneigung gegen dramatische Szenen in ihm aufsteigt.

»Gut«, sagt er nachdrücklich, aber ruhig. »Das ist sehr gut. Andy und Matt. Genau das, was der Arzt verordnet hat. Die Zwillinge werden ganz aus dem Häuschen sein.«

Er sieht, dass Liv sich wirklich mit der Hand über die Augen streicht, und wird noch nervöser.

»Ich sage es ihnen aber noch nicht«, erklärt sie, und er hört erleichtert, dass ihre Stimme nicht zittert. »Nur für alle Fälle.«

»Gute Idee«, meint er herzhaft, um die positive Stimmung zu wahren.

Er sehnt sich danach, Sofia wiederzusehen; er wünscht es sich und fürchtet es zugleich. Wie schwierig es sein wird, ihr später am Abend bei der Grillparty unter all diesen Menschen zu begegnen und sich zu verhalten, als wäre nichts geschehen!

»Ich überlege gerade, ob ich dich zusammen mit den Zwillingen zum Grillen fahren soll«, sagt Liv. »Dann könnte ich ein paar Minuten mit allen verbringen und wieder zurückfahren. Ich würde nämlich Sofia gern sehen.«

»Wieso?«, fragt er schnell und ziemlich scharf, und Liv sieht ihn verblüfft an.

»Na ja«, gibt sie lahm zurück, »nur um ihr zu erzählen, dass Andy morgen kommt. Und Matt. Sie wird sich freuen.«

Baz nimmt sich zusammen. »Natürlich«, antwortet er, »aber dann steht das Auto wieder hier, und der Heimweg zu Fuß wird nachher ziemlich lang für mich.«

Er versucht zu ergründen, warum er nicht will, dass Liv ihn fährt, und ihm ist klar, dass er sein erstes Wiedersehen mit Sofia möglichst einfach gestalten will. Je weniger Menschen, vor denen er sich verstellen muss, desto besser.

»Ich gebe ihr Bescheid«, schlägt er vor und kommt sich ein wenig egoistisch vor. »Sie könnte ja morgen früh zum Kaffeetrinken kommen. Oder zum Mittagessen.«

»Ja.« Liv nickt, und ihre Miene hellt sich bei seinem Vorschlag auf. »Und es ist ziemlich dumm, die Zwillinge mitzunehmen. Dann drehen sie kurz vor dem Schlafengehen noch einmal richtig auf. Müsstest du dich nicht langsam fertig machen?«

Baz wirft einen Blick auf seine Armbanduhr – etwas, das er verstohlen schon seit einer Stunde tut – und zählt die Minuten, bis er Sofia wiedersieht. Wie wird sie sich verhalten? Wie reagieren? Vor Erwartung überschlägt sich sein Magen.

»Vielleicht verliebt sich Sofia ja in Andy«, meint Liv müßig und mit geschlossenen Augen und dreht an einer ihrer langen blonden Haarsträhnen. »Das wäre schön, oder?«

»Nein, das wäre es verdammt nicht!«, möchte Baz am liebsten schreien. Er starrt Liv schweigend an und fragt sich, ob das passieren kann. Ob dieser Vormittag nur ein einmaliges Wunder war, das Sofia inzwischen vielleicht bedauert.

Liv schlägt die Augen auf und sieht ihn an. »Geht’s dir gut?«

»Ja«, antwortet er schnell. »Ja, alles bestens. Ich versuche nur gerade, mich zum Duschen und Umziehen aufzuraffen.«

Liv setzt sich auf und seufzt. »Ich sollte den Zwillingen das Abendessen zubereiten«, erklärt sie. »Ich werde ganz faul, Baz, so gern bin ich hier.«

Er öffnet den Mund zum Sprechen und klappt ihn dann wieder zu. Dies ist nicht der richtige Moment, um mit Liv über seine neue Glamping-Idee zu reden. Er wird warten, bis Matt da ist. Wieder denkt er zweifelnd an Andy und schiebt seine Furcht dann beiseite. Er erinnert sich an Sofia heute Morgen, wie sie ihn angesehen und was sie gesagt hat. Er will sie wieder in den Armen halten, in seinem Bett haben.

