Farid Shaham verließ das Krankenhaus und auf seinen Schultern lag ein tonnenschweres Gewicht. Seine Frau Armeen sah ihn verzweifelt an und er hätte alles dafür gegeben, sie trösten zu können. Aber er wusste nicht im entferntesten, wie er das hätte anstellen sollen.
„Farid, was sollen wir jetzt tun? Shamira ist dem Tode geweiht. Allah wird sie zu sich holen und ich weiß nicht, wie ich dann weiterleben soll.“
„Ich werde eine Lösung finden“, sagte Farid.
Seine Frau sah ihn entgeistert an.
„Wie? Wir haben kein Geld für die Behandlung! Und dein Stolz, was das Geld deines Vaters betrifft, hat uns da nur noch mehr Probleme gebracht. Wir kommen gerade noch so über die Runden, was Essen und Wohnung betrifft. Wie sollen wir da die Krebsbehandlung für Shamira bezahlen?“
Farid wusste, dass sie recht hatte. Der Tod seines Vaters hatte ihr Leben von Grund auf geändert. Farid hatte die Machenschaften seines Vaters nie sonderlich gutgeheißen und stets versucht, seine Familie mit legalen Mitteln durchzubringen. Sein Vater hatte ihn dafür immer belächelt. Farid hatte sich immer geweigert, in die Geschäfte seines Vaters mit einzusteigen. Er hatte auch niemals Geld von ihm angenommen. Jetzt wäre aber der Zeitpunkt gekommen, wo Farid seine Meinung geändert hätte. Um das Leben seiner Tochter zu retten, würde er jede Art von Geld nehmen, so schmutzig könne es gar nicht sein. Aber diese Quelle war versiegt, als sein Vater ermordet wurde.
„Ich werde eine Lösung finden“, sagte Farid abermals.
„Wie willst du das anstellen?“
„Ich werde mir holen, was uns zusteht. Nicht für mich, sondern für Shamira!“
Armeen umarmte Farid, hatte aber eine böse Vorahnung. Sie wusste bereits, was ihr Mann vorhatte. Auch wenn sie davon nicht begeistert war, sah auch sie darin den einzigen Weg, ihre Tochter zu retten.
„Vaters ehemaliger Boss, François Cloutard ist an allem schuld. Er allein ist für den Tod meines Vaters verantwortlich.“
Farid wusste keine näheren Details. Beim Begräbnis seines Vaters hatte er erfahren, dass er von einer Auftragsmörderin getötet worden war, die für irgendeine Terrororganisation arbeitete. Und die sich als Cloutards Geliebte herausgestellt hatte. Cloutard hatte seinen Vater in diese Sache reingeritten. Er war noch am Leben und hatte seine Schäfchen mit Sicherheit ins Trockene gebracht. Farids Vater war tot. Seine Frau Armeen war stehen geblieben und sah ihren Mann mit verzweifelten Augen an.
Farid wusste, dass sie den Tod ihrer Tochter nicht verkraften würde. Er hatte Angst, sie könnte sich das Leben nehmen. Farid lief Gefahr, die beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben zu verlieren.
„Farid, ich will nicht, dass du dich in Gefahr bringst. Nicht umsonst sind wir diesem Teil deiner Familie immer fern geblieben. Wir wollten mit dieser Welt nichts zu tun haben.“
Die Stimme seiner Frau wechselte zwischen anklagend und verzweifelt hin und her.
„Nur jetzt bleibt mir nichts anderes mehr übrig. Wenn es um Shamira geht, muss ich dieses Risiko eingehen.“
Farid kannte natürlich einige ehemalige Freunde seines Vaters, die auch ihr Geld nicht auf legale Weise verdienten. Er würde über seinen Schatten springen und sie um Rat fragen. Armeen schüttelte ängstlich den Kopf.
„Und wie willst du dir das Geld von Cloutard holen? Willst du ihn suchen, ihm eine Pistole an den Kopf halten und so das Geld von ihm erpressen?“
Farid nickte unmerklich. Ja. Genau das war es, was er vor hatte.