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Schwindeln, lügen, eine Geschichte erfinden, damit man für sich bleiben kann, unbehelligt, oder etwas auftischen, damit andere staunen, man ebenso für sich bleibt, als der Bestaunte (der für einen Schwimmpokal trainiert, den es nie gab, und es mit dem Bodensee aufnimmt). Das Schwindeln, um mich abzukapseln und trotzdem Anklang zu finden, hatte in den Tagen mit meiner Mutter, als ich immer wieder ihren frühabendlichen Kreis unterhielt, eine bleibende Form gefunden. Und in den letzten zwei Ferienwochen, mit der kleinen Schwester unter der Obhut unserer Hüterin in dem Rohbauanbau, radelte ich jeden Tag nach Freiburg ins Kino, um mir fürs Geschichtenerfinden die Bilder zu holen, die es anstießen, aber auch glaubhafter machten. Ich ging in Western und Kriegsfilme, in Filme mit Helden vom ersten Moment an und Filme mit Gladiatoren, die zu Helden wurden, in alles, was mit Kampf oder Verbrechen zu tun hatte. Ich sah Lino Ventura als Gangster, dem ich gefolgt wäre, und Paul Newman als Spieler, dem ich mich angeschlossen hätte; ich sah Elvis mit seinem Kussmund und zwei Revolvern, die aus der Hüfte abzufeuern wie er mir als das höchste der Gefühle erschien. Und wann immer am Ende die seitlichen Türen aufgingen und das Tageslicht in den noch dunklen Kinosaal fiel, warf das Internat einen um die Filmlänge größer gewordenen Schatten voraus.
Die Rückreise mit dem Zug sollte am letzten Augustsonntag sein, und das getrennte Elternpaar war am Wochenende noch für zwei Nächte nach Kirchzarten gefahren, um sich den Kindern zu zeigen, die Mutter aus Frankfurt kommend, der Vater aus Stuttgart – sicher gut gemeint, auch sicher ein Opfer, ein geopfertes Wochenende, noch dazu in der Bedrängnis des Anbaus. Die Hauptmieterin wich für zwei Nächte in den Gasthof zum Löwen aus, die Tochter schlief mit der Mutter im etwas größeren Schlafzimmer, der Sohn mit dem Vater im schachtelartigen Kinderzimmer, vier auf kleinstem Raum Zerstreute, auch bei den Mahlzeiten. Da saß zwar eine Familie um den Esstisch, Vater, Mutter und zwei Kinder, im Grunde aber vier Personen wie die so nächtlich Verlorenen auf den Bildern Edward Hoppers, eine jede für sich – damals kaum ein dumpfes Gefühl, überstrahlt von meiner kindlichen Auffassung, eben doch Teil einer wahren Familie zu sein. Und aus dieser Auffassung heraus (oder dem kaum dumpfen Gefühl) greift der Sohn am Sonntag seiner Rückkehr ins Internat zu einem Fotoapparat, den der Vater, inzwischen für Zeiss Ikon in Stuttgart tätig, mitgebracht hat, und fotografiert die Familie, abzüglich seiner Person, und hielt damit etwas fest, das er gar nicht sah, erst ein Menschenleben später. Das entwickelte Foto existierte nur als Dia in einem Karton, es war für Jahrzehnte verschwunden, bis die erwachsene Tochter es dort buchstäblich entdeckte, seine ganze verborgene Erzählung, und für den Bruder einen schon erschreckend großen Abzug machen ließ.