Liv steht auf, und Baz schlendert zur Strandvilla. Bei der Aussicht, sowohl Matt als auch Andy zu sehen, fühlt sie sich erstaunlich fröhlich, als wäre die Last, die ihr in letzter Zeit auf dem Herzen gelegen hat, von ihr abgefallen. Eigentlich war es dumm zu glauben, dass Matt ein Problem hatte. Töricht von ihr, ihn zu verdächtigen … Wessen?, fragt sie sich.

Schließlich ist Matt keiner dieser Männer, die gern flirten und Frauen ansprechen, und er liebt seine Kinder über alles. Ganz bestimmt hat es nichts mit dem Geschäft zu tun, über das sie beide mithilfe eines Buchhalters und eines Steuerberaters mit Argusaugen wachen. Also, was könnte nur die Ursache dieses eigenartigen, unguten Gefühls gewesen sein? Denn da war eindeutig etwas, ruft Liv sich ins Gedächtnis.

»Mummy!«

Die Zwillinge verlangen nach ihr, und sie geht bereitwillig zu ihnen. Sie fühlt sich von der Liebe zu ihnen gewärmt und schwelgt in ihrer Schönheit und Unschuld. Jenks bellt, um sie zu begrüßen, und sie beschleunigt ihre Schritte, ruft, dass es Zeit zum Abendessen ist, und fühlt sich versucht, ihnen von dem Vergnügen zu erzählen, das sie erwartet: Morgen bekommen sie Besuch von Onkel Andy, und Daddy kommt am Freitag. Doch sie bremst sich, denn sie fürchtet, Freddie und Flora könnten enttäuscht werden, falls etwas schiefgeht. Trotzdem genießt sie diese Aussicht, während sie neben dem Boot niederkniet, Jenks eine Hand entgegenstreckt und den Zwillingen erklärt, dass es Zeit ist, ins Haus zu gehen.

Sofia wartet nervös. Sie steht in ihrem kleinen Zimmer und fragt sich, was für ein Gefühl es sein wird, Baz wiederzusehen, in seiner Nähe zu sein. Wie ist es möglich, dass sie ihn erst heute Morgen angesehen, die Arme um ihn geschlungen und ihn an sich gezogen hat? Sie erinnert sich daran, wie sie gelacht haben, wie er gesagt hat: »Ich liebe dich.« Sofia erschauert bei dem Gedanken an ihre Intimität. Sie sehnt sich danach, es wieder zu tun.

»Sofia.« Daves Stimme hallt die Treppe herauf. »Kommst du herunter?«

»Ja«, ruft sie zurück. »Ja, ich komme sofort.«

Aber sie hält inne, um in den Spiegel zu sehen und ihre blasse Haut und ihre Augen zu betrachten, die vor Liebe und Begierde riesig wirken, und fragt sich, wie in aller Welt sie dieses Gefühl verbergen soll. Sie verschränkt die Arme vor der Brust, streicht mit den Händen an ihren nackten, schlanken Armen auf und ab und fühlt sich schwach und zittrig. Wer hätte gedacht, dass es so sein kann?

Langsam, vorsichtig geht sie in die Küche, bleibt an der Tür stehen und tritt dann ein. Mr. und Mrs. Apple wieseln geschäftig im Baumstumpf-Laden herum, umgeben von Tabletts und Platten mit Leckerbissen, und mit einem Mal möchte Sofia am liebsten vor Lachen herausplatzen.

»Ach, Liebes«, sagt Janet, »könntest du das hier für mich in den Garten bringen? Oh, hört doch! Ist das ein Auto? Dave, sieh doch nach, wer gekommen ist. So, jetzt sind wir fast fertig.«

Nun fühlt Sofia sich ruhiger. Sie nimmt das Tablett mit Brötchen und folgt Dave nach draußen. Er begrüßt Miles und Annabel, und El trifft gerade ein – doch von Baz ist nichts zu sehen. Die Drinks sind vorbereitet; Flaschen, ein Krug Wasser und Gläser sind auf einem Tisch in der Nähe des Grills aufgebaut. Sofia fragt sich, ob ein kleiner, ein winziger Schluck Wein sie vielleicht beruhigen wird. Während sie noch zögert, hört sie Baz’ Stimme. Dave begrüßt ihn gerade, und Annabel quietscht vor Freude, als hätte sie ihn wochenlang nicht gesehen. Ganz langsam dreht Sofia sich um und schaut über den Rasen.

