Lillys Augen starren mich an – kalt und vorwurfsvoll. Es ist deine Schuld, scheinen sie zu sagen.
Meine Schuld.
Wenn ich wegrennen könnte, wenn ich für immer verschwinden könnte, dann würde ich es jetzt tun.
Aber mein Körper hat schlapp gemacht.
Anouk zieht mich noch dichter an sich. Schwarze Flecken tanzen vor meinen Augen. Ich bekomme keine Luft mehr!
Ich will zu Anouk sagen: »Lass mich los, blöde Ziege!«
Ich will zu Mabel sagen: »Hör auf mit dem Gejammer!«
Ich will zu Lilly sagen: »Es ist deine eigene Schuld!«
Doch es geht nicht. Meine Wut ist unauffindbar.
Tief in meinem Inneren zerreißt etwas. Eine riesige Welle aus Kummer bricht sich Bahn.
Ich schnappe nach Luft und fange an zu weinen. Erst tonlos, aber dann mit keuchenden, klagenden Lauten. Die Tränen tropfen mir in den Mund, lauwarm und salzig. Verzweifelt versuche ich sie zu schlucken, aber es kommen immer neue Tränen nach, als hätte ich sie all die Jahre aufgespart.
»Es ist gut«, flüstert Anouk mir ins Ohr und tätschelt meine Schulter. »Lass es einfach raus.«
Schluchzend klammere ich mich an sie.
Durch meine Tränen hindurch sehe ich wie Mabel aufsteht. Ihr Mund formt Wörter. Lose Fetzen, die erst viel später ein Ganzes bilden. »Wir müssen die Polizei rufen.«