Vater, Mutter und Tochter sitzen am Frühstückstisch, wie das Geschirr und eine Dose Nescafé und eine bauchige Kanne zeigen; allerdings stehen auch drei Rotweinflaschen auf dem Tisch, davon eine fast leer. Die beiden Erwachsenen rauchen, jeweils die Hand mit der Zigarette aufgestellt, das Rauchen nach einem Sonntagsfrühstück ohne Eile, die Verdauungszigarette. Der Vater, knapp Mitte vierzig, ist halb von hinten im Bild, er schaut auf den Tisch, vielleicht zu den Flaschen, die in der Nähe der Tochter stehen, die am anderen Tischende sitzt. Sie sieht als Einzige in Richtung der Kamera, ohne sich von dem Frühstücksfoto, ja überhaupt diesem Zusammensitzen am Familientisch irgendetwas zu versprechen; es ist der Blick eines ganz in sich zurückgezogenen anmutigen Mädchens, das dunkle Haar als Rahmen um einen Ausdruck wie der auf verglasten Fotos an Kindergräbern, wenn aus dem Gesicht schon etwas Entrücktes spricht. Und die dritte Person im Bild, die Mutter, etwas über Mitte dreißig, sitzt im rechten Winkel zu dem Mann, der nicht mehr ihr Mann ist, ihm damit näher als dem Mädchen am Tisch, dafür geht der Blick in Richtung der Tochter, aber mehr auch nicht: Es ist der Seitenblick in einen Spiegel, der die eigenen Gedanken zurückwirft, solche, die ein selbstgerührtes Lächeln begleitet – Schönheit und Traurigkeit sind die zwei Seiten unserer weiblichen Medaille, mein Kind, deine Mutter weiß ein Lied davon zu singen! Und der Mann am Tisch kennt dieses Lied, er hat es oft genug gehört und will davon nichts mehr wissen. Seine Haltung ist hermetisch, er hält die Zigarette nah am Gesicht, der andere Arm liegt auf der Tischkante, während die Frau in der Mutterrolle die Zigarette eher weg von sich hält, als sichtbaren Teil ihrer eigentlichen Rolle, der als moderne Frau, die erhobene Hand von der anderen gestützt. Beide halten die Zigarette links, beide zeigen die gleiche elegante Position der Finger; als kultiviert Rauchende sind sie noch ein Paar – und auch das Mädchen am Tisch wird künftig rauchen und sich mit Rauchern liieren. Noch hat es die Hände im Schoß, wie verpuppt sitzt es da, in mädchenhafter Reinheit, von aller Welt verlassen bis auf die stille eigene, als ein geduldiger Fremdkörper in einem kleinlich-peinlichen Interieur. Ja, eigentlich sitzen drei Fremdkörper an dem Tisch in der Zimmerecke mit einer trostlosen Hängepflanze im Winkel der Wände und einem einzelnen Bild an der Wand hinter der Mutter, wie ein misslungener Akzent gegen die Gesamtatmosphäre: ein gerahmter Druck von van Goghs leuchtendem Nachtcafé, antipodisch zu Hoppers düsteren Nighthawks. Bleibt noch der freie Stuhl im Vordergrund, das Zeichen für einen abwesend anwesenden Vierten, den, der auf den Auslöser drückt. Der Sohn fotografiert Eltern mit Tochter am Frühstückstisch, und heraus kommt ein Bild der gescheiterten Intimität – fünfzehn Jahre nach Kriegsende, aus heutiger Sicht kein Zeitraum, daher auch kein Wunder, dass auf allem noch etwas Erbärmliches lastet, ein Mangel an gutem, gemeinsamem Leben, an Zusammensein, auch ein Gefühl für das Überflüssige, ein Mangel an Geschmack. Die drei Personen im Bild sind isoliert in ihrem Selbstglanz, ihren Lebensträumen – bei den Erwachsenen verbunden mit dem unbedingten Willen zum Erfolg. Das Foto weist aber nur auf die Träume hin und deutet ihre Ferne zur Realität an; dagegen zeigt es mit dem offensichtlich langen Frühstück einen letzten Aufschub des Abwesenden am Tisch vor der Rückfahrt ins Internat nach den Sommerferien. Für ihn endet an dem Tag die Freiheit, für seine Eltern endet nur eine Unterbrechung der Arbeit an verschiedenen Orten – Grund für deren Getrenntheit in den Augen der Kinder, sie wissen auch weiterhin nichts von einer Scheidung. Ein Familiensonntagsfrühstück also, wie es sein sollte, auch in einem Rohbauanbau geschützt vor der Welt, ihrem Eindringen in das schäbige, aber geschlossen erscheinende Reich.