Annabel umarmt Baz – sie umschlingt ihn mit ihren langen, dünnen Armen, an denen die Armreifen klirren, und er lässt sich ihre Attacke gefallen, die ihn fast erwürgt –, doch hinter Annabels Kopf begegnet er Sofias bebendem Blick und lächelt ihr zu. Lachfältchen bilden sich um seine Augen, fordern sie auf, Mitgefühl mit seiner misslichen Lage zu haben. Seine Miene ist zärtlich und wissend zugleich, und sie hat das Gefühl, jeden Moment in Flammen aufzugehen.

Er tritt in den Garten. Annabel klebt besitzergreifend an ihm, und Miles folgt ihnen. Dave lädt sie ein, einen Drink zu nehmen, und plötzlich steht El neben ihr und lächelt ihr zu.

»Sofia«, sagt sie. »Hallo. Dave meint, wir sollen uns bedienen, warum tun wir das also nicht? Baz hat mir erzählt, dass Sie einen Job in Bristol suchen. Ich wohne in der Nähe der Universität. Wie gut kennen Sie diesen Teil der Stadt?«

Mit einem Mal stellt Sofia fest, dass sie über ihren Beruf redet und darüber, wo sie gern leben möchte, und sie segnet El für ihre ruhige Art, ihren Humor und ihre Kraft. Als Baz irgendwann zu ihnen tritt, kann Sofia in seiner Nähe sein, ohne zu zittern, und während El und er über ein Konzert sprechen, das sie gemeinsam besucht haben, sieht sie ihn noch einmal an und hat keine Angst, sich zu verraten. Trotzdem ist sie sich seiner Nähe stark bewusst, und ihm geht es ebenso, das spürt sie. Gelegentlich wirft er ihr ein leises Lächeln zu, das nur ihr gilt, und es ist, als hätte er ihre Hand berührt.

Annabel kommt, um ihren Platz an seiner Seite zu beanspruchen, und lächelt Sofia unbestimmt und gleichgültig an, als könnte sie sich wirklich nicht daran erinnern, wer diese Person ist. Sofia möchte am liebsten laut herauslachen, als sie daran zurückdenkt, wie Baz sie auf seinem ungemachten Bett geliebt hat. Sie geht davon und begrüßt Miles, der merkwürdig und distanziert wirkt, als hätte er gerade einen Schock erlitten, und eilt dann zu Janet und hilft ihr, noch mehr Zutaten für die Grillparty nach draußen zu tragen.

Eigenartig, denkt Miles und nippt an seinem Wein, wie nach all diesen Jahren die Liebe einfach zu existieren aufhört. Dass jemand einem einfach völlig gleichgültig wird.

Über den Rasen hinweg sieht er zu Annabel, die neben Baz posiert und lacht, und runzelt leicht die Stirn, als versuchte er, sie wiederzuerkennen. Wenn man bedenkt, dass er den größten Teil seines Erwachsenenlebens mit dieser Frau verbracht hat, und jetzt kommt sie ihm wie eine Fremde vor …

Ich mag sie nicht einmal mehr leiden, denkt er. Sie ist mir vollkommen egal. Was soll ich tun? Wahrscheinlich könnte ich sie einfach verlassen.

Doch er weiß, dass er den Mut dazu nicht aufbringen wird. Er wird den einfachen Weg aus der aktuellen Lage wählen, und er hat auch schon eine Vorstellung, wie. Er wird vorschlagen, dass sie eine Wohnung in Bristol kaufen. Die Idee geht ihm schon eine Weile im Kopf herum, doch jetzt hat er vor, sie umzusetzen. Er vermutet, dass Annabel die Vorteile sehen wird; sie wird sich sofort vorstellen, dass sie dann Gelegenheit hat, mehr Zeit mit Baz zu verbringen.

Und unterdessen, denkt Miles, werde ich El öfter sehen.

