Nicht mal der Anblick des zerlegten Motors brachte Riley auf andere Gedanken. Es war ein Traum? Oder? Nein, ich habe sie geküsst. Oder sie mich? Scheiße. Wie oft hatte er in den vergangenen zwei Tagen drüber nachgedacht. Jedes Mal kam er zu einem anderen Ergebnis und das machte ihn verrückt. So sehr, dass er bereits seit einer geschlagenen Stunde auf die kaputte Zylinderkopfdichtung des Fiats starrte und nicht wusste, wo er mit der Reparatur beginnen sollte. Ratlos strich er sich über den Kopf. Im nächsten Moment packte ihn die Wut wieder und er wirbelte herum und schlug mit beiden Händen gegen die Front der Werkbank. »Fuck! So ein verfluchter Scheißdreck!«, erneut schlug er zu.
»Riley«, John kam mit verständnislosem Gesichtsausdruck auf ihn zu. »Sag mal, drehst du jetzt komplett durch?«
»Verpiss dich. Lass mich verdammt nochmal in Ruhe«, fauchte Riley und zeigte John die kalte Schulter. Seine Hände zitterten.
»Was ist dir bloß über die Leber gelaufen?«, John musterte Riley. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt. »Du bist kurz vorm Explodieren.«
»Hau einfach ab, John«, Rileys Augen sprühten vor Zorn. Er musste unbedingt diesen Druck los werden. Mit geballten Fäusten ging er auf John los.
»Sonst was?«, John hält unbeeindruckt seinem Blick stand. »Willst du mir eine reinhauen? Wenn es dir hilft«, herausfordernd gibt John die Abwehrhaltung auf und breitet einladend seine Arme aus. »Nur zu.«
Riley hob und senkte die Faust. Verfluchter Kuss. Verfluchtes Foto.Verfluchte Nonne. Die Wut übermannte ihn und er wirbelte herum. Hart landeten seine Fäuste abermals auf der Werkbank und drückten das Blech ein. Riley stand da, bebend vor Anstrengung. Hektisch sog er die Luft ein und starrte auf seine Hände.
»Ist es jetzt besser?«
Riley fühlte Johns Hand auf seiner Schulter. Wie lange kenne ich John? Schlagen wollte ich ihn noch nie. »Sorry«, entschuldigte sich Riley leise.
»Hey, schon gut. Willst du jetzt reden?«
Riley schüttelte den Kopf. Als wenn das helfen würde. Reden ist doch was für Weicheier. »Da gibt es nichts, was ich dir erzählen könnte«, presste er durch die zusammengebissenen Zähne und sah John entschlossen in die Augen.
»Wie du meinst. Wenn du es dir anders überlegst. du weißt, wo ich bin.« Riley nickte und John ging zurück an die Arbeit.
Erneut versuchte er sich auf den Motor zu konzentrieren. Das brachte heute nichts. Zeit für den Feierabend. Während Riley seine Jacke holte, hörte er, wie jemand die Werkstatthalle betrat. »Das Büro ist um die Ecke«, blaffte er laut.
»Hab ich gesehen. Ich wollte allerdings zu Ihnen.«
Die warme, bekannte Stimme ließ Riley in der Bewegung stocken. Scheiße, das ist eindeutig nicht meine Woche. Instinktiv spannten sich Rileys Muskeln an, als er sich langsam zu dem Mann umdrehte. Er baut sich zu seiner gesamten Größe von einem Meter fünfundachtzig auf, doch das erschütterte seinen Gegenüber nicht. Mit Gelassenheit beobachteten ihn graue, wachsame Augen. »Lange nicht gesehen Kommissar.«
Kriminalhauptkommissar Bernd Marcl lachte auf und stimmte kopfnickend zu. »Stimmt. Ist schon ein Weilchen her.« Bernd Marcl ließ den Blick durch die Halle schweifen. »Aber wie ich sehe, haben Sie es hier ganz gut getroffen.«
Rileys Augen verengten sich misstrauisch. Was führt der Bulle im Schilde? »Kann nicht klagen. Was wollen Sie?«
»Wie immer die Freundlichkeit in Person.«
Der Bulle strapazierte seine ohnehin angeschlagene Geduld. »Spucken Sie es aus und dann verschwinden Sie wieder«, zischte Riley angepisst.
»Sly Badman«, antwortete der Kommissar trocken.
Sly? Was will er von Sly? Riley zog seine Stirn in Falten und starrte den Bullen an. Er verstand den Zusammenhang nicht, jedoch er war sich sicher, dass sich dies gleich ändern würde.
»Sie kennen doch Sly«, es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Riley nickte. Er wusste, dass Sly mit Hehlerware und anderen Dingen handelte, und hatte auch ein paar Geschäfte mit ihm gemacht. Allerdings konnten diese ihm mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden.
Der Polizist lachte verkniffen. »Natürlich«, Kommissar Marcl macht eine Pause. »Kurz gesagt, Sie werden mir helfen, Badman ins Gefängnis zu bringen.«
Nun musste Riley laut auflachen. Der spinnt! »Warum sollte ich das tun?«
Auf Rileys Frage hin kniff Marcls die Augen zusammen und es wurde gefährlich still. Die Freundlichkeit wich einer kalten Ernsthaftigkeit. Er meint es tatsächlich ernst. Todernst.
»Sie schulden mir einen Gefallen.«