Nur drang dann doch ganz unerwartet ein Stück Leben ein an diesem Tag, der schon etwas Herbstliches hatte, wie die Kleidung auf dem Foto vermuten lässt, jeder trug einen Pullover, der Vater in Weinrot, die Mutter in Schwarz, die Tochter in Grau. Noch während man am Tisch saß, klingelte das Telefon, meine Mutter hob ab, unvergessen ihr Ausruf nach kaum zwei Herzschlägen: Der begnadete Kantor, welch eine Freude! Und ich sehe noch, wie sie mir zuwinkt, und höre sie laut wiederholen, was der Anrufer ihr sagt, dass er mich am späten Nachmittag abholen könnte, da er doch von seiner Freiburger Gegend auch an den Bodensee fahre, warum mich also nicht mitnehmen? Und meine Mutter schlägt vor, dass wir dann in unserem neuen Haus doch alle noch ein Stück Kuchen essen könnten, und macht dem Mann am Tisch, meinem Vater, Zeichen, dass sie beide erst später fahren sollten. Auch ihre Mutter wäre mit von der Partie, sagt sie ins Telefon, die frühere Sängerin, alle würden sich freuen auf ihn – Stell dir vor, er kommt her, ruft sie mir zu. Sie führt das Gespräch nach zwei Seiten, ist ganz aus dem Häuschen, während ich nur abwinkende Bewegungen mache, mich jetzt schon schäme für den Rohbauanbau, das neue Haus, und auch schon weiß, was sein wird, wenn ich abends als Letzter ins Heim komme und Frau Guth im Flur steht, aber mein Vater sagt, es sei besser als im Zug zu hocken, außerdem spare man das Geld für die Fahrkarte. Und kaum ist das Gespräch beendet, wird die ausquartierte Bewohnerin des Anbaus telefonisch gebeten, Kuchen aus ihrem Gasthof mitzubringen: für den Kantor, der zu Besuch käme. Ich aber eile nach oben ins Bad, um etwas aus meinen Haaren zu machen, die im Sommer gewachsen sind.
Und der mitgebrachte Kuchen ist Schwarzwälder Kirschtorte, gleich auf den abgeräumten Tisch gestellt, dann machen sich beide Frauen, die einstige Primadonna und die Schauspielerin ohne Bühne, in dem engen Bad für den Begnadeten fein, während mein Vater mit einer Zeitung auf dem Sofa sitzt und raucht, dicht neben sich die anmutige Tochter, froh über die gewonnenen Stunden mit dem, den sie Vati nennt und der bald wieder verschwunden wäre für Monate, als Phantomvater, desgleichen die Mutter, sonst wo in Frankfurt, und auch der Bruder, verschwunden im Internat; nur ihre Hüterin aus Leib und Seele ist kein Phantom. Noch aber hat die kleine Tochter den Vater, auch wenn er Zeitung liest und raucht, sie sieht einfach mit in die Zeitung und atmet auch den Rauch seiner Reval mit ein, sie macht dem großen Bruder Zeichen: Schau mal, ich kann schon rauchen, du nicht! Aber der Zwölfjährige hat für Späße jetzt keinen Sinn. Er geht wie auf glühenden Kohlen hin und her und legt sich Sätze zurecht, wie Herrn Gieser das schäbige neue Haus zu erklären wäre, der Mangel an Schönheit, der auf ihn, den er Schönerdu genannt hat, zurückfiele. Keiner seiner Sätze taugt etwas, ja, er sieht sich selbst als untauglich, auch in dem VW des Kantors wird er kaum zu etwas taugen, der Schlamper sein, als den Frau Guth ihn an die Wand malt, und sein Magen verkrampft. Er legt sich auf das noch freie Stück Sofa und öffnet den Gürtel, er ruft nach seiner Mutter, und die kommt schließlich in einem Kostüm, das sie – gottlob! – dabeihatte, kommt ans Sofa. Der Vater wechselt auf einen von zwei Sesseln, seine Tochter setzt sich daneben auf den Boden, das Gesicht an der Sessellehne, am Vatiarm. Die Mutter beginnt, ihrem Sohn den Bauch zu massieren, sie weiß, worauf es ankommt, auf eine zarte Hand und gutes Zureden, damit