Und hier kommt sie auf ihn zu, das schwarz-weiße Elsternköpfchen geneigt, und lächelt ihm entgegen. »Wie geht’s dir, Miles?«, fragt sie. Sie mustert ihn aufmerksam. »Was ist los?«

Er lacht über ihren Scharfblick. »Ist etwas los? Ja, wahrscheinlich schon. Ich habe beschlossen, eine Wohnung in Bristol zu kaufen.«

Sie sieht ihn aus großen Augen an, diesen klaren Augen, die alles wahrnehmen. »Ist das eine einseitige Entscheidung?«

Er lächelt ihr zu. »Ach, Annabel wird die Vorteile schon erkennen.« Vielsagend weist er mit einer Kopfbewegung auf seine Frau, die immer noch dicht bei Baz steht. »Und ich werde dringend benötigte Freiheiten hinzugewinnen. Zum einen würde ich Lily und ihre Partnerin gern öfter sehen. Annabel will sie nicht hierher einladen, weil sie glaubt, die Nachbarn würden reden. Aber nach Bristol kann ich die beiden holen. Ich möchte Lily gern wieder näherkommen. In ihrer Kindheit habe ich sie nicht oft gesehen, da ich so viel auf See war, doch wir waren sehr glücklich, als wir in London ein Jahr zusammengelebt haben. Ich finde, es ist Zeit für Veränderungen.«

»Und das klingt nach sehr positiven Veränderungen«, meint El.

»Auf eine Art schon, ja. Es macht es mir auch leichter, gelegentlich von hier wegzukommen.« Er hebt sein Glas. »Auf die Zukunft?«, schlägt er vor.

El lässt ihr Glas an seines klingen. »Darauf trinke ich«, sagt sie.

Weitere Gäste treffen ein, eine Freundin möchte mit Annabel reden, und Baz ergreift die Gelegenheit, sich von ihr zu entfernen. Lächelnd bleibt er immer wieder stehen, um mit jemandem zu plaudern, und schaut sich dabei nach Sofia um. Doch im Garten ist nichts von ihr zu sehen. Er bleibt am Grill stehen, um mit Dave zu sprechen, der ihm nachschenkt, und schlendert dann weiter, in Richtung Haus.

Sofia ist allein in der Küche und wickelt ein Päckchen Papierservietten aus. In der Tür zögert Baz und schaut sich um.

»Nachdem du es gesagt hast, sehe ich jetzt, was du meinst«, bemerkt er. »Es ist der Baumstumpfladen, wie er leibt und lebt. So gemütlich, bezaubernd und sicher.«

Sie sieht zu ihm auf, und er bemerkt, wie ihr das Blut in das blasse Gesicht steigt. Es wäre so einfach, sie zu necken, sie zum Lachen zu bringen, aber er sieht, dass sie nervös ist, und fühlt sich von Zärtlichkeit erfüllt.

»Ich habe eine Nachricht von Liv für dich«, erklärt er.

Sofia wirkt erstaunt und erleichtert. Mit etwas so Prosaischem hat sie offensichtlich nicht gerechnet.

»Von Liv?«

»Ihr Bruder Andy, der sich zurzeit in Polzeath aufhält, besucht uns einen Tag. Sie hat sich gefragt, ob du zum Mittagessen kommen magst. Sie möchte, dass du ihn kennenlernst.« Er zögert. »Ich selbst bin mir da nicht so sicher.«

Sofia wirkt verwirrt. »Warum nicht?«

Baz trinkt einen Schluck Wein und zuckt mit den Schultern. »Na, du weißt ja, wie das geht. Er ist attraktiv, amüsant, reich und jung. Genau das Richtige für eine schöne, kluge junge Frau, oder? Ich glaube, Liv möchte ihren Zwillingsbruder gern mit ihrer neuen besten Freundin verkuppeln.«

Sofia wirft die Verpackung in den Müll und nimmt die Servietten. »Dann wird sie aber enttäuscht werden«, sagt sie.

»Wirklich?«, fragt er leise und sieht sie aufmerksam an.

Bevor sie antworten kann, kommt hinter ihm Janet herein, sodass er beiseitetreten muss, um ihr Platz zu machen.

