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Der Major ist etwas unruhig. Dabei hatte er gerade wieder ausgiebig gefrühstückt. Pensionswirtin Renate hatte ihn mit einer Fredenbüller Wurstplatte und Eiern vom Biohof Brodersen verwöhnt. Horst, der Major, zelebriert das Frühstück bei Renate regelmäßig. Die Atmosphäre fühlt sich an wie die seiner letzten Wirkungsstätte in Bad Harzburg. Bei Renate fühlt er sich richtig wohl. Aber dann hatte ihn die Wirtin mit dem gemütlich gerollten R doch geschockt.

»Wencke Petersen von der Rrraiffeisenbank in Schlütthörn hat vorhin gerade angerufen.«

»Was wollte sie denn?« Horst vergisst fast den englischen Akzent.

»Sie haben bei der Raiffeisen ja wohl ’n Schließfach.« Renate klingt so, als sei das eine tolle Neuigkeit.

»Ja, und?« Dem Major ist es gar nicht so recht, dass dies so publik wird. Schließlich hat die Anmietung des Schließfaches mit ihrem Coup zu tun.

»Wencke meinte wohl, sie braucht noch mal Ihren Personalausweis, und dann fehlt wohl noch ’ne Unterschrift.«

»Meinen Ausweis?«

»Muss ja alles seine Ordnung haben, nä?«

Was will die Bank von ihm noch? Er hat seinen Ausweis doch schon gezeigt. Ist irgendetwas mit seinem schönen gefälschten englischen Pass nicht in Ordnung? Horst kommt in seiner karierten Tweed-Weste gleich ins Schwitzen. Unter seinem Toupet spürt er ein unangenehmes Jucken. Aber dann bringt Renate ihm noch einen Kaffee und einen Toast mit selbst gemachter Marmelade. Danach hat der Major sich auch gleich wieder gefangen.

Den Besuch in der Bank verschiebt er fürs Erste. Heute Morgen hat er andere, wichtigere Pläne. Er nimmt den Bus nach Bredstedt, unter dem Arm eine lederne Aktentasche gefüllt mit einem kleinen Bündel unterschiedlichster Geldscheine. Etwas außerhalb, im Gewerbegebiet des Ortes, hat Horst zwischen Reifenhandel, Getränkemarkt und Tennishalle noch einen Copyshop entdeckt.

Der »Print Panther« ist eher eine Mischung aus Kopierladen, Druckerei, Bürobedarfshandel und Reparaturwerkstatt für veraltete Geräte. Entsprechend wenig ist in dem Laden los. Der pakistanische Besitzer nimmt gerade einen alten Computer auseinander. Auf seinem Ladentisch häuft sich ein wirres Stillleben von Kabeln, Schrauben, Schildchen mit rätselhaften Buchstaben-Zahlenkombinationen, Metallkapseln und allerlei undefinierbaren Elektroteilen. An den Wänden stehen provisorisch übereinander gestapelt Drucker und Laptops aus der Pionierzeit der digitalen Revolution. Herr Akthar hat aber auch noch ein richtig edles Kopiergerät in einem Hinterzimmer stehen, das er Horst gegen ein großzügiges Entgelt gern zur Verfügung stellt.

»Superkopien. Besser als jeder Laserdrucker«, preist Herr Akthar sein Gerät voller Stolz.

Es ist genau das, was Horst gesucht hat. Und Herr Akthar lässt ihn netterweise im Hinterzimmer bei seiner Kopiertätigkeit allein.

»Sie kommen zurecht?«

»Well, ich komme klar.« Der Major legt sein Jackett ab und legt es zusammen mit einer leeren Tüte des Textildiscounters »Kik« über die neben dem Kopierer gestapelten Kartons mit DIN -A4 -Papier.

»Wenn Sie Fragen haben, ich bin vorne.« Akthar nickt ihm zu, und Horst nickt zurück.

»Alright, ich melde mich.«

Nachdem der Chef vom »Print Panther« den Hinterraum verlassen hat, wartet der Major einen Moment. Dann öffnet er die Aktentasche, nimmt ein kleines Bündel Geldscheine und ordnet sorgfältig eine Reihe unterschiedlicher Eurobanknoten auf der Glasplatte des Gerätes, hauptsächlich Fünfziger, Hunderter und ein paar wenige Fünfhunderter. Er schließt behutsam die Klappe, damit nichts verrutscht. Horst richtet sein Toupet, dann drückt er die Starttaste und beobachtet, wie die Lichtschiene des Kopierers unter dem Glas an den Geldscheinen entlangfährt.