sich die Krämpfe lösen. Und bald erscheint auch, ebenfalls zurechtgemacht für den Kantor, die Bewohnerin des Anbaus; sie deckt den Tisch für Kaffee und Kuchen und fährt mit einem Staubtuch über den Fernsehapparat von Telefunken, den es seit kurzem gibt, den ersten in der Familie, wie der Vater am Vortag feierlich festgestellt hat, auch wenn die Familie zerstreut ist. Dafür gab es das Samstagabendfamilienprogramm mit Peter Frankenfeld im Pepitajackett, ein Quiz vor großem Publikum, und Frankenfeld rief eine junge Dame zu sich, Fräulein, kommen Sie doch mal zu mir!, schon stand es auf, das Fräulein, und meine Mutter sagte, Seht sie euch an, diese Type! Worte, die mir im Gedächtnis sind wie ihre Hand auf meinem Bauch, als es jeden Moment an der Haustür klingeln musste und unabwendbar war, dass Herr Gieser mit am Tisch säße und man mir ansehen könnte, was wir getan hatten, im Bett, im Schilf, im Wald. Lieber Gott, er weint ja – ein leises Wort beim Massieren, und der Vater im Sessel lässt die Zeitung sinken und drückt seinem Sohn auf dem Sofa die Hand, Bauchweh gehe vorbei, da gebe es Schlimmeres – er, dem sie im Krieg ein Bein abgesägt hatten, dachte in den Majuskeln des Körpers, den Großbuchstaben unübersehbarer Schmerzen. Aber alles, was mit dem Kantor zu tun hatte, existierte nur kleingeschrieben, in einer unsäglichen Schlange aus Wörtern, derhatmirimschilfdenschwanzgeriebendassersteifwurdeundimmerweitergemachtbisesvornherausspritzteundesmitdemfingeraufdereichelverstrichendassichzusterbenmeinte. Und die streichelnde Mutter kommt zum Trost mit einer Krokodilstränengeschichte, nach einer Verbrennung im Kohlenkeller des alten Hauses, ich hatte im Feuer Koks von Briketts getrennt und danach an die falsche Seite des Schürhakens gefasst. Stellt euch das nur vor, ruft sie, und schon kehrt das Geräusch zurück, wenn die Eierbriketts über den abgewetzten Schnabel des Kohleeimers ins Ofenloch rutschten, so vorbei, so verloren wie das Haus mit Garten, und es laufen noch mehr Tränen, während mein Vater mir an den Kopf greift, ins Haar – ob der Junge nicht vor der Rückfahrt zum Frisör hätte sollen, sagt er, und ich erkläre das Bauchweh für überwunden, eine Hand im vollen Nacken.
Was dort gewachsen ist, fühlt sich gut an und ist alles, was der Junge hat an dem Tag, was für ihn spricht, wenn er später mit seinem Kantor in den Abend fährt, darauf achtet, was der sagt und tut, wie er schaltet, wie er raucht, wie er in den Rückspiegel sieht und auch zu ihm, wie er Nadu sagt und den Zigarettenrest aus dem Fenster schnippt, wie er sich an den Mund fasst mit zwei Fingern, erst über seine Lippen streicht, dann über die in seiner Nähe – ich weiß das alles und gehe mir das Gesicht waschen und frisiere die zu langen Haare noch einmal mit Wasser, bis eine Locke über der Stirn steht, eine wie die von Elvis, nur nicht recht passend zu meiner Brille, auch nicht zum Bauchweh – das nicht überwunden ist, nur von der Haarlocke, als könnte man es mir ansehen, gewissermaßen verdeckt. Ich lösche das Licht im Bad, und da klingelt es schon, einmal kurz, also laufe ich die Treppe hinunter, zur trübverglasten Anbauhaustür und erkenne die Fliegerjacke, darüber der indianische Kopf. Er ist da, ruft die Mutter aus dem Wohnzimmer, er ist da!, und ihr Sohn öffnet die Tür, dabei auf Zehenspitzen, als wären im Sommer auch seine Beine gewachsen, und der Häuptling der Kantorei sagt Sallü, was von den Franzosen kommt, die in der Gegend Kasernen haben, von ihrem Musiksender, Salut les copains.
