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Cloutards Haus, in der Nähe von Siena, Toskana

Giuseppina und Cloutard saßen zufrieden auf der Terrasse. Giuseppina hatte gekocht und der Tisch bog sich unter dem Gewicht der vielen Köstlichkeiten, die eine ganze Armee hätten verköstigen können: Bruschetta, Crostini, Caprese, Fiori di Zucca, Prosciutto e melone, Pesce Spada affumicato, Cozze gratinate und vieles mehr. Und das waren erst die Vorspeisen. Die Pasta köchelte noch in der Küche. Cloutard war zwar Franzose und liebte die Haute Cuisine, aber wenn La Mamma kochte, war das nicht zu überbieten. Während des Essens war übrigens auch die einzige Zeit, in der Giuseppina nicht schimpfte und zeterte. Da war auch sie glücklich.

Cloutard beträufelte ein Bruschetta mit ein wenig Olivenöl, schob es sich in den Mund und spülte mit einem Schluck Villa Antinori Rosso nach. Auch er war selig.

„Wir haben einen guten Deal mit diesem Engländer gemacht, o cosa ne pensi?“, sagte Giuseppina.

Cloutard nickte schmatzend und ging im Kopf noch mal die vielen neuen Optionen durch, die sich für ihn ergeben würden. Das Läuten seines Mobiltelefons zerstörte die Idylle und ließ beide erschreckt hochfahren. Giuseppina war sofort wieder im Schimpf-Modus.

„Madonna mia, il tuo fottuto telefono“, schimpfte sie, als Cloutard auf das Display blickte. Cloutard erkannte den Anrufer und nahm ab.

Es dauerte einige Minuten, in denen Cloutard nur nickte und „Oui, oui“ murmelte. Cloutard war dabei aufgestanden und tigerte nervös über die Terrasse. Giuseppina hatte beschlossen, sich wieder dem Essen zu widmen. Sie lud inzwischen tonnenweise Spaghetti Aglio con olio e peperoncino auf die beiden Teller und begann mit verklärtem Blick zu essen. Cloutard legte auf und tippte dann fahrig auf seinem Mobiltelefon herum.

„Francesco, gli spaghetti si raffreddano“, sagte sie vorwurfsvoll.

Cloutard beendete ein weiteres Telefongespräch und setze sich neben seine Stiefmutter.

„Ich muss los. Ich habe etwas Wichtiges zu erledigen. Etwas, das all meine Probleme für immer lösen wird und gut zu unserem gemeinsamen Plan passt.“

„Das hast du schon oft gesagt und immer wieder bringst du Schande über unsere Familie. Innocenzo - Gott hab ihn selig - wäre wahrlich enttäuscht von dir.“

„Bitte nicht immer die gleiche Leier. Ich weiß, was Vater denken und tun würde. Und ich versuche mein Möglichstes. Aber ich bin eben nicht er. Und du musst das auch irgendwann verstehen.“

Sein Ton war schärfer geworden und zu Cloutards Überraschung erwiderte Giuseppina nichts, sondern aß weiter.

„Tu, was du tun musst“, sagte sie, stand auf und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Nimm aber Marcello und Giuliano mit. Sicher ist sicher.“

Der Ton war so dominant, dass Cloutard nicht widersprechen wollte. Es würde ohnehin keinen Sinn machen. Er blickte auf die Uhr. Ich muss mich beeilen. Mein Flug geht schon in zwei Stunden.“