»Was heckt ihr zwei denn aus?«, will sie wissen, tritt eilig an den Herd und öffnet die Ofentür.

»Ich habe etwas von Liv ausgerichtet«, erklärt Baz beiläufig und hofft, dass Janet nicht bemerkt, wie Sofia wieder errötet. »Andy besucht uns morgen, und sie möchte gern, dass Sofia zum Mittagessen kommt. Und am Freitag erwarten wir Matt. Er hofft, dass er die ganze nächste Woche bleiben kann. In der Strandvilla ist ordentlich etwas los.«

Sofia ergreift die Chance, an Baz vorbei in den Garten zu huschen.

Janet setzt ein Backblech mit Ofenkartoffeln auf einem Metallgestell ab, schließt die Backofentür und dreht sich um, um Baz anzusehen. »Was führst du im Schilde?«

Die direkte Frage verblüfft ihn, doch er erwidert ihren Blick unverwandt, und ihm wird klar, dass es dumm wäre, sich zu verstellen. »Ich habe mich in Sofia verliebt«, antwortet er.

Mir dem Ofenhandschuh in der Hand stützt sich Janet an der Lehne eines Küchenstuhls ab. »Und Sofia? Ist sie auch verliebt in dich?«

»Ich finde, die Frage solltest du ihr selbst stellen?«

»Ich frage aber dich.«

»Sie sagt, sie liebt mich, und ich möchte ihr gern glauben. Oh, denk nicht, dass ich all die Komplikationen und die …«, er zögert und sucht nach dem richtigen Wort, »… das Unpassende daran nicht sehe«, sagt er schließlich. Baz hält weiter Janets strengem, kühlem Blick stand und weigert sich nachzugeben. Er widersteht dem feigen Wunsch, darauf hinzuweisen, dass Sofia den ersten Schritt getan hat, und wartet darauf, dass Janet ihn tadelt.

»Ich sehe schon, dass sie dich vielleicht in eine schwierige Position gebracht hat«, erklärt sie und schnaubt angesichts seiner verblüfften Miene leicht. »Ach, wir sind nicht dumm, Dave und ich, verstehst du? Sie ist hier heute Morgen losgezogen wie ein Mädchen mit einer Mission, und wir hatten eine ziemlich gute Vorstellung davon, worin die bestand.«

Baz verschlägt es die Sprache. Er wedelt mit seiner freien Hand. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

»Ach, hör auf, so ritterlich zu sein«, gibt Janet gereizt zurück. »Wenn du ihr wehtust, Baz, bringe ich dich um.«

Er kann nicht anders, er lacht laut heraus. »Ach, Janet. Du siehst so grimmig aus. Ich verspreche, dass ich nichts tun werde, um Sofia zu verletzen. Ich empfinde ihr gegenüber nichts als Liebe und Dankbarkeit. Ich sehe die Probleme schon, ich bin auch nicht dumm. Doch was würdest du an meiner Stelle tun? Ihr sagen, sie soll loslaufen, sich einen netten jungen Mann in ihrem Alter suchen und ein Baby bekommen? Ich glaube, sie hat die Nase voll von jungen Männern. Aber falls du das wissen willst, ich zittere wie Espenlaub. Morgen soll sie Andy kennenlernen, und wer könnte netter und passender sein als Livs Zwillingsbruder?«

Janet schnaubt noch einmal wegwerfend. »Ich wette, sie nimmt nicht einmal Notiz von ihm. Nicht, wenn du da bist. Du unterschätzt dich selbst, Baz, und wenn ich nicht Sofias Patentante wäre, würde ich dir Beifall klatschen. Aber ihre Mutter hat sie hergeschickt, damit sie sich von einer Beziehung erholt, und jetzt sieht es aus, als hätte sie sich gleich in die nächste gestürzt. Auf der anderen Seite habe ich Sofia noch nie so gesehen, also verlasse ich mich darauf, dass du auf sie aufpasst. Viel Glück euch beiden!«

Baz stellt seinen Drink ab, durchquert die Küche und nimmt Janet in die Arme. »Ich habe dich verkannt«, murmelt er. »Du bist keine Maus, sondern eine wahre Tigerin.«