Der Besuch begann mit einer Führung durch meine Mutter, kein Raum wurde ausgelassen in dem Anbau, jedes Stück Komfort fand Erwähnung, zuletzt die Durchreiche zur Küche, als man am Esstisch Platz nahm. Mit glühenden Wangen aß ich die Kirschtorte zwischen den Eltern und dem Kantor, dabei auch meine Schwester, wieder still verschlossen (in Wahrheit hellwach), und die musikalische Bewohnerin der Räume. Sie stellte Fragen zur Gesangsausbildung und gab eigene Erfahrungen zum Besten, sie erkundigte sich nach den Plänen der Kantorei. Und der Gast in der Fliegerjacke sprach erstmals von einer Konzertreise durch Finnland in den nächsten Sommerferien, das Programm dafür sollte im jetzigen Herbst und Winter einstudiert werden, auch mit dem Knaben hier, und schön wär’s, wenn er mitdürfte nach Finnland! Ein Wort in die Elternohren, danach ging man zum Rauchen über, mein Vater reichte jedem Feuer mit einem Streichholz, wobei er die Flamme erst im letzten Moment ausschüttelte, als würde er sie nicht spüren. Er rauchte und sah auf die Uhr, er sagte, es werde langsam Zeit für jeden aufzubrechen, nach Frankfurt, nach Stuttgart, an den Bodensee. Und meine Hüterin summte gegen ihren Abschiedsschmerz Takte aus der Fischerin vom Bodensee, überleitend zu etwas anderem, aus der Fledermaus, aus dem Weißen Rössl, aus ihrem alten, dem verlorenen Leben.
Vieles von dieser Kaffeestunde mit dem Kantor an einem Familientisch, der keiner war, ist mir so im Gedächtnis, dass sich schnell Worte dazu finden, zu schnell und auch zu leicht; in dem Maße, wie mir dieser ganze Tag vor Augen steht, in dem Maße gibt es Zweifel am Drama der Details – Grund genug für einen Anruf bei der, die mit am Tisch gesessen hatte.
Ich erzählte meiner Schwester zuerst von Alassio, von dem Hotel und dem Zimmer, dann sprachen wir über das Mädchen auf dem Foto und die erwachsene Frau, die sich darin erkennt, ihren Schrecken über die ganze erstarrte Frühstücksszene mit den Eltern; und wir sprachen über den Besuch des Kantors am Nachmittag, wie peinlich es auch für sie war, als er durch den Anbau geführt wurde. Ja, sie konnte sich sogar an die Verabschiedung erinnern, bei dem VW mit Verdeck, von der Mutter todschick genannt, oder wie Herr Gieser sich eine Zigarette ansteckte, bevor er einstieg. Und zuletzt machte sie den schreibenden Bruder noch auf etwas aufmerksam, für das er blind war: seine Ähnlichkeit mit der Frau auf dem Foto, als er das Alter hatte wie sie damals, in den Wangen, dem Mund, den Augen – Schon verrückt ähnlich, sagte die Schwester, die sich im Gegensatz zu mir mit Bleistift und feinem Pinsel ihren Reim auf verstörende alte Fotos macht, sie als Vorlage nimmt für kolorierte Zeichnungen, eins ihrer Talente: geduldiges, aneignendes Wiedergeben, Zeichnen als Ausdruck von Handschrift, wie schon beim talentierten Vater; sie zeichnet höchst genau und setzt die Farbe behutsam ein, mit derselben ruhigen Hand, die früher Blutgerinnsel aus Gehirnen entfernt hat.